Titel | World of Final Fantasy |
27.10.2016 | |
Square Enix | |
25.10.2016 | |
Square Enix | |
28.10.2016 | |
Square Enix | |
System | PS4, Vita |
Getestet für | PS4 |
Entwickler | Square Enix |
Genres | JRPG |
Wer Kingdom Hearts kennt, weiß, dass Square Enix bereits viel Erfahrung darin hat, verschiedene alleinstehende Geschichten zu einem großen Ganzen zusammenzuflicken. Doch Final Fantasy hat im Gegensatz zu Disney in Kingdom Hearts immer eine untergeordnete Rolle gespielt. Mit World of Final Fantasy hat Square Enix nun ein Spiel auf den Markt gebracht, das sich ganz auf die namhafte RPG-Serie konzentriert.
Gelingt die Heirat von bekannten Welten und einer neuen Geschichte oder fühlt sich das Spiel wie zweitklassiger Fanservice an? Wir haben einen genauen Blick auf World of Final Fantasy geworfen!
Eine Welt voller Chibis und Monster
Die Geschichte von World of Final Fantasy beginnt mit dem Erwachen der beiden Hauptcharaktere, den Zwillingen Reynn und Lann, die sämtliche Erinnerungen verloren haben und sich in der farbenfrohen, von Chibi-Charakteren und Monstern bevölkerten Welt Grymoire wiederfinden. Wie sie hierhergekommen sind, wissen sie nicht, doch den Anweisungen einer mysteriösen Frau mit grauen Haaren folgend, machen sie sich mit einem niedlichen Wesen namens Tama an ihrer Seite auf, die Welt zu erkunden und so nach und nach das Geheimnis hinter ihrer vergessenen Vergangenheit zu ergründen.
Das Spiel startet in einer Stadt, die es nur in World of Final Fantasy gibt, doch ein großer Teil von Grymoire besteht aus Städten und Dungeons, die dem geneigten Final-Fantasy-Fan bestens vertraut sein dürften: Man besucht Cornelia, erklimmt den Kristallturm, entkommt aus dem Wüstengefängnis, rastet im Balamb-Garden und kämpft im Mako-Reaktor 0. Unterwegs trifft man zahlreiche bekannte Gesichter wie Yuna, Squall, Cloud, Eiko, Shantotto und den Krieger des Lichts. Es sind sogar Monster und Figuren aus Ablegern wie Dirge of Cerberus: Final Fantasy VII und Final Fantasy Crystal Chronicles: Echoes of Time vertreten.
Natürlich stellt sich da die Frage, ob all diese Charaktere und Elemente verschiedensten Ursprungs miteinander harmonieren. World of Final Fantasy hat den einfachen Weg gewählt: Es nimmt sich größtenteils nicht sehr ernst und gibt sich auch nicht allzu viel Mühe, die Darstellung und Hintergrundgeschichten der Figuren konsistent zu den Originalwerken zu halten. So kennt beispielsweise Yuna andere Beschwörerinnen wie Rydia und Eiko, hat aber Tidus noch nicht getroffen. Squall ist wie in Final Fantasy VIII Teil der SEEDs, aber Vivi verhält sich charakterlich ganz anders als in Final Fantasy IX. Im Gegensatz zu Kingdom Hearts, in dem die meisten Disney-Charaktere nur in ihren entsprechenden Welten vorkommen, vermischt World of Final Fantasy die einzelnen Elemente so stark, dass sie im Einzelnen quasi gar nicht mehr ernst genommen werden können.
Ein Beispiel? Nach einem Treffen mit Lightning (XIII) werden die Protagonisten (WoFF) ins Wüstengefängnis (VIII) eingesperrt, das zugleich Schloss Figaro (VI) ist, das zugleich Mako-Reaktor 0 (VII) ist, und müssen mit Hilfe des von Edgar (VI) beauftragten Squall (VIII) in Magitech-Rüstungen (VI) fliehen, wobei sie auf Shelke (DoC) sowie Vivi (IX) und seine Geschwister treffen.
Ähnlich spielt sich ein großer Teil der Handlung ab. Zwischendurch werden zwar immer wieder Hinweise auf die Vergangenheit von Lann und Reynn eingestreut, aber erst in den letzten zwei bis drei (von 21) Kapiteln rückt die Hauptgeschichte in den Vordergrund. Der Rest des Spiels ist quasi reiner Fanservice, der nicht allzu gut mit den wenigen ernsteren Elementen der Geschichte harmoniert. Einige Fragen werden selbst nach Ende des Spiels – selbst nach dem „wahren Ende“, das die Handlung erst wirklich abschließt – nur unzureichend beantwortet.
Schnapp sie dir alle
Zwar geht es in World of Final Fantasy nicht darum, der Allerbeste zu werden, aber Herzstück des Gameplays sind ohne Zweifel die Monster, die hier Miragen genannt werden. Fast jeder Gegner im Spiel kann gefangen werden und wie in Pokémon werden dafür bestimmte Bälle verwendet. Der Unterschied ist, dass der Ballvorrat in World of Final Fantasy nicht erschöpft und dass man verschiedene Bedingungen erfüllen muss, bevor man die Monster fangen kann. Manchmal reicht es, ihnen Schaden zuzufügen, manchmal muss man sie heilen und manchmal in einen bestimmten Statuszustand versetzen. Das macht die Prozedur etwas abwechslungsreicher.
Jedes Monster besitzt ein sogenanntes Mirabord, das mit einer Miniatur eines Kristariums oder Sphärobretts verglichen werden kann. Das Bord enthält Felder, die Statuswerte erhöhen, passive Effekte aktivieren oder Fähigkeiten freischalten. Durch Level-ups erhalten die Monster Punkte, die sie nutzen können, um diese Felder zu aktivieren. Über diese Bords können sich die Monster auch weiterentwickeln: Entweder dann, wenn sie ein bestimmtes Level erreicht haben oder wenn der Spieler einen bestimmten Gegner besiegt hat.
Beim Kampfsystem handelt es sich um ein klassisches ATB-System, das um das Konzept des Stapels ergänzt wurde: Jedes Monster besitzt eine Größe („Klein“, „Mittel“, „Groß“) und kombiniert man bis zu drei unterschiedliche Kämpfer verschiedener Größe, kann man sie übereinanderstapeln. Dabei werden ihre Statuswerte und Fähigkeiten addiert, aber sie haben kombiniert nur einen Zug. Die beiden Protagonisten müssen vor dem ersten Durchspielen Teil des Stapels sein und zählen in ihrer Chibi-Form als „Mittel“ und in ihrer normalen Form als „Groß“ – man kann also zwei Stapel mit bis zu drei Kämpfern bilden. Im Kampf kann man strategisch damit arbeiten, den gegnerischen Stapel umzukippen und das Team dadurch zu schwächen und hin und wieder ist es sogar ratsam, den eigenen Stapel kurzzeitig aufzulösen.
Das Spiel lädt ein, mit verschiedenen Formationen zu experimentieren, denn jedes Monster hat eigene Stärken und Schwächen und auch die Gegner variieren stark. Das Stapelsystem bietet auf jeden Fall strategische Tiefe und lädt ein, verschiedene Monster auszuprobieren. Das Hauptspiel ist insgesamt relativ einfach, sodass man erst gezwungen ist, die wirklichen Tricks und Kniffe zu lernen, wenn man gegen stärkere, optionale Gegner kämpft. Einige Elemente gesellen sich erst im Laufe des Spiels dazu, darunter die Beschwörung sehr großer Monster wie Bahamut, was mit Final Fantasy X verglichen werden kann, und von sogenannten „Helden“, klassischen Final-Fantasy-Charakteren, die in Form eines Spezialangriffs aufgerufen werden.
Es gibt auch einige Fähigkeiten, die man außerhalb der Kämpfe verwenden kann (Reiten, Fliegen, Gegenstände zerstören, Einfrieren,…), um zu vorher unzugänglichen Arealen zu gelangen. Das gestaltet die Umgebung etwas interaktiver und motiviert dazu, später mit neuen Monstern in bereits abgeschlossene Dungeons zurückzukehren.
Wie in Pokémon gibt es eine Art Monsterlexikon, das anspornt, so viele der Wesen wie möglich zu fangen.
Große und kleine Herausforderungen
Auch abseits der Haupthandlung hat World of Final Fantasy viel Beschäftigung zu bieten. Wer mit der Monsterjagd und -zucht noch nicht genug zu tun hat, kann seine Fähigkeiten im Kolosseum unter Beweis stellen, das im Verlauf des Spiels ständig um neue Gegnerteams erweitert wird. An diesem Ort ist es möglich, selbst gegen Gegner zu kämpfen, die deutlich über dem eigenen Level sind und bei denen das Spiel es möglicherweise noch gar nicht vorsieht, dass man sie besiegt. Wer klug herumtüftelt und die Schwächen der Gegner geschickt ausnutzt, wird viele (jedoch selbstverständlich nicht alle) starke Feinde schon früh im Spiel bezwingen können. Etwas zu sehr erleichtert werden manche Arenakämpfe dadurch, dass man die meisten Gegner beim ersten Mal einfach einfangen kann, wozu man im Prinzip nur Glück braucht.
World of Final Fantasy hat auch die typisch langweiligen NPC-Quests zu bieten, bei denen man entweder X Einheiten von Item Y sammeln muss oder X-mal Gegner Y töten soll. Interessanter hingegen sind die Stellvertreterkämpfe, Nebenaufgaben, bei denen man aus der Beobachterperspektive Geschehnisse um die Charaktere im Spiel verfolgt und ihnen anschließend im Kampf zur Seite steht. Von diesen Quests gibt es recht viele und diese beinhalten recht umfangreiche Szenen. In den meisten Gebieten wartet zudem eine Monstergruppe, die deutlich stärker als die anderen in diesem Areal ist.
Nach dem Durchspielen werden drei Bonusdungeons freigeschaltet, die allerdings nur neue Anordnungen bestehender Orte mit stärkeren Gegnern sind. Es gibt außerdem vier Minispiele, die man für die Haupthandlung einmal spielen muss und im Raum der Zwillinge erneut spielen kann. Die sind allerdings nicht sonderlich spaßig, da sie stark auf dem Zufallsprinzip basieren.
Gegen Ende des Spiels erhält man ein Luftschiff, das jedoch fast komplett nutzlos ist. Auch die angepriesene, klassische Weltkarte kommt nur in wenigen Situationen zum Einsatz und hat kaum etwas zu bieten.
Viel Charme und Humor – zu viel?
World of Final Fantasy legt außerordentlich viel Wert auf Humor. Die Dynamik zwischen Lann, Reynn und Tama sorgt ständig für lustige Momente. Angenehm ist dabei besonders, dass viele Konversationen im Hintergrund ablaufen, während man herumläuft oder kämpft. Kaum eine Spielminute vergeht ohne Wortwitze, schnippische Anmerkungen oder kleine Sticheleien. Während einige Szenen für herzhafte Lacher sorgen, versucht das Spiel aber manchmal zu sehr, lustig zu sein. Viele Momente wirken daher etwas gezwungen und manchmal sogar deplatziert.
Auch Monster- und Charakterbeschreibungen im Lexikon sind voll von kleinen Witzen und Anspielungen. Bisweilen driften sie sogar in Popkultur und Memes ab und durchbrechen die vierte Wand. Das könnte für manche Spieler etwas zu viel des Guten sein.
Andererseits gibt es auch einige sehr schöne und charmante Szenen. Die Darstellungen von Kaktor und Tomberry sind durchaus gelungen und viele der subtilen Referenzen auf andere Titel werden Fans ein Lächeln auf die Lippen zaubern können.
Deutsch, Englisch, Japanisch?
Durch die vielen Namen, Wortwitze und Referenzen handelt es sich bei World of Final Fantasy ohne Zweifel um ein herausforderndes Projekt für eine Lokalisierung. Josef Shanel, der unter anderem Final Fantasy IX und Ni no Kuni grandios übersetzt hat, hatte die Gelegenheit, sich hier auszutoben. Logischerweise mussten viele der Witze und sprachlichen Eigenheiten umgeschrieben oder ersetzt werden, um zu funktionieren. Das gelingt manchmal gut, manchmal weniger gut. Unter dem Strich ist die deutsche Textfassung aber durchaus gelungen, auch wenn sie manchmal stark von der englischen Sprachfassung abweicht, die wie bei den meisten Final-Fantasy-Titeln insgesamt auch noch einen Tick natürlicher und lebendiger wirkt.
Bei der PlayStation-4-Fassung befinden sich nur englische Stimmen auf der Disc; die japanische Sprachausgabe kann kostenlos per DLC erworben werden. Aus Speicherplatzgründen stehen bei der Vita-Version beide Sprachfassungen nur als Download zur Verfügung. Eine deutsche Sprachausgabe gibt es nicht.
Prinzipiell sind beide Sprachausgaben gelungen, haben aber mit kleineren Problemen zu kämpfen. In der englischen Fassung wirken die Sprecher von Reynn und insbesondere Lann deutlich älter als die 15-jährigen Protagonisten. Die schrillen, hohen Stimmen von Tama und einigen anderen Wesen können auf Dauer in beiden Fassungen nerven, insbesondere in Kombination mit Tamas nervigem Sprachfehler („nano desu“ im Japanischen, ständig falsch eingeschobenes „the“ im Englischen). Viele der bekannten Charaktere wie Yuna und Tidus wurden auch im Englischen von den Originalsprechern vertont.
Spielkomfort zwischen Klassik und Moderne
World of Final Fantasy spielt sich als Spiel aus dem Jahr 2016 trotz der vielen, klassischen Elemente natürlich moderner als beispielsweise ein Final Fantasy VII. Zwischensequenzen lassen sich beschleunigen oder überspringen, Kämpfe kann man ebenfalls per Druck auf die R1-Taste in doppelter Geschwindigkeit ablaufen lassen und mit einem Teleport-Stein wird man jederzeit an den Anfang eines Dungeons zurückbefördert. Man kann jeden Ort von der Basis aus direkt ansteuern und ein verlorener Kampf bedeutet nur in Boss-Gebieten ein Game Over.
Trotz all dieser Komfortfunktionen, die das Spielerlebnis größtenteils angenehm gestalten, gibt es auch einige Punkte, die Kritik verdienen. So ist es nicht möglich, einige der langen Kampfanimationen zu überspringen und falls man nicht R1 drückt, ist das generelle Kampftempo selbst bei der schnellsten auswählbaren Option ziemlich träge. Auch die Menüführung fühlt sich sehr langsam an: Statt auf Spielkomfort haben die Entwickler hier auf visuelle Effekte gesetzt – aus spielerischer Sicht keine Glanzentscheidung. Im Gegensatz zu den Bravely-Spielen, einer modernen Fassung klassischer RPGs, bietet World of Final Fantasy leider keine Möglichkeit, die Zufallskämpfe zu deaktivieren, auch spät im Spiel nicht. Verschiedene Schwierigkeitsgrade existieren ebenfalls nicht.
Unterm Strich spielt sich World of Final Fantasy aber ausgesprochen motivierend. Die Kämpfe haben in Kombination mit dem Fangen und Züchten der Monster einen gewissen Suchtfaktor und die vielen optionalen Nebenaufgaben und Herausforderungen sorgen für etwas Abwechslung.
Verschiedene Grafikstile und bekannte Musik
Das Hauptcharakterdesign von Tetsuya Nomura erinnert stark an Kingdom Hearts. Das trifft auch auf einige andere Elemente und die Regie der Zwischensequenzen zu, die trotz ihrer hohen Zahl oft sehr lebendig und teils recht aufwendig umgesetzt worden sind. Das Chibi-Design ist freilich stark geschmacksabhängig: Während der eine die Winzlinge als außerordentlich niedlich ansieht, sind sie für den nächsten hässliche Kopffüßler.
Die Grafik des Spiels ist zumeist sehr solide. Sie reicht natürlich nicht an AAA-Spiele wie Final Fantasy XV heran, kann aber in puncto Design und Detailreichtum dennoch meist überzeugen. Ungewöhnlich für ein modernes Spiel ist die fixierte Kamera, die jedoch gut zum Spieldesign passt. Fragwürdig ist die Entscheidung, Anime-Zwischensequenzen einzubauen, denn die mögen nicht so recht zum restlichen Stil des Spiels passen.
Für die Musik war Masashi Hamauzu verantwortlich (Final Fantasy XIII, The Legend of Legacy), dessen Hintergrundmusik gewohnt angenehm ist, aber wenige Höhepunkte bietet. Gerade nach Final Fantasy XIII klingen viele seiner Spiele-Soundtracks sehr gleichartig und haben selten memorable Melodien. Hamauzu hat für World of Final Fantasy auch zahlreiche Stücke von Uematsu arrangiert. Während einige der Arrangements stimmig und frisch wirken, machen andere einen zu verwässerten oder experimentellen Eindruck – alles in allem ein solider Soundtrack, aber beileibe kein Meisterwerk.
Fazit
Story: Primär Fanservice mit Hauptaugenmerk auf Humor. Kann leider oft nicht ernst genommen werden, woran auch das bisschen Hauptgeschichte nicht mehr viel ändern kann. Bietet viele Lacher, aber übertreibt es manchmal.
Gameplay: Spaßig, kurzweilig und äußerst motivierend. Ausreichender Abwechslungsreichtum und Monsterzuchtsystem mit Suchtpotenzial. Schwierigkeitsgrad eher niedrig.
Optik: Offensichtlich kein AAA-Spiel, aber schön bunt und ansehnlich. Chibi-Charaktere sind Geschmackssache.
Musik: Gefällige Hintergrundmusik bestehend aus neuen Stücken ohne große Höhepunkte und Arrangements klassischer Themen, die teils gut, teils zu verwässert sind.
Sonstiges: 20-30 Stunden für die Hauptstory, deutlich mehr mit allen optionalen Inhalten. Japanische Sprachausgabe per DLC. Das „wahre Ende“ nach den ersten Credits nicht vergessen!