Es war wirklich nur eine Frage der Zeit, bis das Anime-Phänomen Attack on Titan eine eigene Videospiel-Fassung bekommt. Kurz nachdem die Serie sowohl in Japan als auch im Westen einschlug wie eine Bombe, folgte der erste Ableger auf Nintendo 3DS. Nun wagen sich die Musou-Experten von Omega Force an die ganz großen Kaliber und bringen mit A.O.T. Wings of Freedom die Titanen auf die beiden großen Heimkonsolen und PlayStation Vita. Und auch wenn im Titel der eigentliche Name der Vorlage nicht stehen darf, so ist doch ganz viel Attack on Titan drin, wo A.O.T. drauf steht.
Die Story-Kampagne folgt der ersten Staffel des Animes auf Schritt und Tritt. Zu Beginn werden in einer kurzen Sequenz die ersten Begegnungen der Menschen mit den mysteriösen Titanen beschrieben sowie der nicht enden wollende Kampf gegen diese. Um sich vor den menschenfressenden Riesen zu schützen, werden drei große Mauern gebaut. Sie bieten für lange Zeit Schutz und Sicherheit, doch nicht alles, was gut ist, währt ewig. Am schicksalsvollen Tag, an dem auch die eigentliche Geschichte rund um den Helden Eren Jäger beginnt, greift ein sogenannter abnormer Titan die Mauer an.

Mit einem Vielfachen an Stärke und Größe gesegnet, zerschmettert er die äußere Mauer und zwingt tausende Bewohner in den inneren Kreis zu flüchten. Unter den vielen Opfern an diesem Tag befindet sich auch Erens Mutter. Nach Rache dürstend meldet er sich zum Wehrdienst und trainiert, um sich den Titanen Auge in Auge entgegenzustellen und die zu beschützen, die ihm wichtig sind. Wer den Anime jedoch kennt, der weiß, dass ein Leben in der Welt von Attack on Titan nicht viel bedeutet. Mit dem zweiten Auftreten des gigantischen Abnormen beginnt die erste Mission.
Erzählt wird die Geschichte in vielen wirklich beeindruckenden Zwischensequenzen, die dem dazugehörigen Anime-Pendant kaum nachstehen. Die Charaktermodelle wissen hier zu überzeugen, ebenso wie die detailreiche Mimik. Die Epik, welche den Anime so berühmt gemacht hat, blitzt hier immer wieder auf und lässt jedes Fan-Herz höher schlagen. Auch Nicht-Kenner der Vorlage werden gefallen an diesen Sequenzen finden, denn die Story wird recht vollständig erzählt. Leider nur sehr grob, was der engeren Bindung zu den Charakteren und dem Verständnis ihrer Motive im Wege steht. Wie bei jedem Spiel dieser Art kann man die Geschichte zwar auch so genießen, aber jemandem, dem die Vorlage bekannt ist, wird es wesentlich besser gefallen.
Neben den voll vertonten Zwischensequenzen werden einzelne Dialoge auch nur in der Ingame-Engine dargestellt. Hier merkt man besonders deutlich, wie schwach diese ist. Die Charaktere sehen klobig und detailarm aus. Weder die Animationen noch die grafische Qualität wissen zu überzeugen. Die fehlende Synchronisation tut in diesen Szenen besonders weh, da die, aus dem Anime bekannten, originalen japanischen Synchronsprecher alle an Bord sind und eine phänomenale Arbeit abliefern.
Diese Tonspur ist auch die einzige, die auf dem Datenträger mitgeliefert wird. Dank der hohen Qualität ist eine fehlende Lokalisation hier ganz einfach zu verschmerzen.
Leider hat man es nicht geschafft, die unverkennbaren Stücke von Hiroyuki Sawano in das Spiel einzubauen. Man würde sich wohl nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn man behaupten würde, dass der Anime ohne diesen Mann und seinen großartigen Soundtrack weltweit wesentlich weniger Anklang gefunden hätte. Der neu komponierte Soundtrack macht zwar nicht viel falsch und trifft ab und an ebenfalls die richtigen Töne, dennoch bleibt kein Lied im Kopf oder kommt nur annähernd an das Original heran.
Ein noch wesentlich größerer Wermutstropfen ist jedoch die schwache Technik. Im Standbild sieht das Spiel noch in Ordnung aus, aber sobald man in Bewegung kommt, offenbart sich das technische Desaster auf PlayStation Vita. Die detailarmen Charaktermodelle bewegen sich in eher kleineren Missions-Gebieten, die fast alle gleich aussehen und nur aus sich ständig wiederholenden Häusern und/oder Bäumen aufgebaut sind. Besonders in den ersten Missionen wird man wieder und wieder in das gleiche Gebiet geschickt und selbst wenn es dann mal außerhalb der Mauer weitergeht, so kommt es einem doch so vor, als würde man ständig dieselben Motive sehen. Die Umgebungsvielfalt ist praktisch nicht vorhanden. Ähnlich sieht es mit Objekten in der Ferne aus. Diese brauchen selbst nur aus kurzer Distanz betrachtet mehrere Sekunden, um die wenigen Texturen zu laden, die sie haben. Oftmals tauchen ganze Gebäude und Objekte auch gar nicht auf. Das ist umso schlimmer, da man sich mit einer hohen Geschwindigkeit durch die Areale bewegt.

Noch schlimmer sind jedoch die vielen Ruckler, Slowdowns und Clipping-Fehler. Befindet man sich in einem der engen und detaillosen Gänge der Städte mit zwei Titanen, so geht die Framerate schon ordentlich in die Knie. Kämpft man dann zusätzlich gegen diese, hat man sehr oft das Gefühl, einer Powerpoint-Präsentation beizuwohnen. Und wenn das Spiel dann mit einer einigermaßen akzeptablen Framerate läuft, dann auch in Zeitlupe. Addiert man dann ein wahnsinniges Pferd, eine katastrophale Kamera und Angriffsziele, die sich dank Clipping-Fehlern in der Erde oder inmitten von unzugänglichen Gebäuden befinden, dann ist die Frustration komplett. Technisch gesehen ist die PlayStation-Vita-Fassung von A.O.T. Wings of Freedom eine Katastrophe und man sollte sich zehn Mal überlegen, ob man dafür sein Geld ausgeben will. Hier wurde rein gar nichts optimiert und das Ergebnis macht dies sehr deutlich.
Wenn man nach einem Grund sucht, weshalb man bei diesem Spiel zugreifen sollte, dann wird man wohl beim Gameplay fündig. Denn die Entwickler haben es geschafft, die Hektik, die Geschwindigkeit und die Präzision der Titanen-Kämpfe ordentlich einzufangen. Mit der ikonischen 3D-Manöver-Ausrüstung ist jeder Charakter in der Lage, zwei Haken abzuschießen und sich damit, wie Spider-Man, durch die Umgebungen zu katapultieren. Und würde sich die Technik diesem Geschehen anpassen, dann wäre die Hochgeschwindigkeits-Fortbewegung wohl der spaßigste Part des Spieles.
Trifft man auf einen Titanen, so visiert man zunächst ein Körperteil an. Zur Auswahl werden hier die vier Extremitäten geboten sowie der Nacken. Fans wissen, dass man einen Titanen nur töten kann, wenn man ihm tief in den Nacken sticht. Somit dient der Angriff auf die Arme oder Beine nur dem Schwächen und Aufhalten der Titanen oder dem Sammeln von Materialien. Oft kommt es vor, dass bestimmte Gliedmaßen markiert sind und so anzeigen, dass mit dem Beseitigen dieser Materialien erworben werden können.

Und so schwingt man sich durch die Areale, schießt die Haken an die Titanen und erledigt sie. In den seltenen Momenten, in denen alle Teile, auch die Technik, zusammenspielen, versteht man, wieso viele Leute von diesem Spiel so angetan sind.
Wenn man in einem Rutsch mit Hochgeschwindigkeit um die Ecke fliegt, einen Titanen entdeckt und ihm in einem schnellen Zug beide Beine zersägt, ihn tötet und dann anschließend ohne Pause den nächsten ins Visier nimmt, dann hat man richtig Spaß. Leider machen die bereits erwähnte schwache Technik sowie die fehlende Abwechslung hier einen gehörigen Strich durch die Rechnung. So gut wie jede Mission läuft identisch ab. Man muss von A nach B und bestimmte Titanen auf dieselbe Art und Weise töten. Dabei gibt es noch kleine, optionale Ziele, die ebenfalls nur das Töten von Titanen beinhalten. Was anfangs noch frisch und neu wirkt, wird nach der zwanzigsten Mission einfach nur langweilig. Hier hätten sich die Entwickler wirklich mehr einfallen lassen müssen. Wenn dann noch die Umgebungen stets dieselben sind und auch die Feinde alle gleich aussehen, dann ist klar, dass viel Potential verschenkt wurde.
Im Laufe der Hauptmissionen spielt man zwar mit verschiedenen Charakteren wie Armin, Mikasa oder Fan-Liebling Levi, doch auch wenn sie etwas unterschiedliche Attribute haben, so kommt es am Ende immer wieder zur selben kurzen Tastenkombination, mit der man einen Titanen nach dem anderen niedermäht. Neben den Story-Missionen werden noch viele Nebenmissionen angeboten, welche zur Rückeroberung diverser Areale dienen. Anfangs macht es Spaß, die Bereiche außerhalb der Mauer zu säubern, aber wenn es sich 1:1 wie die Hauptmissionen spielt und ständig nur dasselbe vom Spieler verlangt wird, dann ist hier auch ganz schnell die Luft raus.
Neben den repetitiven Kämpfen bietet A.O.T. Wings of Freedom noch einige Rollenspiel-Elemente. Je öfter man mit einem Charakter kämpft, desto mehr Erfahrungspunkte erhält dieser und mit jedem neuen Level schaltet man eine neue Fähigkeit frei, die sich mal mehr und mal weniger auf die Kämpfe auswirkt. Zudem gibt es noch die sogenannte Regimentfähigkeit, welche ebenfalls nach jeder erfolgreichen Mission ansteigt.
Der steigende Level kann hier für neue Items in den Shops sorgen. Insgesamt gibt es drei Ausrüstungsgegenstände, die ausgewechselt und mit Materialien verbessert werden können. Kümmert man sich immer um eine gute Balance zwischen den dreien, dann wird jede Mission, zumindest auf dem normalen Schwierigkeitsgrad, zu einem Kinderspiel. Auch das wirklich nervende Schlachtross mit den überpferdlichen Kräften kann in den Basen, die man zwischen den Hauptmissionen besucht, ausgewechselt werden. Generell halten diese Elemente den Spieler noch ein wenig länger bei Laune, aber sie sind nicht genug, um das abwechslungsarme Gameplay zu kompensieren.
A.O.T. Wings of Freedom ist eine wahre Überraschung. Auf der einen Seite haben es die Entwickler von Omega Force geschafft, das Feeling des Animes und der Kämpfe einzufangen und auf den Konsolen-Bildschirm zu bringen, aber auf der anderen Seite wird selbst das spaßigste Gameplay nach stundenlanger Wiederholung der eigenen Inhalte langweilig und nervend. Wenn dann noch die katastrophale Technik und das faule Design dazukommt, dann lässt der Frust nicht lange auf sich warten. Beeindruckende Zwischensequenzen, gute Synchronsprecher und einige Rollenspiel-Elemente sind nun mal nicht genug.
Story: Basierend auf der ersten Staffel des Animes mit einigen Zusatz-Missionen, die noch darüber hinausgehen. Auch wenn nur grob zusammengefasst wird, einer der stärkeren Aspekte.
Grafik: Schöne Zwischensequenzen. Der Rest ist eine Katastrophe und grenzt oft, dank vieler Fehler, an Unspielbarkeit.
Sound: Die originalen japanischen Synchronsprecher sind superb. Leider fehlt in einigen Sequenzen eine Vertonung, ebenso wie der tolle Klang von Hiroyuki Sawano.
Gameplay: Tolle Grundidee, die dank ständiger Repetition schnell an Reiz verliert und die Motivation stark reduziert.
Sonstiges: Die Hauptmissionen alleine vertilgen mehr als zehn Stunden. Mit allen Nebenmissionen und den verschiedenen Schwierigkeitsstufen bleiben Hardcore-Fans weit über 30 Stunden am Ball.
Wichtig: Von uns getestet: PlayStation-Vita-Version!
