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Im Test! Umineko When They Cry (Question Arcs)

Denkt ihr manchmal auch, dass sich diverse Vorfälle durch Magie plötzlich viel plausibler und vor allem leichter erklären lassen? Oder seid ihr strikt rational und basiert jede Schlussfolgerung auf real existierenden Fakten? Wenn ihr einem dieser Paradigmen zugehörig, doch selbst wenn nicht, könnten euch die Ereignisse vom 4. Oktober und 5. Oktober 1986 auf der Insel Rokkenjima interessieren, um die es in Umineko When They Cry (Question Arcs) geht. Während dieser Zeit geschahen Dinge, die sich bis heute nicht mit einfachen Mitteln erklären lassen. 07th Expansion und MangaGamer bringen den spirituellen Nachfolger von Higurashi When They Cry gleich mit vier Episoden erstmals in den Westen. Darf man Teepartys oder Blutbäder erwarten? Oder etwa beides? Erfahrt, wieso Umineko Gehirne zum Schmelzen bringen kann.

Wieso diese Distanz?
Wieso diese Distanz?

Die Familie Ushiromiya ist reich, sie soll sogar Unmengen an Goldbarren in ihrem Besitz haben. Für die Erben der Familie ist dies mittlerweile der einzige Ansporn, ihren Vater und das Oberhaupt der Familie, Kinzo Ushiromiya, jedes Jahr aufs Neue mit Ehepartner und Kindern in der Familienvilla auf der isolierten Insel Rokkenjima zu besuchen. Obwohl er nach ärztlichen Prognosen kaum noch leben dürfte, gibt es auch am 4. Oktober 1986 ein Familientreffen. Mit dabei ist dieses Mal auch Battler Ushiromiya, der nach sechs Jahren zu seiner Familie zurückgekehrt ist. Was wird ihn auf Rokkenjima erwarten? Lediglich eine Flaschenpost, die weit später gefunden wird, scheint Licht ins Dunkle zu bringen – aber tut sie das wirklich?

Die Beschreibung zur Handlung klingt noch immer zu kurz und kryptisch? Mehr zu verraten, käme einer Todsünde gleich und der Autor hängt an seinem Leben. Wieso der Autor auf einmal von sich selbst in der dritten Person Singular spricht, anstatt mehr vom Spiel zu berichten? Vielleicht ist er gar nicht der Autor und will es so zum Ausdruck bringen? Wieso Autor anstatt Verfasser, Schreiber, Tester oder einfach Reviewer? Wieso gerade dieser Begriff? Hat der Korrektor bei seinem Tun geschlafen oder wurde er bedroht, diese Textpassage so zu belassen, wie sie ist? Oder… ist dies ein letzter Hilferuf des Teams von JPGAMES, das bereits seit zwei Jahren durch Drohnen ersetzt worden ist? Nö, das war alles nur ein Trick.

Verzeiht den vorigen Absatz ohne sinnvollen Inhalt, letztendlich dient er aber dazu, die Handlung in ganz abstrakter Weise darzustellen – oder auch die Reaktionen beim Lesen. Bei Umineko When They Cry handelt es sich um das Projekt nach Higurashi When They Cry und dies merkt man auch.

Einerseits kann man dies daran festmachen, dass die Handlung auf mehreren Ebenen aufbaut und diese auch über mehrere Episoden fortgeführt werden. Des Weiteren ist es interessant und zugleich positiv zu bewerten, dass sich jede Episode in eine völlig andere Richtung entwickelt, obwohl der Handlungsort an sich immer derselbe bleibt und Exkursionen eher rar sind.

»Die einzelnen Episoden wirken wie ein Schachspiel, was später auch konkret angedeutet wird – in der Meta-Welt.«

Andererseits wirken die einzelnen Episoden wie ein Schachspiel, was später auch konkret angedeutet wird – in der Meta-Welt. Diese Ebene der Welt wird zuerst überhaupt nicht wirklich wahrgenommen, mit fortschreitendem Spielverlauf entwickelt sie sich aber zu einem essentiellen Part von Umineko, da sie für einige Figuren als Grundlage dazu dient, das ganze Ereignis als Zuschauer von außen zu betrachten, um schließlich herauszufinden, wer letztendlich für das tragische Ergebnis verantwortlich ist. An ruhigen Stellen kann die Handlung gestreckt wirken, tatsächlich werden aber auch in diesen Szenen wichtige Fakten genannt und behandelt.

Insbesondere die Charaktere Battler und Beatrice bilden zu einem großen Teil die Schlüsselpositionen in Umineko. Während Beatrice Battler unbedingt davon überzeugen will, dass die Geschehnisse Hexenwerk sind, bleibt Battler stur und ist überzeugt davon, dass die Tragödie von Rokkenjima durch Menschenhand geschaffen wurde. Aus diesen Gegensätzen entsteht zuerst ein Spiel in der Meta-Welt, das sich aber auch zu einem erbitterten Kampf entwickelt. Begleitet werden die beiden von einer ganzen Reihe an Charakteren mit unterschiedlichen Eigenschaften und Motiven. Dabei ist auch ein gewisser Wandel zwischen den Episoden auszumachen. Während die erste Episode noch nahezu vollständig bei der Realität bleibt, ist das Verhältnis zwischen Meta-Welt und Realität nur noch ausgeglichen.

Jeder hat seine Motive.
Jeder hat seine Motive.

Wenngleich es sich bei Umineko um eine Sound Novel handelt, ist der Titel grundsätzlich eine Kinetic Novel, der Verlauf ist vorherbestimmt und nicht durch Entscheidungen beeinflussbar. Außer dem Lesen der Handlung gibt es in Umineko nicht viel zu tun. Neben kurzen Beschreibungen der Figuren gibt es zwischendurch Beschreibungen zu bestimmten Begrifflichkeiten und nach jeder Episode gibt es zusätzlich eine Teeparty und eine kurze ???-Episode, die weitere Hinweise auf die Lösung des Mysteriums geben – oder euch aber noch mehr in die Irre führen. Einzig das Fehlen von traditionellen Optionen fällt negativ auf. Nur über Tastaturbefehle lassen sich essentielle Dinge wie etwa Bildschirmmodi und Textgeschwindigkeit ändern, die Lautstärke kann man sogar nur an- und ausstellen, allerdings nicht verstellen. Dies wirkt ein wenig plump.

Die Porträts der Figuren sind viktorianisch angehaucht und können mit unterschiedlichen Posen aufwarten. Insgesamt sind hier keine Mängel festzustellen. Auch die Porträts der Originalversion werden angeboten. Zwar sind diese in ihrer Gestaltung sehr einfach gehalten, allerdings besitzen diese noch so viel Integrität, dass durch diese sogar eine Art Charme entsteht. Die Hintergründe wirken hingegen absichtlich verschwommen, besitzen jedoch mehr Details als in früheren Werken des Studios. Ab und an gibt es auch Einspieler, insbesondere zum Episodenstart, in der Spielgrafik.

»Da es sich bei Umineko um eine Sound Novel handelt, ist der Soundtrack ein wichtiges Element – und hier brilliert der Titel.«

Da es sich bei Umineko um eine Sound Novel handelt, ist der Soundtrack ein wichtiges Element – und hier brilliert der Titel. Mit zahlreichen Musikstücken kann Umineko jeder Szene Gefühl verleihen, dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Angst, Trauer oder Frohsinn handelt. Jeder Track ist durch mehrere Nuancen geprägt, sodass es plötzlich sogar Sinn macht, wenn bei einem Massaker beispielsweise ein Kinderlied eingespielt wird – so sehr wird die Psyche beim Hören verdreht. Wer ruhigen Pianostücken, aber auch kräftigen Elektronikklängen nicht abgeneigt ist, wird umso mehr Freude empfinden. Hinzu gesellen sich Soundeffekte, welche der Atmosphäre noch mehr Gänsehaut verleihen. Zur Perfektion fehlt es lediglich an einer Synchronisation.

Hier wird kein Blatt vor den Mund genommen.
Hier wird kein Blatt vor den Mund genommen.

Umineko When They Cry (Question Arcs) ist eine Höllenfahrt – im positiven Sinne! Die Handlung bietet Spannung und Emotionen ohne Ende, im großen Ganzen versucht man die Lösung hinter jedem Hinweis zu finden, um letztendlich von einer falschen Fährte in die nächste zu stolpern – und dann vielleicht doch einen Abschluss zu finden? Insbesondere der Soundtrack sorgt durchweg für Stimmung und macht das Gesamtwerk zu einem besonderen Erlebnis. Wer ein Rätsel serviert bekommen möchte, ohne dazu eine definitive Antwort zu erhalten, ist bei Umineko genau richtig. Selbst die plumpe Integrierung der Spieloptionen ändert an diesem Ergebnis wenig.

Story: Spannung und Emotionen ohne Ende – inklusive Verwirrung.

Gameplay: Sporadisch, plumpe Integrierung der Spieloptionen.

Grafik: Viktorianisch, Wechsel zwischen alten und neuen Porträts möglich.

Sound: Brillanter Mix aus Piano und Elektronik.