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Im Test! Tokyo Mirage Sessions #FE

Was passiert eigentlich, wenn die Fire-Emblem-Reihe auf die Shin-Megami-Tensei-Serie trifft? Ein extrem buntes JRPG mit Idol-Setting entsteht! Diese Frage hätte wohl vor der Enthüllung des Spiels niemand korrekt beantworten können. Nachdem die japanischen Fans schon seit ein paar Monaten das fiktive Tokyo erkunden und ihre Karriere als Star vorantreiben, kommt Tokyo Mirage Sessions #FE endlich auch zu uns. Was ihr von diesem Crossover-Rollenspiel erwarten könnt, erfahrt ihr hier im Test.

WiiU_GeneiIbunRokuFE_18_mediaplayer_largeIn Tokyo Mirage Sessions #FE schlüpft ihr in die Rolle von Itsuki Aoi, einem 18-jährigen Schüler, der eigentlich ein ganz normales Leben führt – bis er und seine Freunde in ein ungewöhnliches Abenteuer verwickelt werden. Dieses beginnt, als sie auf Maiko Shimazaki, die Präsidentin von Fortuna Entertainment, treffen, die sich als weit mehr als nur die Managerin populärer japanischer Talente im Showbusiness entpuppt. Gemeinsam mit seiner Kindheitsfreundin Tsubasa und seinem besten Freund Touma schließt sich Itsuki dem Label an, um Tsubasa dabei zu helfen, sich als Idol im knallharten Showbusiness durchzusetzen.

»Die Handlung besticht vor allem durch das untypische, frische Setting im modernen japanischen Showbusiness und ihre liebenswerten Charaktere, die einem schnell ans Herz wachsen.«

Doch weitaus wichtigere Kämpfe werden neben dem Star-Alltag ausgetragen, denn als Mirage Master besitzen die jungen, aufstrebenden Idols eine besondere Kraft, die geisterhaften Mirages von der Zerstörung unserer Welt abzuhalten. Mit Fortuna Entertainment als Trainingsstätte, stellen sie sich mit gutartigen, schemenhaften Kriegern an ihrer Seite den bösen Phantomen, die die Lebenskraft der Menschen rauben, indem sie die Inspiration der Menschen stehlen. Die Mirages, die die Helden begleiten, wurden aus Fire Emblem entnommen und sind bekannten Figuren der Reihe nachempfunden, auch wenn sie optisch ein wenig verändert auftreten. Weil sie ihre Erinnerungen verloren haben, schließen sie sich unseren Protagonisten an, um gemeinsam das Rätsel dahinter zu lüften. Die Handlung besticht vor allem durch das untypische, frische Setting im modernen japanischen Showbusiness und ihre liebenswerten Charaktere, die einem schnell ans Herz wachsen.

Was das Spiel allerdings ausmacht, sind die Erkundungstouren durch die fantastisch designten Dungeons, kombiniert mit einem fordernden Kampfsystem, das auf klassische, rundenbasierte Kämpfe setzt. Pro Kapitel wird ein neuer Dungeon in der Idolasphere, der Welt der Mirages, betretbar, an dessen Ende ein Bosskampf auf euch wartet. Dort treiben Gegner ihr Unwesen, die auf dem Feld sichtbar sind und in verschiedenen Arten auftreten. Die schwarzen Gegner solltet ihr eher meiden, da sie besonders stark sind und oftmals Flucht der einzige Ausweg aus dem Kampf bedeutet. Die Labyrinthe selbst sind sehr kreativ gestaltet und passen thematisch immer zum Kapitel. So findet ihr euch in einem Fotografen-Atelier wieder oder am Set einer TV-Serie. Kleine Rätsel im Dungeon sorgen für die nötige Abwechslung zwischen den Kämpfen, die ebenfalls voller interessanter Ideen stecken: Ihr bewegt euch beispielsweise durch riesige Puppen, indem ihr zuvor ihre Arme auf die richtige Höhe ausrichten müsst.

DWiiU_GeneiIbunRokuFE_19_mediaplayer_largeie Kapitel laufen im Prinzip immer nach demselben Schema ab, ein neues Problem tut sich auf, die Idolasphere öffnet sich, ihr betretet den neuen Dungeon und macht euch auf die Suche nach der Lösung – zwischendurch trefft ihr natürlich auf neue Charaktere. Manch einen könnte das vielleicht an Persona 4 erinnern. Denn auch Freizeit gibt es hier, die ihr immer nach jedem Kapitel beliebig gestalten könnt und am besten für Einkäufe, Nebenquests, Erkundungen und eure Teammitglieder nutzt.

Falls ihr vom Kämpfen erschöpft seid, könnt ihr jederzeit ins Quartier von Fortuna Entertainment zurückkehren und euch heilen lassen oder eure Kämpfer und Waffen aufwerten. Oder ihr nutzt Items oder Skills eurer Gruppe, um Lebenspunkte aufzufüllen. Mit der Übersichtskarte gelingt es ganz einfach, von Schauplatz zu Schauplatz zu springen und auch Nebenquests einzusehen und anzunehmen. In eurer Freizeit habt ihr die Chance, unter anderem Shibuya und Harajuku zu erkunden und in Supermärkten oder anderen Läden nach Herzenslust euer Geld für nützliche Items oder Accessoires auszugeben, euch mit NPCs zu unterhalten oder die Idol-Schule zu besuchen, um Tanz- oder Gesangsunterricht zu nehmen. Requests von NPCs könnt ihr ebenfalls annehmen, indem ihr sie ansprecht und ihren Anliegen nachkommt.

Was mir besonders gut gefällt, ist der Messenger „Topic“, den ihr auf dem GamePad von Wii U aufrufen könnt. Dort könnt ihr Nachrichten von euren Teammitgliedern, Freunden und befreundeten Mirages einsehen. Die erhaltet ihr durchgehend im Abenteuer und können entweder die Handlung vorantreiben oder sind einfach nur belanglos und unterhalten euch nebenbei. Eure Freunde nutzen Smileys oder Sticker wenn sie euch schreiben und drücken so im Chat ihre Persönlichkeit aus. Mir hat es viel Spaß gemacht, die Chats zu lesen, besonders wenn man selbst die eigenen Antworten wählen kann. Manche könnten dieses Feature vielleicht als nervig empfinden, meinen Geschmack hat es jedoch genau getroffen.

Neben Chatantworten könnt ihr auch andere Entscheidungen mit Itsuki treffen, die eine größere Auswirkung haben. Sie verändern zwar nicht die Story an sich, aber können euch im Zusammenhang mit Tsubasa Sympathiepunkte einbringen. Bei genügend Punkten gibt es sogar einen besonderen Skill, der sich nur so freischalten lässt.

CI16_WiiU_TokyoMirageSessionsFE_Combat01_EN_mediaplayer_largeTokyo Mirage Sessions #FE ist komplett auf Japanisch vertont und im Westen mit englischen Texten erhältlich. Ich hätte mich zwar gefreut, wenn wir deutsche Untertitel oder vielleicht die zusätzliche Option zur englischen Sprachausgabe bekommen hätten, damit das Spiel einem etwas breiteren Publikum zugänglich gemacht wird. Nichtsdestotrotz ist die japanische Vertonung wirklich großartig, nicht nur weil sie qualitativ hochwertig ist, sondern auch immer zum Einsatz kommt. Fast das komplette Spiel wurde vertont und in Zwischensequenzen gibt es sogar noch wunderschön gezeichnete Anime-Sequenzen von Studio Anima/Studio 4°C sowie aufwendig animierte CG-Sequenzen zu sehen.

Manchmal passiert es allerdings, dass die Sprachausgabe anfängt zu nerven. Das bezieht sich an dieser Stelle wirklich nur auf die Kämpfe, denn hier werden die durchgehenden Zwischenrufe zu Kampftaktiken der Kämpfer irgendwann nervig. Leider gibt es hier keine Untertitel, damit man die Kommentare der Mirage Masters nachvollziehen könnte. Das schlägt sich bei einer vollen Party eher negativ und chaotisch nieder, weil sich die Charaktere gegenseitig auch nicht ausreden lassen und durcheinander rufen. Die Kernaussagen bekommt man allerdings mit, wenn sie sich freuen oder gegenseitig motivieren oder eben beim Ableben eines Teamkameraden dementsprechend reagieren.

»Generell ist mir die Musik positiv aufgefallen, denn abseits der stimmungsvollen Tracks beim Kämpfen und Erkunden bekommt ihr durch das Idol-Setting zwischendurch tolle Songs zu hören.«

Oft hätte ich viel lieber nur den schönen Background-Songs gelauscht, die sich besonders mit dem schnellen Rhythmus und den typischen, melodischen Pop-Klängen auch im RPG-Bereich von anderen Spielen abheben. Generell ist mir die Musik durchgehend positiv aufgefallen, denn abseits der stimmungsvollen Tracks beim Kämpfen und Erkunden bekommt ihr gerade durch das Idol-Setting zwischendurch tolle Songs zu hören. Dazu kommt, dass sämtliche Konzerte wundervoll präsentiert werden und es den Entwicklern gelungen ist, eine glaubhafte, mitreißende Atmosphäre zu erschaffen. Fans der Fire-Emblem-Reihe kommen zudem auf ihre Kosten, da sie den ein oder anderen bekannten Track wiedererkennen werden. Außerdem ganz interessant: Alle Songs wurden von den Synchronsprechern der Figuren selbst eingesungen, was nicht als selbstverständlich gilt.

Abgesehen davon bieten die Kämpfe klassische und solide RPG-Kost, wie man es von Atlus gewohnt ist. Jeder Held besitzt eine andere Klasse mit passenden Stärken und Schwächen, wie man sie aus den Fire-Emblem-Spielen kennt: Unter anderem Bogenschütze, Pegasusritter und Lord. Von den Klassen hängen die Arten des Angriffs und Skills ab, manche Charaktere sind besonders auf Schwert- oder Lanzenangriffe oder Elementarzauber (Zio, Bufu, Agi, Cleave, Skewer usw.), die man aus der Shin-Megami-Tensei-Serie kennt, spezialisiert. Am besten kann man das Kämpfen selbst mit dem Kampfsystem der Persona-Reihe vergleichen. Eine Besonderheit gibt es jedoch in Tokyo Mirage Sessions #FE – und zwar die namensgebenden Sessions. Wenn man mit einem Angriff die Schwäche eines Gegners trifft, können automatische Angriffe der anderen Partymitglieder getriggert werden. Diese kosten keinen Zug, werden direkt hintereinander ausgeführt und machen ordentlich Schaden.

WiiU_GeneiIbunRokuFE_17_mediaplayer_largeSpäter schaltet ihr noch Duo Arts frei, mit denen sich die taktische Komponente noch weiter ausbauen lässt. Je länger ihr eine Session aufrecht erhaltet, desto höher wird die Chance auf einen Overkill, bei dem ihr für jeden folgenden Treffer extra Geld und Items erhaltet. Im Laufe des Spiels könnt ihr mit Übung und Strategie ganz lange Sessions triggern, jedoch sind die Gegner ebenfalls in der Lage, Sessions zu starten. Das ist – leider – nur fair. Im Kampf befinden sich immer drei aktive Mirage Master, der Rest eurer Party lässt sich bei mehr Mitgliedern einwechseln. Außerdem gibt es Statuseffekte wie Betörung oder Gift, Buffs zur Stärkung der eigenen Truppe und zum Schwächen der Gegner sowie passive und aktive Skills und Fähigkeiten.

Das Levelsystem ist ziemlich komplex, denn ihr erhaltet Erfahrungspunkte für den Stufenaufstieg, der mit verstärkten Attributen einhergeht. Dazu kommen die Fähigkeiten, die ihr durch die Mirages erhaltet. Diese fusionieren mit euch im Kampf und verwandeln sich selbst zusätzlich in Waffen, die Carnages. Die kann man ebenfalls aufleveln und damit neue Skills erhalten, beziehungsweise schaltet ihr nach und nach unter bestimmten Voraussetzungen wie speziellen Materialien und bestimmten besiegten Gegnern neue Carnages frei. Sie bringen neue, stärkere Fähigkeiten (Angriffe, Zauber) mit sich und lassen sich mehr oder weniger wie durch ein Craftingsystem herstellen.

Zur hohen Strategiekomponente tragen ebenfalls die Passivfähigkeiten sowie Meister-Siegel aus Fire Emblem bei, die zwei mögliche Meisterklassen pro Charakter freigeben. Für eine davon könnt ihr euch entscheiden und dadurch erhaltet ihr neue Baupläne für Carnages, die mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet sind.

CMM_WiiU_TokyoMirageSessionsFE_SpecialPerformances_EN_mediaplayer_largeIn den Nebenquests begebt ihr euch ab und zu ebenfalls in die Dungeons der Idolasphere, wo ihr zusätzlich besondere Carnages oder Skills zur Belohnung bekommt. Die Sidestories drehen sich hauptsächlich um eure Teammitglieder, die sich euch im Lauf der Geschichte anschließen, und geben euch die Gelegenheit, diese besser kennenzulernen. Das stellt eine nette Abwechslung zur eher düsteren Hauptstory dar, vor allem, weil ihr ebenso emotionale wie lockere, kleine Geschichten mit Itsuki und seinen Freunden erlebt. So helft ihr beispielsweise der schüchternen Tsubasa, ihre Scheu, Menschen anzusprechen, zu überwinden und lernt neben einer neuen Seite an eurer Mitstreiterin ebenfalls die Probleme eines aufstrebenden Idols kennen. Nachdem ihr das Spiel durchgespielt habt, schaltet ihr im Übrigen das New Game + frei, das euch neben neuen, optionalen Bossen und Requests noch den Schwierigkeitsgrad „Lunatic“ beschert, der ab sofort zur Auswahl steht.

Auch dieses Spiel blieb vor der Zensur-Schere des Publishers nicht verschont. Mich hat das während meines Spielverlaufs nicht merklich beeinträchtigt oder gestört. Einige Dinge sind mir aufgefallen, aber lediglich, weil ich bereits davon wusste. Unter die optischen Anpassungen fällt beispielsweise die weniger freizügige Darstellung weiblicher Charaktere: Es wird im Dekolleté-Bereich weniger Haut gezeigt oder Tsubasas Bikini-Outfit komplett ausgetauscht. Sie trägt nun lieber ein Cap, T-Shirt, eine kurze Hose sowie Strümpfe, was angesichts der Kontinuität des Story-Kapitels vielleicht auffallen könnte, aber nicht unbedingt muss. Auch wurde das Alter der minderjährigen Figuren auf 18 Jahre hochgestuft.

»Ungewöhnliches Setting mit kitschiger Story und liebenswerten Charakteren, das wunderbar ineinandergreift und das durch das exzellente Kampfsystem unterstützt wird.«

Fazit
Tokyo Mirage Sessions #FE kann ich uneingeschränkt allen JRPG-Fans ans Herz legen. Atlus und Intelligent Systems liefern ein ungewöhnliches Setting mit kitschiger Story und liebenswerten Charakteren, das wunderbar ineinandergreift und das durch das exzellente Kampfsystem mit tiefgreifenden Mechaniken unterstützt wird. Es macht Spaß, mit diesem System zu experimentieren und herauszufinden, wie man die längsten Sessions auslösen kann. Die Story bietet euch 40-60 Stunden Spielzeit inklusive Nebenmissionen, außerdem könnt ihr zwischen drei Schwierigkeitsgraden wählen. Wollt ihr allerdings alles freischalten, könnt ihr euch auf ein noch längeres Abenteuer freuen. Tokyo Mirage Sessions #FE besticht durch die fantastische Präsentation und zählt definitiv zu meinen Spiele-Highlights der letzten Jahre.

Story: Itsuki und seine Freunde erleben die Höhen und Tiefen aufstrebender Sternchen der japanischen Unterhaltungsindustrie und bekämpfen nebenbei gefährliche Mirages, die ihr Unwesen in der Idolasphere treiben.

Gameplay: Klassische, rundenbasierte Kämpfe treffen auf Erkundungen und Rätselpassagen in wunderbar gestalteten Dungeons. Außerhalb der Kämpfe bewegt man sich in bestimmten Abschnitten Tokyos und baut in Nebenquests eine Bindung zu den Teammitgliedern auf.

Grafik: Bunt, kitschig und zum Charme des Spiels passende Charaktere und Umgebungen reizen die Leistung von Wii U aus. Dazu kommen animierte Anime-Sequenzen von renommierten japanischen Studios.

Sound: Pop-Songs und rhythmische Melodien, die passend auf das Setting abgestimmt sind und die japanische Idol-Industrie repräsentieren. Tolle Musik in den Kämpfen und beim Erkunden, wunderschöne Songs in den Zwischensequenzen.

Sonstiges: Mit Topic, der Messenger-App auf dem GamePad, lassen sich mit den Teammitgliedern wichtige Nachrichten austauschen. Oder über belanglose Themen quatschen.