Für gewöhnlich werden Anime in Japan nicht produziert, um am Ende als Exportschlager in anderen Nationen rund um den Globus Fuß zu fassen. Selten kommt es vor, dass eine Zeichentrickserie, die in Japan produziert wurde, ohne japanische Sprachausgabe erscheint. Natürlich ist die Rede von Afro Samurai. Dieser begibt sich in Form von „Afro Samurai – The Complete Murder Sessions“ als Director’s Cut erneut auf den blutigen Pfad der Rache und erscheint auf Blu-ray und DVD. Neben der 5-teiligen OVA-Serie ist der 2009 produzierte Spielfilm „Afro Samurai – Ressurection“ mit an Bord. Ob Afro nach all den Jahren für ein weiteres, einschneidendes Erlebnis sorgt, erfahrt ihr in unserem Test!
Mittlerweile dürfte die Story des erstmals 2007 als Anime veröffentlichten Samurais hinlänglich bekannt sein. Für alle Neuen: Afro muss als Kleinkind zusehen, wie sein Vater, Rokutaro, vor seinen Augen von einem bewaffneten Mann in Cowboy-Klamotten umgebracht wird. Kurz darauf stellt sich heraus, dass Rokutaros Kopfband der Grund für den ziemlich kurzen aber brutalen Kampf war. Die nächste Szene zeigt bereits einen erwachsenen, sich durch gefühlt 15 Kopfgeldjäger durchgleitenden Afro Samurai – mit nur einer Hand am Schwert. Als Schauplatz für die zahlreichen Kämpfe dient das feudale Japan, welches mit futuristischen Technologien unterfüttert ist. So sind Raketenwerfer und Handfeuerwaffen nur ein kleiner Teil des in Afro Samurai aufgefahrenen Arsenals.
In etwa 125 Minuten bringen Zuschauer mehr über die Legende der Stirnbänder, Afro Samurai und seine Kindheit und Jugend in Erfahrung. Der Versuch, möglichst viel Action und gleichzeitig die Geschichte hinter Afro und seinem Stirnband mit der Nummer 2 in einen vorgegebenen Zeitrahmen zu verstauen, bringt mit sich, dass die Geschichte anderer Charaktere so gut wie nicht existiert. So bleiben leider auch viele der Gegner einfache, seelenlose Statisten. Ein oder zwei weitere Episoden hätten dem Ausbau weiterer Charaktere sicher gut getan.
2009 erschien mit Afro Samurai Resurrection das Sequel zur OVA und dieses spielt einige Zeit nach den Ereignissen im Fünfteiler. Ohne zu viel der Geschichte preisgeben zu wollen: Afro, welcher ein friedliches und isoliertes Leben zu führen versucht, wird zurück in den Kampf um die Stirnbänder gedrängt. So ein Rachefeldzug bleibt eben nur selten ohne Folgen! Während die musikalische Untermalung bereits in der OVA überzeugen kann, ragt Resurrection förmlich hervor.
Auch kann sich der Afro Samurai vor lauter Stil und Detail kaum halten und jeder in die Produktion eingeflossene Pfennig scheint verwertet worden zu sein. Das Bild ist makellos, die Animationen selbst für heutige Standards mehr als ausreichend. In gedeckten Farben, welche das nebulöse Setting bestärken, vernichtet Afro mit seiner brillanten Schwertkampftechnik seine Widersacher. Wenn Afro Samurai nichts ist, dann ist es Kunst und Liebe zum Detail: von Schauplätzen über Nebencharaktere bis hin zu Afro selbst wird jede Szene detailliert dargestellt.
Dem Soundtrack nahm sich in beiden Fällen der amerikanische Hip-Hop-Musiker, Produzent und Multiinstrumentalist RZA an. Jede Szene ist passend untermalt, besonders in einigen Kampfszenen kann der Soundtrack glänzen. RZA hat es geschafft, die Seele des Afro Samurais in seiner Musik einzufangen. Die Angst, dass ein Hip-Hop-Soundtrack nicht zu einem Afro tragenden Samurai passt, wird hier nicht bestätigt. Größtenteils handelt es sich ohnehin um Instrumentals.
Die deutsche Umsetzung
„Afro Samurai – The Complete Murder Sessions“ erscheint hierzulande als DVD und Blu-ray. Die vorliegende Blu-ray-Version, veröffentlicht im blauen Amaray, lässt sich nichts zuschulden kommen: Bild und Ton liegen in hervorragender Qualität vor. Nicht nur die OVA-Disc ist vollgepackt mit Extras. Neben Intro und Outro sind Making-ofs zu Afro Samurai und zu den Musikstücken mit auf der Disc. Ein Character Commentary mit dem Co-Produzenten Eric Calderon hat ebenfalls seinen Weg in die Extras gefunden.
Die Disc zu Afro Samurai Resurrection ist ebenfalls randvoll: in zwei Teilen „East meets West“ werden die kulturellen Unterschiede zwischen den USA und Japan in Bezug auf Afro Samurai thematisiert. Unter anderem ist auch ein Commentary mit Kizaki (Regisseur), Okazaki (Manga-Zeichner), Hori, Hayashi und Ijima zu finden. „Meet the RZA“ widmet sich, wie der Name bereits erahnen lässt, RZA, dem Kopf hinter der musikalischen Untermalung. Das Bonusmaterial ist interessant, informativ und in diesem Umfang alles andere als selbstverständlich. Die Köpfe hinter dem Franchise waren sich hier für nichts zu schade – großes Lob dafür!
Hinsichtlich der sprachlichen Umsetzung und Synchronisierung muss sich Afro Samurai ebenfalls nicht verstecken. Afro selbst ist zwar ziemlich wortkarg, dafür machen auch alle anderen Charaktere eine gute Figur. Dem Hauptcharakter nimmt sich Jan-David Rönfeldt an. Rönfeldts Portfolio spricht für sich selbst: neben zahlreichen Hauptrollen in Filmen sprach Rönfeldt beispielsweise auch Lucian im MOBA League of Legends. Mit Bernd Rumpf und Marie Bierstedt gesellen sich weitere erfahrene Sprecher zum Ensemble. Auch die deutschen Untertitel können überzeugen und stellen in jedem Dialog den Sachverhalt klar dar.
Fazit
Der Katana-schwingende Afro Samurai ist zurück und sorgt für brutale und blutige Unterhaltung. Wer Afro Samurai noch nie gesehen hat und ihn auf seinem Rachefeldzug erleben möchte, der kann beherzt zum Director’s Cut der Complete Murder Sessions greifen. Besonders die Extras machen die Veröffentlichung zu dem, was es ist: eine vernünftige Wiederveröffentlichung eines einzigartigen Animes. Mit viel Stil und Liebe zum Detail verdient sich Afro Samurai eine Empfehlung – lediglich die Geschichte ist etwas kitschig. Der Junge, der mit ansehen muss, wie sein Vater ermordet wird und sich auf den blutigen Pfad der Rache begibt. Mit Stil. Und echt ordentlichen Moves an der Klinge.
Allgemeine Daten & Sonstiges
- Laufzeit: 125 Minuten (OVA), 125 Minuten (Resurrection)
- Audio: Deutsch, Englisch
- Untertitel: Deutsch
- Extras: Intro, Outro, Character Commentary mit Eric Calderon, deutscher Trailer, amerikansicher Trailer, Making Of, Making Of the Music, Afro Samurai in Depth, Afro Samurai: The Game, ComicCon SanDiego, deutscher Trailer zu Resurrection, Meet The RZA, Interview mit Kizaki, Okazaki, Hori, Hayashi und Ijima, East meets West Part 1 + Part 2
- Altersfreigabe: ab 18 Jahren