In Japan zählt das Yo-Kai-Watch-Universum mittlerweile zu den bekannten, fest etablierten Franchises und bietet Fans neben den Videospiel-Umsetzungen zusätzlich Manga- und Anime-Adaptionen sowie zahlreiche Merchandise-Artikel. Es gibt sogar einen speziellen Yo-Kai-Watch-Tanz, der von Satoru Shibata, Präsident von Nintendo of Europe, persönlich in einer Nintendo-Direct-Ausgabe aufgeführt wurde. Nun soll sich das Yo-Kai-Watch-Fieber auch auf den Westen übertragen, in Form des ersten Spiels, das in Japan bereits 2013 veröffentlicht wurde. Ob Yo-Kai Watch für Nintendo 3DS dem Hype gerecht wird, lest ihr in unserem Test.
Yo-Kai Watch kommt von Level-5, den Machern von Ni no Kuni, Inazuma Eleven und Professor Layton. Dementsprechend darf man sich auf eine liebevoll erzählte Geschichte freuen, die mit ihren charmanten Charakteren in den Bann zieht. Besonders hervorzuheben ist die Tatsache, dass das die animierten Zwischensequenzen in der lokalisierten Fassung mit gelungener, deutscher Sprachausgabe unterlegt sind. Doch worum geht es überhaupt?
Ihr habt zu Beginn des Spiels die Wahl, entweder als Mädchen (Katie) oder Junge (Nathan) zu spielen. Wir haben uns für Nathan entschieden, der an einem ganz normalen Tag in den Sommerferien mit seinen Freunden beschließt, auf Insektenjagd zu gehen. Um besonders gute Exemplare für seine Käfersammlung zu finden, begibt er sich in den nahe gelegenen Wald. Doch als er auf eine merkwürdige Statue stößt und sie aus Neugierde mit einer Münze aktiviert, erhält er einen Plastikball, in dem sich augenscheinlich eine Spielzeuguhr befindet. Nathan legt diese an und beschwört damit Whisper, den ersten Yo-Kai, dem wir im Spiel begegnen.
Der erklärt in einer amüsanten Zwischensequenz, dass Nathan die Yo-Kai Watch angelegt hat und nun ab sofort in der Lage ist, Yo-Kai zu sehen. Whisper ist selbst einer der Geister, die das Verhalten von Menschen beeinflussen können. Für das menschliche Auge normalerweise unsichtbar, sind Yo-Kai oft der Grund für unerklärliche Phänomene und entstammen dem japanischen Volksglauben. Dieser beschreibt sie als Fabelwesen mit übernatürlichen Kräften, die optisch an Tiere oder Menschen angelehnt sind. Nathan freundet sich schließlich mit Whisper an und macht sich zusammen mit ihm auf die Suche nach den umtriebigen Geistern.
Yo-Kai Watch wird oft mit der Pokémon-Reihe verglichen, weil es auch hier um das Sammeln und Kämpfen mit niedlichen Monstern beziehungsweise Geistern geht. Allerdings gibt es einige Unterschiede, die Yo-Kai Watch definitiv eine Daseinsberechtigung verleihen und zu alles anderem als einem Pokémon-Abklatsch machen. Die Unterschiede fallen vor allem beim Kampfsystem auf. Zufallsbegegnungen gibt es keine, in Yo-Kai Watch muss man die Geister erst finden. Mit dem Radar kann man sie ausfindig machen, denn sie verstecken sich an den unterschiedlichsten Orten: Unter Autos, an Bäumen oder Strommasten und sogar im eigenen Haus. Wenn die Nadel in den roten Bereich springt, kommt die Linse zum Einsatz, um ein Areal genauer zu untersuchen. Wenn der Yo-Kai gefunden wurde, beginnt der Kampf.
Ihr selbst tretet mit den Yo-Kai an, mit denen ihr zuvor Freundschaft geschlossen habt und die sich nun in eurem Team befinden. Euch begleiten insgesamt maximal sechs Yo-Kai zur gleichen Zeit, wobei ihr die Teamaufstellung außerhalb des Kampfes ändern könnt. Drei Geister befinden sich aktiv im Kampf und greifen automatisch mit normalen Standard-Angriffen an. Das mag einfach klingen, doch euer Geschick und eure Aufmerksamkeit sind dennoch gefragt, weil ihr die Möglichkeit habt, aktiv ins Kampfgeschehen einzugreifen.
Die sogenannten Ultiseel-Angriffe könnt ihr aktivieren, wenn der jeweilige Yo-Kai genug Seelenenergie durch normale Attacken gesammelt hat. Wenn ihr diesen Spezialangriff auslöst, startet ein kleines Minispiel, bei dem ihr beispielsweise vorgegebene Figuren nachmalen, kleine Blasen antippen oder mit dem Touchpen schnell kreisförmige Wirbel nachziehen müsst. Wenn ihr die kleine Aufgabe korrekt gemeistert habt, entfaltet sich die wahre Kraft eures Yo-Kai in Form eines besonderen Angriffs. Dieser kann zum Beispiel eine heilende Wirkung entfalten, negative Statuseffekte für die Gegner herbeiführen oder einfach besonders viel Schaden austeilen.
Jeder Yo-Kai im Spiel besitzt einen persönlichen Ultiseel-Angriff, der von seinem Stamm abhängt. Ihr werdet auf verschiedene Arten von Yo-Kai treffen, die sich in ihrem Wesen unterscheiden. Platziert ihr drei Yo-Kai des gleichen Stammes als aktive Kämpfer nebeneinander, werden ihre Angriffe zusätzlich verstärkt. Wenn einer eurer Kämpfer von einem negativen Statuseffekt betroffen ist, ist es eure Aufgabe, ihn zu reinigen. Am besten nehmt ihr ihn aus dem aktiven Kampf, indem ihr das Rad eurer sechs Teammitglieder dreht, sodass ein anderer Yo-Kai nachrückt und euer betroffener Geist sozusagen auf der Ersatzbank landet.
Auf dem Touchscreen habt ihr dann die Option, ihn im Zuge von kleinen Minispielen zu reinigen, damit er wieder kampfbereit ist und zusätzliche Erfahrungspunkte erhält. Außerdem könnt ihr gezielt einen Gegner anvisieren, was sich besonders bei Bosskämpfen als nützlich herausstellt. So visiert ihr verschiedene Körperteile an und könnt den Boss taktisch ausschalten, indem ihr beispielsweise erst die Augen angeht, damit er euch nicht mehr sehen kann. Diese Kämpfe verlangen mehr taktisches Vorgehen als die normalen Aufeinandertreffen mit Yo-Kai, die nach einer gewissen Zeit einfach nur routiniert ablaufen und nicht mehr so viel Strategie erfordern.
Doch wieso überhaupt die Kämpfe? Nun, in Yo-Kai Watch geht es darum, so viele Geister wie möglich zu sammeln und das geschieht, indem ihr euch mit ihnen anfreundet. Manche Yo-Kai schließen sich euch nach einem Kampf an, wenn ihr Glück habt. Dann werden sie in das Medaillenbuch eingetragen und können fortan im Kampf eingesetzt werden. Außerdem dürft ihr Spitznamen vergeben. Oft werdet ihr nicht das Glück haben, dass sich euer Wunsch-Yo-Kai euch anschließt, also müsst ihr ihn mit Geschenken oder Essen überzeugen.
Im Laufe des Spiels erhaltet ihr jede Menge Gegenstände oder kauft gezielt mit dem erhaltenen Lohn im Falle eines erfolgreichen Kampfes in Shops ein. Diese Gegenstände könnt ihr dann im Kampf dem gewünschten Yo-Kai zuwerfen und wenn ihr Glück habt, ist er davon begeistert und so erhöht sich die Chance, dass er nach dem Kampf eurem Team beitritt. Hier spielt der Glücksfaktor wirklich eine große Rolle und es kann schon eine Weile dauern und etwas frustrierend sein, bis man die Vorlieben eines speziellen Yo-Kai herausgefunden hat. Mit den Items könnt ihr zudem eure eigenen Yo-Kai boosten, ihre Ausrichtung ändern oder sie als Ausrüstung zum Erhöhen oder Senken bestimmter Werte verwenden.
Nach und teilweise während der Kämpfe erhalten eure Geister Erfahrungspunkte, die für den Levelaufstieg gesammelt werden. Dadurch verbessert sich neben ihren Werten und Standard-Angriffen auch ihr Ultiseel-Angriff. Wenn ein Yo-Kai ein neues Level erreicht, passiert es unter bestimmten Bedingungen, dass er seine Form verändert. So erhaltet ihr besondere Yo-Kai, die ihr teilweise in freier Wildbahn nicht antreffen würdet. Außerdem ist es ab einem bestimmten Zeitpunkt möglich, manche Yo-Kai zu fusionieren, um einen neuen Gefährten zu erhalten.
An Yo-Kai Watch gefällt mir neben den niedlichen Geistern vor allem das Erkunden der wirklich toll gestalteten Spielwelt. Der Protagonist wohnt in Lenzhausen, einer fiktiven japanischen Ortschaft. Genau diese Einflüsse machen sich deutlich bemerkbar, wenn ihr die einzelnen Bezirke erkundet, in denen man an kleinen Gässchen, Schreinen, Badehäusern und typisch japanischen Supermärkten vorbei kommt. Im Verlauf der sehr umfangreichen Geschichte schaltet ihr neue Gebiete frei, die zuvor nicht begehbar waren und entdeckt versteckte Bereiche und Läden. Mit den Einwohnern könnt ihr euch ebenfalls unterhalten, manche wenden sich mit ihren Wünschen und Nebenquests an euch.
Dahinter stecken – wie vorhersehbar – wieder mal bestimmte Yo-Kai, die ihr mit eurem Radar aufspüren müsst. Die Nebenaufgaben sind unterschiedlich umfangreich und bieten eine schöne Alternative zur Hauptstory, weil ihr die Gegend noch freier erkunden könnt und euch selbst überlegt, welche Aufgaben ihr als nächstes angeht.
Die Atmosphäre in Lenzhausen wird darüber hinaus noch mit einem wunderbaren Soundtrack untermalt, der stets für gute Laune sorgt. Grafisch bietet Yo-Kai Watch eine liebevoll und detailreich gestaltete Spielwelt, der mit animierten Cutscenes und Story-Abschnitten noch mehr Leben eingehaucht wird. So wachsen einem die Bewohner von Lenzhausen und die kunterbunten Yo-Kai schnell ans Herz.
Besonders die kleinen Geister selbst bestechen mit genialem Charakter-Design, während sie die große Abwechslung bei den Quests und vor allem ihr Charme von ihrer „Konkurrenz“, den Pokémon, abhebt.
Fazit
In Yo-Kai Watch gibt es also jede Menge zu tun, erkunden, sammeln und kämpfen. Die taktische Komponente kommt bei den Kämpfen nicht zu kurz, denn es gibt verschiedene Möglichkeiten, strategisch in die Kämpfe einzugreifen und die mehr als 200 Yo-Kai dazu zu bringen, sich dem eigenen Team anzuschließen. Das Sammeln der Yo-Kai macht besonders viel Spaß und das Komplettieren des Medaillenbuches bietet einen Anreiz, das kleine Städtchen, Lenzhausen, bis in den letzten Winkel zu erkunden. Die animierten Zwischenszenen und gesprochenen Dialoge kreieren eine wunderbare Atmosphäre und das Sammelfieber packt einen schneller, als man denkt. Deshalb kann ich Yo-Kai Watch uneingeschränkt allen empfehlen, die mit niedlichen Rollenspielen etwas anfangen können.
Story: Der Protagonist (Nathan/Katie) trifft auf Whisper, einen Yo-Kai, der ihn mit Welt der charmanten, japanischen Geister vertraut macht. Die fesselnde Story entfaltet sich nach und nach und wird in liebevoll gestalteten Cutscenes erzählt.
Gameplay: Die Kämpfe laufen über den Touchscreen ab und fordern besonders bei Bosskämpfen eine strategische Vorgehensweise. Es gilt, während und nach der Kämpfe, alle möglichen Yo-Kai zu sammeln und das Städtchen Lenzhausen zu erkunden.
Grafik: Bunte, niedliche Optik, die besonders mit originellen Charaktermodellen der Geister überzeugt.
Sound: Atmosphärische Musik mit eingängigen Melodien, die dem bunten und fröhlichen Setting wahrhaft gerecht wird.
Sonstiges: Insgesamt gibt es über 200 Yo-Kai zu sammeln.