Wit Studio ist ein noch ein junges Animationsstudio, das aus dem prestigeträchtigen Animations-Powerhouse Production I.G hervorging und sich schnell in verschiedene Genres ausbreitete. Nach dem mittelalterlichen Fantasy-Action-Epos Attack on Titan, dem psychologischen Liebesdrama Hal und der urjapanischen Unterweltkomödie Hozuki’s Coolheadedness schuf das Animationsstudio 2015 mit The Rolling Girls ein viertes Anime-Werk: ein zuckersüßes, kunterbuntes Roadtrip-Abenteuer, das es so nur einmal gibt.
Kazé bringt die Serie nun in drei Volumes nach Deutschland. Wir haben uns The Rolling Girls Vol. 1 (Folgen 1-4) auf Blu-ray angesehen und wollen euch ein wenig über die Serie und die deutsche Umsetzung erzählen!
(Anders als auf der Verpackung angegeben basiert The Rolling Girls übrigens nicht auf einem Manga, sondern ist ein Originalwerk. Der Manga startete in Japan kurz nach dem Anime und stellt somit nicht die Vorlage dar.)
Über The Rolling Girls
Ein großer Krieg hat Tokyo in zehn Nationen aufgespalten. Immer wieder finden Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Gruppen statt. Eines Tages entflammt ein Kampf zwischen den beiden Gruppenanführerinnen Matcha Green und Kuniko Shigyo, infolgedessen beide ins Krankenhaus eingeliefert werden.
Matcha Greens Schwester Nozomi fühlt sich machtlos, weil sie ihrer Schwester keine Hilfe ist. Um stärker zu werden, reist sie und drei andere Mädchen auf Motorrädern durchs Land und suchen dabei nach herzförmigen Steinen, hinter denen sich ein Geheimnis zu verbergen scheint. So beginnt ein außergewöhnlicher Roadtrip voller Abenteuer…
Der Schwerpunkt von The Rolling Girls liegt eindeutig auf der Reise selbst, weniger auf einer übergreifenden Hauptgeschichte. Im Kern der Serie stehen die Mädchen, die verschiedenen Orte, die sie bereisen, und die Abenteuer, die sie dort erleben.
Die vier Mädchen entsprechen bekannten Stereotypen: die herzensgute, leicht tollpatschige Protagonistin Nozomi, die schüchterne und ausdruckslose Yukina, die wilde und aktive Ai und die fröhliche, aber leicht exzentrische Chiaya. Besonders tiefgründig sind die Charaktere nicht, aber das sollen sie im Rahmen der Serie auch gar nicht sein. Vielmehr geht es darum, was sie im Verlauf der Serie erleben und wie sie durch diese Ereignisse wachsen.
Was die Serie besonders macht, ist die Art der Präsentation, die große künstlerische Freiheit bei der visuellen Gestaltung und das Zusammenspiel aus zauberhaften Bildern, Pop-Rock-Musik und verrückten Ideen.
Die Designs der Charaktere sind an sich simpel, heben sich aber durch die Farbkomposition von anderen Animes ab. Schattierungen werden sparsam verwendet, weshalb Haare und einzelne Kleidungssegmente meist einfarbig sind. Doch das sieht absolut nicht billig aus, sondern hebt Kontraste stärker hervor und wirkt sehr sauber.
Dieser Einfachheit stehen die Hintergründe gegenüber: Neben gewöhnlichen Kulissen, wie man sie in jedem Anime sieht, wird auch eine große Zahl prächtiger Wasserfarbenbilder verwendet, die geradezu magisch aussehen. Die Serie ist sehr farbenfroh und strahlt großes künstlerisches Selbstbewusstsein aus. Zusammen mit den aufwendigen visuellen Effekten entsteht ein regelrechtes Farbfeuerwerk, das The Rolling Girls zu einem richtigen Augenöffner macht. Allein die Opening- und Ending-Videos sprühen nur so vor kreativer Schaffenskraft.
Inhaltlich punktet die Serie in einigen der episodischen Folgen durch kurze, aber unterhaltsame, gelegentlich herzerwärmende Minihandlungen. Das Roadtrip-Feeling sorgt zunächst für einen heiteren Grundton. Im späteren Verlauf der Serie werden auch emotionalere Töne angeschlagen. Die Mädchen haben alle ihre Hintergrundgeschichten, die ihnen ein wenig mehr Tiefe verleihen. Unterm Strich ist das Drama jedoch nicht die Stärke der Serie, was unter anderem an den Dialogen liegt, aber auch daran, dass der Handlung generell ein Ziel fehlt und der Abschluss entsprechend auch nicht allzu befriedigend wirkt.
Was Handlung und Charaktere angeht, darf man von The Rolling Girls wirklich keine Innovation erwarten. Das ist aber gar nicht schlimm, denn die vielen wunderbar verrückten Ideen, die kunterbunte Welt und die Reisestimmung sorgen dafür, dass die Serie zu einem wirklich spaßigen Erlebnis wird – und darauf kommt es ja letztlich an.
Die deutsche Veröffentlichung
Mit der deutschen Sprachfassung von The Rolling Girls wurde GlobaLoc beauftragt, das vor allem im Videospielbereich mit Lokalisierungen von Spielen von Ubisoft, EA, Silver Link und Sega beschäftigt ist und für Kazé bereits One Week Friends vertonte. Unter anderem sind Lydia Morgenstern (Madoka in Madoka Magica) in der Rolle von Nozomi und Anita Hopt (Mio in K-On! und Tama in Selector Infected WIXOSS) in der Rolle von Ai zu hören.
Die Sprecherinnen der Hauptfiguren leisten grundsätzlich gute Arbeit. Gleich zu Beginn fällt aber bei Nozomi auf, dass Lydia Morgenstern für diese merklich zu alt klingt. Bei den anderen Mädchen, die auch alle recht jung sind, fällt das ebenfalls auf, wenn auch nicht ganz so stark. Man gewöhnt sich mit der Zeit daran, aber der zuckersüße Grundton wird durch die japanische Fassung deutlich besser vermittelt. Abgesehen davon ist die deutsche Synchronfassung aber nicht schlecht. Es handelt sich nicht um eine herausragende Arbeit, aber dennoch um eine, die im Großen und Ganzen gelungen ist. Zumeist schaffen es die Sprecher, eine lebendige Stimmung zu schaffen, können in einigen dramatischen Szenen jedoch nicht gänzlich überzeugen.
An den Untertiteln lässt sich nichts aussetzen. Kazé hat von den gelben Untertiteln der letzten Jahre wieder zu weißen mit schwarzen Rändern gewechselt und The Rolling Girls ist einer der ersten Titel, der davon betroffen ist. Bei den Untertitel handelt es sich nicht um Dubtitles. Bisweilen weichen sie deutlich von der deutschen Sprachfassung ab. Beispielsweise werden gelegentlich in Anlehnung an die japanische Sprachfassung deutsche Dialekte und Umgangssprache verwendet, die die Untertitel lebendiger erscheinen lassen, in der deutschen Vertonung aber nicht wiederzufinden sind. Sprachlich sind die Untertitel auch sonst sehr gelungen.
Die Bildqualität der Blu-ray-Fassung ist einwandfrei. Die vielen einfarbigen Flächen werden nicht durch Kompressionsartefakte getrübt, die Farben strahlen so, wie sie stahlen sollten und die Konturen wirken stets scharf – genau das, was die Serie verdient hat.
Als Extra befinden sich zwei Mini-Clips (Kurzepisoden) von etwa drei Minuten Länge auf der Disc. Es liegt außerdem ein Poster mit dem Titelmotiv der Serie bei und durch ein Wendecover kann man das USK-Logo verbergen. Die Amaray-Hülle befindet sich in einer schön gestalteten Papp-Ummantelung.
Fazit
The Rolling Girls ist ein zuckersüßes, verrücktes Farbfeuerwerk – ein abenteuerlicher Coming-of-Age-Roadtrip, der visuell brilliert und direkt zu Beginn viel Spaß macht. Da stört es auch nicht, dass Handlung und Charaktere wenig beeindrucken. Die Serie weiß, was sie will und spielt ihre Stärken gezielt aus, lediglich das Drama überzeugt nicht, was sich im späteren Verkauf der Serie negativ auf das Gesamtbild auswirkt.
Die deutsche Lokalisierung kann sich im Großen und Ganzen sehen lassen. Es ist jedoch schade, dass die Sprecherinnen der Protagonistinnen teils merklich zu alt für ihre Rollen klingen. Die Extras fallen leider für den Preis etwas spärlich aus.
Insgesamt handelt es sich bei The Rolling Girls um eine gelungene Veröffentlichung mit leichten Schwächen. Vor einem Kauf sollte man definitiv sicherstellen, dass man eine Affinität für diese Art von Anime hat. Für Anime-Fans, auf die das zutrifft, sprechen wir eine Empfehlung für The Rolling Girls aus.
Technische Daten & Extras
- Episoden: 1-4 (von 12)
- Laufzeit: ca. 100 Minuten
- Bild: High Definition 1920×1080p, Bildformat 16:9
- Audio: Japanisch (DTS-HDMA 2.0), Deutsch (DTS-HDMA 2.0)
- Untertitel: Deutsch (weiße Schrift, schwarzer Rand)
- Bonusmaterial: zwei Mini-Clips
- Extras: Poster
- Altersfreigabe: ab 12



