Der Himmel, Luftschiffe, Abenteuer, Krieg. Mit Last Exile hat nipponart einen weiteren Klassiker der frühen 2000er auf DVD und Blu-ray neu aufgelegt. Animiert wurde die Serie vom Studio Gonzo, das im Gegensatz zu heute früher noch einige namhafte Werke herausgebracht hat. Eines der bekanntesten ist sicherlich dieses Himmelsabenteuer mit Steampunk-Flair.
Die Geschichte dreht sich um die beiden Jugendlichen Claus Valca und Lavie Head. Den Fußstapfen ihrer bei einer Mission verunglückten Väter folgend, lernten die beiden schon seit ihrer Kindheit, mit einem Vanship – einer Art 2-Personen-Flugzeug – zu fliegen, weshalb sie nun im Alter von 15 Jahren bereits an Rennen teilnehmen und Botengänge erledigen.
Eines Tages finden die beiden ein abgestürztes Vanship, dessen Pilot sie schwer verletzt bittet, seine gefährliche Mission zu Ende zu führen: Sie sollen ein Mädchen namens Alvis Hamilton sicher an einen bestimmten Ort bringen. Claus kann seine Augen nicht abwenden, so werden die beiden in einen weltumspannenden Konflikt zwischen zwei Nationen hineingezogen und erfahren nach und nach die Wahrheit hinter dem Tod ihrer Väter.
Die Geschichte von Last Exile ist in einer Fantasiewelt angesiedelt, in denen die meisten Menschen in sehr ärmlichen Verhältnissen leben und kein sauberes Trinkwasser zur Verfügung haben. Davon bekommt man jedoch nicht viel mit, denn der größte Teil der Handlung spielt sich in der Luft und auf einem Luftschiff ab. Das ist schade, denn so lernt man trotz der Länge der Serie die eigentliche Welt kaum kennen, und wenn, dann größtenteils nur durch Erzählungen.
Die Handlung selbst gewinnt erst nach einer Weile an Fahrt. Erst nach und nach wird das volle Ausmaß des Konflikts mit der „Gilde“, die die Welt kontrolliert, enthüllt und nach und nach werden mehr Charaktere eingeführt. Erfreulicherweise schafft es Last Exile, in 26 Folgen alle wichtigen Personen ordentlich zu beleuchten, sodass man eine Bindung zu ihnen aufbauen kann. Selbst Personen, die anfangs unsympathisch oder unnahbar erscheinen, beginnt man zu mögen, sobald man mehr über sie erfährt.
Positiv hervorzuheben sind auch die Entwicklungen, die einige Charaktere durchmachen. Sie findet sich Lavie beispielsweise in einem inneren Konflikt, weil sie weiterhin mit Claus durch die Lüfte fliegen möchte, andererseits aber Kampfhandlungen verabscheut. Ähnlichen Identitätskrisen müssen sich einige andere Charaktere stellen.
Die Welt von Last Exile enthält einige Mysterien, dessen größtes das namensgebende Exile selbst ist. So ganz wird dem Zuschauer dessen Rolle und Hintergrund bis zum Ende nicht klar, aber es hilft dennoch stark, Erkundungsdrang und Abenteuerlust aufkommen zu lassen.
Die Antagonistin bleibt leider sehr blass, ihre Motive wirken unglaubwürdig und sie ist primär dazu da, um böse zu sein. Das macht den Kampf gegen sie zwar nicht langweilig, aber an dieser Stelle hätte eine bessere Beleuchtung des Charakters nicht geschadet.
Das herausragendste Merkmal von Last Exile ist sicherlich das Setting und der Artstyle. Ganz besonders schön ist dieser Stil auf den Artworks und bei den Charakterdesigns von Renji Murata alias Range Murata. Die Geschichte ist in einer retro-futuristischen Steampunkwelt angesiedelt – etwas, das man in Animes nicht allzu oft sieht. Auch wenn nur wenig von der Welt gezeigt wird, merkt man, dass hinter dem Szenario und den Designs viele gute Gedanken stecken. Die vielen verschiedenen Luftschifftypen und Maschinen sind sehr fantasievoll gestaltet, was Fans des Settings zusätzlich befriedigen sollte.
Die Animation selbst ist ordentlich. Das Budget der Serie war sicherlich eher im oberen Bereich angesiedelt. Nicht ganz so gut gealtert ist das CGI, in dem hauptsächlich die Flugzeuge, Luftschiffe und andere Maschinen dargestellt sind. Für 2002 sind die computeranimierten Modelle durchaus ansehnlich, aber sie grenzen sich dennoch stark vom handgezeichneten Stil am. Andererseits war es Gonzo dadurch möglich, die vielen Actionszenen visuell recht mitreißend zu gestalten – handgezeichnet wären derartige Luftschlachten und Fliegerrennen im Rahmen einer TV-Serie sicherlich nicht möglich gewesen.
Auch die Musik verdient Anerkennung. Der Soundtrack von Last Exile zählt nicht zu den bekanntesten Werken der Anime-Musik, lässt sich aber definitiv im oberen Bereich anordnen, allein schon wegen seines individuellen Klangs, der der Welt eine ganz besondere Atmosphäre verleiht, und wegen der mitreißenden Stücke in diversen Actionszenen.
Die deutsche Umsetzung
Leider ist die deutsche Vertonung von Last Exile nicht sonderlich gelungen. Die Serie hat recht junge Charaktere, und gerade bei denen missfällt sowohl die deutsche Sprecherwahl als auch die Synchronregie. Besonders negativ fällt Alvin auf, deren Stimme sehr gezwungen klingt. Auch Lavie und Claus haben unter ähnlichen Problemen zu leiden. Einige der erwachsenen Charaktere sind deutlich besser vertont, aber weil die nicht im Vordergrund stehen, rettet das leider nicht mehr viel.
Die Untertitel sind grundlegend ganz ordentlich, werden jedoch auch von einigen Makeln geplagt, die das Gesamterlebnis leicht beeinträchtigen. Eine Handvoll gesprochener Zeilen sind leider gar nicht untertitelt, da wurde etwas geschlampt, auch wenn es nur selten vorkommt. Stärker ins Gewicht fällt, dass die Sprache gelegentlich unnatürlich klingt. Beispielsweise wurde der japanische Satz 元気だして (genki dashite) an einer Stelle mit „Werde wieder fröhlich“ übersetzt, was im Alltag keiner sagen würde – ein „Kopf hoch“ wäre angebrachter gewesen (und wird an anderer Stelle auch benutzt).
Ebenfalls fällt auf, dass die Untertitel oft unnötig stark von dem Abweichen, was im Japanischen gesagt wird. Einige japanische Sätze werden sehr frei interpretiert, an anderen Stellen werden sogar neue Inhalte dazugedichtet. Nicht unbedingt so, dass es völlig unpassend wirkt, aber bei Untertiteln ist das dennoch unangebracht und vermutlich besonders für diejenigen störend, die ein bisschen Japanisch verstehen.
Trotz all der Kritik ist die Serie mit den Untertiteln sehr gut anzusehen. Die Schnitzer beeinträchtigen zwar das Gesamtbild etwas, schmälern das Erlebnis letztlich aber nur in kleinem Maße.
Extras gibt es leider fast keine – lediglich die erste Disc beinhaltet ein textloses Opening und Ending sowie eine Sammlung von Bildern und Artworks.
Ein großes Lob gebührt der Verpackung und dem Design. Die Blu-ray-Fassung von Last Exile wird in einem sehr ansehnlichen Schuber aus stabiler Pappe ausgeliefert, auf dessen Rückseite die Miniaturen vieler Artworks abgebildet sind. Das ausklappbare Digipack im Inneren ist ebenfalls großzügig mit tollen Artworks verziert, selbst auf der Innenseite hinter den vier Discs. Die Box trägt nicht zu Unrecht den Titel „Last Exile Complete Box: Range Murata Edition“.
Erwähnenswert ist in dieser Hinsicht ebenfalls das beiliegende 83-seitige Booklet, das eine Menge toller Artworks, Illustrationen und viele Erklärungen über die Flugzeuge, die Charaktere und die Welt enthält. Wer mehr über die Hintergründe von Last Exile wissen will, dem sei die Lektüre des Booklets während oder nach dem Schauen dringend empfohlen. Einzig zu bemängeln ist die stellenweise winzige Schrift, weshalb das Lesen nur bei sehr guter Beleuchtung angenehm ist. Andererseits bedeutet das natürlich auch, dass das Büchlein wirklich viel Inhalt bietet – einige Fragen, die ich mir während der Serie gestellt habe, wurden hier beantwortet.
Fazit
Last Exile ist zurecht ein Klassiker. Die Geschichte ist nicht das größte Meisterwerk seiner Zeit, doch die fantasievolle Welt erzeugt Abenteuerlust und die gut ausgearbeiteten Charaktere mit ihren Freundschaften, Konflikten und Rivalitäten wachsen einem nach und nach ans Herz. Das Pacing ist leider etwas inkonsistent, aber die Mysterien der Welt und die rasanten Actionszenen sorgen dafür, dass man am Ball bleibt.
Die Lokalisierung ist leider recht schwach. Die Sprachausgabe leidet vor allen Dingen unter den Stimmen der jüngeren Charaktere, darunter die Hauptcharaktere, und auch die Untertitel leiden unter einigen Mängeln, die das Gesamterlebnis jedoch glücklicherweise nicht stark beeinträchtigen.
Wem das Setting zusagt, der sollte definitiv über einen Kauf des Animes nachdenken, denn vergleichbare Werke gibt es nur wenige und die Aufmachung der Verpackung macht diese Fassung von Last Exile zu einem schönen Sammlerstück.
Hinweis: Bei der ersten Auslieferung gab es einen Fehler auf Disc 1 der Blu-ray-Fassung, durch den das Wegschalten des Pop-Up-Menüs unmöglich wurde. Bei Kunden, die Last Exile bei Amazon bestellt haben, und nicht bei nipponart direkt, sollten dieser Fehler bereits behoben sein. Solltet eure erste Disc dennoch unerwartet fehlerhaft sein, wendet euch an endkunden@nipponart.de, die euch anschließend Ersatz zuschicken werden.
Technische Daten & Extras
- Laufzeit: ca. 650 Minuten
- Format: 16:9 / 1080p High Definition
- Ton: Japanisch (PCM 2.0), Deutsch (Dolby TrueHD 5.1)
- Untertitel: Deutsch (weiße Schrift, schwarzer Rand)
- Extras: Bildergalerie, Blank Opening + Ending, dickes, informatives Booklet
- Verpackung: Stabiler Schuber in schönem Design, ausklappbares Digipack