Es ist nicht leicht eine HD-Collection zu testen. Besonders Kingdom Hearts HD 2.5 ReMIX macht es mir schwer. Auf der einen Seite handelt es sich bei den spielbaren Titeln Kingdom Hearts II und Kingdom Hearts: Birth by Sleep um zwei der besten Ableger der ganzen Reihe. Aber auf der anderen Seite kann ich diese Kollektion kaum jemanden weiter empfehlen, der Kingdom Hearts HD 1.5 ReMIX, oder zumindest die Originale auf PlayStation 2, Nintendo DS und Gameboy Advance nicht gespielt hat.
Man wird mitten in die tiefe und komplexe Welt des Kingdom-Hearts-Mythos‘ geworfen und das, mit zwei Ablegern, die chronologisch kaum weiter voneinander entfernt sein könnten. Schon bei der ersten HD-Collection war es ein großer Nachteil, dass die Verantwortlichen sich nicht chronologisch an die Geschichte heran getastet haben. So wird man, auch als Fan, dazu gezwungen sein, einige Geschehnisse wieder zu rekapitulieren, bevor man sich auf Kingdom Hearts HD 2.5 ReMIX stürzt. Hat man sich jedoch ausgiebig mit Kingdom Hearts, Kingdom Hearts: Re;Chain of Memories und Kingdom Hearts: 358/2 Days auseinandergesetzt, dann kann die wahre Achterbahnfahrt erst beginnen.
Zum ersten Mal in der Geschichte des Franchises hat man (fast) alle Ableger auf einer einzigen Plattform versammelt. Dies bringt den großen Vorteil mit sich, direkte Verbindungen zwischen den Spielen und Charakteren besser zu begreifen. Spielt man zum Beispiel Kingdom Hearts II direkt nach Chain of Memories, so wird erst richtig bewusst, wieso der zweite Teil mit Roxas beginnt und nicht mit dem Helden Sora. Viele Fragen um die Organisation XIII, Ansem und Xehanort werden durch alle Storylines hinweg beantwortet und bieten auch einige Aha-Momente. Diese sind vielen Spielern vorenthalten geblieben, da sich die Kingdom-Hearts-Reihe auf insgesamt fünf Plattformen verteilt hat. Nun hat man, mit Ausnahme von Kingdom Hearts: Dream Drop Distance, alle Teile beisammen und kann die grandios erzählte Geschichte in voller HD-Pracht genießen.
Da es sich bei den hier gebotenen Spielen um Sequels und Prequels handelt, darf nicht viel über die einzelnen Storylines erzählt werden. Ein kleiner Tipp vorweg: Solltet ihr ausschließlich die hier vorhandenen Inhalte spielen und ansehen, so sollte mit Kingdom Hearts: Birth by Sleep begonnen werden. Danach folgt dann Kingdom Hearts II und schließlich das Video zu Kingdom Hearts: Re:Coded. Somit hätte man zumindest die chronologische Reihenfolge dieser drei Spiele richtig verarbeitet.
Kingdom Hearts: Birth by Sleep erschien im Jahre 2010 für Sonys PlayStation Portable. Das Spiel begeisterte Fans und Kritiker mit seiner unglaublichen Masse, der modernen Technik und der sehr ernsten und erwachsenen Geschichte. Von dieser ist über die Jahre selbstverständlich nichts verloren gegangen. Bevor man in die Welt von Birth by Sleep eintaucht, hat man die Wahl zwischen drei Charakteren: Ventus, Aqua und Terra. Jeder einzelne von diesen Schlüsselschwert-Kriegern erlebt seine ganz eigene Geschichte.
Da diese parallel ablaufen, kreuzen sich die Wege der Helden mehr als ein Mal und erst ganz zum Schluss, wenn man jede Perspektive der komplexen Story erlebt hat, formt sich ein Bild voller Freundschaft, Eifersucht, Hass und Verrat. Besonders das Thema Eifersucht steht hier im Mittelpunkt. Dies gibt der Geschichte eine bedrückende Atmosphäre, welche die Charaktere mit ihrer Freundschaft und Liebe zu durchbrechen versuchen. Wie dieses Spiel eine Freigabe ab 6 Jahren erhalten konnte, bleibt ein Rätsel.
Grafisch hat Kingdom Hearts: Birth by Sleep schon damals viel von Sonys Handheld abverlangt. Doch diese Arbeit trägt nun Früchte. Die neuen Charaktermodelle und Umgebungen sind den Entwicklern mehr als nur gelungen. Dank des zeitlosen Cartoon-Looks von Kingdom Hearts wirkt die Überarbeitung deutlich runder, als bei anderen HD-Collections, wo realistische Grafik zum Einsatz kam. In HD strahlen die satten Farben und sehen auch auf dem großen Bildschirm fantastisch aus. Speziell die Charaktere profitieren von der Frischpolygon-Kur. So gut wie alle Kanten wurden geglättet und mehr Details als je zuvor sind zu sehen.
Selbiges gilt zwar auch für einige Areale, doch hier hat es auch die ein oder andere matschige Textur in die HD-Collection geschafft. In ihrer Struktur offenbaren sie zudem noch die Handheld-Herkunft. Die Gebiete sind nicht sonderlich groß. Sie bieten zwar einiges zu entdecken, aber sehr schnell wird man jedes einzelne Areal komplett durchkämmt haben. Nichtsdestotrotz sehen die Original- und Disney-Welten, sowohl vom grafischen als auch vom kreativen Standpunkt aus toll aus und bieten die perfekte Atmosphäre und Bühne für das tragische Schicksal der drei Helden.
Spielerisch konnte Kingdom Hearts: Birth by Sleep damals überzeugen und das gilt ebenfalls für den Auftritt auf dem großen Bildschirm. Vielmehr sogar, denn das temporeiche und spektakuläre Kampfsystem spielt sich auf PlayStation 3 besser als jemals zuvor. Antatt, wie bei den anderen Teilen üblich, das System auf MP aufzubauen, hat man sich bei diesem Ableger für einen anderen Weg entschieden. Hier ist Timing das A und O. Will man einen Spezial- oder Magieangriff starten, so kann man dies ohne jegliche Punkte tun. Nach dem Benutzen jedoch, kann dieselbe Fähigkeit erst nach einer gewissen Zeit wieder verwendet werden. Selbstverständlich wird in diesen Wartezeiten weiter gekämpft, verteidigt und ausgewichen.
Hinzu kommen diverse Angriffe, die man über die Bande der Freundschaft mit seinen Kameraden verknüpft. Da sich jeder der drei Krieger zudem anders steuert, hat man noch mehr Vielfalt im ohnehin schon großartigen Kampfsystem. Das einzige, was dieses flüssige Bild stört ist, wie schon so oft, die Kamera. Auch hier merkt man ihre Handheld-Herkunft an. Mit der Kamera und ihrem Lock-On-System gibt es wesentlich öfters Schwierigkeiten, als bei Kingdom Hearts II. Zwar wurde auch hier ein wenig an der Spielbarkeit geschraubt und die Kamera war auf dem Handheld noch wesentlich bockiger, trotzdem bleibt sie der größte Schwachpunkt von Kingdom Hearts: Birth by Sleep. Frustriert wird man nicht, aber oft wünscht man sich eine etwas flüssigere und intelligentere Handhabung.
Abseits der Kämpfe gibt es viel zu tun. Unzählige kleine Nebenaufgaben und Minispiele warten darauf, in Angriff genommen zu werden. Besonders letztere beherbergen die Gefahr, dass man nicht mehr davon los kommt. Wenn das Kommandobrett den Spieler in seinen Bann gezogen hat, dann lässt es nicht mehr los. Mehrere unglaublich spaßige und motivierende Stunden wird man mit diesem Minispiel verbringen. Es ist dieses Gesamtpaket, das Kingdom Hearts: Birth by Sleep zu einem der stärksten Teile der Serie macht – und auf PlayStation 3 hat das Spiel seinen wohlverdienten HD-Platz gefunden.
Was für Kingdom Hearts: Birth by Sleep gilt, gilt auch für den ersten Nachfolger der beliebten Action-Rollenspielreihe, welcher im Jahre 2005 für PlayStation 2 erschienen ist. Die Überarbeitungen in Sachen Grafik können sich wirklich sehen lassen. Und auch hier kommen Optik und Design dem Spiel zu Gute. Anders als beim Handheld-Ableger sind hier die matschigen Texturen und unschönen Kanten etwas rarer gesät. Zudem wirken die Areale voller und lebendiger, was das Gesamtbild von Kingdom Hearts II etwas runder gestaltet und dieses somit zum Herzstück der Kollektion macht.
Zur Geschichte soll hier kein Wort verloren werden, da es eine Art offenen Anfang und ein offenes Ende gibt, welche jeweils zu anderen Spielen der beiden Kollektionen führen. Soviel kann gesagt werden: die Fülle an Charakteren, sowohl von Square Enix als auch von Disney und die tragisch-schöne Geschichte um Sora und seine Freunde, machen Kingdom Hearts II zu etwas ganz Besonderem und vielleicht auch zum Höhepunkt der gesamten Reihe. Auch wenn es auf den ersten Blick kindisch wirkt, wenn Mickey, Donald und Goofy herumalbern, so fiebert man mit, freut sich und weint mit ihnen. Die emotionale Achterbahnfahrt ist hier garantiert.
Das Kampfsystem funktioniert ein wenig anders. Wie noch beim ersten Teil, muss auch hier auf die MP-Leiste geachtet werden, sofern man Spezial- oder Magieangriffe starten will. Doch was Schnelligkeit und Spielspaß angeht, so steht dieser Teil Birth by Sleep in nichts nach. Man kann sich oft auch mit simplem Button-Mashing durch die Meuten kämpfen, aber bei den harten und unzähligen Bosskämpfen führt das zum sofortigen Aus. Bei diesen ist Timing ebenfalls die Regel zum Sieg. Alle bereits beschriebenen Vor- und Nachteile finden sich auch in diesem Teil wieder. Mit einem temporeichen und spektakulären Kampfgeschehen auf der einen und der Kamera auf der anderen Seite, die in diesen Fall aber eine etwas bessere Erfahrung bietet. Zudem kann man sich abseits der Kämpfe, dank einer Vielzahl von Möglichkeiten, stundenlang beschäftigen.
Wie es schon bei Kingdom Hearts 358/2 Days in der ersten Kollektion der Fall war, wird das dritte Spiel nur in einer überarbeiteten Videoform geboten. Hierbei handelt es sich um das eher schwache Kingdom Hearts: Re:Coded, welches im Jahre 2008 für Nintendo DS erschienen ist. Es ist zwar schade, dass man nicht in der Lage war, diesen Ableger in seiner kompletten Form in die HD-Collection zu packen. Da es sich jedoch um den schwächsten Teil der Serie handelt, kann dieser Umstand durchaus verschmerzt werden.
Viel interessanter ist die Tatsache, dass viele Videosequenzen für dieses Bundle komplett neu erstellt und vertont wurden. Damit werden Universum und Charaktere noch weiter beleuchtet und der erste Grundstein für Kingdom Hearts: Dream Drop Distance und Kingdom Hearts III gelegt. Auch wenn es sich bei dem zwei bis drei Stunden langen Videomaterial um eine zum Verständnis benötigte, aber eher schwache Geschichte handelt, kann diese Zeit recht anstrengend werden. Daher sollte man sich Re:Coded lieber nur in Portionen gönnen.
Der wohl wichtigste Grund, wieso man sich diese Teile der Kingdom-Hearts-Reihe erneut zu Gemüte führen sollte, ist wie schon bei der ersten Kollektion die zusätzlichen Inhalte in Form der Final Mixes. Diese bieten vollkommen neue und vertonte Zwischensequenzen, neue Schwierigkeitsgrade, neues Equipment und ganz wichtig, einen Haufen neuer Bosskämpfe. Hat man beide Final-Mix-Reisen hinter sich, kommen die originalen Spiele lückenhaft vor. Hier werden wichtige neue Inhalte geboten, die kein Fan der Reihe missen sollte.
In Sachen Sound überzeugt Kingdom Hearts 2.5 HD Remix auf ganzer Linie. Ja, die deutsche Synchronisation fehlt beim zweiten Teil und das ist ein großer Verlust. Viele Fans aus Deutschland haben die Stimmen und Sora und Co. lieb gewonnen und müssen jetzt auf diese verzichten. Trotzdem sollte die ebenso fantastische englische Tonspur ein wenig darüber hinweg trösten. Wirklich alle Sprecher leisten hervorragende Arbeit und erwecken jeden Charakter zum Leben. Dies gilt speziell für die Disney-Figuren, welche von ihren originalen Sprechern die Stimme geliehen bekommen. Auch der Soundtrack wurde neu überarbeitet. Das gilt nicht für jeden einzelnen Track, aber die kleinen und großen Neuerungen sind besonders in den emotionalen Szenen deutlich zu hören und zu spüren.
Kingdom Hearts HD 2.5 ReMIX ist ein voller Erfolg. Für einen geringen Preis erhält man zwei der besten Ableger der Kingdom-Hearts-Reihe, die mit sorgfältigen Überarbeitungen in die Gegenwart geholt wurden. Dank des zeitlosen Designs und der Cartoon-Optik wirkt das neue HD-Gewand passender als bei vielen anderen Remaster-Titeln. Hinzu kommt ein grandioser Soundtrack, der mit einigen kleinen Neuerungen überzeugt und die Zusätze der Final Mix-Versionen, welche das Kingdom-Hearts-Universum erst vollkommen machen. Traurigerweise fehlt schon, wie bei der ersten Kollektion, die beliebte deutsche Synchronisation. Außerdem schmückt der wohl schwächste Ableger der Reihe in Videoform das Schlusslicht und die Kamera hat man immer noch nicht in den Griff bekommen. Das sind aber alles Kleinigkeiten, welche die bis zu 150 Stunden Spielzeit garantiert nicht vermiesen.
Story: Der zweite große Teil der Mythologie. Wer die Spiele aus der ersten Kollektion noch nicht gespielt hat, der kann sich hier die Finger verbrennen.
Grafik: Dank zeitlosem Design und Cartoon-Optik wird hier vielleicht die beste HD-Überarbeitung geboten. Zwar erkennt man in gewissen Bereichen die Herkunft der Spiele, aber dennoch haben die Entwickler tolle Arbeit geleistet.
Sound: Hier werden einige der beliebtesten Soundtracks von Square Enix in neu aufgelegter Form geboten. Dazu gibt es die fantastische englische Synchronisation. Leider fehlt die deutsche erneut.
Gameplay: Zwei Spiele. Zwei Gameplays. Nebenmissionen, Minispiele, Sammelbares – und das verpackt in bis zu 150 Stunden Spielzeit. Das macht einfach Spaß. Leider stört die Kamera einmal mehr.
Sonstiges: Kleiner Preis, großer Inhalt. Die HD-Arbeiten haben sich mehr als gelohnt und besonders die kürzeren Ladezeiten fallen positiv aus.