Einst erwarb der japanische Entwickler Starfish SD die Lizenz des klassischen Rollenspiels Wizardry aus dem Westen. Als diese Lizenz aber auslief, wollte man dennoch mit dem Konzept weiterarbeiten und erschuf schließlich die Elminage-Serie mit vergleichbarem Prinzip.
In Japan wurden auch schon einige Ableger der Serie veröffentlicht. Auch der europäische Publisher Ghostlight bemüht sich seit dem letzten Jahr, Elminage in Europa zu vertreiben. Der Erstling Elminage Original erschien für PlayStation Portable als Download und sogar in einer streng limitierten physischen Version. Mit Elminage Gothic möchte man PC-Spieler und damit eine weitaus größere Zielgruppe erreichen.
Doch um was handelt es sich bei Elminage Gothic? In welche Zielgruppe ordnet sich der Titel ein? Können archaische Handlung und Spielmechanik, die Fehler nicht unbedingt vergeben, auch in der heutigen Zeit überzeugen? Die wichtigste aller Fragen ist aber: Macht Elminage Gothic überhaupt Spaß? Keine Bange, unser Test gibt eine Antwort auf all diese Fragen.
Per Vertrag versiegelt
Einst kämpften die Großen Götter und Dunklen Götter um die Herrschaft über die Menschen. Während des Streits um das Erbe, hungerten die Menschen und konnten die entstehenden Qualen auf Erden kaum ertragen.
Schließlich entschlossen sich die Großen Götter dazu, die Dunklen Götter durch den Glauben der Menschheit zu versiegeln. So kam es dazu, dass zwischen den Menschen und Großen Göttern ein Vertrag geschlossen. Durch diese Vereinbarung waren die Dunklen Götter aus der Welt der Menschen ausgeschlossen und in ihre eigene Welt gebannt.

Die Menschen konnten daraufhin normal leben. Sie huldigten den Großen Göttern und waren dankbar – dankbar für eine Ära des Friedens. Mit dem Mantel der Zeit sollten die Menschen allerdings nach dem Bösen trachten und eine Rückkehr der Dunklen Götter ermöglichen.
Im ruhigen Königreich von Ishmag ahnt König Jardin noch nicht, dass die dunklen Mächte längst ihre Saat zur Erweckung der Dunklen Götter in die Herzen von Menschen eingepflanzt haben und Monster bereits die Tsun-Kurn-Höhle belagern.
Die Prämisse der Handlung nimmt epische Ausmaße an, sogar mit einem Eröffnungsvideo aus aneinandergereihten Computergrafiken, die unter anderem Galaxien zeigen. Tatsächlich ist der Plot von Elminage Gothic allerdings insbesondere zu Beginn sehr bodenständig und generisch, wartet aber auch mit einigen dunklen Einfällen auf.
Grundsätzlich ist es wichtig, sich vor Augen zu führen, dass die Geschichte von der Handlung geführt wird und nicht von ihren Charakteren, denn diese sind austauschbar und haben keinerlei Zusammenhang und Relevanz zum Plot. Für Fans älterer Rollenspiele mag dies kein Manko sein, doch Spieler, die bereits zu sehr von modernen Erzählstilen verwöhnt wurden, können sehr schnell gelangweilt werden.
Erstellt eine bunte Truppe
Zu Beginn eures Abenteuers steht ihr ohne Mittel da und müsst eine Truppe aus Abenteurern in der Gilde des Königreichs zusammenstellen. Für den schnellen Start könnt ihr aus vorgegebenen Gruppenmitgliedern wählen, doch macht es viel mehr Spaß, ein eigenes Trüppchen zu erstellen – in der Trainingshalle.
Bei der Charaktererstellung könnt ihr zuerst Nach- und Vornamen eingeben, gefolgt vom Rufnamen, welcher letztlich stets in der unteren Statusleiste angezeigt wird. Danach gilt es eine Rasse auszuwählen. Zur Auswahl stehen unter anderem Menschen, Elfen, Zwerge, Gnome und Werbestien. Jede Rasse verfügt über ihre Stärken und Schwächen, grundsätzlich kann aber jede Rasse jeden Beruf erlernen.
Erst mit der Auswahl des Geschlechts erfolgt eine erste Einschränkung der auswählbaren Berufe. So kann etwa eine männliche Figur nicht auf normalem Wege eine Walküre werden. Eine zusätzliche Limitierung kommt mit den Gesinnungen Gut, Neutral und Böse. Dadurch wird nicht nur die Auswahl an Berufen weiter eingeschränkt, sondern auch die Kompatibilität zwischen den einzelnen Charakteren. Während neutrale Charaktere noch mit jeder anderen Gesinnung zurechtkommen, können sich gute und böse Akteure nicht gleichzeitig in einer Truppe aus sechs Mitgliedern befinden. Zusätzlich kann die Gesinnung durch einen eigenen Begriff ergänzt werden.

Trotz der vielen Limitierungen erfolgt gegebenenfalls eine letzte zum Abschluss. Nachdem ihr das Alter eures Charakters bestimmt, erhaltet ihr eine zufällige Anzahl an Fertigkeitspunkten, mit einer leichten Varianz bei unterschiedlichem Alter. Je nachdem, wie viele Punkte ihr letztendlich erhaltet, wird die endgültige Auswahl an Berufen festgelegt. Habt ihr eine geringe Punktzahl erwischt, stehen euch wahrscheinlich nur einfache Berufe zur Verfügung, wie etwa Magier oder Kämpfer. Diese Berufe sind ausgesprochen versiert, benötigen aber weitaus weniger Erfahrung zum Erreichen neuer Stufen.
Daneben gibt es auch noch fortgeschrittene Klassen mit mehr Anforderungen. Zu diesen zählen etwa Bischöfe, die zwei Magiearten beherrschen und zudem Gegenstände identifizieren können, sowie Jäger, die im Fernkampf erfahren sind. Diese Klassen können bereits unterschiedliche Rollen einnehmen, benötigen im Gegenzug aber auch mehr Erfahrung.

Hat man mit den Fertigkeitspunkten allerdings unheimlich Glück, kann man gleich zu Beginn eine Expertenklasse auswählen, wie etwa Lord, Samurai oder Ninja. Diese Klassen haben zahlreiche Facetten, erringen dafür aber neue Stufen umso schwieriger.
Der Vorgang zur Punkteberechnung kann beliebig oft wiederholt werden. So ist es möglich, mit viel investierter Zeit bereits zu Beginn des Abenteuers mit einer Supertruppe zu starten. Für diejenigen mit weniger Zeit, ist die Berufsauswahl allerdings reines Glücksspiel. Später kann jedoch die Klasse auch gewechselt werden, daher ist die Entscheidung am Anfang nicht das ganze Spiel lang gültig.
Mit übrigen Punkten können Statuswerte erhöht werden, allerdings kann man sich diese auch für einen späteren Zeitpunkt aufbewahren. Zum Abschluss darf man sich eine zusätzliche Fähigkeit aussuchen. Fertig ist eure Kreation!
Komfort sucht man woanders
Eine Sache, die Elminage Gothic nicht kennt, ist Komfort. Zwar simuliert man eine Menüführung, die aus einem Rollenspiel der 90er-Jahre hätte stammen können, doch hier liegt der Hase begraben.

Während aktuelle Genrevertreter, wie etwa Etrian Odyssey oder auch Persona, mit einer ähnlichen Prämisse arbeiten, dabei aber sinnvolle Möglichkeiten bieten, den Komfort zu verbessern, fühlt sich Elminage Gothic letztendlich wie eine alte Schreibmaschine an. Jede Figur besitzt ein Inventar, aber zusätzlich auch einen eigenen Goldvorrat. Reicht mal das Geld nicht aus, kann ein Charakter nicht nur so viel Geld ausleihen, wie er braucht, sondern muss das gesamte Gold seiner Kumpanen an sich nehmen und kann dieses im Nachhinein nur zu gleichen Teilen den anderen Gruppenmitgliedern wieder aushändigen.
Ohnehin ist die sonstige Menüführung sehr archaisch aufgebaut und von Übersicht kann nicht geschrieben werden. Zu schnell passiert es, dass man sich innerhalb der vielen unnötigen Untermenüs verläuft. Die Lokalisierung trägt ebenfalls wenig zur Übersicht bei. Einerseits wirkt sie sehr generisch und ist auch teils missverständlich, andererseits jedoch wird aufgrund der Limitierung der japanischen Schriftzeichen in der Originalversion in der im Übrigen ausschließlich auf Englisch lokalisierten Fassung ordentlich abgekürzt. Zuerst mag das lustig klingen, doch sobald man bei jeder zweiten Abkürzung intensiv überlegen muss, welche Bedeutung sich hinter dieser verbirgt, hört der Spaß definitiv auf.
Keine Hilfe zu erwarten
Elminage Gothic ist nichts für Gemüter zarter Konsistenz. In Höhlen und anderen monoton anmutenden Verliesen begebt ihr euch via Ego-Perspektive auf Erkundung. Die Musikkulisse wirkt durch leise Töne zwar authentisch, trägt selbst aber nicht zum Spielspaß bei.
Schon von Anfang an sind die Dungeons stark verwinkelt und es ist nicht ratsam ohne Karte aus der Stadt zu gehen. Für jeden Blick auf die Karte, die sich mit eurem Fortschritt aktualisiert, benötigt ihr jeweiligen ein Einwegitem namens Magic Map. Diese sind zwar günstig zu erwerben, aber letztlich trotzdem eine vollkommen unsinnige Designentscheidung.

Die benötigte Anzahl an Magic Maps für den Durchgang eines Dungeons kann eben nicht definitiv ermittelt werden, und wenn man mal den mitgenommenen Vorrat aufgebraucht hat, kann der Spaß für Orientierungslose erst richtig beginnen. Zwar gibt es einen Zauber mit der selbigen Funktion, doch auch dieser ist streng limitiert. Es empfiehlt sich, Fotos der angezeigten Karte zu machen oder aber eigene Karten anzufertigen.
Ohnehin ist der Einstieg in das rundenbasierte Kampfsystem von Elminage Gothic ein schwieriges Unterfangen. Vom Spiel selbst erhält man keinerlei Einführung. Zwar ist die Spielmechanik nahezu mit der der Wizardry-Reihe identisch, diese ist aber heute so selten angewandt, dass man sich über die einzelnen Bausteine des Kampfsystems extern informieren muss. Für die Bestimmung von Treffern wird etwa das altbewährte THAC0-System (To Hit Armor Class Zero) verwendet, und die letzten drei Mitglieder einer Truppe bilden automatisch die hintere Reihe. Zeit für Experimente bleibt ebenfalls nicht, denn Helden sterben hier schnell und die Wiederbelebung ist teuer. Sollte eure ganze Truppe ausgelöscht werden, ist diese verloren und ihr müsst in der Stadt eine neue erstellen.
Zu klassisch?
Auf jeden Fall ist Elminage Gothic eine würdige Adaption der westlichen Wizardry-Reihe aus alten Tagen, welche die Nische in der Nische sehr schön bedient. Die ganze Spielmechanik ist jedoch so veraltet wie die Reihe selbst. Andere Spielereihen des Genres haben sinnvolle Funktionen implementiert, die der übrigen Spielmechanik überhaupt nicht schadet. Elminage Gothic fühlt sich letztendlich wie eine belehrende Zeitreise an, was nicht schlecht ist, aber als Einstiegstitel in das Genre absolut ungeeignet ist.
Story: Einstieg spektakulär, danach Standardkost.
Gameplay: Dungeon-Crawler mit veralteter Spielmechanik.
Grafik: Generisch, unbeeindruckend.
Sound: Kaum vorhanden in Dungeons, ansonsten repetitiv.
Sonstiges: Nicht für Genre-Neulinge geeignet.



