Nach der Pirate-Warriors-Reihe schickt Namco Bandai nun endlich einen weiteren Videospiel-Ableger des beliebten Mangas One Piece ins Rennen. Der Zeitpunkt könnte nicht besser sein. Das gefürchtete Sommerloch hat wieder zugeschlagen und gute Videospiele sind zurzeit äußerst rar gesät – doch bekommen wir mit One Piece: Unlimited World Red einen weiteren Dynasty-Warriors-Abklatsch? Oder etwa billigen Lizenzschrott? Oder ein wahres Shonen-Jump-Fest? Die Antwort auf diese Fragen wird sicher viele überraschen.
One Piece: Unlimited World Red ist ohne Frage ein fantastisches Spiel. So viele Aspekte der Vorlage und eines guten Spieles wurden von den Entwicklern beachtet und das Ergebnis kann sich sehen lassen. Zwar kommt der Spielspaß nicht ohne einige Rückschläge daher, aber nichts davon hält davon ab, immer und immer wieder vor den Bildschirm gelockt zu werden. Hier liegt auch die größte Stärke von Unlimited World Red. Die Motivation, in der Story und in den Nebenquests voran zu kommen, ist so immens, dass man nicht anders kann, als in kürzester Zeit die 100-Prozent-Marke zu knacken.
Die Story siedelt sich zur aktuellen Zeit des Mangas an. Wie erwartet, trifft man auch auf unzählige bekannte Charaktere und Orte, die im Manga jedoch bereits Jahre zurück liegen. Wie webt man diesen Fanservice nun in den bekannten Kanon? Hier haben sich die Entwickler einen kreativen Gedanken einfallen lassen, um den Fans zu geben, was sie wollen, ohne dass man sich vom Manga entfernen musste. Somit könnte die Story von Unlimited World Red so wie sie ist, als Kapitel im Manga erscheinen, ohne bereits Geschehenes völlig umzuwerfen.
Für Fans ist dies oft ein ganz besonderer Punkt.Die Strohhut-Bande befindet sich in der Neuen Welt und rückt dem sagenumwobenen One Piece ständig einen Schritt näher – doch plötzlich tauchen alte Freunde und Feinde auf, um Ruffy und Co. von diesem Unterfangen abzubringen. Schon bald wird klar, dass es sich hier nicht um Menschen handelt und ein ominöser Mann in Rot dahinter steckt. Wer ist dieser Red und was sind seine Motive? Diese Fragen gilt es für unsere Helden zu lösen und auf dem Weg jeder Widrigkeit zu trotzen.
Das neue Abenteuer wird in verschiedenen Varianten erzählt. Zum Einen gibt es die gewohnt hochklassigen vo gerenderten Sequenzen, die dem Anime in nichts nach stehen und zum Anderen gibt es Standbilder sowie die bekannten Charakterdialoge. Wie unterschiedlich die Erzählweisen auch sein mögen, stets wird der typische One-Piece-Humor und -Slapstick beibehalten. Dies sorgt für viele Lacher, ganz besonders bei Fans, welche die Charaktere bereits kennen und die Story von Anfang an verfolgt haben. Hier sollte betont werden, dass Unlimited World Red eher an Fans gerichtet ist, als an One-Piece-Neueinsteiger.
Diese könnten von der Fülle an Charakteren und Anspielungen auf den Manga glatt erschlagen werden. Spieler, die hingegen mit der Story bekannt sind, werden jede einzige Sekunde genießen – nicht nur die Dialoge in den Sequenzen, sondern auch diejenigen, die während des Kampfes und der Erkundung der Umgebung oft stattfinden. Leider ist die Story recht schnell abgeschlossen. Nur wenige Stunden benötigt man zum Durchstreifen aller Missionen und zum Besiegen des Endbossgegners. Dank einem weiteren Schwierigkeitsgrad, New Game+ und der tollen Qualität des Story-Modus‘ spielt man die Geschichte wieder und wieder durch.
Auch die Grafik weiß zu begeistern. Die Entwickler spendierten Unlimited World Red einen warmen Cel-Shading-Look, der tatsächlich wie ein Hybrid aus Anime und modernem Videospiel aussieht. Knallige Farben erleuchten den Bildschirm und erinnern mit jedem Polygon an den One-Piece-Anime. Die Wüste Alabastas erstrahlt in warmen Gelbtönen und vermittelt ein eindringliches Gefühl der Trockenheit. Das Königreich Drumm schickt die Helden in die Eishölle und Skypia in ein weißes Paradies. Jeder dieser Orte verleitet Fans dazu, in Nostalgie zu schwelgen, aber auch Neulinge werden dem einzigartigen Charme früher oder später verfallen.
Die Charaktermodelle an sich sehen atemberaubend aus. Von den Strohhüten bis zu den Marine-Admirälen sind alle dabei und auch hier stehen die Designs, denen des Animes in nichts nach. Ganz besonders gelungen sind die Bewegungen der einzelnen Charaktere. Die Art, wie Ruffy rennt, Brooks heitere, musikalischen Bewegungen, De Flamingos Wahnsinn, es wurde einfach auf alles geachtet, bis hin zu den einzelnen Fingerbewegungen. Hier haben die Entwickler ganze Arbeit geleistet.
Sowohl das Design der Umgebungen, als auch das der Charaktere ist mehr als nur gelungen, aber ganz ohne Schwächen kommt auch die Grafik nicht aus. Leider fehlen bei den verschiedenen Welten hier und da einige kleine Details und besonders groß sind die einzelnen Abschnitte ebenfalls nicht. Rennt man ohne Unterbrechung vom Anfang bis zum Ende einer Welt, so dauert dies keine zehn Minuten. Die Schlussfolgerung daraus ist die erhöhte Repetition der Umgebungen, doch während diese Wiederholung in anderen Spielen für Frust sorgt, so freut man sich bei Unlimited World Red darauf, immer mehr zu entdecken, da zunächst geschlossene Areale mit neuen Charakteren und dem Voranschreiten der Story erst zugänglich werden.
Am Ende des Spiels rennt man durch die Welten mit der Karte im Kopf. Dies erspart die mühsame Arbeit immer wieder das Spiel zu pausieren, um einen Blick auf die Karte zu werfen. Leider wird diese nur im Pausenmenü angezeigt und nicht live auf dem Bildschirm. Speziell zu Beginn ist das ein großer Negativpunkt. Im Großen und Ganzen jedoch, kann sich das grafische Paket mehr als zeigen lassen.
Was den Sound betrifft, so gehen die Entwickler keine Risiken ein. Jeder Charakter wird von seinem originalen japanischen Synchronsprecher vertont. Wie gewohnt ist die japanische Synchronisation erstklassig und vermittelt sowohl positive als auch negative Gefühle eindrucksvoll. Jeder Charakter wird durch seine Stimme zum Leben erweckt und ein weiterer großer Schritt Richtung Anime ist gelungen. Schade ist, dass es weder eine Englische noch die grandiose deutsche Synchronisation dazu gibt. Unlimited World Red kommt ausschließlich mit der japanischen Sprachfassung und deutschen Texten aus.
Dem Soundtrack wurde jedoch weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Er lehnt sich zwar immer optimal an die jeweilige Situation und Welt an, aber keine Melodie bleibt im Ohr hängen und dank der vielen anderen Stärken des Spiels wird der Soundtrack noch weiter in den Hintergrund gerückt. Trotzdem tragen die Melodien einen großen Anteil zur Atmosphäre bei.
Wie gewohnt nimmt das Gameplay den Löwenanteil des Spiels ein und auch hier haben sich die Entwickler viele Gedanken gemacht. Während die Pirate-Warriors-Reihe sich noch im Musou-Genre breit machte wechselte man bei Unlimited World Red zu einem Third-Person-Action-Spiel. Man steuert den Strohhut seiner Wahl durch die Areale und immer mal wieder tauchen bekannte Feinde auf, um einem den Garaus zu machen. Trifft man auf einen Gegner, so stehen verschiedene Kombos zur Verfügung, um den Feind zu besiegen.
Das Besondere hier ist, wie unterschiedlich sich die einzelnen Charaktere bedienen lassen. Spielt man mit Ruffy, so ist es ein Leichtes, dank seiner Gummi-Kraft entfernte Gegner zu verletzen oder mehrere mit der Gum Gum Kalaschnikow zu vernichten. Wählt man hingegen Nami, so muss man komplett umdenken, da diese mit ihrem Klimataktstock andere Qualitäten besitzt. Sie kann Gewitterwolken erschaffen und Blitze auf den Gegner niederprasseln lassen. Frankie und Lysop wiederum benutzen ihre Waffen und setzen hauptsächlich auf Distanzangriffe. So wird sichergestellt, dass die Missionen und Nebenquests nie langweilig werden.
Neben schwachen und starken Schlägen, sowie einer Ausweichfunktion gibt es noch Spezialangriffe. Diese können erst aufgeführt werden, nachdem die sogenannte SP-Leiste durch zugefügten oder erlittenem Schaden gefüllt wird. Die SP-Leiste ist zudem noch in zwei Abschnitte unterteilt. Jeder Charakter besitzt zwei dieser Spezialangriffe. Der stärkere der beiden Angriffe benötigt jedoch eine komplett gefüllte Leiste. Auch hier unterscheidet sich jeder Charakter. Sanji und Chopper sind in der Lage, dank Kochkünsten und Ärztewissen, ihre Kameraden zu heilen. Brook kann die Kameraden mit Musik stärken und jeder besitzt noch einen Angriff, der extremen Schaden anrichtet.
Sinnlos auf die Tasten zu hämmern wird schnell im Grab enden. Alle bereits genannten Aspekte müssen mit Sinn und Verstand benutzt werden. Besonders das Ausweichen und Verteidigen ist von den Kämpfen gar nicht wegzudenken. Kämpft man gegen starke Bossgegner, so sind diese in der Lage, enormen Schaden anzurichten, doch dank Quick-Time-Events kann man dem Schaden komplett entgehen. Zudem sieht man am rechten Bildschirmrand eine Liste von Kombos, die man durchführen kann. Hat man es geschafft alle Kombos zu nutzen, ist man für kurze Zeit stärker und kann mehr Schaden anrichten.
Diese ganzen Aspekte machen das Kampfsystem von Unlimited World Red zu einem absoluten Fest und auch wenn sich die Kämpfe sehr oft wiederholen, so kommt nie Langeweile auf. Neben den eigenen Waffen und den bekannten Items gibt es noch die sogenannten Wörter, welche eine große Rolle im Kampf spielen. Jeder Charakter kann Wörter und Sätze ausrüsten, welche seine Statuswerte erhöhen. Von „Angriff +10 %“ bis hin zu „XP +35 %“ ist hier alles vorhanden.
Wörter findet man überall im Spiel oder bekommt sie als Belohnung für erledigte Quests und Missionen. Ähnlich wie die Charaktere, lassen sich auch diese Wörter aufleveln. Hier werden aber einige Ressourcen benötigt, die sich für jedes Wort unterscheiden. Je mehr Zeit man in der Welt von One Piece verbringt, desto stärker werden die Charaktere und ihre Wörter – doch auch hier gibt es noch mehr. So besitzen die Charaktere nicht nur persönliche Wörter, sondern auch Gruppen-Wörter.
Diese haben ähnliche Effekte wie die beschriebenen Wörter, mit dem Unterschied, dass die gesamte Gruppe von diesen profitiert. Will man ein Gruppen-Wort benutzen, so muss man es manuell im Kampf machen. Hier wird Taktik benötigt, denn oft entscheiden diese Wörter über Sieg und Niederlage.
Wie soll man sich nun den Ablauf von One Piece Unlimited World Red vorstellen? Dieser ist ganz simpel und genial. Ähnlich wie beim kommenden Metal Gear Solid V Phantom Pain steht im Zentrum des Gameplays eine eigene Basis. In diesem Fall ein kleines Dorf. Betritt man das Schiff, die Thousand Sunny, so wird die Story weiter geführt. Man wählt den Strohhut seiner Wahl, sowie zwei Kameraden als Begleitung. Danach werden eher kleinere Feinde auf dem Weg zum Ziel erledigt, wo dann schließlich ein berühmter Bossgegner wartet. Von Edward Newgate bis hin zu Mihawk sind auch hier unzählige bekannte Charaktere dabei. Die Bosskämpfe sind stets spannend, fordernd und ein Augenschmaus.
Doch auch in der Stadt gibt es unglaublich viel zu tun. Diese lässt sich nämlich mit Ressourcen ausbauen. Hat man schon einige Missionen geschafft und Materialien gesammelt, kann man von der Herberge aus ein Restaurant, ein Museum, eine Apotheke und vieles mehr bauen. Jedes Gebäude hat eine ganz besondere Funktion. Im Restaurant kann man zum Beispiel Zutaten kaufen und Gerichte kochen, welche die Statuswerte der Charaktere dauerhaft erhöhen. Im Kino kann man sich bereits bekannte Sequenzen ansehen und in der Apotheke Heilkräuter kaufen oder mit Materialien herstellen. Aber auch die Stadt selbst lässt sich noch weiter ausbauen.
Die für die Bauten nötige Materialien- und Ressourcen-Jagd ist unglaublich motivierend. Hier steckt auch viel Herz drin. Will man Bambus, so muss man mit einem Schwertkämpfer (Zorro oder Brook) im Wald wachsenden Bambus zerschneiden. Will man einen Riesenkraken oder einen Hirschkäfer, so muss man Angeln, beziehungsweise auf Käferjagd, gehen. Diese Aktionen sind mit einem absolut simplen aber süchtigmachenden Minispiel kombiniert.
Bereits nach kürzester Zeit hat man schon Stunden mit Angeln verbracht, weil es Spaß macht und man wertvolle Materialien bekommt. Dann wiederum wünscht man sich eine bessere Angel und sammelt dafür Materialien. Die benötigten Materialien sind jedoch nur in neuen Arealen zu finden, also muss man in der Story voranschreiten. Alles baut aufeinander auf und somit werden die Minispiele ein großer Teil von der gesamten Erfahrung.
Das Ausbauen und Erkunden der Stadt, die Fülle an Minispielen und die unzähligen Nebenmissionen, die man angehen kann, machen Unlimited World Red zu einer süchtigmachenden Perle. Sich von der Konsole zu entfernen, wird mit jeder Stunde schwieriger und schwieriger. Genau das ist die größte Stärke dieses Spiels.
Wer jetzt denkt, dass hier Schluss ist mit Umfang, der irrt sich gewaltig. Neben den bekannten Möglichkeiten gibt es im Hauptmenü noch das sogenannte Kampfkolosseum. Auch dieses sorgt für einen gehörigen Motivationsschub, denn es handelt sich nicht nur um eine kleine Kampfarena, sondern um eine eigenständige Story, welche sich um Ruffy, Law und De Flamingo dreht. Gespickt wird das Kampfkolosseum mit weiteren Dialogen und vorgerenderten Sequenzen. Zudem gibt es auch hier verschiedene Modi.
Im Modus „Duell“ wählt man einen Charakter und kämpft 1 gegen 1 mit einem Freund/Feind. Hier kann der Gegner jede Form annehmen. Dann gibt es noch die „Rauferei“. Bei dieser wählt man zwei Charaktere, die sich gegen eine festgelegte Anzahl von kleineren Feinden stellen. Dazu gesellen sich noch weitere Modi, die hier jedoch nicht genannt werden sollen. Das besondere am Kampfkolosseum ist jedoch etwas ganz anderes, denn es können nicht nur die Strohhüte gesteuert werden, sondern auch viele andere Charaktere, wie Kuzan, Law oder Crocodile. Auch hier kommt durch die Vielfältigkeit der Charaktere und ihrer Stile sehr lange Spielspaß auf.
One Piece: Unlimited World Red hat mich überrascht. Es hat mich begeistert, gefesselt und es hat mir, besonders als One-Piece-Fan, unglaublich viel Spaß gemacht. Selten hat mir eine Spieleadaption eines Mangas so gefallen wie diese hier. Grafik, Design, Sound, Gameplay, einfach alles ist mit einem genauen Auge auf das Original entwickelt worden. Dennoch gibt es einige Kritikpunkte, wie die fehlenden Details und die Größe der Missionsareale, die ausschließlich japanischen Stimmen, die kurze Dauer des Story-Modus‘ und des Spiels generell und ganz besonders die Ladezeiten, welche sich teilweise bis hin zu einer Minute ziehen – aber der Umfang ist einfach so gigantisch, die Qualität so gut und das Kampfsystem so spaßig, dass Ultimate World Red ein Muss für jeden Fan wird.
Von uns getestet: PlayStation-Vita-Version.
Anmerkung: Ich empfehle jedem, der sich dazu entscheidet One Piece: Unlimited World Red zu kaufen, zu einer Handheld-Version zu greifen. Die kurzweiligen Missionen und Nebenquests, sowie die Fülle an Minispielen begünstigen einen schnellen Ein- und Ausstieg aus dem Spiel.
Story: Man muss zwar mit der Story von One Piece bekannt sein, um in Ultimate World Red Fuß zu fassen. Doch wenn dies der Fall ist, dann wartet eine tolle, kurze Story mit vielen bekannten Gesichtern und einer gehörigen Portion Nostalgie.
Grafik: Auf dem kleinen Handheld strahlen die Farben in vollster Anime-Pracht. Die Charaktere sehen grandios aus und bewegen sich auch so. Hier und da fehlen in den zu kleinen Arealen aber einige Details.
Sound: Zwar wird nur die japanische Sprachausgabe geboten, aber diese ist absolut erstklassig. Emotionen pur sind hier zu erwarten. Der Soundtrack rückt leider ein bisschen in den Hintergrund, aber er erfüllt seinen Zweck vollkommen.
Gameplay: Motivierende Beute-Hatz, spaßige Baumaßnahmen und ein tolles Kampfsystem voller Taktik und Reaktion machen diesen Ableger der One Piece-Reihe zu einem Must Have.
Sonstiges: Kurzer Story-Modus. Dafür aber ein weiterer Schwierigkeitsgrad, New Game+ und unzählige geniale Minispiele und Nebenquests. Doch auch wenn man die 100% anpeilt, hat man diese schneller erreicht als in vergleichbaren Spielen. Ladezeiten gehen jedoch gar nicht!