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Masashi Hamauzu über Videospielmusikkonzerte

Masashi Hamauzu komponiert nicht nur Musik für Videospiele, sondern arrangiert auch Videospielmusik für Konzerte. Dafür arbeitete er in den letzten Jahren oft mit Thomas Böcker zusammen, der Produzent von Symphonic Legends, Final Symphony und vieler weiterer weltweiter Konzerte ist.

Final Symphony, das in Wuppertal erstmals aufgeführt wurde, steht nun vor gleich zwei Konzerten in Tokio sowie weiteren Aufführungen in Aarhus und Stockholm. Masashi Hamauzu freuen natürlich besonders die beiden Konzerte in seinem Heimatland Japan. In einem Gastbeitrag auf spielemusikkonzerte.de schreibt er seine Erfahrungen der letzten Jahre nieder:

Final Symphony ist meine fünfte Orchester-Kollaboration mit dem Konzertproduzenten Thomas Böcker, einem der wenigen Vorreiter sinfonischer Spielemusik unserer Zeit, dessen Arbeit ich sehr schätze.

Unsere erste Zusammenarbeit war ein Arrangement für Donkey Kong Country, das im Rahmen des Konzerts Symphonic Legends 2010 vom WDR Rundfunkorchester Köln aufgeführt wurde. 2011 folgten Instrumentierungen von Stücken aus Final Fantasy X, Kirby’s Dream Land und Pikmin – die letzten beiden für das Royal Stockholm Philharmonic Orchestra. Im Folgejahr erblickte ein Unlimited Saga-Arrangement von Roger Wanamo für den WDR das Licht der Welt – und 2013 schließlich führten das Sinfonieorchester Wuppertal und das London Symphony Orchestra ein Klavierkonzert von Final Fantasy X auf, das Roger Wanamo und ich gemeinsam erarbeitet hatten.

All diesen Kollaborationen ist eines gemeinsam: Thomas Böckers Produktionen beschränken sich nicht darauf, Kompositionen originalgetreu wiederzugeben. Sie binden sie stattdessen in einen kreativen Schaffensprozess ein.

Auf dem Gebiet sinfonischer Spielemusikkonzerte haben sich bereits einige tatkräftige Produzenten versucht, und das durchaus mit Erfolg. Doch es ist nicht leicht, die Arbeit in diesem Bereich mit innovativen Visionen zu verknüpfen. Das Verhältnis der Fans zur Musik ihrer Lieblingsspiele ist tendenziell sehr emotional. Diesem Umstand muss Rechnung getragen werden, was für sich bereits eine große Herausforderung darstellt. Thomas Böcker gelingt mit jeder seiner Produktionen jedoch nicht nur dies, nein, er weckt mit seinen kreativ-schöpferischen Ansätzen auch das in den Stücken schlummernde Potential und schafft auf diese Weise etwas Wunderbares.

Ich durfte bereits an zahlreichen Spiele-Soundtracks mitarbeiten. Bei Orchesteraufführungen meiner Stücke hielt man sich bislang immer sehr eng an das Original. Nicht so bei Böckers Produktionen, und deshalb schätze ich seinen Pioniergeist und die einmalige Gelegenheit, die er mir eröffnet, so sehr. Sein Mut und seine Hingabe haben meine volle Unterstützung. Progressive Ansätze sind äußerst anfällig für Kritik. War es wirklich nötig, das Arrangement zu ändern? Ist das alles nicht bloß ein eitler Versuch, Spielemusik auf eine hochkulturelle Ebene zu hieven? Doch Böckers Produktionen lassen eine solche Kritik nicht zu. Man merkt, dass es ihm einzig darum geht, Musik zu schaffen, die fasziniert, die begeistert. Und das ganze ohne Anbiederungen. Er kalkuliert nicht mit den Erwartungen des Publikums, sondern verfolgt schlicht seine eigene musikalische Vision. Er ist ehrlich zu sich selbst, aber auch zu seinen Zuhörern, die er über die Aufführungen an seinen Produktionen teilhaben lässt.

Thomas Böcker empfindet Achtung vor der Musik, und das kommt in seiner Arbeit hervorragend zur Geltung. Das Urteil über Musik kann zwangsläufig nur ein subjektives sein, und Selbsteinschätzung unterliegt stetem Wandel. Er ist niemand, der etwas Neues wagt, nur um sich für seinen Avantgardismus auf die Schulter klopfen zu können. Er weiß auch um die Gefahr, sich trotz aller Leidenschaft in technische Details zu verstricken. Er hat erkannt, dass Hingabe und der Mut zur Innovation alleine nicht ausreichen. Deshalb hat er mit Jonne Valtonen und Roger Wanamo zwei begnadete Arrangeure mit exzellentem Verständnis der Materie an seine Seite gerufen, die ihn bei der Verwirklichung seines hehren Vorhabens unterstützen.

Dass auch ich die Gelegenheit habe, meinen Beitrag zu ihrer Arbeit zu leisten, ehrt mich zutiefst. Final Symphony ist eine weitere würdevolle Bühne der Spielemusik geworden. Es ist ein Konzert, das einen die ursprüngliche Kraft der Musik spüren lässt. Diese kostbare Erfahrung durfte ich bereits in Wuppertal und London machen. Es freut mich daher umso mehr, sie nun auch mit meinen Landsleuten in Japan teilen zu dürfen.

Masashi Hamauzu, Übersetzung: Andreas Wollny

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