In vielen Ländern erfreut sich die Ys-Reihe großer Beliebtheit. Als klassische Rollenspielserie wurde der Name groß und durch die Welt getragen. Leider schafften es nicht alle Teile in den Westen. Der vierte Teil muss hier besonders betrachtet werden, da es nach dem Release im Jahr 1993 sogar mehrere Interpretationen von diesem gab, keine jedoch den Sprung über den Ozean schaffte. Mit Ys: Memories of Celceta bringen die Serienschöpfer ihre neuste Interpretation des Klassikers für Playstation Vita endlich in den Westen und diese haben wir uns genauer angesehen.
Die Story von Ys: Memories of Celceta spiegelt das damalige Rollenspielzeitalter perfekt wieder, denn hier erwartet uns ein altbewährtes Rollenspiel-, bzw. Videospielklischee. Der junge Held, Adol Christin, leidet an Amnesie. In einer fremden Stadt aufgewacht, erinnert er sich an nichts mehr. Seine gesamte Vergangenheit wurde ausgelöscht. Weder weiß er, woher er kommt, noch wer seine Freunde waren und hier beginnt nun das eigentlich Abenteuer. So leer Adols Kopf auch sein mag, einiges steckt mehr in den Knochen und im Herzen als im Gehirn – die Schnelligkeit und Stärke, mit denen ein Schwert geführt werden muss, das Verlangen seinen Mitmenschen zu helfen, die Fähigkeit zu vertrauen. Diese Eigenschaften bringen die eigentliche Story ins Rollen.
Nachdem Adol seine Fähigkeiten unter Beweis gestellt hat, bekommt er ein verlockendes Angebot. Eines, das ebenso mit der Wiedererlangung der eigenen Erinnerungen zusammenhängt. Er soll den Wald ohne Wiederkehr kartographieren. An dieser äußerst gefährlichen Aufgabe sind schon viele fähige Männer gescheitert, doch für Adol liegt hier die Antwort auf all seine Fragen. Begleitet wird er von Duren. Dieser ist zwar nur auf das Geld aus, das diese Aufgabe mit sich bringt, aber er ist ein starker Verbündeter, der sich manches Mal als echter Lebensretter erweist. Dies ist die gesamte Rahmenhandlung und eigentlich auch das gesamte Spiel. Es gilt den Wald ohne Wiederkehr zu kartographieren. Man besucht keine weiteren Dungeons und es gibt keine längeren Reisen. Memories of Celceta spielt nur in diesem mysteriösen Wald.
Auf der Karte, die sich im Menü befindet kann man stets seinen Fortschritt betrachten. In der Ecke des Bildschirms steht, wie viel Prozent des Waldes man bis jetzt erkundet hat. Dies erweist sich als sehr motivierend, denn auf seiner Reise durch den unbekannten Forst hat man stets einen guten Blick auf diese Zahl. Jeder kleine Meilenstein, wie etwa 10 Prozent oder 25 Prozent, gibt dem Spieler einen kleinen Motivationsschub und so bleibt man gerne bis zum Ende, den 100 Prozent, gerne dabei. Insgesamt kann man bei dieser Aufgabe bis zu 25 Stunden im Wald verlieren, also darf man sich vorher nicht davon abschrecken lassen, dass nur ein großes Areal zu erforschen ist.
Auf seiner Reise trifft Adol auf eine Vielzahl von schrecklichen Monstern, die allesamt versuchen, ihn und seine Kameraden bei lebendigem Leibe zu verschlingen, doch nicht alles, was sich bewegt, ist den Helden feindlich gesinnt. Immer mal wieder erreicht man kleine Dörfer und trifft auf bekannte und unbekannte Personen, die sich ebenfalls im Wald ohne Wiederkehr befinden. Dörfer und Lager ermöglichen es Adol und seinem Team, etwas Rast zu finden, um sich am nächsten Morgen wieder voller Energie auf die bevorstehenden Herausforderungen zu stürzen. Ab und an vergrößert sich dabei auch die Heldengruppe.
So interessant diese simple Story-Idee auch sein mag, bereits nach einigen Stunden wird klar, dass es sich bei der Story nicht um eine der großen Stärken des Spiels handelt. Ähnlich wie bei vielen Japano-Rollenspielen zieht sich die Exposition unglaublich in die Länge. Der Spieler wird mit vielen Dialogen überhäuft, die entweder total unnötig sind oder nur bereits bekannte Informationen beinhalten. Außerdem verliert man, sobald sich der Wald endlich ein bisschen öffnet, die Story aus dem Blick und konzentriert sich auf das spaßige Kampfsystem. Zwar macht die Erinnerungssuche im Wald Spaß und einige Charaktere besitzen interessante Hintergrundgeschichten, aber bald tippt man sich nur noch so schnell wie möglich durch die Dialoge, die bis zum Ende sehr ermüdend sein können.
Dies liegt nicht nur am Szenario und an den Dialogen an sich, sondern auch daran, dass diese weder übersetzt, noch vertont sind. Einzelne Zeilen werden noch von motivierten, aber etwas überzogenen Personen gesprochen, aber diese sind viel zu gering in ihrer Zahl. Ansonsten erlauben sich die Entwickler keine Fehler, was den Sound angeht. Die Hintergrundmusik ist motivierend und passend. Wie bei jedem Ys gibt sie der Serie ihren eigenen Charme und macht viel vom Erlebnis aus. Hier wird man zwar nur wenige Ohrwürmer finden, dafür aber eine Vielzahl von Stücken, die einfach perfekt zum Spiel passen. Die Soundeffekte sind kernig und versprühen einen alten Retrocharme, den man heute vergeblich in anderen Spielen sucht. Trotzdem wäre hier noch ein bisschen Luft nach oben.
Sehr schade ist zudem auch die Tatsache, dass das Spiel ohne eine Lokalisierung den Weg nach Deutschland gefunden hat. Man kann nur mit englischer Sprachausgabe und englischen Texten Spielen. Eine zusätzliche japanische Tonspur oder deutsche Texte wären sehr willkommen gewesen. Das geschriebene Englisch ist zwar nicht schwer zu verstehen, aber wegen der Fülle an Dialogen, die bereits im Deutschen ermüdend sein könnten, haben sich die Entwickler hier absolut keinen Gefallen getan.
Grafisch macht Ys eine solide Figur. Zwar wird nicht das Beste aus dem Handheld geholt, aber der Charme ist einzigartig. Mit grellen Farben, verspielten Designs und Kulleraugen-Charakteren zeichnen die Entwickler das passende Bild zu diesem Abenteuer. Wenn man davon ausgeht, dass Ys IV schon mehrere Jahrzehnte auf dem Buckel hat, dann ist es wirklich atemberaubend, welche Mühe und Aufwand die Entwickler hier betrieben haben, um uns diese Rollenspielperle modern zu präsentieren. Der Wald mit seinen verschiedenen Abschnitten wirkt lebendig und auch bedrohlich, ganz besonders in der Nacht. Der dynamische Tag- und Nachtwechsel setzt ein starkes Zeichen in puncto Atmosphäre.
Leider läuft Memories of Celceta oftmals nicht so flüssig und man hat mit starken Rucklern zu kämpfen. Das bremst natürlich ganz stark die Immersion und reißt den Spieler mit Gewalt aus der Spielerfahrung raus.
Nichtsdestotrotz ist Nostalgie hier wohl das richtige Wort, denn sowohl Grafik als auch Sound nehmen den Spieler mit auf eine kleine Reise in das Zeitalter der klassischen Japano-Rollenspiele. Auch wenn die Technik nicht auf dem neuesten Stand ist, so ist es doch diese Nostalgie, die den Spieler immer wieder zum Handheld greifen lässt und ihn fest in ihren wunderbaren Klauen hält.
Ys: Memories of Celceta ist ein süchtig machendes und unheimlich motivierendes Spiel. Die Frage ist: Wieso? Von der Technik und der Präsentation her reiht sich dieses Vita-Spiel nicht gerade in den Top-Plätzen ein. Die Antwort ist einfach: aufgrund des Gameplays. Hier haben die Entwickler etwas geschaffen, das den Spieler nicht mehr von loslässt. Sobald der Akku leer ist, rennt man ohne Rücksicht auf Verluste zur Steckdose und macht weiter. Dabei ist das Gameplay so simpel wie die Story an sich – aber manchmal will man das auch einfach.
Auf seinen Reisen durch den Wald ohne Wiederkehr trifft die Heldenriege auf viele Monster und Hindernisse, die den weiteren Weg versperren und hier kommt das grandiose Kampfsystem ins Spiel. Dieses Kampfsystem überstrahlt alle Kritikpunkte und ist ebenfalls ein Grund dafür, wieso man sich, ohne zu lesen, durch die Dialoge klickt. Wann immer man Rast in einem Dorf oder Lager macht, will man so schnell wie möglich wieder in den tödlichen Wald, um gegen Monster zu kämpfen.
Dies läuft komplett in Echtzeit ab. Also anders als bei vielen japanischen Rollenspielen gibt es keine Zufallsbegegnungen und keine Rundentaktik. Hier laufen die Gegner stets sichtbar über die Areale, schwimmen in den lebendigen Seen und Flüssen und kommen ihrem täglichen Brot nach. Legt man sich nun mit diesen an, hat man vier Aktionen zur Auswahl. Normaler Angriff, Blocken, Ausweichen und Charakterwechsel. Diese Aktionen sind auf die vier Tasten des Handhelds verteilt und gehen bereits nach Sekunden so locker von der Hand, als hätte man nie etwas anderes gemacht.
Bei vielen kleineren Gegnern reicht es einfach, auf die eine Angriffs-Taste zu drücken, um diese zu vernichten. Handelt es sich bei den Gegnern jedoch um etwas größere Gesellen oder gar Bosskämpfe, so kann ein derartiges Verhalten schnell zu einem Game Over führen. Blocken und Ausweichen sind zwei essentielle Bestandteile des Kampfsystems und retten in vielen Situationen das Leben. Im richtigen Zeitpunkt eingesetzt, können diese eventuell auch zu kleineren Angriffsschüben führen, die den Charakter für kurze Zeit wesentlich stärker machen. Nach und nach trainiert man sich das richtige Timing an und schafft dies immer häufiger, dennoch gehen die Glücksgefühle bei jedem erfolgreichem Mal nicht verloren. Die Motivation hört einfach nicht auf.
Zusätzlich zu den vier Aktionen kommen jetzt noch die Spezialattacken hinzu. Jeder Charakter besitzt eine Vielzahl von diesen, die man auf die vier Aktionstasten verteilt und dann zusätzlich mit der R-Schultertaste drückt, um sie zu aktivieren. Je öfter man Gebrauch davon macht, desto stärker werden die Attacken. Zudem muss auch hier mit Bedacht gekämpft werden, denn einige Spezialattacken schleudern den Feind in die Luft, andere werfen ihn weit weg und wieder andere verringern die Lebensanzeige des Feindes beachtlich. Auch hier will man immer mehr – Mehr Attacken, höhere Level für die, die sich bereits im Besitz befinden und natürlich den perfekten Einsatz.
Der Spieler wird nämlich mit mehr Gold und Items belohnt, sollte er den Feind mit einer der Fähigkeiten den Todesstoß versetzten oder ihn in die Luft schleudern und ihm dort heftige Schläge erteilen. Jedes Mal, wenn das der Fall ist, verspürt man ein gewisses Maß an Genugtuung, dank passender Zeitlupe – und wird zusätzlich auch noch belohnt.
Als sei das noch nicht genug, spielt sich jeder Charakter ein bisschen anders, aber auch nicht so viel anders, dass man sich fremd fühlt. Zudem besitzt jeder Charakter einen von vier verschiedenen Waffentypen und spezielle Fähigkeiten, die für das Vorankommen im Wald unerlässlich sind. Zum Beispiel kann Duren Schlösser knacken und Ozma Gestein zerstören. So ist jeder Charakter wichtig für die Truppe. Deshalb haben sich die Entwickler wohl dazu entschieden, auch den Kämpfern auf der Ersatzbank Erfahrungspunkte bei jedem Kampf zu spendieren.
Das Kampfsystem fließt einfach durch die unzähligen Stunden, die man in diesem Wald verbringt. Es ist rund, simpel und so motivierend, wie schon lange nicht mehr. Auch wenn es mit alten Schwächen zu kämpfen hat. Die Kamera in Memories of Celceta ist stets fix. Man kann sie weder Drehen noch sonst wie bewegen. Daher gibt es auch kein Zielsystem. Das Spiel bietet zwar Zielhilfen an, aber manches Mal findet man sich doch in einem Kampf mit diversen Büschen wieder, obwohl ein Monster an den leckeren Schenkeln knabbert. Zum Glück kommt dies nicht so häufig vor.
Somit ist das Kampfsystem die größte Stärke von Ys: Memories of Celceta und es ist derart motivierend, dass viele der Kritikpunkte einfach vergessen werden.
Aber auch drum herum hat dieses Spiel noch viel zu bieten. Es gibt viele Rohmaterialien im Wald zu sammeln. Diese können verkauft oder eingetauscht werden. So kann und muss man sich dann neue Waffen, Ausrüstungsgegenstände oder Tränke leisten, denn diese sind für das weitere Erforschen absolut notwendig. Man kann die Waffen auch bei bestimmten Personen verstärken, doch ist der Aufwand unproportional zum Nutzen und so bleibt man doch lieber beim Finden oder Kaufen neuer Waffen.
Auch einige kleine Rätsel kreuzen den Weg der Heldentruppe. Diese sind jedoch sehr einfach zu lösen und nutzen manchmal sogar den Touchscreen. Ansonsten werden weder der vordere, noch der hintere Touchscreen kreativ genutzt. Hier und da tummeln sich auch kleinere Nebenmissionen, denen man sich annehmen kann. Leider sind diese selten, sehr leicht zu lösen und weniger wichtig für die Story. Aber die praktische Schnellreisefunktion kommt hier gut zum Einsatz.
Ys: Memories of Celceta ist ein Nostalgie-Trip. Jeder, der das Gefühl hat, dass japanische Rollenspiele ihren Charme und ihre Identität über die Jahre verloren haben, wird mit diesem Spiel mehr als glücklich. Story und Präsentation lassen, wegen fehlender Lokalisierung und schwächeren Technik zu wünschen übrig und holen bei weitem nicht das Beste aus dem Handheld raus, doch fühlt man sich dank der schönen Atmosphäre und vergessenen Gefühle wie in der Zeit zurück versetzt.
Viele interessante Ideen finden hier einen guten Platz. Dazu kommt eines der motivierendsten Kampfsysteme, das sich auf Sonys Handheld finden lässt. Es fesselt, es fordert und es belohnt. Mehr braucht man nicht, damit die bis zu 25 Stunden wie im Flug vergehen. Jeder, der ein Exemplar von Sonys PlayStation Vita sein eigen nennt, sollte sich diese Japano-Perle nicht entgehen lassen.
Story: Zwei unglaublich kreative Ideen treffen hier aufeinander. Das Kartografieren und die Erinnerungssuche. Beides ist unglaublich motivierend, aber wegen klischeehaften und unnötig in die Länge gezogenen Dialogen wird die Story nur zweitrangig.
Grafik: Süße Anime-Optik, die leider nicht auf dem neuesten Stand der Zeit ist, jedoch ein nostalgisches Gefühl verbreitet. Außerdem kommt es zu gelegentlichen Einbrüchen der Bildrate.
Sound: Toller Soundtrack, der genau weiß, was die alten Spiele damals ausgemacht hat. Solide Soundeffekte und eine kaum vorhandene Synchronisation trüben den Klang leider.
Gameplay: Ys bietet ein motivierendes, spaßiges und süchtig machendes Kampfsystem. Hier wird der Spieler einmal gepackt und nie wieder los gelassen. Großes Kompliment an die Entwickler.
Sonstiges: 25 Stunden Spielspaß, 4 Schwierigkeitsgrade, motivierende Beute- und Prozenthatz und viel zu entdecken. Mit diesem Spiel hat Sonys PlayStation Vita eine weitere Rollenspielperle spendiert bekommen. Leider ohne Lokalisierung.