Etwa zehn Jahre ist es her, dass Tales of Symphonia auf Nintendos Spielewürfel Nintendo GameCube in Europa erschien. Für einige Spieler war der Titel damals der Verlobungsring zum JRPG-Genre, sodass später auch eine Fortsetzung unter dem Namen Tales of Symphonia: Dawn of the New World für Nintendo Wii entwickelt wurde. Zum Jubiläum gibt es die gesamte Symphonia-Saga für eingefleischte Fans und Neugierige als aufpolierte Fassung für PlayStation 3 als Tales of Symphonia Chronicles. Hat Symphonia nach all den Jahren seinen einstigen Zauber beibehalten? Erfahrt es in unserem Test.
Nicht nur ein Plot, sondern eine Chronik
Tales of Symphonia Chronicles besteht aus der Portierung der bisher exklusiv in Japan erhältlichen Fassung von Tales of Symphonia für PlayStation 2 und Tales of Symphonia: Dawn of the New World für Nintendo Wii mit kleineren Extras. Letzterer Titel baut direkt auf den Vorgänger auf, weshalb zumindest in Bezug auf den Plot in unserem Test ausschließlich auf Tales of Symphonia allein eingegangen wird.
Einst wurde die Welt Sylverant von einem schrecklichen Krieg heimgesucht und der Baum, der Lebenskraft – Mana – bescherte, verkümmerte. Nur durch das Opfer eines Helden konnte der Platz des Baumes eingenommen werden. Erschüttert über diesen Verlust, verschwand die Göttin im Himmel und beauftragte die Engel, sie zu wecken, sollte sie zu lange schlafen und die Welt erneut am Rande der Auslöschung sein. Um die Welt zu erhalten, gebaren die Engel in Zeiten der Not Auserwählte, welche die Welt mit ihrer Reise zum Turm des Heils erneuern sollten – und offenbar ergibt es sich, dass das Spielgeschehen in solchen Zeiten der Not beginnt.
Bereits in den ersten Minuten wird eine spannende Atmosphäre geschaffen, die auch zu fesseln weiß. Die Auserwählte Colette wird während des unscheinbaren Unterrichts im Örtchen Iselia von den Engeln aufgefordert, ihr Geschenk zu empfangen und die Reise zur Welterneuerung zu beginnen. Doch bereits der offizielle Empfang ihrer Aufgabe zur Rettung der Welt wird zur Herausforderung. Die Desians – eine Gruppierung aus Halbelfen – greifen den Tempel des Mana an und sind hinter Colette her.
Wenngleich ihre Freunde Lloyd und Genis sie zu schützen versuchen, kann nur der Söldner Kratos durch seinen rechtzeitigen Auftritt das Schlimmste verhindern. Obwohl Lloyd und Genis am liebsten ebenfalls mit Colette die Reise zur Welterneuerung antreten würden, bleibt ihnen doch genau dies vorenthalten. Besteht für eine gemeinsame Reise keinerlei Möglichkeit?
Insgesamt besitzt die Chronik von Symphonia ein gesundes Mittelmaß an Plottiefe. Gewissen Stereotypen und teilweise überspitzter Mischung aus Tragödie und Komödie stehen eine interessante Rahmenhandlung und vielerlei Wendungen entgegen. In dieser Hinsicht bleibt die Handlung auch für diejenigen zumindest unterhaltsam, die mit der Rettung der Welt nicht so viel anfangen können. Während die Handlung grundsätzlich mit Tales of Symphonia in sich abgeschlossen erscheint, wird mit Tales of Symphonia: Dawn of the New World ein neuer Handlungsbogen eröffnet, der auch viele Figuren und Plotelemente aus dem Vorgänger aufgreift. Somit ist es empfehlenswert, mit Tales of Symphonia zu beginnen.
Wo die Pflanzen welken, tönt es fein
Eines der größten beworbenen Features in Tales of Symphonia Chronicles ist die höhere HD-Auflösung, wenn man dies überhaupt so beschreiben kann. Wer hier hofft, auf eine Optik zu treffen, die Tales of Graces f oder Tales of Xillia ebenbürtig ist, wird sehr herb enttäuscht sein. Die einzige feststellbare Verbesserung in dieser Hinsicht ist die insgesamt höhere Auflösung der beiden enthaltenen Spiele.
Nichtsdestotrotz hat man sich dafür entschieden, keine weitere Anpassung der Grafik vorzunehmen. Dies hat zur Folge, dass man beim ersten Blick auf die Figuren in der Ferne entzückt ist, beim zweiten Blick aus der Nähe allerdings erst einmal sprachlos ist, etwa gleichwertig mit dem Gefühl, im Bett neben jemandem aufzuwachen, an den man sich nach einem geselligen Abend nicht mehr erinnert.
Fans des Originals werden dieses Manko schnell verzeihen und sich wieder eingewöhnen, aber neue Spieler der Chronik, werden ihre neueste Errungenschaft nicht unbedingt ihren Eltern vorstellen wollen. Gerade durch die Tatsache, dass die Originalspiele in Tales of Symphonia Chronicles detailverliebt waren, wird man hier mit einem krassen Kontrast konfrontiert. Nun liegt das Hauptaugenmerk auf den Charakteren mit stellenweise doch anhaltend matschigen Zügen und armes Beiwerk, wie etwa Blumenkörbe, erinnert noch eindeutiger an bunte Kresse.
Zum breiigen Gericht mit Kressebeilage gesellt sich mit den Animesequenzen ein Nachtisch frisch aus der Tiefkühltruhe des Lieblingsdicounters: Durchaus genießbar, aber gegen Mamas Pfannkuchen nichts. Auch bei den Animesequenzen wurden keinerlei Verbesserungen vorgenommen, was insbesondere in Tales of Symphonia deutlich bereits im Opening an teilweise schwammigen Hintergründen zu erkennen ist. Durch diese halbgare Präsentation verschenkt man leider sehr viel Potential. Man hätte sich nicht unbedingt den neuesten Titeln aus dem eigenen Haus anpassen müssen, aber etwas mehr Eifer hätte das grafische Erlebnis durchaus angenehmer gestaltet.
Am Sound gab es ebenfalls keinerlei Änderungen, nur ein Plus – und das ist auch gut so. In beiden Spielen wartet ein abwechslungsreicher Soundtrack, primär von Motoi Sakuraba. Positiv anzumerken ist dabei, dass nie bestimmte Stücke zu häufig eingesetzt werden und diese werden auch immer zur passenden Situation eingesetzt. Die Chronik von Symphonia verfügt aber nicht nur über einen angenehmen Soundtrack, sondern auch über eine partielle Synchronisation, zum ersten Mal auch in Japanisch im Westen.
Wie so oft scheiden sich beim Hörempfinden die Geister. So wurde etwa bei der englischen Tonspur in der Originalfassung von Tales of Symphonia oft der heute ungewohnt umgangssprachliche Ausdruck „Yeah!“ als universales Zeichen der Zustimmung verwendet, was den Einen ärgert, den Anderen aber nicht stört. Grundsätzlich kann aber ruhigen Gewissens behauptet werden, dass die Auswahl der Synchronsprecher sowohl im Englischen als auch im Japanischen passend ausgesucht wurde. Während die Originalspiele vorher lediglich über ein instrumentales Intro verfügten, gibt es in Tales of Symphonia Chronicles auch in westlichen Gefilden die neu aufgenommenen Intros beider Titel in der japanischen Fassung.
Das Gameplay – die größte Stärke
Die größte Stärke von Tales of Symphonia Chronicles ist das Gameplay. Beide Titel bringen ein ähnliches Basispaket mit, unterscheiden sich aber dennoch soweit voneinander, dass man von zwei unterschiedlichen Titeln sprechen kann.
Tales of Symphonia stellt eine interessante Mischung aus dem Erkundungsaspekt aus Rollenspielen der 1990er-Jahre und der charakterorientierten Handlung von aktuelleren Titeln dar. Man steuert die Charaktere durch Städte und Verliese, welche durch eine Weltkarte verbunden werden, der viele Spieler heutzutage bei diversen Titeln nachtrauern. Dabei wird man auch nicht ständig an der Hand gehalten und von einem Ort zum nächsten geführt. Mal kann man bei mehreren Aufgaben entscheiden, in welcher Reihenfolge man diese erledigt – auch mit unterschiedlichem Ergebnis – ein anderes Mal hat man sogar die Auswahl, auf welche Weise man zu seinem Ziel gelangen möchte. Weiterhin kann die unbeschwerte Reiselust zu Orten, die man vor einiger Zeit einst besuchte, zu neuen Erkenntnissen oder gar zu neuen Nebenquests führen. Nicht nur beim Erkunden der Welt wird viel Wert darauf gelegt, für ein möglichst individuelles, aber dennoch erfülltes Spielerlebnis zu sorgen.
Wie in Rollenspielen üblich, erfolgt die Entwicklung der Charaktere grundsätzlich durch Level-Ups, durch viele kleinere Features wird allerdings ein sehr freies Spielgefühl vermittelt. So können verschiedene Titel einerseits dazu dienen, das Aussehen der Charaktere zu ändern, andererseits aber den Figuren bei Level-Ups zusätzliche permanente Statusboni zu verleihen und diese so in verschiedenen Bereichen weiter zu verbessern. Des Weiteren können die Charaktere durch besondere Gemmen sogenannte „ERF-Fähigkeiten“ anlegen.
Diese passiven Fähigkeiten sind für jeden Akteur individuell und bestehen insgesamt aus einer möglichen Auswahl aus 16 Fähigkeiten, wobei allerdings lediglich vier Verbesserungen gleichzeitig aktiv sein können. Durch geschicktes Kombinieren der ERF-Fähigkeiten lassen sich jedoch unter Umständen noch mächtigere Verbund-Fähigkeiten erschaffen. Weiterhin wird jede ERF-Fähigkeit dem Schlag- oder Technik-Typ zugeordnet. Diese beiden bestimmen die fortgeschrittenen Arte, die ihr erhaltet. Während die grundlegenden Arte nicht von den Typen abhängig sind, gibt es von jeder fortgeschrittenen Arte jeweils zwei Versionen, die sich grundlegend voneinander unterscheiden, aber nicht gleichzeitig erlernt werden können.
Die Ration an tatsächlichen Kämpfen bestimmt ihr selbst. Bis auf Bossgegner und wenigen Ausnahmen sind sämtliche Kämpfe optional, da die Gegner nur bei Berührung auf dem Feld einen Kampf gegen euch beginnen. Das Kampfsystem ist eine rohe Version des Linear-Motion-Battle-Systems. In der Seitenansicht greifen die verschiedenen Figuren aus verschiedenen Winkeln an. Zur Verfügung stehen dabei normale Angriffe und Arte, die ihrem Level nach aufsteigend in schneller Abfolge eingesetzt werden können, wobei dies nicht für Zauber gilt. Schön dabei ist, dass die alte Übersetzung der Arte beibehalten wurde, sodass alte Hasen sich nicht umgewöhnen müssen.
Ferner erhält man im Spielverlauf die Möglichkeit, mit einer Unisono-Attacke mit allen Kampfteilnehmern gleichzeitig den Feind anzugreifen, unter Umständen sogar mit kombinierten Arte. Nach jedem Kampf kann man dann auch noch mit einer frisch zubereiteten Mahlzeit die Truppe für den nächsten Kampf stärken – eine tolle Option zu konventionellen Heilmitteln, die in der Reihe schon seit jeher eingesetzt wird. Wer zudem gerne mit Freunden spielt, kann mit bis zu drei Mitspielern die Kontrolle der übrigen Kampfteilnehmer in deren Hände legen.
Tales of Symphonia: Dawn of the New World entfernt sich etwas vom Freiheitsaspekt und setzt dagegen auf ein Monsteraufzuchtsystem. So ist unter anderem die Weltkarte nicht mehr frei begehbar und Nebenquests werden hauptsächlich nur noch über die katzenhaften Katz verwaltet. Man konzentriert sich mehr auf den Plot und die Entwicklung der beiden neuen Protagonisten Emil und Marta.
Was es dem Titel an Erkundung mangelt, wird durch die zahlreichen Monster wettgemacht, die sich unter bestimmten Voraussetzungen der Gruppe anschließen können. Insgesamt wird mit den Monstern und deren Aufzucht nicht dieselbe Spieltiefe in der Mechanik erreicht, wie es bei Tales of Symphonia der Fall ist, nichtsdestotrotz entsteht gerade dadurch ein schöner Kontrast zwischen den beiden Spielen. Weiterhin findet bei den Kämpfen eine Entwicklung statt. Man führt das Freie Laufen aus Tales of the Abyss ein und insgesamt wirkt das Kampfsystem dynamischer durch einen flüssigeren Verlauf.
Nicht gealtert wie ein guter Wein, aber haltbar wie Konservenessen
Die enthaltenen Spiele in Tales of Symphonia Chronicles sind in einigen Bereichen wirklich nicht gut gealtert und unglücklicherweise unternahm man auch nichts gegen diese Schwächen aus der Vergangenheit.
Doch auch mit einer nur mäßigen Portierung handelt es sich bei der Chronik von Symphonia um eine Duologie, die lange Zeit an den Bildschirm zu fesseln weiß – sei es durch die groß angelegte Handlung oder das umfangreiche Gameplay. Wie es die Überschrift sagt: Durch die Portierung werden zwei einst exklusive Nintendo-Titel der Reihe aufgewärmt, aber Konservenessen ist ebenfalls gut genießbar – und auch lange haltbar.
Story: Eine episch angelegte Duologie, die von ihren Akteuren lebt.
Gameplay: Umfangreich, mit vielen interessanten Features, einfach zu verstehen, starker Kontrast zwischen beiden Titeln.
Grafik: Nur etwas höhere Auflösung im Gegensatz zu den Originalen, veraltet
Sound: Partielle Synchronisation in Englisch und Japanisch, umfangreicher und abwechslungsreicher Soundtrack.
Sonstiges: Etwa mindestens 40 Spielstunden je Spiel, Multiplayer in Kämpfen möglich, hoher Wiederspielwert