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Im Test! Resident Evil 6

Vor etwa einer Woche erschien einer der letzten großen Blockbuster des Jahres 2012. Mit Resident Evil 6 warf Capcom einen weiteren Ableger der erfolgreichen Survival Horror Reihe in die Videospiellandschaft. Durch actionreiches Gameplay und Verzicht auf Horror spaltete das Spiel Fans und Presse gleichermaßen. Doch handelt es sich bei den heftigen Kritiken um sachliche Meinungen, oder nur um enttäuschte Fans, die sich für den sechsten Ableger eine 180° Wendung von den actionlastigen Vorgängern wünschten?

Die Story von Resident Evil 6 ist aufgeteilt auf 4 Kampagnen. Jede einzelne wird mit anderen Charakteren durchlaufen und die ersten 3 lassen sich sowohl im Singleplayer, als auch im Coop-Modus komplett durchspielen.

Man beginnt mit Serienveteran Leon S. Kennedy, welcher seit dem vierten Teil für das Büro des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika arbeitet. Nachdem der mächtigste Mann der Welt nur noch ein Zombie seiner selbst ist flieht Leon mit der mysteriösen Helena, deren Rolle in der Geschichte im Laufe des Spiels stückweise enthüllt wird. Auf ihrer Reise müssen beide feststellen, dass die Welt am Abgrund steht und gegen die vollständige Vernichtung der menschlichen Spezies kämpft. Dabei treffen die beiden auf Chris Redfield, welcher mit seinem Militärsquad gegen Hochhaus hohe biologisch organische Waffen kämpft, Jake Muller und Sherry Birkin, welche den Schlüssel zur Rettung der Erde in Händen halten und selbstverständlich auf Ada Wong, deren Rolle in diesem Endzeitszenario bis zur vierten und letzten Kampagne stets in Frage gestellt wird. Diese vier Parteien treffen in regelmäßigen Abständen aufeinander und müssen zusammenarbeiten um die Drahtzieher hinter den Angriffen zu finden und die Menschheit vor ihrer Vernichtung zu retten.

Alles hängt zusammen

Die Story bietet eine gigantische visuelle Abwechslung, da die verschiedenen Charaktere im Laufe der Handlung durch düstere Universitäten, den „belebten“ chinesischen Markt, einem Traum in Schneeweiß, einem Unterseelabor und viele weitere Orte getrieben werden. Während man mit Leon beginnt und nur dessen Weg durch die verschiedenen Orte nachvollziehen kann, so eröffnet sich die ganze Story nur zum Schluss, nachdem man jede Szene in allen vier Kampagnen gesehen hat.

Dies führt zwar zu teilweise wiederholten Sequenzen und Bosskämpfen, die sich oft ohnehin schon viel zu lange ziehen, dennoch ist es sehr interessant selbst nach zu vollziehen, wieso die Charaktere sich zur selben Zeit an den selben Orten aufhalten und was ihre Motivationen und Aufgaben sind. So erklärt sich zum Beispiel erst in einer späteren Kampagne wieso bestimmte Türen verschlossen sind. Die Szenen, in denen die verschiedenen spielbaren Charaktere aufeinander treffen sind zweifelsohne die interessantesten, da hier die Story von verschieden Blickwinkeln erzählt wird.

Die Story besticht zwar mit bekannten Charakteren, viel Abwechslung und einem interessanten mehrschichtigen Erzählstil, aber was am Ende übrig bleibt ist eine vorhersehbare Geschichte, die mit dem neuen C-Virus und künstlichen Längen nichts Originelles bietet und die in Dialogen vorangetrieben wird, die oftmals plump, unpassend und peinlich sind. Doch wo die Storykampagne inhaltlich nur Mittelmaß bietet, so beeindruckt die Länge unheimlich. Während man bei Call of Duty und ähnlichen Ballerspielen nur einen maximal 10 Stunden Storymodus vorgesetzt bekommt, so braucht man für eine einzige Kampagne in Resident Evil 6 schon bis zu 8 Stunden. Insgesamt  kommt man so auf eine Gesamtspielzeit von ca. 30 Stunden, die man sowohl allein, als auch Offline oder Online im Coop-Modus durchspielen kann.

Während der Umfang einen in Staunen versetzt, so kann man Gleicheres nicht für die optische Qualität des Spiels behaupten. Die nur mit wenigen Ausnahmen schön designten und sehr abwechslungsreichen Areale sehen auf dem ersten Blick sehr beeindrucken aus, doch bei genauerem Blick erkennt man sehr häufig matschige Texturen, teilweise starkes Kantenflimmern und einen Flackerschatten. Dennoch überzeugt Resident Evil 6 auch grafisch. Da die meisten Orte keine Zeit für genauere Untersuchung bieten und die Action einen wie am Fließband von einem Areal ins nächste treibt fallen die grafischen Unzulänglichkeiten nur sehr selten auf. Hinzu kommen tolle Charaktermodelle und fantastisch inszenierte Zwischensequenzen. In Sachen Technik ist zwar noch etwas Luft nach oben, doch überzeugt das Gezeigte auf ganzer Linie.

Kaputte Straßen, lauter Motor

Soundtechnisch gibt sich Resident Evil 6 jedoch keine Blöße. Der Soundtrack passt sich stets dem Areal und der Begebenheit an und lässt ein aufs andere Mal Spannung und Panik aufkommen. Doch was bei Resident Evil 6 im Vordergrund steht ist weniger der Soundtrack, sondern die unzähligen gigantischen Explosionen, die nicht aufhören wollende Schießwut, platzende Gliedmaßen und groteske Kreaturen. Und hier macht Capcom alles richtig. In Mitten des Schlachtgebiets, von unzähligen Untoten, teilweise bewaffnet und gigantischen B.O.W.s verfolgt, versetzt die Soundkulisse einen wirklich in die Hölle, in welcher sich die Charaktere befinden.

Als besonderes Geschenk für deutsche Fans beinhaltet Resident Evil 6 neben der originalen englischen Tonspur auch eine optionale deutsche. Man merkt, dass in diese sehr viel Leidenschaft geflossen ist und die deutschen Sprecher leisten durchweg gute Arbeit. Trotzdem muss sich die gelungene deutsche Lokalisierung mit der Tatsache auseinandersetzen, dass die letzten beiden Resident Evil Teile nur mit englischer Synchronisation spielbar waren und sich die deutsche nun für Fans ungewohnt und unpassend anhört. Zudem kommt noch hinzu, dass so solide die deutsche Sprachausgabe auch ist, sie nicht an die Top englische Synchro heran reicht. Die Sprecher versuchen wirklich alles um den plumpen und kitschigen Dialogen Leben ein zu hauchen und leisten dabei grandiose Arbeit.

Call of Zombie 6

Mit dem vierten Teil der Resident Evil Reihe veränderte Capcom die Serie von Grund auf. Das Gefühl von Angst wandelte sich in eine nervenaufreibende Panik. Der fünfte Teil führte diesen Weg fort und mischte das Element Coop in den Paniktopf, doch wandte sich die Serie immer weiter vom ursprünglichen Konzept ab. Mit dem sechsten Teil sind die letzten Überreste der ersten drei Teile über Bord geworfen worden.

Resident Evil 6 nimmt sich nicht die eigenen Serienableger als Vorbild, sondern Call of Duty. In den 30 Stunden Storykampagne wird man durch eine Vielzahl von Schlauchlevel gejagt, man versteckt sich hinter Wänden und chesthigh walls, wartet bis Gegner aufgehört haben zu schießen, kommt dann aus der Deckung und schießt. An bestimmten Stellen muss man Fahrzeuge steuern oder von diesen schießen. Doch macht diese Tatsache allein das Spiel schlecht?

Nein. Resident Evil mag sich von seinen Wurzeln entfernt haben, doch zeigt es sich in seinem neuen Shootergewand so elegant wie möglich. Mit den unzähligen Neuerungen im Gameplay fühlt sich das Spiel komplett anders an als jeder andere Shooter. Jeder Charakter der Kampagnen spielt sich anders und besitzt ein individuelles Inventar, dies fordert zwar am Anfang jeder Kampagne wieder Eingewöhnungszeit, doch man hat den Dreh immer schnell raus und nutzt alle Vorzüge der Charaktere.

Schlag auf Schlag

Zu Beginn fühlt man sich von den ganzen Fähigkeiten der Charaktere erschlagen und die Steuerung fühlt sich etwas überladen an. Während man bei Resident Evil 4 und 5 nicht in der Lage war zu Laufen während man zielt, so kann man beim neusten Ableger nicht nur während des Zielens laufen, sondern sich die Gegnerhorden auch mit Nahkampfangriffen vom Leib halten. Natürlich nimmt das die Angst vor der Munitionsknappheit, doch kann man sich unmöglich einer ganzen Gegnerhorde nur mit den Fäusten stellen, besonders weil die Nahkampfangriffe an eine Ausdauerleiste gebunden sind. Die Nahkampfangriffe können in zwei Kategorien eingeteilt werden. Zum einen kann man jeder Zeit mit einem Tastendruck Schläge austeilen und zum anderen gibt es vorgeschriebene Situationen, die mit einem Quicktime Event ausgelöst werden.

Die Animationen der Nahkampfattacken sind oft unsauber, abgehackt. Dennoch macht es höllisch Spaß sich mit einer Kombination aus Schuss- und Nahkampfangriffen auf die unzähligen Feinde zu stürzen. Zusätzlich zur Fähigkeit sich auch ohne Waffen zu verteidigen kommen Ausweichrollen und gezielte Sprünge um sich in Sicherheit zu begeben. Die Charaktere sind in der Lage nach links und rechts eine schnelle Rolle zu machen, nach hinten auf den Rücken zu springen und vom Boden aus zu schießen, zu sprinten und aus dem Sprint auf den Boden zu rutschen. Dies ist besonders bei Setpieces wichtig, wo man vor Fahrzeugen oder vor gigantischen Monstern auf der Flucht ist und sich so schnell wie möglich durch eine Vielzahl von Hindernissen bewegen muss. Vor allem die Sprint-Fähigkeit ist essentiell für den Spieler, da man oft von den Feinden eingekesselt wird und schnell in Sicherheit rennen muss. Die Ausweichrollen sind besonders bei den Bosskämpfen wichtig, welche zwar äußerst zahlreich und bombastisch anzusehen sind, sich jedoch unnötig, durch simple Wiederholung in die Länge ziehen.

Was ebenfalls komplett überarbeitet wurde ist das Inventar. Zwar besitzt jeder Charakter sein individuelles Design, doch bleibt das Gesamtgerüst im Großen und Ganzen das Selbe. Man hat jeweils ein Inventar für Waffen und eins für Heilkräuter und Ähnliches. Dies verhindert eine zu starke Begrenzung, wie es im fünften Teil der Fall war und macht es gleichzeitig einfacher während des Spielens durch die Inventare zu navigieren, ohne dass der Spielfluss gestört wird.

Ein weiterer Faktor, welcher dem Spielfluss zu Gute kommt, aber den man als Resi-Fan kläglich vermisst ist die Tatsache, dass Rätsel eine noch größere Mangelware sind, als in Resident Evil 5. Anstelle von intelligenten Rätseln steht noch mehr Schießen auf dem Plan. In den 30 Stunden Spielzeit wird man, besonders in der Chris-Kampagne, von einem Höhepunkt zum nächsten gehetzt. Man hat das Gefühl ohne Atempause an der Hand durch ein Schlachtfeld gezogen zu werden. So spannend, aufregend und stylisch das auch sein mag, nach über 20 Stunden Schießerei, Explosion und Höhepunkte wünscht man sich doch schon etwas mehr Abwechslung.

Künstliche Intelligenz?

Die größten Schnitzer, die sich Resident Evil 6 in Sachen Gameplay sind zum einen die KI, sowohl die freundlichen, als auch die feindlichen und zum anderen die Kamera. Die KI verhält sich Größtenteils so wie man es von ihr verlangt, doch ab und an gibt es starke Aussetzer. Teilweise wird nur auf eine Wand geschossen, die Partner vergessen dem Spieler zu helfen und sorgen damit bei bestimmten Events für ein Game Over, die Feinde stehen einfach in der Gegend herum und tun gar nichts. Diese KI Aussetzer sind zwar nicht die Norm, aber in einem 30 Stunden Spiel fühlt man das doch öfters als man es gerne hätte.

Daher ist es zu empfehlen, wann immer es möglich ist die Story im Coop-Modus durch zu spielen. Die Kamera stellt sich ähnlich wie die KI, nur etwas öfters, quer. Da man es oft auf engen Räumen mit vielen Gegnern gleichzeitig zu tun bekommt weiß die Kamera nicht immer wo sie stehen soll. Oft fehlt der Überblick, was zu frustrierenden Situationen führen kann. Die Cover-Mechanik leidet besonders unter der bockigen Kamera.

Das Gameplay ist schnell, es fließt fantastisch und sieht spektakulär aus. Zwar ist es von etwas simpler Schießerei dominiert, die KI hat einige Aussetzer und die Kamera kann richtig nerven, aber das wichtigste ist, Resident Evil 6 macht höllisch viel Spaß. Die ganzen Neuerungen funktionieren ausgesprochen gut, nehmen zwar den Horror komplett und die Panik ein Stück weit aus dem Spiel, aber dies tut dem Spielspaß keinen Abbruch.

Fazit

Resident Evil 6 will kein Horrorspiel sein. Es will nicht Resident Evil 4 und 5 sein. Resident Evil 6 will ein Call of Zombie-Shooter sein und die Entwickler holen aus diesem Spiel so viel raus wie sie können. Story und Dialoge sind platt, die Kamera und die KI nerven teilweise, richtige Abwechslung sucht man vergebens, aber die Achterbahnfahrt Resident Evil 6 muss man gespielt haben. Der gigantische Umfang ist wohl der Punkt, der beim Spiel am meisten heraus sticht.

Vier Kampagnen à 8 Stunden, drei davon sowohl Solo als auch Coop spielbar, unheimlich viele freischaltbare Goodies wie Figuren, neue Klamotten und weitere Schwierigkeitsgrade sowie der Söldnermodus, der allein schon mehr als 50 Stunden Offline und Online Spielspaß bietet und vieles mehr. Mit dem Spiel kann man weit mehr als 100 Stunden Spaß haben. Zusätzlich kommt noch eine RPG-Mechanik, welche es den Spieler erlaubt die Zielgenauigkeit, Nahkampfstärke und Weiteres aufzuleveln. Resident Evil 6 ist ein tolles Spiel. Kein Resident Evil mehr, aber ein tolles Spiel.

Story: Vorhersehbare Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln mit interessanten Charakteren, die leider zu kurz kommen. Platte, abgedroschene Dialoge, aber gigantischer Umfang. (7/10)

Grafik: Schön designte und sehr viele Areale. Tolle Charaktermodelle, aber matschige Texturen, Kantenflimmern und einige Clipping-Fehler. (8/10)

Sound: Toller atmosphärischer Soundtrack und bombastische Effekte. Fantastische englische Synchro. Gute deutsche Synchro. (10/10)

Gameplay: Action bis zum Umfallen. Schießen, schlagen, ausweichen auf so viele verschiedene Arten. Leider mit bockiger Kamera und teilweise kaputte KI. (8/10)

Sonstiges: Monumentaler Umfang!!!! Hoher Wiederspielwert. Sowohl allein, als auch Coop spielbar. (10/10)

 

getestet von Rygdea