Drogen wird es in Zukunft auch viele geben, doch werden Erinnerungen dazu gehören? Wird es Händler für diese Art von Droge geben und könnte sie auch für das Wohl der Menschheit eingesetzt werden? Mit Remember Me schicken die Entwickler von Dontnod Entertainment eine kleine Videospielperle in den Ring, welche sich mit dieser Thematik beschäftigt. Mit einem einzigartigen Design und Erinnerungsmanipulationen machten die Trailer Lust auf mehr und nun muss sich zeigen, ob Remember Me auch zum Ende der Konsolengeneration Videospieler aller Länder überzeugen kann.
Wir schreiben das Jahr 2084. Die Wissenschaft rund um Erinnerungen steht an ihrem Zenit und „Memorize“ sichert sich die Monopolstellung dieses äußerst lukrativen Marktes. Warum sich von der Vergangenheit jagen lassen? Warum schreckliche Ereignisse wieder und wieder durchleben? Mit Memorize kann man diese schlechten Erinnerungen einfach löschen und die guten erhalten. Ermöglicht wird dies durch „Sensen“, einer kleinen Maschine am Nacken jedes Bewohners von Neo-Paris. Diese ermöglicht Memorize den vollen Zugriff auf alle Gedanken. Selbstverständlich wird sie nur für das Gute eingesetzt, doch hinter der blumigen Fassade bereichert sich die Firma, indem sie mit den Erinnerungen handelt und diese benutzt, um die politische Macht an sich zu reißen.

In dieser wirren Zukunft schlüpft man in die Rolle der Nilin. Ohne richtige Erinnerungen und verängstigt torkelt sie anfangs durch enge Gänge und wird von Männern in weißen Anzügen beobachtet und zu einer merkwürdigen Maschine geführt, welche auch Nilins letzte Erinnerungen löschen soll. Doch kurz vor dem Akt hört sie eine Stimme.
Eine Person, die sich „Edge“ nennt lotst Nilin aus dem Labor und verhilft ihr zur Flucht in die Slums von Neo-Paris. Dieser Einstieg in die Story ist fantastisch inszeniert. Sowohl Design als auch Regie treffen ins Schwarze und vermitteln ein grandioses Bild der düsteren Zukunft, in der man sich befindet. Im Laufe der Story erkundet man große Areale von Neo-Paris und trifft viele Charaktere, die sowohl das eigene, als auch das Schicksal aller bereits verändert haben oder noch verändern werden. Die Erinnerungen spielen mit einem und ermöglichen intelligente Wendungen und Story-Ansätze. Wem kann Nilin trauen? Schließlich hat sie keine Erinnerungen an ihr früheres Leben und nun kommen Rebellen und reden ihr ein, dass sie ebenfalls eine von ihnen war. Wie und warum hat sie ihre Erinnerungen verloren? Diese und viele weiteren Fragen machen den Plot zu einem der größten Pluspunkte von Remember Me.
Der zweite Punkt, der Remember Me von der Konkurrenz in diesem Sommer abhebt, ist die visuelle Arbeit, die das Spiel leistet. Von sterilen Laboren, über die dreckigen Slums bis hin zur grandiosen Schönheit von Neo-Paris, alles wirkt organisch und kombiniert sich zu einer fantastischen futuristischen Vision, die man so nur selten in Videospielen sieht. Oft sind es ganz kleine Details, welche den Arealen ihren einzigartigen Charme verleihen.
Kleine Werbeanzeigen, Erinnerungsautomaten, Sex-Androiden und viele weitere interessante Anspielungen auf die Zukunft runden das Bild ab. Zwar fehlt in wenigen Orten etwas Leben, doch das gesamte Bild des optischen Designs überschattet die kleinen Unstimmigkeiten. Auch technisch weiß Remember Me zu überzeugen. Starke Farben, viele Details und schöne Charaktermodelle stehen auf der Tagesordnung. Einzig die schwache Mimik und das starke Kantenflimmern stören dieses Bild, doch auch hier überzeugt das Gesamtbild und somit wird Remember Me zu einem atemberaubend schön designten und aussehenden Spiel.

Für die Augen hat sich das Spiel nun als ein Leckerbissen herausgestellt doch für die Ohren wiederholt sich das Szenario leider nicht. Angefangen bei der Synchronisation. Sowohl die englische als auch die deutsche Vertonung verwirren den Spieler mit einer Nilin, die zwischen hoch philosophischen Monologen und langweiligen, gar peinlichen Einzeilern hin und her springt.
Auch ihre Mitstreiter wissen nicht ganz den Ton zu treffen, der nötig wäre, um eine vollständige Immersion zu erlauben. Dennoch wird im Ganzen eine akzeptable Arbeit geleistet. Hinzu kommt, dass die Soundspur nicht ganz mit den Lippen mitkommt. Was ebenfalls zu einem Abbruch der Atmosphäre führt. Musik und Soundeffekte sind solide, doch stechen hier nicht wirklich hervor, außer einige schwere Fehler in der Lautstärkeregelung. Mal ist der Sound zu laut und mal ist er zu leise. Dies kommt zwar nicht so häufig vor, doch stört es trotzdem.
Da Erinnerungen in der Story die zentrale Rolle einnehmen, dachten sich die französischen Entwickler wohl, dass es das Beste wäre, dieses Element auch in das Gameplay einzubauen. Eine grandiose Idee wie sich heraus stellt, aber leider nicht perfekt ausgeführt. Nilin besitzt nicht nur die Fähigkeit sich gegen gepanzerte und schwer bewaffnete Horden zu prügeln, sondern auch die Erinnerungen von Menschen zu manipulieren, damit diese sich in der Gegenwart anders verhalten.
Hier wurde ein genialer Ansatz verwendet. Zunächst einmal sieht man sich die Erinnerung an, wie sie tatsächlich im Kopf gespeichert wurde. Dann kann man mit dem Analogstick ganz simpel die Zeit vor und zurück drehen um diverse Störungen zu finden, die manipuliert werden können. Bei der ersten Manipulation im Spiel muss ein Patient im Krankenhaus getötet werden. Hier kann man nun diverse Erinnerungsstücke manipulieren. So kann man die Handfesseln lockern oder das Narkosemittel austauschen. In dieser Mechanik liegt unendlich viel Potential, wirklich Einfluss auf die Psyche der Charaktere zu nehmen und dabei nach Belieben die Erinnerungen zu verändern. Doch haben die Entwickler sich für ein ödes Trial & Error System entschieden. Das bedeutet, dass nur das von den Entwicklern gewünschte Stück zu manipulieren ist um das Ziel zu erreichen.

Alle anderen Veränderungen und Kombinationen führen nicht zum gewünschten Ergebnis. So muss man hin und her switchen um die eine Kombination zu finden, welche das Spiel weiter führt. Zum einen ist es schade, dass diese tolle Idee so versimpelt wurde, aber deshalb fällt es nicht so schwer ins Gewicht, dass es nur unglaublich wenige dieser Manipulationen während des gesamten Spiels gibt.
Wenn diese Erinnerungsspielereien nur etwa 2% des Gameplays in Anspruch nehmen, was füllt das die restlichen 98%? Hier verbirgt sich wieder ein Gameplay-Prinzip, was an sich schon ein gesamtes Spiel tragen könnte und unglaublich viel Spaß machen könnte. Nur selten findet man ein Spiel, welches dem Spieler erlaubt seine eigenen Kombos zu kreieren. Da Nilins Erinnerungen zum Anfang des Spiels gelöscht wurden füllt sich ihr Komboarsenal nur langsam mit der Zeit auf. Ein kleiner, aber genialer Weg um Gameplay und Story zu kombinieren. Mit zwei Tasten kann man sich mehrere Kombos aufbauen, welche Nilin im Kampf gegen Memorize-Soldaten nutzen kann.
Diese können sehr kurz oder sehr lange werden und sind nur dann erfolgreich wenn man sie im richtigen Rhythmus drückt. Das Besondere hierbei ist, dass die verschiedenen Tasten zum Ende eines Kombos verschiedene Effekte erzielen können. So können bestimmte Kombinationen die man erstellt, einen gewissen Teil von Nilins Gesundheit wieder herstellen, sofern sie korrekt durchgeführt wurden. Oder sie reißen die Abwehr des Gegners nieder. Wieder andere füllen Nilins Spezialleiste auf, die nötig ist, um besondere Angriffe auszuführen, welche manchmal dringend gebraucht werden, wie bei größeren Gruppen oder einigen Bosskämpfen.

An sich funktioniert das System sehr gut und es macht Spaß neue Kombinationen zu erstellen und zu sehen, wie sich diese auf das Gameplay auswirken. Zudem ist das Kämpfen schnell und erfordert gutes Timing, sowohl in Angriff, als auch in Verteidigung. Leider wiederholen sich die Kämpfe bereits zu Beginn schon sehr oft und man knüppelt nur noch einen Gegner nach dem anderen zusammen. Auch ohne Raffinesse und besondere Kombos kann man durch die meisten Kämpfe kommen. Die KI der Feinde lässt teilweise besonders zu wünschen übrig und generell ist der Schwierigkeitsgrad nicht allzu hoch angesetzt.
Zwar ist das Spiel mit etwa 8 Stunden Spielzeit nur ein sehr kurzes Vergnügen, aber dennoch nerven die aufgesetzten Kämpfe und der Unmut über das gesamte verschenke Potential macht sich breit. Dies liegt vor allem daran, dass es sich bei Remember Me um ein mehr als nur lineares Spiel handelt. Durch die gesamte Story wird man von Ort zu Ort gezerrt ohne einmal durchatmen zu können oder sich Neo-Paris genauer ansehen zu dürfen. Dabei versäumen es die Entwickler erneut das volle Potential aus einer so fantastischen Idee wie Neo-Paris auszunutzen. Hier bemerkt man sehr deutlich, dass das Budget nicht gereicht hat um die Stadt frei begehbar zu machen und kleinere Nebenmissionen einzufügen.
Remember Me hat viele Stärken und unendlich viel Potential. Das opulente Neo-Paris macht Lust auf mehr und sieht einfach monumental aus. Die Verbindung zwischen Story und Gameplay ist so genial wie nur in sehr wenigen anderen Spielen und die Story überzeugt mit erwachsener Thematik und einem grotesken aber durchaus möglichen Zukunftsszenario.
Das Gameplay mit den Erinnerungsmanipulationen und dem Kombosystem hätte ebenfalls bis zur Perfektion ausgereizt werden und sich damit ohne Stolperstein direkt in die Story einspeisen können. Doch Remember Me verschenkt sein gigantisches Potential. Die Stadt ist nur ein einziger Schlauch durch den man atemlos gehetzt wird, die Erinnerungsmanipulationen sind auf ein nerviges Trial & Error Prinzip aufgebaut und die vorhersehbaren Kämpfe enden meist im Buttonmashing und fordern den Spieler zu wenig.
Mit 8 Stunden handelt es sich bei diesem Spiel auch um ein sehr kurzes Vergnügen. Zwar gibt es Extras zu finden und noch einiges Neben der Hauptstory zu tun, doch wird das Spiel von seiner starken Geschichte getragen und fällt deshalb auch hier durch. Nichtsdestotrotz lohnt sich ein Blick auf dieses Spiel. Alleine wegen der ungewöhnlichen Story, der grandiosen Optik eines Neo-Paris und dem Potential, welches Lust auf mehr macht und dem Spieler den Eindruck vermittelt, dass die Entwickler eine Vision hatten, abseits vom typischen Videospiel-Mainstream.










Story: Spannende Geschichte mit vielen futuristischen Ideen und tollen Orten, welche den Spieler packt und den ein oder anderen gar zum Staunen bringen kann. Leider gehören starke Dialoge nicht zum Arsenal des starken Plots.
Grafik: Grandios designtes Neo-Paris, das voll von Leben und Charme ist. Schöne Charaktermodelle und eine an sich vorzeigbare Optik runden dieses Bild ab. Dennoch hätte man sowohl an Mimik als auch an dem Kantenflimmern arbeiten können. Hinzu kommen gelegentliche Ruckler und Showdowns.
Sound: Der Soundtrack weiß durchaus zu überzeugen und passt zum futuristischen Setting, trotzdem wäre hier noch viel Luft nach oben gewesen. Was die Synchronsprecher angeht, so haben diese eine solide Arbeit geleistet, auch wenn die Persönlichkeit von Nilin zu stark hin und her schwankt. Grobe Soundprobleme stören die Atmosphäre an einige Stellen immens.
Gameplay: Viel zu viel verschenktes Potential. Das Spiel strotzt vor tollen Ideen, wie dem Spielen mit Erinnerungen und einem do it yourself-Kombosystem. Doch leider wurde keiner dieser Mechaniken gut ausgearbeitet, was schnell zu Ermüdungserscheinungen führt. Hin und wieder Klettern wie bei Uncharted ist auch drin, aber fette Neonzeichen zeigen das lineare Herz des Spieles.
Sonstiges: Mit 8 Stunden ist Remember Me viel zu kurz. Auch hier wäre das Potential für mehr drin gewesen. Abseits der Story gibt es zwar ein bisschen zu entdecken und zu tun, aber nicht, das für die kurze Dauer der Kampagne herhalten könnte
