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Im Interview! Arne Oehme und Jill Murray zu Shadow of the Tomb Raider

In London gab es die letzten Tage allerhand zu tun. Square Enix hat zum alljährlichen Pre-E3-Event eingeladen und zwei ganz besondere Perlen geboten. Zum einen den neusten Ableger der Dragon-Quest-Reihe: Dragon Quest XI: Streiter des Schicksals (hier findet ihr unser Preview) und zum anderen Shadow of the Tomb Raider. Im Anschluss an unsere Anspiel-Session in London hatten wir die Chance zu einem Email-Interview mit Level Design Direcor, Arne Oehme, und der Lead Writerin, Jill Murray. Warum diese beiden der Meinung sind, man solle Shadow of the Tomb Raider unbedingt gespielt haben und wie man eine Massenmörderin menschlich macht, erfahrt ihr im nachfolgenden Text.

Interview mit Arne Oehme (Level Design Director)

JPGames: Bevor wir beginnen, könnten Sie unseren Lesern bitte erzählen, wer Sie sind und an welchen Spielen Sie vor Shadow of the Tomb Raider gearbeitet haben?

Elden Ring Rectangle

Oehme: Mein Name ist Arne Oehme und ich bin als Leveldesign-Director von Shadow of the Tomb Raider bei Eidos-Montréal tätig. Ich bin seit 2001 in der Branche und habe an einigen RTS- und RPG-Titeln gearbeitet, bevor ich zu Eidos-Montréal ging, um an Thief und Rise of the Tomb Raider zu arbeiten.

JPGames: Haben Sie die beiden Prequels gespielt und beendet? Hat dies Ihre Herangehensweise an Shadow of the Tomb Raider verändert oder inspiriert?

Oehme: Das Reboot aus dem Jahr 2013 war ein Spiel, das ich mehrfach durchgespielt und sehr genossen habe. An Rise of the Tomb Raider habe ich selbst gearbeitet und mehrere Level entworfen, also habe ich dieses Spiel natürlich ebenfalls sehr oft gespielt und studiert. Die während Rise of the Tomb Raider angesammelte Erfahrung hat unsere Leveldesign-Strategie direkt beeinflusst – aufbauend auf der starken Mischung aus Erlebnis-Missionen, offenen Hubs und großen, imposanten Gräbern. Wir haben uns jedoch auch von Tomb Raider (2013) inspirieren lassen, weil es einen etwas höheren Schwierigkeitsgrad hatte.

JPGames: Könnten Sie uns aus Ihrer persönlichen Sicht genau erklären, warum man Shadow of the Tomb Raider spielen soll, vielleicht auch, wenn man die anderen beiden Spiele nicht kennt?

Oehme: Shadow of the Tomb Raider vervollständigt nicht nur Laras Ursprung, sondern zeigt uns auch eine Lara, die ihr Handwerk als Tomb Raider beherrscht. Wir werden eine Lara spielen, die stärker ist und eine Reihe von neuen Fähigkeiten besitzt. Das sieht der Spieler, wenn sie in Raubtier-Tarnung mit dem Dschungel eins wird, durch unerforschte Cenote-Höhlen taucht und tödliche Rätsel löst. Das Spiel bietet einen faszinierenden Dschungel, eine riesige, belebte Stadt und uralte, furchterregende Gräber. Geboten wird eine einzigartige Abenteuerreise in eine der faszinierendsten Gegenden der Welt.

JPGames: Die Prequels waren mit einer Masse an Collectibles und Sammelgegenständen gefüllt. Diese Sachen waren aber eher an Leute gerichtet, die gerne auf die 100% hinarbeiten, sehr viel zur Charakter-Entwicklung oder Geschichte haben sie nicht beigetragen. Hat sich dies für Shadow of the Tomb Raider geändert?

Oehme: Collectibles in Shadow of the Tomb Raider sind in Geschichten gruppiert. Mehrere Sammelobjekte bilden eine Erzählung, die dazu beiträgt, Teile der Hintergrundgeschichte der Kampagne auszuarbeiten oder interessante historische und kulturelle Details zu beleuchten. Neu in Shadow of the Tomb Raider ist, dass Sammlerstücke zu Rätsellösungen beitragen, d. h. mehrere Sammelobjekte können bei Laras Forschung zur Lösung eines bestimmten Rätsels eine Rolle spielen. Das Sammeln von Reliquien und Dokumenten wird auch zu Laras Kenntnissen der alten Dialekte beitragen und ihr erlauben, mehr und mehr Inschriften zu entziffern, die wiederum auf wertvollere Schätze hinweisen, die in der Welt versteckt sind.

JPGames: Wenn man gigantische Gebiete designt, ist es sehr schwer eine gute Balance zwischen Neben- und Hauptaufgaben zu finden. Wie gehen Sie diesen Drahtseilakt zwischen Story und Gameplay an?

Oehme: Starke narrative Abschnitte mit offenem Gameplay zu kombinieren ist eine Stärke der Tomb-Raider-Spiele. Dies ist Teil der Spiele und wird normalerweise in den ersten Entwurf des Spiels eingebaut, in dem narratives und rationales Design kombiniert werden. Shadow of the Tomb Raider ist – wie auch die beiden vorherigen Spiele in der Ursprungsgeschichte – in einem sehr iterativen Arbeitsablauf entstanden. Das bedeutet, dass wir zunächst einen Teil des Spiels entwickeln, dann testen und sehen, wie lange Spieler in bestimmten Bereichen bleiben und wo die Balance zu einem Problem werden könnte. Manchmal müssen wir Inhalte möglicherweise in einen anderen Bereich verschieben oder anders gruppieren. In den meisten Fällen lösen wir jedoch Probleme, indem wir starke Hinweise mit klaren Orientierungspunkten und visuellen Orientierungshilfen anwenden. Dies gibt dem Spieler immer ein klares Verständnis, wo er die Reise fortsetzen kann.

JPGames: Wie arbeiten das Team rund um die Level-Designer und das Storytelling-Team zusammen, um eine glaubwürdige Welt zu kreieren?

Oehme: Beim Leveldesign in Tomb Raider geht es darum, alles zusammenzubringen. Die Geschichte ist unsere Richtlinie und wir müssen uns immer fragen, ob irgendein Gameplay-Element die Geschichte unterstützt oder nicht. Narrative Designer und Autoren bleiben vom Anfang bis zum Ende des Level-Erstellungsprozesses involviert. Hinzu kommen alle anderen Disziplinen – wie Kunst, Audio und Animation. In Tomb Raider ist es normalerweise am besten, nicht in „Abteilungen“ zu denken, sondern multidisziplinäre Teams zu bilden, die sich darauf konzentrieren, ein mitreißendes Erlebnis zu schaffen. Das bedeutet für gewöhnlich eine Menge Wiederholungen, bis wir sicher sind, dass wir eine gute Harmonie zwischen Erzählung und Spielverlauf haben.

Interview mit Jill Murray (Lead Writer)

JPGames: Bevor wir beginnen, könnten Sie unseren Lesern bitte sagen, wer Sie sind und an welchen Spielen Sie vor Shadow of the Tomb Raider gearbeitet haben?

Murray: Mein Name ist Jill Murray und ich bin Lead-Writer für Shadow of the Tomb Raider. Ich habe einen WGA-Award für meine Arbeit bei Assassin’s Creed Liberation gewonnen. Zudem habe ich an einigen anderen Titeln für Ubisoft und einer Vielzahl von Indie-Spielen gearbeitet, darunter Long Story, Fated und Moonhunters.

JPGames: Haben Sie die beiden Prequels gespielt und beendet? Hat dies Ihre Herangehensweise an Shadow of the Tomb Raider verändert oder inspiriert?

Murray: Shadow of the Tomb Raider beschließt die Trilogie, da dieser Teil Lara zu dem einen Moment in ihrem Leben treiben wird, in dem sie sich den dunkelsten Aspekten ihrer Fähigkeiten stellen und entscheiden muss, welche Art von Tomb Raider sie sein will. Es war wichtig, zu verstehen, wer Lara in dieser Geschichte ist – was sie durchgemacht hat, wie ihre Beziehungen sind und was ihre Grundwerte als Person sind. Also habe ich Tomb Raider (2013), Rise of the Tomb Raider und den Blood-Ties-DLC in Vorbereitung ausführlich gespielt und alle Comicbücher gelesen.

JPGames: Könnten Sie uns aus Ihrer persönlichen Sicht genau erklären, warum man Shadow of the Tomb Raider spielen soll, vielleicht auch, wenn man die anderen beiden Spiele nicht kennt?

Murray: Shadow of the Tomb Raider wird einen großartigen Einstieg in die Serie für Leute bieten, die die ersten beiden Spiele noch nicht gespielt haben. Das ist Lara Croft, destilliert zu ihrer Essenz und an ihre Grenzen getrieben. Wir haben einen überzeugenden und sympathischen Gegner, der Lara herausfordert und uns hilft, Trinity besser zu verstehen. Durch Laras Beziehungen zu ihrem besten Freund, Jonah, und neuen Charakteren, die sie in diesem Spiel kennenlernt, sehen wir Aspekte ihrer Persönlichkeit, die noch nie zuvor gezeigt wurden – wie zum Beispiel eine Leichtigkeit und einen Sinn für Humor sowie tiefe Konflikte. Sie macht in diesem Abenteuer sehr viel durch und es ist faszinierend, ihr dabei zuzusehen.

JPGames: Wie geht man an einen Charakter wie Lara Croft heran? Eine harte, aber freundliche Archäologin, die mehr Menschen in ihrem Leben getötet hat als jede Naturkatastrophe. Wie erreicht man, dass der Spieler mit ihr fühlt?

Murray: Wir fordern Lara Croft in Shadow of the Tomb Raider richtig heraus. Wir sehen sie absolut besessen davon, ihre Ziele zu erreichen. Aber dieses Mal hat dieselbe Neugier und Entschlossenheit, die sie immer zu einer Heldin gemacht hat, sie zu einer Bedrohung für die Welt gemacht. Lara muss lernen, sich zu kontrollieren. Die Schuldfrage kommt zum einen von anderen Charakteren, zum anderen aber auch aus ihrem Inneren. Das macht sie sehr menschlich, denn keiner von uns ist gut oder schlecht – wir alle machen Fehler. Es ist inspirierend und erhebend zu sehen, dass sie weiter an sich arbeitet und versucht, eine buchstäbliche Apokalypse zu beenden, angesichts all dessen, was sie durchgemacht hat.

JPGames: Wie viel Freiheit hatten Sie beim Erarbeiten des Skriptes für „Shadow of the Tomb Raider“? Konnten Sie bestimmte Aspekte ändern, die normalerweise bei Tomb-Raider-Spielen vorkommen, wie zum Beispiel die übernatürlichen Elemente?

Murray: Die Spieler werden einige große Unterschiede in Shadow of the Tomb Raider bemerken. Dies ist eine emotionalere und stark charaktergetriebene Geschichte. Die dramatische Spannung in ihren Beziehungen und ihr Konflikt mit sich selbst stehen im Mittelpunkt. Wir lieben Lara Croft und Tomb Raider und die Art und Weise, wie es mit dem Raum zwischen Fantasie und Fakten spielt. Wir haben eine Erfahrung geschaffen, die auf dieser Liebe basiert, so dass wir ihre Geschichte psychologisch vorantreiben können, während wir immer noch die großen, abenteuerlichen, außerirdischen Momente genießen, die so aufregend zu spielen sind.

JPGames: Nun, da Lara Croft endlich ein richtiger Tomb Raider ist und die ganze Welt auf dem Spiel steht, wohin kann sie von hier aus gehen?

Murray: Wo Lara von hier aus geht, ist die Kernfrage im Herzen des Spiels und wir denken, dass die Spieler es genießen werden, Lara auf der Reise zu folgen, um es herauszufinden. Mit ihrer Vergangenheit und der Zukunft, die weit offen ist, liegt es an Lara, was sie als nächstes macht und ich weiß, dass sie etwas Großes wählen wird.

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