Mehr als vier Jahre war es still um die Yakuza-Serie in Europa. Während man in Japan Teil fünf des Action-Adventures um Protagonist Kazuma Kiryu schon 2012 spielen und genießen konnte, so machte man lange keine Aussage zu einem etwaigen West-Release. Am 8. Dezember des letzten Jahres war es nun doch noch an der Zeit und Sega veröffentlichte Yakuza 5 weltweit in den entsprechenden PSN-Stores. Für eine Retail-Version hat es wohl leider nicht gereicht, was durchaus einige Spieler betrübt gestimmt haben wird. Nichtsdestotrotz bekommen wir den neuen Yakuza-Teil lokalisiert und komplett ungeschnitten serviert. Lest nun in unserem Test, ob sich das Warten gelohnt hat.
Fünf Geschichten, eine Aussage
In Yakuza 5 bekommt man erstmals die Möglichkeit, mit fünf verschiedenen Charakteren zu spielen. Neben dem Serien-Flaggschiff Kazuma Kiryu wären da noch Taiga Saejima und Shun Akiyama, die ebenfalls aus den anderen Teilen bekannt sein dürften. Die zwei neuen Protagonisten sind das angehende Idol Haruka Sawamura und der Ex-Baseballprofi Tatsuo Shinada. Die Geschichte ist in fünf Teile aufgeteilt und jeder spielt in einer anderen Stadt und Region Japans. Da man sich wieder echte Städte als Inspirationsquelle herangezogen hat, findet man in jeder Stadt Besonderheiten der Region und Japankenner werden sich schnell heimisch fühlen.
Das Spiel spielt grob zwei Jahre nach dem Ende von Teil vier. Kazuma Kiryu, der nun unter dem Decknamen Suzuki Taichi lebt, arbeitet als Taxifahrer in Fukuoka. Taiga Saejima sitzt eine zweijährige Gefängnisstrafe in Hokkaido ab und Shun Akiyama befindet sich auf einer Geschäftsreise in Osaka. Haruka Sawamura hat das Waisenhaus in Okinawa verlassen und ist derzeit ebenfalls in Osaka, um an ihrer Karriere als Idol zu arbeiten. Sie lebt dort allein und versucht sich an der Verbesserung ihrer Sing- und Tanzfähigkeiten, jedoch scheint etwas Seltsames hinter den Kulissen ihrer Agentur abzulaufen. Tatsuo Shinada, der komplett neu hinzustößt, ließ sich nach einer lebenslangen Sperre vom Baseball in Nagoya nieder. Er soll damals mit Wettbetrug zu tun gehabt haben, obwohl er dies vehement bestreitet.
Zwei Jahre vor der Geschichte in Yakuza 5 unterzog sich der Tojo-Clan einer Reorganisation und das sechste Oberhaupt des Clans, Daigo Dojima, handelte einen Waffenstillstand mit der Omi-Allianz aus. Zwei Jahre danach liegt das siebte Oberhaupt der Omi-Allianz im Sterben und das Abkommen droht mit dessen Tod nichtig zu werden. Um einem Krieg zwischen den Clans vorzubeugen, sucht Dojima Hilfe bei anderen Yakuza-Clans des Landes und begibt sich nach Fukuoka.
Jeder Abschnitt bietet seine eigene interessante Geschichte, doch zum Ende eines jeden wird klar, dass etwas noch viel Größeres die Fäden zieht. Auch wenn zum Schluss alle Charaktere zwangsläufig zusammenfinden werden, so wird man erst kurz vor dem Finale die eigentlichen Hintergründe verstehen und Puzzlestücke zusammenfügen können.
Yakuza 5 weiß schon mit den einzelnen Charaktergeschichten zu überzeugen, aber der gesamte Plot übersteigt diese noch einmal. Ein exzellenter Thriller im japanischen Yakuza-Milieu, der es vermag bis nach dem Abspann zu überzeugen. Die Geschichte und die Charaktere sind etwas, was in Yakuza 5 zu den herausragenden Merkmalen gehört. Was bleibt, ist eine allumfassende Aussage, die, ob gut oder böse, für alle der Leitfaden sein wird.
Die Geschichte in Teil fünf lässt sich auch ohne Vorkenntnisse ohne Probleme spielen, doch bekannte Gesichter und Anspielungen wird man nur schwer verstehen können.
Virtueller Japantrip
Neben der Geschichte sind die Dinge abseits der Handlung ebenfalls ein großes Highlight in Yakuza 5. Die Städte sind gefüllt mit Menschen und jeder Menge Nebenaufgaben. Jeder Charakter hat eine sogenannte Sidestory, die man nebenher erledigen kann. In Kiryus Fall wäre das zum Beispiel der Job als Taxifahrer. Hier bekommt man entweder schlicht Aufträge, jemanden von A nach B zu bringen, ohne gegen die japanische StVO zu verstoßen oder man hilft Fahrgästen in bestimmten Lebenssituationen durch Gespräche aus. Saejima wird sich später als Jäger in den Wäldern des verschneiten Sapporo rumschlagen, Akiyama sich seiner Geldleihfirma widmen und Shinada bekommt die Möglichkeit, seiner Vergangenheit als Baseball-Spieler wieder Sinn zu verleihen. Haruka hat zudem alle Hände voll zu tun mit den Pflichten eines Idols. Hier stehen Interviews, Straßenkonzerte und Fan-Events an der Tagesordnung.
Jede Geschichte bietet Abwechslung in Steuerung und Erzählstil. Kein Teil gleicht dem anderen, sodass man stets motiviert ist, auch die anderen Sidestories der späteren Protagonisten zu spielen. Dies trifft auch auf einen Großteil der Nebenquests zu, die man obendrein auch noch erledigen kann. Hier gilt es, Leuten auf der Straße in bestimmten Situationen auszuhelfen. Interessant ist hier, dass man des Öfteren Einblicke in die Kultur und Gesellschaft Japans erhält. Seien es etwa einsame Männer, die Unterstützung bei Verabredungen benötigen, Studenten, die Hilfe bei einer Aufnahmeprüfung brauchen oder ein Obdachloser, der seinen Träumen hinterherjagt. Die Möglichkeit, für einen Tag einen Nudelstand zu leiten oder als ein Aushilfs-Idolmanager zu fungieren, wird man wahrscheinlich auch nur schwerlich ablehnen können.
Sidestories und Sidequests kann man jederzeit erledigen, selbst kurz vor Ende des Spiels bekommt man noch einmal die Möglichkeit, in die anderen Städte zu reisen und Dinge zu erledigen. Spielt man das Spiel hingegen komplett durch, so erhält man mit der Option „Premium Adventure“ den Zugang zu allen Städten ohne der Story folgen zu müssen. Ratsam ist es, zumindest einige Aufgaben schon während der Story zu erledigen, da man mit wichtigen Erfahrungspunkten, Geld und Gegenständen belohnt wird.
Die verschiedenen Aufgaben sind schon eine ganze Menge, die man während der Story erledigen kann, doch das war immer noch nicht alles. Die verschiedenen Städte bieten eine Vielzahl an Cafés und Restaurants, die man nach Belieben nutzen kann. An manchen Orten laden Dart-Automaten, Billardtische oder Bowlingbahnen zum Ausprobieren ein. In der Spielhalle wird man sich an einigen bekannten Videospielen versuchen können. Neben einem kompletten Virtua-Fighter-Arcade-Modus kann man unter anderem auch einige Lieder des beliebten Taiko Drum Master spielen. Die Liste kann man wohl noch einige Seiten weiterführen. Unglaublich, wie viel Liebe man hier reingesteckt hat.
Mit den Hostess Clubs beenden wir nun aber auch unsere Tour durch die Städte. Hier kann man sich nach Belieben mit einer Hostess austauschen, ihr Geschenke machen und mit ihr Getränke und Speisen genießen. Erlangt man deren Zuneigung, wird man mit ihnen von Zeit zur Zeit auch private Ausflüge unternehmen können, wie ein Besuch in einer Karaoke-Bar oder ein gemütliches Essen zu zweit. Gewinnt man in jeder Stadt das Herz der ansässigen Hostess, so wartet zum Schluss noch eine zusätzliche Überraschung auf den Spieler.
Leichte Schläge auf den Hinterkopf…
Die Welt eines Yakuzas ist hart. Ständig wird man dumm angemacht und muss dem Pöbel erst einmal gehörig den gesunden Menschenverstand in die Köpfe donnern. Auch wenn es im echten Japan wohl weniger öffentlich so zur Sache geht, findet man in Yakuza 5 an jeder Ecke einen betrunkenen Passanten, Host oder Gang-Mitglieder, die irgendetwas an den jeweiligen Protagonisten auszusetzen haben und Streit suchen. Hier kommt stets die Kampfmechanik zum Einsatz, die zu Beginn noch recht hakelig und unflüssig daher kommt, mit steigendem Level aber zunehmend an Techniken hinzugewinnt. Während jeder Charakter seinen eigenen Kampfstil aufweist, gibt es einige Grundelemente, die sich wiederholen. Normale Kombo-Attacken, stärkere Attacken und die Möglichkeit, Gegner festzuhalten, zu verprügeln oder durch die Gegend zu schmeißen, sind die Basis eines jeden Kampfes.
Aufgewertet wird dies durch die verschiedenen Heat Moves, die ebenfalls zwischen den Charakteren variieren. Im Laufe der Kämpfe füllt sich der Heat-Balken und erlaubt besondere Finisher einzusetzen. Mit höherem Level sind das oft sogar Konterattacken, die den Kämpfen einiges mehr an Dynamik verleihen. Gegenstände können ebenfalls in das Kampfgeschehen miteinbezogen werden. Benutzt man häufig Gegenstände wie Fahrräder, Briefkästen oder Werbetafeln als Waffe, verbessert sich das Handling zudem noch.
Kampftechniken lassen sich über Soul Points erlernen, die man nach jedem Level-Aufstieg erhält. Manchmal wird man aber auch auf bestimmte Leute treffen, die unseren Helden neue Techniken durch Kämpfe beibringen.
Haruka hingegen hat natürlich nicht die Probleme, mit denen sich die anderen herumschlagen müssen und darf sich weitestgehend ohne Zwischenfälle in den Straßen bewegen. Die Abschnitte mit Haruka als Protagonistin bieten hingegen eine andere Art von Kampf. In der Stadt wird man hin und wieder auf andere Mädchen treffen, die das angehende Idol zu Dance Battles herausfordern möchten. Im Stile eines Rhythmusspiels muss man hier möglichst fehlerfrei tanzen, um dem Gegner Energie abzuziehen. Auch hier gibt es wieder Heat Moves, welche Harukas Performance verstärken.
Hat man nach einigen Kämpfen zu viel Schaden davongetragen, ist es ratsam, einige Heilgegenstände mit sich zu führen. Diese erhält man oft nach Kämpfen, lassen sich aber auch in Läden erstehen. Wer nichts zur Hand hat, der kann seine Lebensenergie auch durch Restaurantbesuche auffrischen. Die Items, die man mit sich tragen kann, sind stark begrenzt, doch an bestimmten Punkten hat man Zugriff auf ein Lager, um diese nach Belieben zu ordnen. Neben Heilgegenständen kann man auch Waffen und andere Ausrüstungsgegenstände mitführen. Ausrüstungsgegenstände lassen sich im späteren Verlauf in einschlägigen Shops kaufen. Wie man den begrenzten Platz nutzt, richtet sich nach dem Spielstil, wer zum Schluss etwas zu knapp gehaushaltet hat, dem wird die zwischen den Protagonisten geteilte Item-Box im letzten Kapitel wohl noch eine letzte Möglichkeit zum Neuorganisieren geben.
Filmisch inszeniert
Yakuza 5 benutzt erstmals eine neue Engine, um Gesichter darzustellen. Bis auf die ein oder andere Ausnahme merkt man das auch recht stark. Zumindest die Gesichter der wichtigen Charaktere wirken ziemlich real. Besonderes die Mimik und der starke Faltenwurf wird oftmals positiv auffallen. Die Story in Yakuza 5 ist filmisch inszeniert. Kommt man wieder an einen Story-relevanten Punkt, so startet oft eine lange Sequenz, die teils interaktiv, teils als Filmsequenz genossen werden kann. Die Darstellung bleibt zu jeder Zeit gleich gut und hat nur sehr wenige Mängel vorzuweisen. Verschwindende Passanten oder lieblose NPCs sind die Seltenheit.
In puncto Design sind klar die Städte hervorzuheben. Hier hat man neben viel Liebe zu kleinen Details auch versucht, die wirklichen Gegebenheiten in den Städten einzufangen. Die fünf Städte haben zwar gemeinsame Orte, wie die Spielhalle et cetera, jedoch unterscheiden sie sich dennoch merklich voneinander, was das Erkunden immer wieder zu einem positiv zeitraubenden Erlebnis machen wird.
Die Musik hält sich weitgehend im Hintergrund. Es gibt keine wirklich herausragenden Stücke, aber auch keine nervigen oder schlechten. Ein guter Soundtrack, der die Stimmung untermalt und fördert, muss nicht immer hervorstechen, um letztendlich gut zu sein.
Yakuza 5 kommt auch zu uns mit den Originalstimmen und das war auch die einzig richtige Entscheidung, die man hätte treffen können. Die Sprecher machen einen einzigartigen Job. Eine englische Vertonung hätte es mehr als schwer gehabt.
Das Spiel bietet englische Texte, einen New-Game-Plus-Modus mit höheren Schwierigkeitsgraden, den bereits erwähnten Adventure-Modus ohne Story und die Möglichkeit, alle Storyszenen noch einmal in Ruhe zu genießen. Da Yakuza 5 leider nur als Download-Version erschien, muss man mit gut 30 Gigabyte Festplattenplatz rechnen, den das Spiel benötigen wird. Dennoch kommt es noch relativ häufig zu Ladebildschirmen, die besonders beim Speichern eine gefühlte Ewigkeit dauern können.
Wie ein Drache
Yakuza 5 weiß mit seiner sehr gut inszenierten Story zu überzeugen. Fünf Protagonisten mit komplett eigenen Geschichten werden zu einem großen Showdown zusammengeführt und man wird merken, dass alle Geschichten letztendlich doch zusammenhingen. Abwechslungsreiche Handlung, Orte und Gameplay-Mechaniken werden jeden Spieler beim Ball halten können. Das Kampfsystem birgt zu Beginn zwar noch einige Schwächen für Neulinge, aber mit Voranschreiten der Story wird man sich mehr und mehr zurechtfinden. Die Liebe zum Detail in den fünf Städten ist herausragend.
Es gibt unglaublich viel zu erledigen und auch zwischen den Protagonisten eine Menge Abwechslung. Die Städte sind lebendig und schnell verliert man sich in deren Atmosphäre. Möchte man alles erledigen, wird man wohl die Marke von 100 Stunden knacken können, doch die Zeit in Yakuza 5 verfliegt wie im Flug. Nach dem Ende warten neue Herausforderung und auch ein kompletter Modus zum Erkunden der Städte. Wer aus Zeitgründen während der Story zu einigen Dingen nicht gekommen ist, der wird später noch genügend Zeit damit verbringen können.
Yakuza 5 hat definitiv mehr als einen bloßen Download-Release verdient. Das Action-Adventure sticht mit seinem japanischen Charme hervor und hat sicherlich Game-of-the-Year-Niveau zu bieten. Der nächste Yakuza-Teil darf gerne kommen!
Story: Ausgeklügelter Gangster-Thriller mit spannenden Einzelgeschichten und mehr als einem Plottwist.
Gameplay: Unmengen an Sidequests und anderen Dingen, die mit einer Fülle an Spielmechaniken aufwarten. Das eigentliche Kampfsystem wirkt zu Beginn schwerfällig. Jeder Charakter hat seinen eigenen Stil.
Grafik: Story-relevante Figuren sind sehr detailliert dargestellt und wissen mit ihrer Mimik zu überzeugen. Die Städte sind an echte japanische Städte angelehnt und bieten regionale Eigenheiten mit viel Liebe zum Detail.
Sound: Herausragende japanische Synchronsprecher in filmischem Setting. Der Soundtrack untermalt die Stimmung sehr gut ohne groß hervorzustechen.
Sonstiges: New Game +, Adventure-Modus, der Sidequests und Sidestories ohne die Hauptgeschichte bietet, Story-Sequenzen lassen sich über das Menü noch einmal ansehen.