Bildmaterial: Tactics Ogre: Let Us Cling Together, Square Enix
Unsere neue Reihe: Retro-Review!
In unserer aktuellen Ausgabe der Retro-Reviews geht es heute um Tactics Ogre. Ein Spiel, das ursprünglich für SNES veröffentlicht wurde. Später gab es Portierungen für Sega Saturn und Sonys PlayStation. Doch keine dieser Veröffentlichungen schaffte es nach Europa. Größere Bekanntheit erreichte das S-RPG so erst durch das Remake mit dem Namenszusatz Let Us Cling Together.
In der „Retro-Review“-Reihe veröffentlichen wir die Karteileichen unserer uralten Reviews erneut. Das Besondere ist, dass wir die Reviews unverändert veröffentlichen. Im Gegensatz zu Retrospektiven, bei denen alte Spiele mit dem (unweigerlichen) Wissen von heute betrachtet werden, sind die Texte unserer „Retro-Review“-Reihe also ein ganz unverfälschter Spiegel in die Zeit von damals. Wir haben nur die Screenshots erneuert und das Review optisch an unser aktuelles Layout angepasst. Schwelgt mit uns in Erinnerungen!
There is blood on my hands, How long till it lies on my Heart?
Im Original veröffentlicht im März 2011
Titel | Tactics Ogre: Let Us Cling Together |
11. November 2010 | |
Square Enix | |
15. Februar 2011 | |
Square Enix | |
25. Februar 2011 | |
Square Enix | |
System | Sony PSP |
Getestet für | Sony PSP |
Entwickler | Quest (Original) |
Genres | S-RPG |
Texte | |
Vertonung |
Tactics Ogre: Let us Cling Together ist ein vor über 15 Jahren erstmalig auf dem SNES erschienenes S-RPG, das taktische Schlachten mit Rollenspiel-Elementen verband. Dieses S-RPG erschien dieser Tage im neuen Gewand für Sonys PSP.
Was viele vermutlich nicht wissen: Der Untertitel des Spiels steht im Bezug zu Queens Song „Teo Torriatte (Let Us Cling Together)“ von 1976. Doch reicht eine solch berühmte Querverbindungen und ein wenig Tuning, um ein gutes Remake zu erschaffen?
Seit langer Zeit bekriegen sich die drei Großmächte von Galgastan, Bakram und die der Walister. König Roderick schaffte erstmalig einen Waffenstillstand, doch zahlreiche mysteriöse Unfälle führten zum Eklat beim Machtwechsel. Es kam zum finalen Schlag der zahlenmäßig überlegenen Galastani.
Unser Abenteuer in dieser Geschichte dreht sich um die Geschwister Denam, Catiua und ihren Kindheitsfreund Vyce die sich ihrerseits Vergeltung geschworen haben für die Brandschatzung ihres Dorfes.
Bei ihren Widerstand unter der Führung des Walister Dukes gegen die Herrschaft der Bakram und Galgastani geraten sie zwischen die Fronten der Macht. Entscheidungen müssen getroffen werden.
Von oben herab, wahlweise mit KI-Unterstützung: Das Kampfsystem
Das Spiel wird in der isometrischen Ansicht präsentiert. Diese kann bei Bedarf in die Vogelperspektive gedreht werden, was bei manchen Kampffeldern auch nötig ist, um einen Überblick zu bekommen. Anfänglich steuert der Spieler nur den eigenen Charakter um so mit den Funktion vertraut zu werden. Später übernimmt man dann die komplette Steuerung aller Charaktere, wobei man auf Gastverbände keinen Einfluss hat, denn diese agieren eigenständig.
Wem aber die komplette Kontrolle über die alle Charakter zu lästig ist, der kann auch per KI-Einstellung bestimmen, wer sich wie zu verhalten hat. Der Spieler hat hierbei die Auswahl aus sechs vorgegebenen Rollen, die entsprechend der Klasse und der Skills des jeweiligen Charakters ausgewählt werden kann.
Recovery Time, Attack Turn und Tactical Points
Im Kampf selbst kann sich jeder Charakter drei verschiedener Ressourcen pro Zug bedienen. Die Recovery Time (RT) bestimmt die Reihenfolge des Zuges. Die RT ist von verschiedensten Faktoren abhängig. Zu diesen zählen z.B. das Gewicht der Ausrüstung oder die im vorherigen Zug verbrauchten Aktionspunkte. Im Spielzug kommt neben der Bewegung die eigentliche Aktion zum Tragen. Angriff oder das Einsetzen von Heil-Items oder anderen Items in Form von Spruchrollen.
Je nach Charakterklasse kommt es beim Attack Turn (AT) zum Nah- oder Fernangriff. Magisch begabte Klassen, zu welchen neben den Klerikern und Magiern auch Paladine gehören, können alternativ und abhängig vom MP-Vorrat auch Zauber wirken. Wobei man hier auch wie bei gewissen Nahangriffen aufpassen sollte, dass kein eigener Charakter in der Angriffslinie steht, da auch diese vom eigenen Angriffszauber getroffen werden können.
Im Laufe der Kampfrunden generieren die einzelnen Charaktere Tactical Points (TP), mit welchen erlernte und ausgerüstete Skills ausgeführt werden können. So kann die Bogenschützenklasse beispielsweise „Tremendous Shot“ einsetzen, welcher einen erhöhten Fernschaden anrichtet. Besitzt ein Charakter so genannte Finishing Moves, so ist es ratsam, die TP aufzusparen. Denn im Vergleich zu den normalen Skills, welche nur 40 TP verbrauchen, verbraucht ein Finishing Move satte 100 TP. Die Wirkung ist auch dementsprechend. Es ist der ultimative Angriff eines Charakters, der mit Levelaufstieg erlernt wird.
Höhenunterschiede und Stellung zum Feind
Im Kampfgeschehen selbst kann die Stellung zum Feind über Sieg oder Niederlage entscheiden. Angriffe von der Seite und von hinten sind hierbei effektiver als ein Schlag direkt vor dem Gegner. Ebenso ist es effektiver, bei Höhenunterschieden im Gelände von oben herab die Attacke auf den Gegner loszulassen. Dies ist besonders bei Schuss- und Wurfwaffen, die einer natürlichen Flugbahn folgen, von Bedeutung. Auch das Wetter hat bei den Kämpfen einen Einfluss. Es kann sich theoretisch nach jeden Kampfzug ändern. So können Angriffsgenauigkeit und die Fortbewegungskosten positiv und negativ beeinflusst werden.
Zurück in die Vergangenheit: Die Tarot-Karten
Eine ganz besonders wichtige strategische Besonderheit im Kampf sind die Tarot-Karten, die im Remake sind. Bis zu 50 Spielzüge können mit diesen Karten rückgängig gemacht werden. Wenn ihr euch als ins Aus manövriert habt, könnt ihr eure Taktik komplett neu überdenken. Dies betrifft auch die vom Charakter getroffenen Entscheidungen bzw. Antworten, mit denen man aktiv in die Geschichte mit eingreift.
Zudem erhöhen die auf dem Kampffeld eingesammelten Tarot-Karten Attributwerte wie beispielsweise Glück, Angriff, Verteidigung oder andere Werte des Charakters, welcher die Karte aufsammelt. Man kann aber auch ohne die Karten Bewegungen und Angriffe bis zu einen bestimmten Punkt rückgängig machen. So kann man bestimmte Szenarien für den einzelnen Charakter „trockenüben“, bis man dann die bestmögliche Variante per Angriff oder Einsatz von Items herausgefunden hat. Dies ist vor allen wichtig beim Einsatz von Fernwaffen und Magie, da hier schnell Fehler gemacht sind und somit der eigenen Truppen Schaden zugefügt werden kann.
Bei aufgetragenen Missionen geht es meistens darum, ein bestimmten Charakter auszuschalten. Das bedeutet nicht, dass alle gegnerischen Truppen ausgeschaltet werden müssen. Da dieser Charakter aber meist nicht der stärkste ist, ist er natürlich der am besten bewachte. Dennoch ist es ratsam, so viele gegnerische Truppen wie möglich auszuschalten, da dies nicht nur zu mehr Erfahrungspunkten führt, sondern auch zu mehr Items und Tarot-Karten. Tarot-Karten müssen auf dem Kampfeld eingesammelt werden. Andere Items, sofern sie nicht von gegnerischen Truppen aufgesammelt werden, gehen nach dem Kampf automatisch in das Inventar über. Monster die im Kampf gefangen werden, können dann zusätzlich bei Auktionen für gutes Goth verkauft werden.
Charakterklassen: Vom Krieger bis zum Kleriker
Tactics Ogre lebt wie jedes Strategie-Rollenspiel von seinen Charakterklassen, die vom Krieger über Magier bis hin zum Kleriker reichen. Diese Klassen können natürlich im Verlauf des Spieles auch geändert werden, wobei uns hier wirklich jede Freiheit gelassen ist. Dennoch sollte man bedenken, dass aus einem Magier sicher kein guter Kämpfer mehr wird. Man sollte hier bei der Klassenauswahl auf die Attributwerte achten. Ein zwingender Klassenwechsel ist nicht von Nöten, da man Charaktere im „Shop“ rekrutieren kann und sich so jeder Charakterklasse bedienen kann.
Nach den Kämpfen erhält man Erfahrungspunkte, die zum Klassenaufstieg führen. Dies gilt sowohl für die Klassen die am Kampf teilnehmen als auch für jene, die nur als Reserve verweilen. Anders verhält es sich mit den Skillpoints, welche für die individuellen Skills des einzelnen Charakters benötigt werden. Diese Punkte erhalten nur die aktiven Teilnehmer, welche dann für das Erlernen von Fähigkeiten verwendet werden. Als Besonderheit ist zu erwähnen, dass die Magierklasse durch Grimmores verschiedene Zaubersprüche lernt und nur bei den individuellen Skills jeweils die elementare Klasse erlangt.
Wem seine Charaktere zu schwach vorkommen, weil das Spiel einen manchmal knackigen Schwierigkeitsgrad bietet, der hat zwei Möglichkeiten: Entweder lässt man sich in einige Zufallskämpfe verwickeln und sammelt so Erfahrungs- und Skillpunkte. Oder man kombiniert die vielen verschiedenen Ausrüstungsgegenstände. Natürlich sind anfänglich nicht alle Items nutzbar. Einige setzen ein bestimmtes Level voraus und andere benötigen die entsprechenden gelernten Skills.
Wem es zu lästig ist, die bestmögliche Kombination für die bestmöglichen Statuswerte zu suchen, der hat auch hier wieder die Möglichkeit, nach fünf Kriterien wie max. Angriffkraft, max. Verteidigung oder auch max. Magie per Autofunktion die Charaktere auszurüsten. Später im Spiel erhält man die Funktion „Craften“, mit der man mit Hilfe von Rezepten aus vorhandenen Gegenständen bessere herstellen kann.
Der „Warren Report“ und weitere Neuerungen
Wer anfänglich bei einer solchen Flut an Informationen den Überblick verliert, dem wird mit dem Warren Report geholfen, einer Neuerung für das Remake. Der Warren Report ist eine super Übersicht über die bisherigen Geschehnisse, über begegnete Personen und bestandene Missionen. Hier lassen sich Video-Sequenzen anschauen, Musik anhören und ihr findet ein komplettes Kompendium der Grundlagen und Taktiken für das Spiel.
Technisch wurde der Titel ein wenig aufgearbeitet und sieht dank des kleinen Bildschirms auch sehr ansehnlich aus. Das knallbunte Retro-Feeling wirkt umso besser, da auf technisches Pipapo verzichtet wurde und so der typische Pixellook perfekt rüberkommt. Die Animationen während des Kampfes sind flüssig und gefallen gut, Mimik und Gestik der Charaktere sind leider nur ansatzweise zu erkennen. Allein die optische Abwechslung bei der Darstellung der einzelnen Charakterklassen, ausgenommen sind Protagonisten und die jeweiligen storyrelevanten individuellen Charaktere, lässt ein wenig zu wünschen übrig. Für jede Klasse gibt es jeweils ein männliches und ein weibliches Erscheinungsbild.
Orchestrale Klänge von Hitoshi Sakimoto
Die Musik hält sich angenehm im Hintergrund und besteht weitestgehend aus orchestralen Klängen von Hitoshi Sakimoto, der den meisten von Final Fantasy Tactics und Final Fantasy XII bekannt sein dürfte. Die gelegentlichen Kampfgeräusche wie Schwerterklirren oder der theatralische Todesschrei, wenn eine Einheit fällt, stören keinesfalls sondern sind eher atmosphärisch.
Einzig könnte man die fehlende oder sehr spärlich gesetzte Spracheausgabe (jeweils am Ende eines Chapters) ankreiden. Da es eine sehr textlastige Erzählung der Geschichte ist, könnte die Sprachbarriere für einige Probleme mit sich bringen. Leider ist Tactics Ogre: Let Us Cling Together komplett auf Englisch.
Tolles Remake mit sinnvollen Neuerungen
»Tactics Ogre: Let Us Cling Together ist eine echte S-RPG-Perle für Sonys PSP! Hat man die anfängliche Informationsflut sowie den ersten Frust nach ein paar gescheiterten ersten Missionen überwunden, entwickelt sich das Spiel in voller Pracht. Einsteiger wie Fortgeschrittene werden durch Langzeitmotivation und Spielspass an das Spiel gebunden.
Eine klasse Story, gepaart mit vielfältigen Möglichkeiten im Kampf- und Ausrüstungssystem sowie dem innovativen Neuerungen am Kampfsystem fesseln viele Stunden. Dazu ein schickes Retro-Design und eine klasse musikalische Untermalung. Einzig die spärliche Spracheausgabe und die textlastige „Englishlesson“ könnte man als Minuspunkt ankreiden, aber ein Strategie-RPG lebt nicht von der Sprachausgabe.«
Im Original von Reks