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„Woke“-Vorwürfe: Gut gemeinter Social-Media-Post von Capcom läuft völlig aus dem Ruder

Ein gutgemeinter Social-Media-Post des Lokalisierungsteams von Capcom ist völlig aus dem Ruder gelaufen. Eigentlich wollte man interessante Einblicke in die eigene Arbeit bieten, ein wenig Transparenz walten lassen, erklären und erläutern. Denn „Lokalisieren“ ist nicht „Übersetzen“ – das ist bekannt und schon die Vokabel verrät, wo die Reise hingeht. Ins „Lokale“ eben.

„Über die reine Übersetzung hinaus tauchen wir ein in die Kunst der kulturellen Anpassung, der Bewahrung des Kontexts und des inklusiven Geschichtenerzählens“, führt das Team ein. Schon hier bekommen die ersten mitlesenden Fans wohl Schnappatmung. Capcom versucht zu erklären: „Denken Sie an kulturelle Nuancen, Redewendungen und regionales Flair. Eine gute Lokalisierung sorgt dafür, dass sich die Spieler wie zu Hause fühlen, egal wo auf der Welt sie sich befinden!“

„Was in einer Kultur akzeptabel sein mag, kann in einer anderen anstößig sein“, heißt es weiter. Darüber hinaus würden sich die Bemühungen des Teams bei der Lokalisierung auch auf die Förderung der Inklusivität durch Sprache und Darstellung erstrecken. Geschlechtsspezifische Sprache, kulturelle Normen und unterschiedliche Perspektiven würden dazugehören. Eine große Herausforderung in bestimmten Sprachen aufgrund der Grammatik, erklärt man weiter.

Den Absatz zum Humor, kulturellen Anspielungen und Wortspielen erleben viele Mitlesende wahrscheinlich nicht mehr, denn deren Ziel ist jetzt die Kommentarspalte. Es geht heiß her. Die Reaktionen auf den Beitrag sind vielfältig, doch die ablehnenden Stimmen sind deutlich lauter. Heftige Beschimpfungen, unzählige „Woke“-Vorwürfe und Bankrottwünsche sind noch die milderen Antworten.

Offizielle Website tönt diplomatischer

Interessanterweise hat auch Capcom selbst eine „offizielle“ Meinung in der Sache, wie ein Twitter-Nutzer herausgefunden hat. Auf der offiziellen Website heißt es, Lokalisierung sei zwar ein wichtiger Teil der Entwicklung für Übersee, aber „Capcom ist eine japanische Firma und zu versuchen, ein 100 % westliches Spiel zu machen, würde nur dazu führen, Kopien westlicher Spiele zu erschaffen“.

„Es ist wichtig, bei der Lokalisierung die Vision des Entwicklers zu bewahren und das hervorzuheben, was Capcom-Spiele einzigartig macht“, heißt es dort weiter. Ein deutlich diplomatischerer Ansatz, der auch Roberto Rodrigues offenbar im Social-Media-Post des Lokalisierungsteams von Capcom fehlt. Er gibt an, selbst als professioneller Übersetzer zu arbeiten und findet offensichtlich, der Grundton des Capcom-Beitrags geht in die falsche Richtung, auch wenn er inhaltlich zu großen Teilen zustimmt.

„Wenn wir uns mehr auf das ‚Anpassen‘ von Inhalten konzentrieren, als auf die Übermittlung der gewünschten Botschaft […] scheitern wir“, mahnt Rodrigues. Manchmal seien solche Anpassungen notwendig, aber jeder Fall sollte einzeln beurteilt werden. Eine Übersetzung, die politischen oder ideologischen Zwecken diene, hätten Kunden nicht verdient.

Den Social-Media-Post von Capcom findet ihr hier in voller Länge.

Bildmaterial: Apollo Justice: Ace Attorney Trilogy, Capcom

19 Kommentare

  1. Na weil sich die Leute auch damit verbrannt haben. Ich drop mal den Namen Jamie Marchi als loses Beispiel.


    Die Leute wollen eine vernünftige Übersetzung und keine Lokalisierung. Fertig.

    Wenn ich einen Anime angucke oder ein japanisches Spiel spiele will ich auch dessen Kultur, Humor ect dadurch erleben und nicht meiner "Kultur" angepasst. Aber das scheint man nicht zu verstehen.


    Da sprichst du was wichtiges an. Authentische Übersetzungen und freie Lokalisierungen sind ein schmaler Grad, wo man eine perfekte Harmonie finden muss. Kann daher immer nur die Literatur-Übersetzerin Ursula Gräfe positiv hervorheben, vermutlich die beste deutsche Übersetzerin die aus dem Japanischen übersetzt. Es ist natürlich nahezu unmöglich, eine 1:1 Übersetzung aus einer Fremdsprache zu kreieren. Aber es muss schlicht und ergreifend gegeben sein, dass das Werk der Übersetzer am Ende nicht den Stil und die Vision des Originalautors überschreibt. Und besonders Amis haben da ein Faible für, auf einmal komplett vom Original-Script abzudriften. Bei vielen Final Fantasy Spielen sieht man es ja, was da im englischen Dub gesprochen wird weicht manchmal komplett von den deutschen Untertiteln ab, die auf dem japanischen Script basieren.


    Hideo Kojima fand die Lokalisierung des ersten Metal Gear Solid von Jeremy Blaustein so furchtbar (besonders die vielen versteckten sexuellen Anspielungen, die Blaustein eingebaut hat), dass er untersagt hat, dass er bei einem seiner Spiele noch einmal irgendwas übersetzen wird.


    Insofern würde ich schon so weit gehen und sagen, hier geht es weniger um eine Woke-Debatte mal wieder sondern eben viel mehr darum, dass die Leute sich immer eine Lokalisierung wünschen, die dem Stil des Originals eben treu bleibt. Dass man natürlich bei Capcom so offen darüber redet, kulturelle Gepflogenheiten einzuhalten (darunter auch den jeweiligen Geschlechtsspezifischen Sprachgebrauch zu berücksichtigen, der sich in den letzten Jahren so etabliert hat), da hat man es doch meilenweit kommen sehen, dass das den üblichen Gegenwind geben wird.


    Ich muss gestehen, ich bin da auch eher konservativer eingestellt. Jeder soll reden, wie er möchte natürlich. Da ich aber auch ein Nutzer/Konsument bin, steht es mir ja frei etwas zu kritisieren. Zum Beispiel sogar mal hier auf JPGames, wo ich ganz offen gesagt habe, dass es mich aus dem Konzept bringt beim lesen einer News wenn Originalzitate der Macher/Studios/Producer gegendert werden, weil es halt nicht wirklich das widerspiegelt, was die Person, dessen Zitat man gerade übersetzt, gesagt hat. Mich triggert so etwas nicht, es bringt mich beim lesen einfach aus dem Lesefluss. Ich bin daher auch sehr dankbar, dass man diese Kritik angenommen hat und Zitate nun nicht mehr so übersetzt (und ich nicht als selbstverständlich ansehe).


    Und das bringt mich denke ich zum Ausgangspunkt zurück: Die Leute wollen halt, dass der Originalstil einer Übersetzung, so gut es halt geht, beibehalten wird. Gibt natürlich dann Leute, die sich in so etwas auch reinsteigern und erstmal wild beleidigend mit dem Begriff "Woke" um sich werfen, aber man kann da denke ich vernünftig drüber diskutieren, so, dass das auch bei Capcom denke ich ankommt, was die Leute wirklich wollen. Und ich denke, die Zeiten von viel zu freien, fragwürdigen Lokalisierungen hat man lange hinter sich gebracht.

  2. Leute, womit verschwendet ihr nur alle euer Leben?!


    Ehrlich, diese ganzen 2020+ Unwörter können mir echt gestohlen bleiben. Zumal das ja nicht einmal mehr was mit deutscher Sprache zu tun hat und zu 99% auch keiner eigentlich weiß, was diese Worte ausdrücken sollen.


    Zum Thema "Lokalisierung" bin ich auch sehr zwiegespalten. Um ehrlich zu sein, Lokalisierungen sind leider oft unzureichend. Klar versucht man da auf den entsprechenden Markt anzupassen, aber ist das ernsthaft das Richtige?! Ich denke eher nicht. Gerade bei der Lokalisierung von japanischen Spielen und Anime geht so viel verloren, das es nicht mehr lustig ist. Ich hasse beispielsweise, wenn man die Art wie sich Charaktere ansprechen "lokalisiert". Damit meine ich nicht einmal das Weglassen der Honorifics, sondern das Ändern von Vor- und Nachnamen. Nur weil es in unseren Breitengraden normal ist, dass sich bspw. Schüler in einer Klasse mit dem Vornamen ansprechen, ist das in Japan eher die Ausnahme, wenn man nicht gerade befreundet ist.


    Ich plädiere schon länger für eine ordentliche Übersetzung als eine schlechte Lokalisierung.

  3. Woke ist ein Kampfbegriff der Rechten geworden, für alles was sie nicht mögen



    thatparkplace.com/marvels-black-panther-developer-admits-to-discriminating-against-white-people/


    Das ist woke! Oh bin ich jetzt rechts? Was ein dummer Satz von GeneralSG1

  4. Die Leute wollen eine vernünftige Übersetzung und keine Lokalisierung. Fertig.

    Wenn ich einen Anime angucke oder ein japanisches Spiel spiele will ich auch dessen Kultur, Humor ect dadurch erleben und nicht meiner "Kultur" angepasst. Aber das scheint man nicht zu verstehen.

    Lokalisierung bedeutet nicht alles Fremde zu ersticken. Ich halte es für wenig zielführend eine ggf. schlechte Lokalisierung als Argument gegen das Thema an sich zu anzuführen.

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