Als Kind der 90er bin ich mit einer Reihe hochwertiger JRPGs aufgewachsen. Bis heute zählen Spiele wie Lufia, Secret of Mana und Final Fantasy IX zu meinen absoluten Favoriten.
Und auch heute bin ich für das Genre noch immer leicht zu begeistern. Dementsprechend groß war meine Vorfreude auf Octopath Traveler, als es 2018 für die Nintendo Switch erschienen ist.
Auf dem Papier schien es alles zu liefern, was ich mir von einem japanischen Rollenspiel erhoffe: gut geschriebene Charaktere, ein spannendes Kampfsystem und mitreißende Musikstücke. Dass der Titel mit seiner HD-Pixeloptik zudem ein echter Hingucker war, hat natürlich auch zu meinem – und dem allgemeinen – Hype beigetragen.
Die Prämisse des Spiels erinnerte mich ein wenig an Titel wie Suikoden 2 oder Unlimited Saga. Ihr habt eine Gruppe aus unterschiedlichen Helden, die zusammengeführt werden, um dann ein gemeinsames Abenteuer zu erleben.
Glücklicherweise wurde die Wartezeit auf Octopath Traveler auch mit einer Demo-Version verkürzt. Diese bot genug Einblick in den Titel, um mich positiv zu stimmen und glauben zu lassen, dass meine Erwartungen erfüllt werden.
Die Geschichte, die ich in der Demo erlebt hatte, war emotional und weckte mein Interesse, mehr erfahren zu wollen. Das Kampfsystem war dynamisch und ließ mich nur erahnen, wie die unterschiedlichen Charaktere und deren Fähigkeiten meine strategischen Entscheidungen beeinflussen würden. Als die Vollversion des Spiels dann Ende Oktober 2018 erschien, kam es jedoch anders, als ich erwartet hatte.
So packt man das „einsam“ in gemeinsam
Zuerst deckte sich mein Eindruck mit den Impressionen, die ich aus der Demo-Version gesammelt hatte: Die einzelnen Geschichten der unterschiedlichen Charaktere waren interessant erzählt und brachten ihre Motivationen und Eigenheiten perfekt zur Geltung. Allerdings blieb dabei ein Aspekt komplett auf der Strecke: der Rest der Party.
Denn auch wenn ihr Stück für Stück die Gruppe zusammenführt, so kommt es nicht zu gehaltvollen Interaktionen. Mitglieder der Gruppe sind in den Geschichten anderer Helden einfach nur stummes Beiwerk. In manchen Handlungssträngen ergibt es nicht einmal Sinn, dass diese vor Ort sind.
Es war dieser Umstand, der meine Bindung zu dem Spiel leider komplett gebrochen hatte. Schade. Denn das spielerische und technische Gerüst von Octopath Traveler hatte mir gut gefallen. Allerdings war es die Art und Weise, wie die Geschichten der Protagonisten zusammengeführt wurden – oder besser, wie dies nicht passiert ist – etwas, das mich so gestört hat, dass ich meine Zeit mit dem Spiel schon früh beendete.
Und dabei hatte ich mich eigentlich nie als einen Story-Spieler bezeichnet. Persönlich sind für mich Mechaniken und Gameplay meist das Wichtigste an einem Videospiel. In Rollenspielen muss ich aber eine Verbindung zur Gruppe aufbauen können. Ich möchte Zeit mit ihnen verbringen und sehen, wie sie gemeinsam die Welt retten. Das ist vielleicht auch der Grund, warum ich mit den Titeln der Persona-Reihe immer mehr anfangen kann als mit den „reinen“ Shin-Megami-Tensei-Spielen, auch wenn mir das Kern-Gamplay der klassischen SMT-Games wesentlich besser gefällt.
Die Demo macht auch nur ihren Job
Was den Frust um diesen Umstand noch etwas verstärkte, war der Fakt, dass die Möglichkeit Octopath Traveler zuvor als Demo zu testen, meine Kaufentscheidung noch verstärkte. Allerdings hatte ich im Nachhinein das Gefühl, dass hier nur ein sehr bestimmter Teil des Endprodukts beworben wurde, der leider nicht die Kontinuitätsprobleme des fertigen Spiels darstellen konnte.
Und ich möchte an dieser Stelle Square Enix nichts unterstellen. Es ist verständlich, dass die Demo des Spiels nur einen Bruchteil davon darstellen kann, was die Vollversion ausmacht. Auch halte ich es für einen sehr positiven Trend, dass viele Rollenspiele mittlerweile Demos haben, die einem anbieten, ihren Fortschritt in das fertige Spiel zu übertragen. Denn auf dem Papier ist es natürlich immer von Vorteil, ein Produkt vorher testen zu können.
Triangle Strategy war hier ein Beispiel, bei dem ich mich aufgrund der Demo gegen einen Kauf entschieden hatte. Als Fan von Disgaea und Final Fantasy Tactics war die Aussicht auf ein neues SRPG natürlich verlockend. Aber mir wurde schnell klar, dass der Titel wohl in eine Richtung geht, die mir nicht gefallen würde.
Letztendlich ist es meine Schuld, dass ich von dem Inhalt der Demo auf den Inhalt der Vollversion geschlossen hatte. Vor allem bei einem Aspekt wie der Story, welche sich natürlich über viele Stunden entfalten muss. Dennoch bleibt der Gedanke zurück, dass Octopath Traveler hier sein Kernversprechen nicht halten konnte.
Eine zweite Chance
Ich war auch nicht der Einzige, der sich an diesem Aspekt von Octopath Traveler gestört hatte. Viele lobten die Optik, die Musik und das Kampfsystem. Auch die einzelnen Geschichten der acht Helden wurden immer positiv erwähnt. Aber irgendwie kam kein harmonisches Gesamtbild zustande.
Nun hat Square Enix die Möglichkeit zu beweisen, dass sie das besser können. Octopath Traveler II scheint ersten Berichten zufolge viele der Wehwehchen des Vorgängers zu beheben – auch der Test hier auf JPGAMES unterstreicht das. Einer der größten Kritikpunkte, die ich bisher gelesen hatte, war, dass sich das Spiel zu „vertraut“ anfühlt. Daran würde ich mich persönlich nicht stören.
Nachdem ich aufgrund meiner negativen Erfahrungen mit dem ersten Teil auch den zweiten Teil schon abgeschrieben hatte, ist mein Interesse mittlerweile geweckt. Die Angst, erneut enttäuscht zu werden, ist groß, aber die Neugier steigt mit jedem Tag.
Ein Trailer zu Octopath Traveler II
Bildmaterial: Octopath Traveler II, Square Enix, Acquire