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Die bisher nicht erzählte Geschichte hinter dem Launch der Nintendo Wii in Amerika

Seit dieser Woche ist das neue Buch von Reggie Fils-Aimé erhältlich. Fils-Aimé spricht in Disrupting the Game* natürlich auch über seine Zeit bei Nintendo. In einer sehr interessanten Passage geht es dabei um die Markteinführung der Nintendo Wii und einen Streit mit dem geschätzten Satoru Iwata und dem genialen Shigeru Miyamoto. Die Washington Post hat den Buchauszug publiziert.

Mit Satoru Iwata sei sich Fils-Aimé schnell einig gewesen, dass die Markteinführung in Amerika zuerst stattfinden müsse. Diese Strategie hätte sich schon beim Nintendo DS bewährt und der „Black Friday“ war ein wichtiger Geschäftsfaktor, den es in Japan und Europa nicht gab. Nintendo of America sollte demnach auch die größten Stückzahlen der Wii erhalten.

Auch, dass man mit Wii Sports etwas „Magisches“ geschaffen hatte, darin war man sich einig. Über die Vertriebsform aber keineswegs. „Ich sprach mich dafür aus, Wii Sports [zum Launch] zur Wii zu packen, damit jeder Verbraucher Zugang zu diesen großartigen Inhalten hat. Nachdem ich diesen Vorschlag gemacht hatte, hielt Herr Iwata lange genug inne, dass ich das schwache Summen der Glühbirne in seinem Büro bemerkte und mich unwohl fühlte“, schreibt Fils-Aimé.

Offensichtlich sahen die Japaner das anders. „Reggie“, entgegnete Iwata demnach, „Nintendo verschenkt keine wertvollen Inhalte. Wir arbeiten hart daran, besondere Erlebnisse zu schaffen. Es ist die einzigartige Software, die die Verbraucher dazu bewegt, unsere Hardware zu kaufen. Und wir erwarten, dass wir diese Spiele über längere Zeiträume hinweg verkaufen können. Nein, wir sollten Wii Sports nicht dazupacken“, so seine Einschätzung.

Fils-Aimé sah in der Wii aber ein anderes Konzept, sie konzentrierte sich laut Fils-Aimé auf das „einzigartige Gameplay“. „Das Ziel der Wii ist es, das Spielen aus seiner derzeitigen Nische in ein Massenmedium zu holen. Wii Sports hat das Zeug dazu, dies zu erreichen“, so Fils-Aimé.

„Wii Sports kann ein verbindendes Element für alle Spieler des Systems sein und die Leute dazu bewegen, das System zu kaufen und sofort Spaß zu haben“, so die Einschätzung des Präsidenten von Nintendo of America, der außerdem anfügte, dass Nintendo auch schon in der Vergangenheit Spiele mit Konsolen-Launches gebündelt hätte.

Es war ein Thema, das sich über Monate hinzog, schreibt Reggie Fils-Aimé. Nachdem er Iwata überzeugen konnte, musste das auch noch bei Shigeru Miyamoto gelingen. Bei einem Besuch in Japan im Juli 2006 kramten die Japaner dann eine frühe Version von Wii Play hervor, das sie anstelle von Wii Sports als Launch-Bündel-Game vorschlugen.

Fils-Aimé war nicht zufrieden. „Sie waren das Äquivalent zu Zuckerwatte – ein kurzes Vergnügen, aber nicht sehr sättigend“, schrieb er zum Vorschlag in seinem Buch. Stattdessen schlug Fils-Aimé vor, Wii Play mit der Wii-Fernbedienung zu verkaufen. Nun musste er Miyamoto schon von zwei Bundles überzeugen.

„Das allgegenwärtige Lächeln und das schelmische Schielen von Herrn Miyamoto waren verschwunden“, schreibt Fils-Aimé, der die Antwort von Miyamoto dann wie folgt zitiert: „Keiner von Ihnen versteht die Herausforderung, Software zu entwickeln, die die Leute gerne spielen. Das ist etwas, woran wir uns ständig abmühen. Wir verschenken unsere Software nicht.“

Iwata war bereits überzeugt, und schließlich gelang es unter Erläuterung der Marktbedingungen auch, Miyamoto ins Boot zu holen. Nicht beim Treffen im Juli 2006 und auch nicht bei den „vielen anderen, die folgten“. Aber schließlich gelang es.

Die Erfolgsgeschichte der Nintendo Wii ist inzwischen wirklich Geschichte. Und Wii Sports dürfte einen großen Anteil daran gehabt haben. Gerne würde man in ein Paralleluniversum blicken, in dem es das Bundle nicht gegeben hätte. Wäre die Wii so durchgestartet?

Bildmaterial: Disrupting the Game, Reggie Fils-Aimé, ‎ HarperCollins Leadership

1 Kommentar

  1. Sehr spannender Einblick bei BigN! Das Fils-Aimé den Vorschlag statt Miyamoto und Iwata bringen würde war abzusehen, aber nicht, wie stark die beiden sich dagegen gesträubt haben. Natürlich kann man das Argument verstehen, das die Entwicklung von spaßigen Spielen alles andere als leicht ist und sie diese harte Arbeit selbstverständlich direkt entlohnt sehen wollen.
    Auf der anderen Seite ist es auch ein tolles Verkaufsargument, wenn zu einer neuartigen Konsole mit Bewegungssteuerung gleich ein Spiel beigelegt ist, mit dem man mit der ganzen Familie sofort loslegen kann.
    Ich war damals noch Schüler hatte sowohl die Wii als auch Zelda TP zu Weihnachten bekommen. Eigentlich war Zelda der Titel gewesen, auf den ich mich am meisten gefreut habe - doch Zelda hatte ich erst ganze drei Wochen später eingelegt, weil mir Wii Sports zuvor einfach superviel Spaß bereitet hatte. Selbst heutzutage habe ich alle paar Monate Lust die gute Wii anzuschmeißen, allen voran für ein paar Runden Tennis in Wii Sports.


    Rückblickend kann man nur Froh sein, das Reggie die beiden Veteranen aus Japan von seiner Idee überzeugen konnte. :)

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