Branche Kommentar

Lebt wohl, Sony Japan Studios

Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass Bloodborne-Producer Masaaki Yamagiwa die Sony Interactive Japan Studios verlassen wird. Das gab Yamagiwa, der sich außerdem noch für Déraciné und Tokyo Jungle verantwortlich zeigte, selbst bei Twitter bekannt. Er wolle weiterhin Spiele machen, aber seine Pläne dazu konkretisierte er nicht.

Es ist nicht der erste namhafte Abgang bei den Sony Japan Studios (Ape Escape, Gravity Rush, The Last Guardian) in letzter Zeit und Fans begannen zu Recht, sich Sorgen zu machen. Erst im Dezember verließ Teruyuki Toriyama das Studio. Er arbeitete als Producer am Demon’s Souls Remake, Bloodborne und Soul Sacrifice. Kein Geheimnis ist auch die Abkehr von Keiichiro Toyama, Kazunobu Sato und Junya Okura. Sie allerdings haben mit Bokeh Game Studio bereits eine eigene Firma gegründet und arbeiten schon fleißig an ihrem Horror-Projekt.

DBZ HPU

Man muss kein Branchen-Insider sein

Man muss kein Branchen-Insider sein um zu erkennen, dass Sony die eigenen Japan Studios etwas – sagen wir mal vorsichtig – stiefmütterlich behandelt. Da kommt es fast ein wenig ironisch rüber, wenn Jim Ryan in der Famitsu über „starke Beziehungen“ zu japanischen Lizenznehmern spricht.

Mitten in die Berichte um Yamagiwas Abkehr und Ryans Treuebekundungen fiel dann ein Medienbericht von VideoGamesChronicle, wonach „ein Großteil“ des Personals von Sony Interactive Entertainment Japan zum Ende des Geschäftsjahres die Koffer packen muss, weil die Verträge schlicht nicht verlängert wurden. Laut dem Bericht sollen bei den Japan Studios nur noch die Geschäftsetage, das Lokalisierungsteam und das ASOBI Team (Astro Bot) erhalten bleiben.

Laut den Quellen von VideoGamesChronicle sei Sony Japan Studios in den letzten Jahren ganz einfach nicht profitabel genug gewesen. Angeblich wolle man in den Japan Studios Spiele entwickeln, die in erster Linie den japanischen Markt bedienen. Wenn sie auch im Westen erfolgreich sind, umso besser. Kein guter Plan für die inzwischen wohl stärkeren (westlichen?) Kräfte im Unternehmen. Es sollen lieber weltweite Erfolge sein, wie sie aus den Worldwide Studios kommen.

Es hatte sich schon lange angedeutet

Das passt auch alles ganz gut zu einer Strategievorgabe, die Jim Ryan schon 2019 machte. Gegenüber GamesIndustry sagte er in einem Interview, in dem es um die Globalisierung von Sony ging:  „Wir werden mit den Worldwide Studios nicht ein Spiel für ein bestimmtes europäisches Land entwickeln“, so Ryan. Früher sei das mal möglich gewesen. Jetzt sei es vielleicht auch möglich, aber nur mit Shuhei Yoshidas neuen Indie-Games. „Wenn wir schnell, flexibel und global sind, dann können wir vielleicht mit kleineren Entwicklern zusammenarbeiten, um spezielle Bedürfnisse einzelner Länder zu bedienen.“

Tauscht das „europäische Land“ mit Japan und die Worldwide Studios mit Japan Studios. So dürfte es wohl auch gemeint gewesen sein. Denn dass die Worldwide Studios ein Spiel mit Frankreich-Appeal entwickeln, das hatte niemand überhaupt nur in Erwägung gezogen.

Sony bestätigt die Berichte

Gegenüber IGN hat Sony inzwischen bestätigt, dass die Sony Interactive Japan Studios „neu strukturiert“ werden. Um das ASOBI Team herum soll das Studio neu aufgebaut werden. Die Umstrukturierung beginnt zum 1. April 2021. Was das bedeutet, werden wir sehen. Dass sie wohl nicht in der Form der letzten Jahre existieren werden, ist klar. Und sehr traurig. Großprojekte mit japanischer Grundausrichtung sind wohl nicht mehr zu erwarten.

Auf der Website der Japan Studios findet ihr übrigens eine tolle Timeline, die alle Spiele und Projekte abbildet, die bei den Sony Japan Studios entstanden sind. Von Patapon 2 (2020) über Astro Bot (2018), The Last Guardian (2016) und Bloodborne (2015) bis hin zu Crime Crackers, dem ersten Spiel der Japan Studios anno 1994. Es wurde nur in Japan veröffentlicht und gehörte zum Launch-Lineup für PlayStation One.

via Gematsu, (2), IGN, VideoGamesChronicle, Bildmaterial: Bloodborne, entwickelt von FromSoftware und co-produziert von den Sony Japan Studios.