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Im Test! Death Stranding

TitelDeath Stranding
Japan8. November 2019
Sony Interactive Entertainment
Nordamerika8. November 2019
Sony Interactive Entertainment
Europa8. November 2019
Sony Interactive Entertainment
SystemPlayStation 4
Getestet fürPlayStation 4
EntwicklerKojima Productions
GenresStrand game
Texte
Deutschland Nordamerika
VertonungDeutschland Nordamerika
Death Stranding
Ihr Paket kommt voraussichtlich bald an.

Vollbeladen mit wichtigem Transportgut schätze ich die Flusstiefe mit meinem Odradek ab, packe dann die beiden Gurte meines Rucksacks, um nicht die Balance zu verlieren und wate langsam durch den Fluss, dabei meine Ausdauer-Anzeige im Auge behaltend. Rechts von mir ist eine steile Klippe, auf die ich eigentlich muss. Die behalte ich mal im Augenwinkel. Schließlich finde ich ein Kletterseil eines anderen Spielers und nutze es, um die Klippe zu erklimmen. Das Terrain ist schwierig und ich muss aufpassen, wo ich hintrete. Andernfalls könnte ich umfallen und die Ware beschädigen oder gar zerstören. Auf meiner Karte habe ich eine Brücke gesehen, die von anderen Spielern gebaut wurde und steuere auf sie zu. Auf einmal beginnt es zu regnen. „Toll“, denke ich, „auch noch BTs…“.

Natürlich dreht der Odradek dann am Rad und warnt mich vor den BTs, während die Luft um mich herum schwer wird und das BB, das ich um den Bauch geschnallt habe, zu weinen anfängt. Also mitten rein ins BT-Gebiet. Ich gehe nicht mehr aufrecht, sondern bewege mich langsam in der Hocke durch steiles, mit Steinen übersätes und vom Timefall glitschig gemachtes Terrain, während ich immer wieder Pulse mit meinem Odradek aussende, um BTs zu sehen.

Sollte mich einer der BTs erwischen, sterbe ich zwar nicht, aber es kommt zu einer gigantischen Explosion, die für immer meine Karte verändert, und meine Ware zerstört. Dann darf ich den gesamten Weg nochmal zurücklegen und mit etwas Pech sind die BTs noch immer im Weg. Darum vorsichtig Schritt für Schritt vorangehen, BTs mit Blutgranaten töten, wenn sie zu sehr im Weg sind, hin und wieder stehen bleiben und die Situation ausloten. Bei all dem auch hoffen, nicht abzurutschen und den Hang hinunterzuschlittern.

Nach zehn Minuten Anspannung komme ich endlich aus dem Gebiet raus, die BTs sind hinter mir, der Timefall hört auf. Ich schaue auf eine weite, friedliche Ebene hinunter und sehe mein Ziel in der Ferne: eine Hafenstadt. Ich schaue mir das Terrain sehr gut an, weil es steil aussieht und da ich jetzt nicht auf den letzten Metern ausrutschen will, überlege ich mir meinen Kurs und gehe los. Während ich nun durch das friedliche Gebiet gen Stadt gehe, beginnt auf einmal ein ruhiges Lied, die Kamera fährt etwas nach hinten und ich habe mehr Ausblick auf das herrliche Panorama, als würde das Spiel sagen wollen: „Gut gemacht, hier hast du etwas gegen deinen Stress!“ In diesem Moment denke ich mir: „Das Spiel ist schon irgendwie geil und ich weiß nicht genau, warum.“

Ein zerstörtes Amerika

Es folgen kleine „Spoiler“ über die Ausgangslage in Death Stranding, die aber im Spiel selbst relativ schnell erklärt werden. Wer also nicht wissen will, was BTs sind oder was das Death Stranding war, sollte den nächsten Absatz überspringen.

In der Vergangenheit passierte das Death Stranding – das Stranden der Toten. Die Welt der Toten wurde zu bitterer Realität, da diese auf einmal mit unserer Welt verschnitten war. Die „Seelen“ von Toten konnten auf einmal wieder ins Diesseits zurückkehren, was verheerende Folgen hatte. Kommt ein Toter in Kontakt mit einem Lebenden, kommt es zu einer gigantischen Explosion. Binnen kürzester Zeit waren die USA eine von Kratern übersäte Wüste. Die wenigen Überlebenden leben nun unterirdisch, um dem Timefall und den BTs auszuweichen: Das Erste ist Regen, der die Alterung von Objekten/Menschen extrem beschleunigt, Zweiteres sind die Toten, die in unsere Welt gelangen – beached things (BT) oder gestrandete Dinge (GD).

Lieferanten sind nun extrem wichtig geworden, da sie so mutig sind, sich in die gefährliche Welt hinauszuwagen, um wichtige Waren von A nach B zu bringen. Einer dieser Lieferanten sind wir, Sam Bridges. Wir werden von der US-Präsidentin beauftragt, eine Art „Internet“ (das chirale Netzwerk) von der Ostküste bis zur Westküste von Amerika zu etablieren und so wieder eine Gemeinschaft zu gründen. Denn es ist ihre Meinung, dass wir getrennt voneinander, jeder für sich selbst kämpfend, in Städten verschanzt, schließlich als Rasse aussterben werden. Wir müssen zusammenarbeiten, Brücken bauen (sowohl reale als auch zwischenmenschliche), um gemeinsam das BT-Problem zu lösen und die Menschheit zu retten.

Death Stranding
Kontakt mit einem BT löst gewaltige Explosionen aus und hat die USA zerstört.

Die Story wird in teilweise etwas längeren Cutscenes sehr spannend vermittelt. Zuerst fragt man sich natürlich, wieso das Death Stranding überhaupt passiert ist. Man fragt sich, wie genau das „chirale Netzwerk“ funktioniert. Sehr früh trifft man mysteriöse Charaktere: Fragile, eine junge Frau eines anderen Lieferservice, die sich quer durch die Welt teleportieren kann. Oder ein Gegenspieler, der andeutet, dass niemand wirklich das Death Stranding oder BTs richtig versteht.

Da der Tod ein wichtiges Thema für jeden Menschen ist, ist die Thematik in Death Stranding besonders spannend. Leider wird ein großer Teil des Hintergrundwissens nicht von den Charakteren erzählt, sondern von einer Datenbank gefüllt mit Interviews, die man langsam freischaltet. Hier muss man dann viel lesen. Einerseits macht das Sinn, da die Charaktere, die in der Welt leben, BTs kennen. Sie müssen sich nicht immer gegenseitig sagen: „Hey das ist ein Auto, damit kann man fahren, weißt du?” Andererseits haben hier lesefaule Spieler einen Nachteil.

Es ist auch nicht besonders hilfreich, dass der Text im Menü verdammt klein gehalten ist und die Menüs generell überladen sind. Zu Anfang des Spiels weiß man gar nicht, wo man genau hinsehen soll. Hier ploppt ein Tutorial-Text auf, gleichzeitig dazu ein Update zu einer Quest, hier eine andere Information. Liebes Spiel, wo soll ich hinschauen? Was bedeuten all die Symbole und Daten im Menü? Ich werde für Lieferungen in Kategorien bewertet und steige scheinbar im Level auf? Wieso erklärt das niemand? Wie erhöht man gewisse Level? Man kommt zwar im Laufe des Spiel drauf, aber dennoch ist die Übermittlung von einigen Informationen suboptimal im Spiel.

Wir bauen Autobahnen

Prinzipiell ist das Spiel eine Serie von Fetch-Quests. Was soll man sonst machen als Lieferant? Man bringt Objekte von A nach B. Das klingt jetzt vielleicht super langweilig oder nach einem Walking Simulator. Das wäre aber unfair Death Stranding gegenüber. Death Stranding ist ein Walking Simulator angesiedelt in einer wunderschönen Alptraumwelt, gemischt mit Horror und einzigartiger Online-Interaktion.

Bei einem Walking Simulator geht man von A nach B, Spiel geschafft. Hier muss man die Ware, die man transportiert, zuerst einmal richtig ausbalancieren, um nicht ständig beinahe umzukippen. Was nimmt man neben der Ware noch mit? Leitern? Brauche ich ein Seil oder eine Brücke für die Strecke? Erscheinen dort BTs oder menschliche Gegner? Für alles muss man dann zusätzliche Items aufladen.

Das Terrain und die Welt sind sehr unwirtlich. Das ist eine ungezähmte, raue und zerstörte Welt, dank den BTs. Damit man manchmal einfacher oder überhaupt vorankommt, muss man unter anderem Leitern, Brücken und später Fahrzeuge sowie Autobahnen nutzen. Um all das bauen zu können, muss man nicht nur das entsprechende Werkzeug zum Ort des Einsatzes schleppen, sondern auch Materialien wie Metalle, Keramik und so weiter für manche Objekte. Da überlegt man sich mehrmals, was genau man mitnimmt.

Allein in der Gemeinsamkeit

Leitern und viele andere Tools helfen bei der Auslieferung.

Würde man das alles alleine machen, würde das ewig dauern. Doch Death Stranding ist eine wunderschöne, wohl gestrickte Metapher für Zusammenarbeit. Nicht nur soll Sam die Menschen der ehemaligen USA wieder miteinander verbinden, „Death Stranding“ ist auch eine wunderbare Anspielung auf das „gestrandet sein“ (sowohl der Toten als auch der Lebenden) und gleichzeitig ist das englische „strand“ zu deutsch „ein Strang“ (und sieht wie das deutsche Wort „Strand“ aus, das auch noch eine sehr wichtige Bedeutung im Spiel hat).

Als wäre das nicht schon genug, spielt ihr mit anderen Spielern gemeinsam kooperativ, obwohl ihr die anderen nicht sehen könnt. Allein in der Gemeinsamkeit. Das ist noch nicht einmal das Ende der Anspielungen, denkt man an das Baby um den Bauch, welches mit einer Art Nabelschnur mit dem Anzug verbunden wird oder an die BTs, die an ihrem Lebensfaden hängen (der theoretischen Verbindung zwischen Seele und Körper). Kojima, du genialer Mistkerl.

»Damit man in der zerrütteten Welt manchmal einfacher oder überhaupt vorankommt, muss man unter anderem Leitern, Brücken und später Fahrzeuge sowie Autobahnen nutzen.«

In eurer Welt erscheinen Objekte, die andere Spieler in ihrer Welt gebaut haben. Hier hatte ein Spieler zum Beispiel das Fundament einer Brücke gesetzt, doch dieser fehlen aber noch Materialien, um fertig zu sein. Ihr könnt nun welche beisteuern und die Brücke fertigstellen oder zumindest bei der Fertigstellung helfen. Oder ihr fangt damit an, ein kostspieliges Objekt zu bauen, das in der Welt anderer Spieler angezeigt wird und mit Hilfe der anderen gemeinsam gebaut wird und dann allen beteiligten Spielern nützlich ist. Nutzt man Objekte anderer Spieler und findet diese gut, kann man ihnen Likes geben, die dem anderen Spieler Level-ups ermöglichen und die Verbindung zwischen Spielern stärken. Gleichzeitig bekommt ihr Likes für alle gut platzierten, nützlichen Objekte.

Zum Glück sind die angezeigten Objekte limitiert, ihr werdet also nicht mit einer voll ausgebauten Welt konfrontiert. Ihr seht auch nur das, was ihr bereits kennt oder sehr bald kennenlernen werdet. Man braucht also keine Angst zu haben, dass wenn man später einsteigt, die ganze Welt mit Autobahnen und Brücken zugepflastert ist und man nun im „Easy“-Modus spielt. Ihr seht die Objekte anderer Spieler auch nur dann, wenn ihr ein Gebiet an das chirale Netzwerk angeschlossen habt. Das heißt, dass jedes euch unbekannte Gebiet zuerst auch zu großen Teilen noch unberührt ist. Gefällt euch ein Objekt nicht, könnt ihr es auch einfach aus eurem Spiel entfernen.

Vor allem der Bau von Autobahnen macht süchtig. Diese schlucken zwar viele Materialien und müssen von mehreren Spielern zusammen gebaut werden, aber wow, ist man stolz darauf, wenn man langsam Straßen aufbaut und sich das Spiel vereinfacht. Sie beschleunigen den Transport extrem, vor allem, wenn ihr zum Beispiel einen LKW geklaut habt. Lieferungen außerhalb der Hauptstory motivieren, weil man so schließlich bessere Ausrüstung, Items oder neue Interviews bekommt.

Death Stranding
Das Leben als Lieferant ist weder für Fragile noch für Sam einfach.

Kann man sich zu Anfang nicht gegen BTs wehren, bekommt man später Waffen gegen sie. Ihr dürft euch aber nun kein Action-Game vorstellen. Das Hauptaugenmerk liegt noch immer auf Schleichen, Ausweichen und im Notfall zur Waffe greifen. Dabei hofft man, dass man nicht zu laut war und bald von BTs eingekesselt wird. Schließlich würde das Ganze in einer Explosion enden, die euch zwar nicht umbringt, aber eure Ware pulverisiert und ein großes Loch in die Karte reißt.

Neben BTs gibt es auch menschliche Gegner, die es nur auf eure Lieferungen abgesehen haben. Diese sind eher nervig als eine wahre Bedrohung und die Erklärung im Spiel, warum sie so gerne Waren von euch klauen (die sie dann nicht einmal selbst nutzen), ist etwas lächerlich: Sie stehen so sehr auf die Likes, die man bekommt, wenn man Sachen an Kunden abliefert. Praktisch Twitter-Terroristen.

Eine Dystopie zum Verlieben

»Die Atmosphäre dieser dystopischen Welt ist unglaublich. Im Endeffekt ist Death Stranding nur eine Reihe an Fetch-Quests, warum zieht mich das Spiel also so in seinen Bann?«

Die Atmosphäre dieser dystopischen Welt ist unglaublich. Ich liebe und hasse das Spiel manchmal gleichzeitig. Im Endeffekt ist es nur eine Reihe an Fetch-Quests, warum zieht mich das Spiel also so in seinen Bann? Klar hält einen die Story bei der Stange, aber ein Großteil meiner Zeit habe ich mit dem Bau von Autobahnen und Lieferungen verbracht. Das wären absolut hirnlose Nebenquests in anderen Spielen. Hier machen sie Spaß und locken mich immer wieder ins Spiel. Jede gebaute Struktur macht es einfacher. Das Gemeinschaftsgefühl mit anderen Spielern, dass alle in derselben Misere stecken, ist sehr stark und die Items, die man bekommt, sind nützlich und die Informationen spannend. Ich gebe ehrlich zu, dass ich zu Anfang in manchen Szenen etwas Angst hatte.

Die Kombination von Unbekannten, Kamera-Perspektive, Soundtrack und die sichtbare Angst und Nervosität der Charaktere in einer verregneten Nacht auf einem rumschaukelnden LKW, eingekesselt von BTs, trägt das Ihrige bei. Jedes Mal, wenn ich durch BT-Gebiet muss, erhöht sich mein Pulsschlag etwas. Ich weiß, es ist nur ein Spiel und nicht mal Sam kann richtig sterben; nachher wird das Spiel vielleicht sogar einfacher für mich, wenn die Explosion die BTs auslöscht. Aber ich will verdammt sein, wenn mich die BTs erwischen und ich meine Ware verliere.

Death Stranding
Eine kaputte, aber schöne Welt. Da muss man nicht gleich weinen!

Die Welt ist roh und ungezähmt, zerstört durch das Death Stranding. Dennoch ist sie wunderschön anzusehen. Jedoch gibt es bei genauerem Hinsehen auch etwas unschöne Texturen, das ist mir aber nur an einer Felswand aufgefallen. Das Design der Technik der Zukunft wirkt modern und man kann sich durchaus vorstellen, dass solche Objekte mal wirklich existieren könnten. Vielleicht macht es auch die Nähe zu unserer richtigen Welt, denn Death Stranding spielt in einer nicht allzu fernen Zukunft, dass die Welt zu faszinieren weiß.

Der Soundtrack besteht aus vielen ruhigen Liedern, die manchmal in ruhigen Phasen des Spiels starten und euch eine friedliche, freundliche Atmosphäre in einer Wiesenlandschaft bieten. Ein herrlicher Kontrast, da die Welt eigentlich am Abgrund steht. Die Synchronisation ist gut gelungen und die deutsche Übersetzung hat sich die Mühe gemacht, viele Begriffe einzudeutschen.

Gestrandet oder eine gewaltige Freudenexplosion?

Death Stranding ist ein meditatives Spiel. Vor Release meinte Hideo Kojima, dass Death Stranding ein neues Genre sei. „Aber klar“, dachte ich mir. Kojima hatte recht. Ich weiß nicht, in welches Genre ich das Spiel eingliedern soll. Auch auf die Gefahr hin, wie ein Fanboy zu klingen, aber das Spiel ist näher an Kunstwerk als an Spiel dran. Kojima hatte eine Vision und hat diese umgesetzt, frei von „Oh, mögen die Leute das?“ oder „Da ist zu wenig Action, niemand kann so viel Rumlatschen ohne gewaltige Schusswechsel mögen!“.

Vielleicht machen gerade diese Einheit und künstlerische Vision Death Stranding so einprägsam. Es erinnert stark an Hellblade: Senua’s Sacrifice. Werden es hunderte Millionen Leute kaufen? Vermutlich nicht. Aber es ist eine Vision eines Spiels und genauso wurde es auch gemacht, ohne Kompromisse (so wirkt es zumindest). Das macht beide Spiele einzigartig. Und beide werden nicht allen Leuten gefallen.

Mögt ihr eher ruhigere Spiele? Viel herumlaufen, Dinge zusammenbauen? Schleichen, ausweichen, Crafting? Das alles in einer sehr spannenden Story eingebunden? Dann ist Death Strandig vermutlich für euch. Steht ihr auf Geschwindigkeit, Action, Explosionen, Waffen, schnelle Autos? Dann verkümmert das Spiel auf eurem Strand.

 

Story

Sehr spannend und mysteriös, dunkel und unheimlich. Die Apokalypse lässt grüßen.

Gameplay

Ruhig und langsam, außer wenn etwas im BT-Gebiet schiefläuft und man Panik bekommt.

Grafik

Vermutlich der Peak der PlayStation-4-Performance, man kann kaum meckern.

Sound

Ruhige Musik, sehr gute Vertonung.

Sonstiges

Einzigartige Kooperation der hilfreichen Spieler-Community, einzigartiges Spiel, sehr gut durchdacht und poliert, Probleme mit Vermittlung einiger Informationen.

Bildmaterial: Death Stranding, Sony / Kojima Productions

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