Titel | Devil May Cry 2 |
19. September 2019 | |
Capcom | |
19. September 2019 | |
Capcom | |
19. September 2019 | |
Capcom | |
System | Nintendo Switch |
Getestet für | Nintendo Switch |
Entwickler | Capcom |
Genres | Hack ’n’ Slay |
Texte | |
Vertonung |
Bildmaterial: Devil May Cry 2, Capcom
Wie sollte der Nachfolger eines erfolgreichen und von Fans geliebten Spiels am besten aussehen? Soll er einfach mehr vom selben Inhalt bieten? Soll er nur kleine Elemente und Themen aufgreifen und die Formel neu erfinden? Oder soll er, wie es heute oft üblich ist, einfach nur besser aussehen und dafür womöglich sogar weniger Inhalt bieten?
Capcom kennt sich bestens mit all diesen Variationen aus, aber egal welchen Weg man auch für den Devil-May-Cry-Nachfolger gegangen ist, es war eindeutig der falsche. Als fantastisches Beispiel dafür, wie ein Nachfolger nicht auszusehen hat, erscheint der zweite Auftritt des weißhaarigen Dämonenjägers auf Nintendo Switch und hier erfahrt ihr, wie der Titel sich heute noch hält.
Es war einmal eine Enttäuschung
Vor über 15 Jahren enttäuschte Capcom Fans weltweit mit Devil May Cry 2. Fast alles, was die Spieler und die Presse am ersten Teil zu schätzen wussten, fand nicht seinen Weg in das Sequel. Es war zu wenig, viel zu einfach, die Umgebungen zu kalt und ohne Geschichte oder Charakter.
Besonders letzterer Punkt schmerzt heute noch, da Dante mit seiner sorgenfreien und kompetent-inkompetenten Art über Nacht zur Ikone wurde. In Devil May Cry 2 kriegt er den Mund kaum auf und wenn er mal die Zähne zeigt, kommt nur der stoische Japano-Held raus, den der Ferne Osten so sehr liebt und den wir satt haben. Die ohnehin schon kurze Laufzeit muss er sich zudem mit Lucia teilen, einem Rotschopf, der im Kampf genauso kompetent und außerhalb genauso langweilig ist wie der Sohn Spartas.
Die Geschichte, sofern man sie so nennen kann, beginnt mit dem Sammeln von drei Artefakten, die ein böser Dämon benötigt, um das Tor zur Hölle zu öffnen. Sie endet mit Dante, der dort jemanden tötet. Dazwischen passiert gar nichts, denn das war die gesamte Erzählung. Beim Spielen hat man das starke Gefühl, dass zwischen jeder Mission drei weitere fehlen, um zu erklären, was auf dem Bildschirm passiert und wieso die Charaktere das tun, was sie tun und sich dort befinden, wo sie sich befinden.
Alle Interaktionen sind abgehackt, machen oft keinen Sinn und verwirren den Spieler nur weiter. Eigentlich sollte die Tatsache, dass man auch Lucias Story spielt, helfen, Fragen zu beantworten, aber es fühlt sich zu unfertig und nicht durchdacht an.
Die magische 18
Der Grund dafür liegt zweifelsohne an der zu geringen Zeit, die den Entwicklern zur Verfügung stand. Kurz nach Devil May Cry begann die Entwicklung des Sequels und in nicht einmal 18 Monaten sollte es auf den Markt kommen. Mindestens doppelt so viel Zeit wäre nötig gewesen (und damals auch üblich für ein solches Projekt), um ein gutes Spiel zu kreieren.
Zumindest optisch überzeugt Devil May Cry 2 damals wie heute. Leider gilt das nur für den technischen Aspekt der Optik. Die flachen Mauern zeigen einen gewissen Grad an Details, die Monster-Designs sehen interessant und furchterregend aus und besonders die Charaktermodelle sind den Entwicklern fantastisch gelungen.
Durch den HD-Anstrich wirken sie heute noch sehr aktuell. Selbiges gilt für die flüssigen Animationen. Die anscheinend kaum vorhandenen Hintergründe trüben dieses Bild jedoch stark.
Die kreative Seite der Optik kann nicht einmal annähernd mit dem Erstling mithalten. Während die gigantischen gotischen Kathedralen, die düstere Atmosphäre und die spannenden Charaktere 2001 Fans weltweit entzückten, bietet das Sequel nichts für das Auge. Von sterilen Städten über sterile Bürogebäude bis hin zu einer sterilen Hölle ist alles dabei, was glatt und viereckig ist.
Hier hat es offensichtlich auch an Zeit und Geld gefehlt. Wenigstens die Kamera hat in den 18 Monaten einige nötige Verbesserungen erhalten und zeigt öfters auch mal das ganze Bild. Leider ist das Bild viel zu langweilig geworden. Es fehlt an Seele und Charakter. Ein Hauptgrund dafür, warum keine richtige Atmosphäre aufkommt.
Spiel mir das Lied vom *schnarch*
Auch musikalisch kann sich Devil May Cry 2 nicht weiterentwickeln. Der spannende Mix aus Rock, Goth und ominösen Soundeffekten funktioniert zwar nach wie vor wunderbar, jedoch fehlt der passende optische Impuls, um dieselbe dichte Atmosphäre zu erzeugen, die den Vorgänger so einzigartig gemacht hat.
Die „Story“ bietet einige beeindruckende vorgerenderte Zwischensequenzen, aber auch hier kann die Musik nicht ihre volle Kraft entfalten, da diese teilweise wie aus einem anderen Spiel wirkt.
Die Synchronsprecher (insgesamt vier sollten es für das gesamte Spiel sein) bekleckern sich auch nicht gerade mit Ruhm. Der sehr seriöse und stoische Dante leiert seine Zeilen mit großer Demotivation herunter, während Lucia so klingt, als würde sie einem Amateur-Puppentheater entspringen.
Während die schrecklich kitschigen Dialoge und die schlechte Synchronisation im ersten Teil noch für den ein oder anderen Lacher sorgten und dem ganzen Goth-Thema ein spannendes Kontrastmittel liefern konnten, wirkt das alles hier komplett deplatziert und lächerlich. Ohne richtige Charaktere mit Persönlichkeit fehlt die Kompetenz für ein Trash-Feeling.
Zur Verwunderung jedes Fans kann nicht einmal das Gameplay von Devil May Cry 2 überzeugen. Ein einfaches Copy-Paste hätte hier vollkommen ausgereicht, da der Vorgänger nur kurze Zeit zuvor das Action-Genre revolutioniert hatte. Offensichtlich hatten die Entwickler nur genug Zeit, die vielen Kämpfe stylischer und die Animation flüssiger zu machen.
Es ist heute noch durchaus beeindruckend, wenn Dante Feinde mit seinem riesigen Schwert in die Luft schleudert, sie mit Kugeln zersiebt, an der Wand hochrennt und ihnen mit einem vertikalen Kugelhagel den Rest gibt.
Piu, Piu, Piu
Leider ist das nur die ersten 30 Mal spannend mit anzusehen. Es fehlt für die Langzeitmotivation schlichtweg an Vielfalt. Hier und da findet man neue Waffen in der Gegend herumliegen, aber auch bei diesen fehlt es an Ansporn, sie zu nutzen, da die Standardwaffen jeden Gegner ohne Probleme vernichten können.
Und hier liegt der Dämon begraben. Die ikonischen Schusswaffen, Ebony & Ivory, die Dantes Seite niemals verlassen und unendlich betätigt werden können, sind viel zu mächtig! Jeder Gegnertyp, sogar die wenigen und sich wiederholenden Bossmonster, kann nur zusehen, während Dante in der Ecke steht und sie mit Laserpräzision erschießt.
Schnell hat man die zwei Upgrades für die Schusswaffen erkauft und dann besteht das Spiel nur noch aus dem Zerstören der Y-Taste auf eurem Joy-Con. Devil May Cry 2 ist viel zu einfach! Ein perplexer Gedanke, zumal der erste Teil für seinen knackigen Schwierigkeitsgrad und seine große Herausforderung gefeiert wurde. Richtiges Balancing stand in den kurzen 18 Monaten wohl ganz unten auf der Prioritätenliste.
50/50… oder eher 80/20
Die wahre Schwierigkeit in diesem Spiel liegt eher darin, den richtigen Weg in einigen Arealen zu finden. Es ist absolut keine Schande, hier auf eine Komplettlösung zurückzugreifen. Das blande Level- und Artdesign, kombiniert mit der starren Kamera, lässt einige Wege nur schwer erkennen.
Man müsste meinen, dass zwei spielbare Protagonisten, die unterschiedliche Wege gehen, gleich doppelt so viel Inhalt versprechen. Leider war dafür wohl auch keine Zeit, denn Lucia spielt sich einfach nur wie ein weiblicher Dante und läuft durch dieselben langweiligen Gebiete.
Nur dieses Mal vom Ausgang zum Eingang. Zudem sind ihre Missionen signifikant kürzer als die von Dante, weshalb sich das gesamte System noch mehr wie ein Job der letzten Sekunde anfühlt.
Everyone will Cry 2
Ein Blick auf Devil May Cry 2 lohnt sich in jedem Fall. Besonders, um sich vor Augen zu halten, was dabei herauskommt, wenn Entwicklern nicht genug Zeit und Ressourcen zur Verfügung steht, dafür aber eine geliebte IP. Ja, man kann einige wenige Stunden Spielspaß als Dante herausquetschen. Die Kämpfe sehen nach wie vor stylisch aus und erlauben ein schickes Dämonen-Ballett. Aber das ist, besonders im Vergleich zum ersten Teil, einfach nicht genug.
Die lieblosen Umgebungen, das schwache Artdesign und die langweiligen und demotivierten Charaktere verhindern das Aufkommen von jeder Art von Atmosphäre. Es fehlt hier einfach an Persönlichkeit und die ist bei Devil May Cry eine der tragenden Säulen. Zumindest die technische Seite gibt sich keine Blöße. Das Spiel läuft auf Nintendo Switch komplett flüssig und für eines, das bereits über 15 Jahre auf dem Buckel hat, sind einige Texturen und die Charaktermodelle wirklich fantastisch.
Nun da das dunkelste Kapitel der Devil-May-Cry-Saga auf Nintendos Hybridkonsole abgeschlossen ist, steigt die Vorfreude auf den dritten Teil natürlich immens, auch wenn die nach wie vor unmögliche Preispolitik weiterhin für Ärger und Frustration sorgt.
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