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Im Test! The Evil Within 2

TitelThe Evil Within 2
Japan09. Oktober 2017
Bethesda Softworks
Nordamerika13. Oktober 2017
Bethesda Softworks
Europa13. Oktober 2017
Bethesda Softworks
SystemPlayStation 4, Xbox One, PC
Getestet fürPlayStation 4
EntwicklerTango Gameworks
GenresSurvival Horror
Texte
Deutschland Nordamerika
VertonungDeutschland Nordamerika

Es ist diese ganz spezielle Zeit des Jahres. Streaming-Dienste werben für alte und neue Grusel- und Gore-Streifen, Menschen auf den Straßen verkleiden sich und jagen anderen einen Schrecken ein und wieder andere setzen sich daheim, mit einer Decke über dem Kopf, auf die Couch und spielen Horror-Spiele. Ein Titel, vor dem es vor drei Jahren kein entrinnen gab, war Shinji Mikamis The Evil Within. Wenn der Revolutionär eines Genres nach unzähligen Jahren mit seinem eigenen Studio zurück zu seinen Wurzeln will, dann sollte unbedingt aufgehorcht werden. Und wer dabei war, dem wurde mit einzigartiger Atmosphäre und spannenden Ideen der Schauer den Rücken runter gejagt. Nun begibt sich das Team von Tango Gameworks erneut in die Tiefen der Angst und Psyche um den Spielern das Blut in den Adern gefrieren zu lassen. Wer hätte gedacht, dass ohne Mikami als Director das weitaus bessere Survival-Horror-Spiel erscheint. Mikami übernimmt „nur“ noch die Rolle des Producers beim Nachfolger

„Du wartest auf einen Zug,

Drei Jahre ist es her, dass Detective Sebastian Castellanos zur Nervenheilanstalt in Beacon gerufen wurde. Der Alptraum, den er da im Geiste eines Wahnsinnigen erlebt hat, ist weiterhin präsent, obgleich ihn andere Dämonen weitaus schlimmer quälen. Nach den Ereignissen im STEM, einer virtuellen Realität, welche das Bewusstsein mehrerer Personen gleichzeitig vereint, will niemand glauben, was Sebastian erlebt hat. Kollegen, Freunde und Psychologen sehen nur seinen eigenen Wahnsinn und Zerfall. Auch für ihn verschwimmen Simulation und Realität. Dass er in der Zwischenzeit seine Tochter bei einem Hausbrand und seine Frau aufgrund noch unbekannter Gründe verliert, nagt ebenfalls an seiner Psyche. Ohne Arbeit versucht er seinen Kummer im Alkohol zu ertränken, bis eine alte Bekannte erscheint und ihn wieder ins STEM einlädt. Dieses Mal ist es jedoch anders. Es geht nämlich um das Leben seiner kleinen Tochter.

Die Geschichte, obgleich weder anspruchsvoll noch besonders gut, lebt von Sebastian und der grandiosen Atmosphäre.

Grandiose Geschichten zu erzählen und überzeugende Charaktere zu zeichnen war noch nie eine Stärke des Survival-Horror-Genres. Auch in The Evil Within 2 gibt es hier viel zu kritisieren, aber überraschenderweise auch zu loben. Die Grund-Story an sich ist klug gewählt und bietet viel Freiraum für interessante Fragen rund um Realität, Bewusstsein und Schuld sowie eine gute Bühne für einen gebrochenen Mann, seine Familie wiederzubekommen. Aber oft werden diese Themen nur vage angeschnitten und bei solch schrecklichen Dialogen, wie sie hier geboten werden, darf man auch nicht mehr erwarten. Oft kommt man sich vor wie in einem Low-Budget-Horror-Film aus den Achtzigern. Die Charaktere wechseln von einem Satz zum nächsten von gebrochenen, verwirrten Opfern zu Badass-Arschtretern (so in etwa ist die Qualität der Dialoge).

Besonders der Haupt-Antagonist sticht heraus, da er so böse, so unvernünftig grausam und schrecklich ist, dass er fast schon CEO der Umbrella Corporation sein könnte. Die virtuelle Umgebung bietet für so ein Grundgerüst natürlich den perfekten Ort, um einfach sagen zu können: „Das ist hier halt so. Muss man nicht verstehen“. Viele Story-Details werden so ohne jegliche Erklärung unter den Teppich geschoben. Nichtsdestotrotz bleibt Sebastian Castellanos stets ein sympathischer Charakter, mit dem man sich gerne in den Wahnsinn stürzt. Der emotionale Teil der Geschichte ist mit Abstand der stärkste. Seine Motivationen sind klar definiert und er geht durch die Hölle und zurück, um diese zu erreichen. Wie kann man da nicht mitfiebern? All das spitzt sich in einem wirklich fantastischen Finale zu, das emotional und inszenatorisch absolut packend und überzeugend ist. Nach den mindestens zehn Stunden Spielzeit wird man definitiv befriedigt den Controller zur Seite legen können.

ein Zug, der Dich weit weg bringen wird.

»Ein gigantisches Lob geht an den deutschen Synchronsprecher von Sebastian, Sascha Rotermund.«

Ein gigantisches Lob geht hier an den deutschen Synchronsprecher von Sebastian. Sascha Rotermund liefert eine Performance ab, die gleich die gesamte Story bereichert und die Dialoge weitaus erträglicher macht. Selbst die Original-Synchronsprecher werden von den deutschen Stimmen ganz klar in den Schatten gestellt, was in dieser Industrie sehr rar ist. Die Nebencharaktere liefern zwar nur eine gute Leistung ab, da man aber zum Großteil nur mit dem Hauptcharakter unterwegs ist, bleibt es dennoch eine tolle deutsche Lokalisierung.

Der Soundtrack hat nicht weniger Lob verdient. Und das, obwohl man ihn sehr oft nicht einmal wahrnimmt, wenn er im Hintergrund gespielt wird. Das liegt daran, dass er stets perfekt mit der Atmosphäre, den Orten und Sebastians Herzschlag verschwimmt. Wenn man durch die klaustrophobischen Gänge und alten Gemäuer streift, weiß man nicht genau, ob man seltsame Laute aus der Ferne hört oder ob der Soundtrack diese nur integriert. In den richtigen Momenten werden dann die feinen Töne gezupft, während bei den vielen Boss-Kämpfen reine Panik herrscht. Mit dem Sounddesign und der Synchronisation katapultiert sich The Evil Within 2 ganz klar in die höheren Gefilde, wenn es um das Survival-Horror-Genre geht.

Die starke Optik profitiert vom grandiosen und ekelerregenden Monster-Design und den wirklich angsteinflößenden Architekturen.

Grafisch kann das Spiel ebenfalls auf vielen Ebenen überzeugen. Der heimliche Star sind dabei ganz klar die Umgebungen und das Welt-Design. Zu Beginn befindet man sich noch in einer kleinen amerikanischen Vorstadt, die perfekt in ein schreckliches Horror-Szenario transformiert wurde. Die alten Holzbauten, Tankstellen, Läden und Parks lassen sich gut erkunden und bieten viel Platz für eine schaurige Atmosphäre und ungescriptete Schockmomente. Zu oft steht man vor einem Haus und debattiert mit sich selbst, ob es klüger ist einzutreten und wichtige Gegenstände zu finden oder ob das Risiko, auf neue ekelerregende Monster zu stoßen nicht zu groß ist. Ersterer Gedanke obsiegt meist, aber nicht nur wegen den Items. Man will einfach sehen, was das Spiel noch zu bieten hat und was die Entwickler sich da Verrücktes ausgedacht haben. Später erforscht man eher lineare Areale, darunter ein Museum, Hotels und Fabriken. Dort hingegen macht das Spiel das Beste aus der STEM-Umgebung mit unrealistischer Architektur, die sich mit der Kamera- und Charakter-Stellung ändert. Hinter jeder Ecke könnte es einfach weitergehen oder das absolute Grauen lauern. So muss ein Survival-Horror-Spiel sich anfühlen und vor allem aussehen.

Ebenso grotesk und grandios sind die Monster-Designs gelungen. Verrenkte Kreaturen, die aus Alpträumen zu kommen scheinen, werden in all ihrer Pracht dargestellt und sehen in keinem anderen Spiel so entzückend ekelerregend aus. Bei jedem neuen Gegner muss man fünf Mal hinsehen (wenn man sich traut), um die ganzen kleinen Details zu erkennen, die das Design so einzigartig für diese Reihe machen. Hier punktete auch der Vorgänger, aber beim Sequel wird noch einiges oben draufgelegt.

»Speziell in den ersten Stunden wird man unzählige Male verfolgt, verletzt und unfreiwillig getötet, sodass es auch häufig zur Frustration kommt.«

Leider wurde den Charakteren nicht so viel Aufmerksamkeit zuteil. Mit Ausnahme von Sebastian, in dessen Gesicht sich tatsächlich drei Jahre Wut, Trauer und Verwirrung widerspiegeln, sind die Gesichts-Animationen eher mäßig gelungen. Besonders die Nebencharaktere, die einem im STEM begegnen und helfen, haben eine zu starre Mimik und bewegen sich nicht immer ganz realistisch. Auch technisch hakt es hie und da. Ruckler stören das Spielgeschehen und viel zu oft müssen Texturen nach schnellen Perspektivwechseln in den Zwischensequenzen nachgeladen werden. Dieses Problem war beim Vorgänger auch schon sehr präsent und es ist schade, dass sich bis jetzt keine zufriedenstellende Lösung hat finden lassen. Doch die meiste Zeit läuft das Spiel flüssig und es kommt nur selten zu Pop-ups in der Ferne. Selbst mit diesen Makeln sieht The Evil Within 2 wunderschön schaurig aus und braucht sich vor keiner Konkurrenz zu verstecken.

Du weißt, wohin der Zug dich hoffentlich bringen wird, aber du weißt es nicht sicher,

Auch wenn Mikami nicht mehr als Director involviert ist, so spürt man doch seine führende Hand in jeder Szene. Das liegt unter anderem an der Kamera, die stets an Sebastians Rücken befestigt ist und ihm dabei stark auf die Pelle rückt. Einerseits verstärkt diese Perspektive die Immersion, aber andererseits irritiert sie beim Kämpfen und besonders beim Verstecken. Zwar wurde bereits im ersten Teil ein gewisser Wert den Stealth-Fähigkeiten zugemessen, doch hier sind sie so wichtig wie noch nie. Speziell in den ersten Stunden wird man unzählige Male verfolgt, verletzt und unfreiwillig getötet, sodass es auch häufig zur Frustration kommt. Die Kombination aus vielen Gegnern und wenigen Möglichkeiten zur Selbstverteidigung setzt praktisch voraus, dass man versteckt bleibt und sich mit Stealth-Kills durch die Areale bewegt. Da es sich um ein Survival-Horror-Spiel handelt, macht dies auch Sinn. Castellanos befindet sich in einer unbekannten Umgebung, wo alles versucht ihn zu töten und viel Munition hat er nicht.

Gameplaytechnisch hat sich nicht viel getan. Steuerung und Kamera stellen immer noch große Probleme dar, aber das Survival-Horror-Feeling war nie größer.

Nicht selten muss man sich daher in Gebüschen verstecken und warten, bis die Monster die Verfolgung abbrechen. Leider gibt es dafür keine ungünstigere Kameraposition als die, die hier ausschließlich geboten wird. In den späteren Kapiteln, wenn es etwas linearer wird und man die eigenen Fähigkeiten wie im ersten Teil verbessert hat, stellt dies kein Problem dar, aber anfangs nervt die Kamera wirklich sehr und erlaubt keinen guten Überblick oder zumindest Blick aus dem Gebüsch. Wenn der Bildschirm lange voller Grünzeug und nichts anderem ist, dann sollte über einige Design-Entscheidungen nachgedacht werden. Generell spielt sich Sebastian zu Beginn schrecklich. Die Steuerung ist grob, das Zielen vollkommen unpräzise und nervig und er schleicht langsamer als eine Oma mit ihrem kaputten Rollator. Es kommt einem ebenfalls so vor, als hätte der ehemalige Detective noch nie ein Messer in der Hand gehabt.

Zum Glück erlaubt die dümmliche KI der Feinde ein solches Verhalten. Dennoch bleiben die ersten Kapitel absolut erbarmungslos (zumindest ab dem normalen Schwierigkeitsgrad). Das ist für das Genre zwar notwendig, aber wenn man von den Umgebungen zum Erkunden eingeladen wird und man danach urplötzlich aus dem Nichts getötet wird, dann ist der Frust vorhanden. Vor allem wenn man merkt, dass in den letzten beiden Stunden die Auto-Save-Funktion nicht genutzt wurde und man alles erneut erkunden darf. Daher ist es nicht unklug nach jedem durchsuchten Haus zur Basis zurückzukehren und zu speichern. Das sind leider oft unnötige Laufwege, die den Spielfluss unterbrechen.

Wie aus diesen Absätzen wohl bereits herauszulesen ist, spielen sich Anfang und Ende anders in The Evil Within 2. In den ersten Kapiteln wird dem Spieler eine Art Semi-Open-World geboten, die viel Freiraum zum Erkunden lässt. Überraschenderweise kann man nicht nur wichtige Gegenstände entdecken sondern auch toll inszenierte Sidequests, die einem noch mehr über Sebastian und STEM verraten. Die Entwickler haben großartige Arbeit geleistet, die Spieler zur Erkundung zu motivieren und dabei die große Angst zu sterben zu ignorieren. Ein weiteres Element, was dazu beiträgt, ist das Crafting-System. Jede Kugel und jede Heilung ist kostbar. Und mit den nötigen Gegenständen lässt sich beides herstellen. Der durchdachte Twist dabei ist, dass man an einer Werkbank in der Basis nur halb so viele Materialien zur Herstellung benötigt. Befindet man sich auf der Flucht oder im Kampf, wo diese Gegenstände dringend benötigt werden, kann man zwar auch alles herstellen, aber der Preis ist doppelt so hoch. Somit muss man mit jedem bisschen Material, was man hat, intelligent und vorausschauend arbeiten.

Weitaus stärker als der erste Teil! Inklusive der phänomenalen Boss-Kämpfe und -Designs. Ein herrlicher Alptraum.

Zusammengefasst hat sich seit dem ersten Teil nicht sehr viel getan in Sachen Gameplay. Wenig Munition, wenig Heilung und ein paar Stealth-Fähigkeiten. Damit kämpft man sich so lange durch die Horden, bis man genug Materialien gesammelt und Fähigkeiten freigeschaltet hat, um sich den Feinden von Angesicht zu Angesicht zu stellen. Das ist ein klasse Pacing und belohnt den Spieler, der eine kluge und durchdachte Herangehensweise nutzt, aber einige gravierende Fehler bei Steuerung und Kamera hätten wirklich nicht sein müssen. Highlight beim Gameplay sind wie damals schon die Boss-Kämpfe. Sie bieten grandioses Design sowie Terror, Panik und Angst auf ganz hohem Niveau.

aber das ist dir nicht wichtig, weil du in der Hölle bist.“

»The Evil Within 2 ist eine große Überraschung. Nach dem soliden ersten Teil und ohne Mikami als Director ein solches Comeback zu feiern ist ein Glück für alle Liebhaber des Genres. Zwar wurden viele Fehler aus dem Prequel übernommen wie zum Beispiel die schwache Geschichte mit den schrecklichen Dialogen, die klobige Steuerung, Kamera und die technischen Mängel. Vieles hat sich aber auch weiterentwickelt. Der zunächst offene Zugang zur Spielwelt und der knüppelharte Einstieg bilden die perfekte Bühne für das gute Pacing, die grandiosen Areale, die Atmosphäre sowie das starke Finale. Es war eine wirklich tolle Reise mit Sebastian Castellanos und für eine stürmische Herbstnacht macht man mit diesem Spiel überhaupt nichts falsch.«

 

Schwache Grund-Story, die viel Potential verschenkt, aber mit einem sympathischen Hauptcharakter und grandiosem Finale viel wiedergutmacht.
Anfangs gruselige Semi-Open-World, im Spielverlauf linearer. Klasse Pacing, dafür aber klobige Steuerung, nervige Kamera und einiges an Frust. Durchbeißen lohnt sich aber!
Generell tolle Optik und einzigartige Atmosphäre, die hin und wieder von Rucklern und nachladenden Texturen getrübt werden. Klasse Umgebungs- und Monster-Design.
Dank Sebastians deutscher Stimme absolut überzeugende Synchronisierung. Kombiniert mit einem sehr atmosphärischen Soundtrack und schaurigen Monster-Sounds.
Durchdachtes Crafting-System, mehrere Schwierigkeitsgrade, Zielhilfe für Anfänger, New Game+. Viel zu entdecken, darunter schrecklich schaurige Sidequests, die organisch in die Erkundung eingebaut sind. 10-20 Stunden Hochglanz-Grusel mit großem Wiederspielwert.

 

Für Spieler des ersten Teiles gibt es gegen Ende eine tolle kleine Überraschung. Ansonsten sind Vorkenntnisse nicht wirklich nötig.