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Im Test! Paper Mario: Color Splash

TitelPaper Mario: Color Splash
Japan13. Oktober 2016
Nintendo
Nordamerika7. Oktober 2016
Nintendo
Europa7. Oktober 2016
Nintendo
SystemWii U
Getestet fürWii U
EntwicklerIntelligent Systems
GenresAction-Adventure

Der fünfte Teil der Paper-Mario-Reihe trägt den Zusatz „Color Splash“ und soll mit einem neuen, bunten Konzept als einer der letzten, großen Nintendo-Titel für die Wii U langsam das Ende ihrer Ära einläuten. Ich muss zugeben, dass ich seit der Ankündigung im Frühjahr eher zum skeptischen Teil der Fangemeinde zählte. Der Vorgänger für Nintendo 3DS war für mich mit Abstand der schwächste Ableger und deshalb hoffte ich, dass Color Splash wieder zu den alten Stärken der Reihe zurückkehren würde. Ob dem neuen Paper Mario das gelungen ist, erfahrt ihr im Review.

Das Abenteuer entfaltet sich

Die Geschichte von Paper Mario: Color Splash beginnt, als Prinzessin Peach einen seltsamen Brief in Form eines gefalteten Papier-Toads erhält, dem anscheinend sämtliche Farbe entzogen wurde. Natürlich begibt sie sich mit unserem Lieblings-Klempner auf die Suche nach der Ursache und dem Verfasser und landet schließlich auf der Insel Prisma, genauer gesagt im hübschen Hafenstädtchen Port Prisma. Das sieht jedoch nur auf den ersten Blick wie ein friedvolles Örtchen aus. Schnell wird klar, dass dort etwas nicht stimmt und Mario – wer auch sonst – zu Hilfe eilen muss. Auf der ganzen Insel fehlt Farbe, weil die sechs großen Farbsterne gestohlen wurden. Mithilfe eines sprechenden Farbeimers namens Farbian macht sich Papier-Mario auf, um den Dieb zu finden und die Ordnung wiederherzustellen.

Die Handlung ist nicht besonders komplex, legt aber den Grundstein für ein fantastisches Abenteuer, das sich nach und nach im wahrsten Sinne des Wortes entfaltet. Im Vergleich zu Sticker Star wurde wirklich an allen Stellschrauben gedreht: Noch nie hat ein Paper-Mario-Spiel so wunderschön ausgesehen, mit so gut geschriebenen Dialogen und tollem Humor geglänzt und einen dermaßen schönen Soundtrack geboten. Dennoch gibt es ein paar Aspekte, die nicht ganz so gelungen sind und noch viel Potenzial ungenutzt lassen.

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Ein Kampfsystem mit Abstrichen?

Fans der ersten Paper-Mario-Spiele schätzen diese vor allem wegen der spielerischen Tiefe, die durch das durchdachte RPG-System geboten wurde. Die Kämpfe waren fordernd, gerade vor Bosskämpfen war grinden nötig, nach erfolgreichen Kämpfen gab es Erfahrungspunkte als Belohnung, bei einem Levelanstieg galt es, in die richtigen Stats zu investieren, Orden wollten klug eingesetzt werden und genau so wichtig war es, Begleiter strategisch ins Spiel zu bringen. All das wurde in Sticker Star gestrichen und durch Sticker ersetzt, die in den Kämpfen verbraucht wurden und als Belohnung nach Kämpfen gewonnen werden konnten, wodurch sich kein steigender Schwierigkeitsgrad ergab und es einfach möglich war, Kämpfe auszulassen – bis auf Bosskämpfe, die besondere Sticker benötigten. Paper Mario: Color Splash bietet die oben genannten, traditionellen RPG-Elemente ebenfalls nicht und geht mit Karten als zentrale Elemente im Kampf einen etwas anderen Weg.

Das ist allerdings nicht so schlimm, wie man auf den ersten Blick vermuten mag. Die Karten haben nicht ganz so viel mit Stickern gemeinsam, denn sie setzen auf den Einsatz von Farbe. Farbe ist im gesamten Spiel von großer Bedeutung, denn Farbian stattet Mario mit der Fähigkeit aus, durch seinen Hammer Farbe in die Welt zu bringen und diese auch im Kampf zu nutzen. Bei den Karten handelt es sich um verschiedene Aktionen, die Mario im Kampf durchführen kann, beispielsweise diverse Sprünge oder Hammerschläge, Feuer- oder Eis-Blumen oder POW-Blöcke und vieles mehr. Auch mehrere Karten lassen sich im Laufe des Spiels in einem Zug spielen und wenn Mario diese einsetzt, kann er sie einfärben, um sie zu verstärken. Natürlich gibt es auch wieder Action-Kommandos, das heißt, wer im richtigen Moment während des Angriffs oder der Abwehr den A-Knopf drückt, verstärkt die jeweilige Aktion. Wenn Gegner dann geschwächt sind, wird das an ihrer fehlenden Farbe bemerkbar.

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Wenn ihr siegreich aus Kämpfen hervorgeht, erhaltet ihr unter anderem Münzen, Farbe und neue Karten, die es oft gar nicht im Laden in Port Prisma zu kaufen gibt. Farbe füllt außerdem die Farbanzeige auf und kann nirgends käuflich erworben werden. Karten sind also besser als Sticker, aber dem strategischen Gameplay aus den Kämpfen früherer Ableger kann man damit immer noch keine Konkurrenz machen. Dazu kommt, dass sich das Kampfgeschehen hauptsächlich auf dem GamePad abspielt. Während auf dem TV der Kampf dargestellt wird, verlagert sich das Menü und die Auswahl der Karten komplett auf das GamePad. Das ist oft umständlich, weil man beide Bildschirme im Auge behalten muss und per Hand manuell Karten auswählen, färben und durch Schnippen in den Kampf bringen muss.

Wer Sticker Star gespielt hat, dürfte einige der sogenannten Dingse wiedererkennen. Dabei handelt es sich um dreidimensionale Objekte wie beispielsweise einen Ventilator oder Feuerlöscher, die sich später auch im Kampf einsetzen lassen. Zuerst wollen sie ausgequetscht werden, um so Farbe zu gewinnen und dann verwandeln sie sich in besondere Karten. Gerade bei Bosskämpfen nehmen diese Sonderkarten eine wichtige Rolle ein, weil bestimmte Dingse oft vorausgesetzt werden.

Erkundungstour auf der Insel Prisma

»Wenn man Color Splash als Adventure und nicht als ausuferndes Rollenspiel betrachtet, ist es ein rundum gelungener Titel.«

Auf der Suche nach den Farbsternen begeben sich Mario und Farbian durch die verschiedenen Abschnitte der Insel Prisma. Paper Mario: Color Splash legt den Fokus hier eindeutig auf das Erkunden und Rätseln. Hier wird klar, was das Spiel eigentlich sein möchte: Ein Adventure und kein ausuferndes Rollenspiel. Wenn man Color Splash unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, ist es ein rundum gelungener Titel. Schritt für Schritt entdeckt ihr neue Teile der Insel Prisma, während ihr euch auf einer Oberwelt, die als typische Karte, wie man sie aus anderen Mario-Spielen kennt, daherkommt, für die einzelnen Level entscheidet. Diese werden nach und nach im Laufe der Story freigelegt, wobei ihr öfters in bereits besuchte Level zurückkehren müsst, da sich später neue Abschnitte und Wege freilegen lassen. Manchmal kann das ein bisschen zu Verwirrung führen, wenn ihr irgendwo einen bestimmten Gegenstand braucht und nicht wisst, wo ihr suchen sollt und dann ziellos alle betretbaren Level abklappert, in denen noch Mini-Farbsterne zu holen sind.

83a3a84f807cc2af5cc7604ef65858abInnerhalb der unterschiedlichen Level werdet ihr auf allerlei Rätsel und Puzzles stoßen, die ihr lösen müsst, um neue Wege freizuschalten oder den jeweiligen Abschnitt zu beenden. Dabei kommt es oft vor, dass ihr euch storybedingt in witzigen Momenten wiederfindet und zu den ulkigsten Problemlösungen greifen müsst. So gibt es beispielsweise eine Stelle, an der ihr die einzelnen Kleidungsstücke eines besonderen Toads finden müsst, die im ganzen Level verstreut sind, damit er euch zu Hilfe eilt. Eine weitere interessante Spielmechanik stellt das Ausschneiden dar, das ihr an bestimmten Stellen nutzen könnt. Mittels GamePad kann Papier-Mario den Hintergrund der Szenerie, in der er sich gerade befindet, mit einer Schere ausschneiden und euch so eine Hilfe zum Überqueren von unzugänglichen Stellen schaffen.

Rätseln, sammeln, kämpfen und entdecken

Neben den sechs großen Farbsternen gibt es zusätzlich noch kleinere Mini-Sterne, die ihr in den einzelnen Level durch erfolgreichen Abschluss erhaltet und die anschließend weitere Level freilegen. Während ihr euch durch die Level bewegt, trefft ihr immer wieder auf weiße, farblose Flecken, die ihr dann mit einem Schwung des Hammers wieder einfärben könnt. Habt ihr 100 Prozent aller dieser Flecken beziehungsweise Flächen mit Farbe bedeckt, schaltet ihr den Soundtrack des jeweiligen Levels frei, den ihr euch dann im Museum in Port Prisma jederzeit anhören könnt. Dort habt ihr auch die Möglichkeit, eure Karten zu spenden, um noch mehr Dinge zum Ansehen und Anhören freizuschalten. Die verschiedenen Orte auf der Insel Prisma bieten jede Menge Abwechslung: Ihr werdet auf eurer Reise durch grüne, mit Blumen bewachsene Gebiete streifen, an historischen Ausgrabungsstätten innehalten, über perlenweiße Strände unter Palmen am azurblauen Meer spazieren oder euch durch die tiefsten, verschlungensten Dschungel kämpfen.

24d284f9ff5e66838ed2616eeb87fff2Dabei gibt es in jedem dieser Level eine kleine Geschichte, die sich mit jenen aus anderen Gebieten überlagert und Teil der großen Hauptgeschichte wird. Es hat mir besonders viel Spaß gemacht, auf die unterschiedlichen Charaktere zu treffen und mich ihrer Probleme anzunehmen. Die kleinen Ereignisse lockern nicht nur Marios Abenteuer auf, sondern geben Spielern auch die Gelegenheit, die Welt und ihre Bewohner näher kennenzulernen. Zwar besteht diese auf der „guten Seite“ hauptsächlich aus Toads, denen aber allesamt mit lustigen Sprüchen, Dialogen oder Aktionen charakterliche Tiefe verliehen wurde. Dadurch wird den eher schlichten Toads Leben eingehaucht, sie fühlen sich einzigartig an und stechen aus der Masse heraus. Leider wurde diese erzählerische Stärke nicht auf die Optik der Toads übertragen, denn sie sehen meist gleich aus und variieren oft nur farblich. Wer die ersten Paper-Mario-Teile kennt, weiß, wie viel Potenzial beim Charakterdesign möglich gewesen wäre. An dieser Stelle denke ich zum Beispiel an Toadskova, Gumbrina und Gumbario, Koopio oder Buhutler aus den früheren Spielen.

»Die Stärken von Paper Mario: Color Splash liegen neben dem Leveldesign vor allem in der Präsentation.«

Die Stärken von Paper Mario: Color Splash liegen neben dem Leveldesign vor allem in der Präsentation. Für mich ist es nicht nur das Paper Mario, das am schönsten aussieht, sondern auch das optisch beste Wii-U-Spiel. Nach typischer Nintendo-Rezeptur punktet es mit einem knallbunten, niedlichen Artdesign, das in Kombination mit dem Papier-Look das Setting perfekt unterstreicht. Die ganze Welt besteht aus Elementen aus Papier und Pappe, in der alle Bäume, Blumen, sogar die Wellen, dank qualitativ hochwertiger Texturen, wie gebastelt wirken. Dazu kommt der überragende Soundtrack, der die einzelnen Schauplätze der Welt unter anderem auch mit orchestralen Tönen fantastisch einfängt.

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Fazit

»Paper Mario: Color Splash ist eine gelungene Mischung aus Erforschen, Kämpfen und Rätseln, die mit der bezaubernden Darstellung zahlreiche Stunden an Spielspaß bietet. Kein Paper Mario sah bisher so wunderschön aus und ich wage zu behaupten, dass auch kein Spiel der Reihe bisher so viel Humor besaß. Jedoch kann Color Splash in puncto Spieltiefe und Strategie mit den ersten Ablegern nicht mithalten, weil der RPG-Aspekt wie schon zuvor in Sticker Star nicht mehr so viel Bedeutung einnimmt. Wer das klassische, rundenbasierte Kampfsystem mit Begleitern und steigendem Schwierigkeitsgrad vermisst, den lässt auch Color Splash enttäuscht zurück. Wer sich hingegen damit arrangieren kann, dass die Paper-Mario-Reihe sich mehr und mehr dem Adventure-Genre zuwendet, und Gefallen an einer liebevoll ausgearbeiteten Spielwelt findet, dem kann ich Paper Mario: Color Splash ohne zu zögern ans Herz legen.«

 

Story: Eher typische Mario-Story mit wenig Tiefgang, aber mit umso mehr kleineren, in sich geschlossenen Geschichten, die auf ganzer Linie überzeugen.

Gameplay: Ein bunter Mix aus Rätseln, Erkunden und Kämpfen, wobei die Kämpfe eher wenig mit einem komplexen RPG-System gemein haben.

Grafik: Farbenfroh, detailliert und liebevoll gestalteter Papier- und Karton-Look, der das Spiel zu einem optischen Wii-U-Highlight macht.

Sound: Tolle, komponierte Melodien, die auf jedes Gebiet thematisch abgestimmt sind, inklusive Remixes aus dem gesamten Mario-Universum.

Sonstiges: Die Spielzeit beträgt circa 25-30 Stunden, je nachdem wie zügig man sich den Story-Abschnitten widmet.