Anime News Test TOP

Angeschaut! Ronja Räubertochter Vol. 1

Jahr2014-2015
AnimationPolygon Pictures
PublisherUniversum Film
Release14.10.2016
GenresAbenteuer
Kaufenhttp://rpgsquare.de/images/sections/120/content/amazon-logo.jpg

Seit Hayao Miyazaki und Isao Takahata im Jahr 1974 die legendäre Anime-Adaption des Romans „Heidi“ schufen, wurde es für viele Folgejahre zu einem Trend, klassische Kinderbücher als Anime-Serien umzusetzen – diese von Nippon Animation animierten Serien werden heute unter dem Namen „World Masterpiece Theater“ zusammengefasst. Bis 1996 liefen durchgehend Titel dieser Art, von „Anne mit den roten Haaren“ über „Die Abenteuer von Tom Sawyer“ bis hin zu „Die schwarzen Brüder“. Einige davon wurden auch vor vielen Jahren im deutschen Fernsehen ausgestrahlt und gelten heute als Klassiker. Zwischen 2007 und 2009 wurde dieser Trend kurzzeitig wiederbelebt, fror aber schnell wieder ein.

Ronja Räubertochter lässt sich zwar nicht in den Nippon-Animation-Kanon einordnen, ist aber offensichtlich die Anime-Umsetzung eines klassischen Kinderbuchs und fühlt sich auch ein bisschen wie eine Serie von damals an. Goro Miyazaki (Die Chroniken von Erdsee, Der Mohnblumenberg), Sohn von Hayao Miyazaki, führte Regie bei der von Polygon Pictures animierten 3D-CGI-Serie und bei der Produktion leistete Studio Ghibli Assistenz.

Universum Anime hat nun begonnen, „Ronja Räubertochter“ in Deutschland zu veröffentlichen. Wir haben einen Blick auf die ersten sechs Folgen geworfen!

Über Ronja Räubertochter

Viele Fans mögen sich fragen, warum Ronja Räubertochter nicht als handgezeichnete Serie umgesetzt wurde. Die Antwort darauf lässt sich verschiedenen Interviews mit Goro Miyazaki entnehmen: Während 2D-Animation ihre Mittel schon ausgeschöpft habe, würde in 3D-Animes noch viel ungenutztes Potential stecken. Er selbst wolle neue Wege erschließen, statt sich in einem Gebiet zu bewegen, in dem er kein neues Land mehr erschließen könne.

ronja-raeubertochter-bild-01Erfreulicherweise lassen sich die Ghibli-artigen Charakterdesigns erstaunlich gut auf 3D-Modelle übertragen. Dies zeigte bereits Ni no Kuni gut und Ronja Räubertochter ist ein weiteres Beispiel dafür. Eine Schwäche klassischer, handgezeichneter Animes ist es, dass Bewegungen häufig spärlich und noch weniger wirklich räumlich dargestellt werden. Bei Ronja Räubertochter sieht man schon im Opening-Video, wie sehr die Serie von der 3D-Technologie profitiert. Sich drehend tanzt Ronja durch den Wald und dabei sieht man sie aus verschiedenen Winkeln und Perspektiven. Eine solche Darstellung wäre in handgezeichneter Form nur mit großem Aufwand möglich gewesen. Auch in alltäglichen Szenen ist mehr Bewegung auszumachen. Auf der anderen Seite sind die 3D-Modelle deutlich weniger komplex als viele der heutigen handgezeichneten Animeserien: Die Kolorierung beschränkt sich auf einfache Farben, die Haare sehen sehr vereinfacht aus und die Schattierungen sind sehr simpel gehalten. Im Grunde genommen entspricht das dem typischen Ghibli-Stil, aber man merkt dennoch, dass an vielen Feinheiten noch gearbeitet werden könnte.

Dennoch ist die allgemeine Kritik am Stil der Serie nicht ganz berechtigt: Sie stammt größtenteils von Leuten, die klassische 2D-Animation gewohnt sind und sich mit dem Stil von Ronja Räubertochter einfach nicht anfreunden können. Dabei ist die Serie aus technischer Sicht durchaus gelungen. Natürlich sind westliche Animationsfilme von Disney, Pixar und Dreamworks wesentlich aufwendiger umgesetzt (natürlich auch mit dem vielfachen Budget), jedoch harmoniert der Stil von Ronja Räubertochter erfreulich gut mit der eingesetzten 3D-CGI-Animation.

Für die Musik ist Satoshi Takebe verantwortlich, der mit Goro Miyazaki bereits bei „Der Mohnblumenberg“ zusammenarbeitete und dort einen exzellenten Soundtrack komponierte. Auch die Musik von Ronja Räubertochter ist sehr gelungen; einige Stücke sind so schön, dass man sie sich auch nach dem Gucken noch anhören will. Für die Musik wurden viele mittelalterliche Instrumente verwendet, was für einen Klang sorgt, der sehr zum Setting passt.

ronja-raeubertochter-bild-03Der Inhalt des Romans von Astrid Lindgren wurde in Form von 26 TV-Episoden à 25 Minuten umgesetzt. Die Anime-Adaption ist also deutlich länger als beispielsweise die schwedischen Filme. Die Zielgruppe sind eindeutig Kinder, doch eignet sich die Serie auch gut als Unterhaltung für die ganze Familie. Besonders in den ersten Folgen merkt man, dass der Humor eher auf eine jüngere Zielgruppe ausgerichtet ist, doch mit fortschreitender Geschichte werden auch viele ernstere, bewegende und herzerwärmende Themen behandelt, die Zuschauer aller Altersgruppen begeistern werden können.

Die Geschichte schreitet, wie auch damals bei den „World Masterpiece Theater“-Umsetzungen, recht gemächlich voran. Sie lässt sich, und das kann man heute von vielen Anime-Serien nicht mehr behaupten, aber auch Zeit für ihre Charaktere und ihre Themen. Die Abenteuer von Ronja im Wald, ihre Treffen mit Birk, der Streit mit ihrem Vater und andere Ereignisse werden mit entsprechender Zeit gewürdigt und emotionale Momente werden mit viel Feingefühl umgesetzt. Dafür muss man Goro Miyazaki ein großes Lob aussprechen. Bereits mit „Der Mohnblumenberg“ bewies er, dass er Talent für die Inszenierung zwischenmenschlicher Beziehungen und alltäglicher Momente hat. Das kann auch über seine Regie von „Ronja Räubertochter“ gesagt werden.

Mit den schwedischen Filmen kann man die neue Anime-Umsetzung freilich nicht vergleichen: Sie ist weniger dunkel, freundlicher und Ronja wirkt merklich jünger. Sie fühlt sich aber auch mehr wie ein klassisches Abenteuer an und besitzt eine herzerwärmende Komponente, die in den Filmen weniger intensiv zur Geltung kommt. Beide Interpretationen des Kinderbuchs von Astrid Lindgren sind sehenswert und beide setzen andere Schwerpunkte.

Als ich die Anime-Umsetzung zur japanischen TV-Ausstrahlung erstmals sah, hatte ich zunächst eher mittelmäßige Erwartungen. Im Verlauf der Serie beeindruckte mich die Inszenierung aber mehr als einmal und besonders die feinfühlige Darstellung der bewegenderen Momente ließ mich die Charaktere sehr in mein Herz schließen. Insbesondere die spannungsgeladene Beziehung zwischen Ronja und ihrem starrköpfigen Vater Mattis sorgt im Mittelteil der Serie für extrem intensive Momente, die ich in dieser Ernsthaftigkeit von der Serie gar nicht erwartet hätte.

ronja-raeubertochter-bild-02

Die deutsche Veröffentlichung

SynchronstudioEuroSync GmbH
DialogregiePetra Barthel
DialogbuchPetra Barthel
RonjaSarah Kunze
MattisMatti Klemm
LovisKatrin Zimmermann
BirkBen Hadad

Das Erste, was beim Einlegen auffällt, ist, dass das Opening auf Deutsch eingesungen wurde, was bei Animes heute quasi gar nicht mehr passiert. Das zeigt, dass die Zielgruppe der Serie nicht die typischen Anime-Fans sind, sondern eher jüngere oder wenig Anime-affine Zuschauer. Im Japanischen wurde das Lied von Aoi Teshima gesungen, die für Goro Miyazaki unter anderem einige Lieder für „Die Chroniken von Erdsee“ und „Der Mohnblumenberg“ sang. Welche Sängerin die deutsche Fassung gesungen hat, konnten wir leider nicht in Erfahrung bringen. Das von Ronjas Mutter Lovis gesungene „Lied der Wölfe“ wurde ebenfalls (und sehr schön!) auf Deutsch eingesungen. Auch die Credits im Opening und das Titellogo wurden lokalisiert, was ebenfalls selten ist. Leider wurde das Ending-Lied „Player“ entfernt (auch in der japanischen Sprachausgabe); stattdessen wird auch dort das Opening-Lied gespielt. Ob das eine bewusste Entscheidung war oder aufgrund von Lizenzproblemen so gehandhabt wurde, wissen wir nicht.

Direkt bei der ersten Folge, die sich primär um die Räuberbande kurz vor und kurz nach Ronjas Geburt dreht, merkt man, wie viel Mühe sich Universum Anime und die Sprecher bei der Vertonung gegeben haben. Die Charaktere sind alle gut bis hervorragend vertont und bereits der hitzige Anfangsdialog zwischen Mattis und Borka sprüht vor Lebendigkeit. Die Tänze der Räuber, ihr ausgelassenes Lachen, die Erzählerstimme, Mattis (Matti Klemm) und Lovis (Katrin Zimmermann) sind alle hervorragend getroffen und inszeniert worden. Auch das Synchronskript ist sehr gelungen.

ronja-raeubertochter-vol-1-coverAb Folge 2 dreht sich die Serie ganz um Ronja. Sie wurde von Sarah Kunze vertont, die gute Arbeit leistet und Ronja wie ein authentisches, junges Mädchen klingen lässt. Allerdings wirkt die deutsche Ronja auch weniger energiegeladen als ihr japanisches Pendant, was insbesondere in Szenen auffällt, in denen Ronja besonders begeistert oder energisch ist. Das Gleiche lässt sich in etwa auch über Birk (Ben Hadad) sagen. Unterm Strich sind aber beide gut besetzt worden und auch wenn es hier und da ein paar Dinge auszusetzen gibt, sind auch Ronja und Birk im Deutschen gut vertont worden, wenn auch nicht so gut wie die vielen erwachsenen Figuren in der Serie.

Die deutschen Untertitel sind wie üblich weiß mit schwarzem Rand und sind sprachlich immer einwandfrei. Es handelt sich auch nicht um Dubtitles und an ihnen ist nichts auszusetzen. Ein kleiner Makel an der Veröffentlichung ist, dass die einzelnen Folgen nicht in Kapitel unterteilt sind (zum Beispiel Opening, Anfang der Folge, Mitte der Folge, Vorschau, Ending). So kann man nicht beispielsweise zur Mitte einer Folge springen, sondern immer gleich direkt zur nächsten.

Bonusmaterial gibt es keines, auf der Disc befinden sich neben den ersten sechs Folgen lediglich die üblichen Trailer zu Filmen von Universum Anime. Gelobt werden muss auch der für Anime-Verhältnisse niedrige Preis.

Fazit

»Ronja Räubertochter ist eine ausgesprochen schöne Abenteuerserie, die zwar in erster Linie für eine jüngere Zielgruppe produziert wurde, durch einige ernste Themen und feinfühlig umgesetzte oder herzerwärmende Szenen auch ältere Zuschauer begeistern kann und im Westen definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient, als sie bisher erhalten hat. Das Quellmaterial wurde dabei mit viel Respekt umgesetzt und zugleich auf eine völlig neue Weise interpretiert. Die deutsche Veröffentlichung wurde mit viel Liebe lokalisiert und ist insgesamt sehr empfehlenswert.«

 

 

Technische Daten & Extras

  • Episoden: 1-6 (von 26)
  • Laufzeit: 153 Minuten
  • Bild: 1080p High Definition , Bildformat 16:9
  • Audio: Japanisch (DTS-HD Master Audio 2.0), Deutsch (DTS-HD Master Audio 2.0)
  • Untertitel: Deutsch (weiße Schrift, schwarzer Rand)
  • Bonusmaterial: –
  • Extras: –
  • Altersfreigabe: ab 6