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Im Test! Nights of Azure

Im Vorfeld zur Ankündigung von Nights of Azure, welches der japanischen Spielgemeinde zunächst nur unter dem Originalnamen Yoru no nai Kuni ein Begriff war, wurde schon ordentlich der Mund mit schönen Artworks zum Spiel wässerig gemacht. Der Entwickler Gust ist vielen hierzulande zwar nur durch die Atelier-Spiele ein Begriff, doch auch RPG-Perlen wie Ar tonelico und Mana Khemia stammen aus deren Feder und genießen in Fan-Kreisen hohes Ansehen. Auch der Mutterkonzern Koei Tecmo war bei der Entwicklung beteiligt und so entstand ein Action-Rollenspiel, welches mit besagten Artworks, einigen Musikschnipseln und eben diesen berüchtigten Entwicklern von Gust die Erwartungen bei manchen höher geschraubt haben dürfte. Der Release zum 1. April in Europa war kein Aprilscherz, doch ob sich das Spiel im Endeffekt als ein schlechter Scherz entpuppt, wird man sehen. Viel Spaß beim Test zu Nights of Azure!

Von nächtlichen Dämonen und der Liebe zwischen Frauen

Liebesgeschichte ohne Klischees
Liebesgeschichte ohne Klischees

Nights of Azure beschreibt die Geschichte um den Halbdämon Arnice und dessen Freundin Lilysse, die sich nach einiger Zeit auf der Insel Ruswal wiedertreffen. Arnice und Lilysse wurden von einer Organisation namens Curia nach Ruswal gebeten, um die Straßen von Dämonen zu säubern. Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass Lilysse zum neuen Saint ernannt wurde, dessen Aufgabe es ist, die Ankunft des Nightlords abzuwenden, der den Menschen endgültig die Nacht verwehren soll. Der Saint kommt allerdings immer im Doppelpack mit einem Holy Knight, der diesen mit seinem Leben beschützt. Natürlich nimmt sich Arnice dieser Bürde an und die Geschichte nimmt ihren Lauf.

Um die Tragik hinter den Ereignissen zu verstehen, kommt nun eine kleine Lehrstunde im Dämonenversiegeln. Um den Nightlord für eine weitere Periode zu versiegeln, muss der Saint den sogenannten Blauen Altar aufsuchen und bezahlt mit seinem Leben in dem Prozess. Die andere Möglichkeit ist es, dass der Holy Knight im Kampf mit dem Nightlord zu einem Dämon wird und somit sein menschliches Leben gänzlich hergibt. Eine ziemlich knifflige Situation für die beiden, wenn man bedenkt, dass diese ein inniges Band der Liebe verbindet…

Die Story birgt eigentlich recht viel Potential in sich, jedoch verpasst man es leider dieses auszuschöpfen. Nicht nur, dass das Spiel kaum 20 Stunden dauert, man setzt auch viel zu wenig daran, die Story in der Tiefe auszubauen. Zum Ende winkt ein Twist, der mit Sicherheit interessanter hätte sein können, wenn man den Weg dorthin mit mehr Material gefüllt hätte. Es fehlt leider bis zum Schluss an komplett durchdachtem Storytelling. Schade, denn gerade das Ende weiß trotz allem zu überzeugen.

»Es fehlt leider bis zum Schluss an komplett durchdachtem Storytelling. Schade, denn gerade das Ende weiß trotz allem zu überzeugen.«

Mit mehr Leben wurde hingegen die Liebesbeziehung zwischen den beiden Damen bedacht. In Nights of Azure setzt man auf eine erwachsene Darstellung der Liebe zwischen Menschen, anstatt auf das übliche Japano-Klischee der kindlichen, scheuen Zuneigung zurückzugreifen mit Momenten peinlicher Berührtheit oder Gekicher. Die Liebe steht als Bindeglied zwischen den beiden und wird als etwas komplett Normales von allen Beteiligten wahrgenommen und behandelt. Hierbei ist es auch vollkommen egal, ob es sich um eine Beziehung zwischen Frauen handelt, denn auch das wird im Spiel gar nicht als erwähnenswert gesehen. Nach jedem Kapitel wird ein Teil der Hintergrundgeschichte beider Frauen zum Nachlesen freigeschaltet und baut so das Gerüst noch ein wenig mehr aus.

Hätte man sich im gleichen Maße mit der Geschichte befasst und diese mit mehr Details und Motivation gefüllt, so hätte Gust schon wieder eine kostbare Perle ans Ufer gespült. Nights of Azure fehlt zumindest storytechnisch ein wenig Fleisch am Knochen.

Servus servorum Daemonis

Servan sind die wichtigste Waffe
Servan sind die wichtigste Waffe

Arnice ist zwar der einzige spielbare Charakter, jedoch wird sie von bis zu vier Begleitern, genannt Servan, unterstützt. Diese Untergebenen können im Kampf beschworen werden und kämpfen weitestgehend selbstständig an eurer Seite. Einen gewissen Einfluss hat man dennoch auf die Servan, zum einen wäre da das Auslösen der Burst-Fähigkeiten und zum anderen taktische Befehle, die den Servan sehr grobe Strategien vorgeben. Burst-Fähigkeiten sind für jeden Servan einzigartig und reichen von Attacken mit großem Schaden über Support und Heilung. Hat ein Servan genug SP zur Verfügung, so lassen sich diese Attacken zu jeder Zeit ausführen und mit Arnices Attacken zu langen Angriffsketten verbinden, welche mit Boni belohnt werden.

Während Arnice nach Kämpfen nicht im Level steigt, sieht das bei den Servan anders aus. Servan erhalten nach jedem Ausflug Erfahrungspunkte und auf ein Level-up folgt von Zeit zu Zeit auch die Möglichkeit, deren Abilities zu beeinflussen. Besonders die Party-Abilities sind hier hervorzuheben, denn stellt man sein Team aus Servan so zusammen, dass sich nützliche Fähigkeiten wie Regeneration oder Statusresistenzen ergänzen, hat man ein schlagfertiges Team zusammen, welches jeder Monsterhorde mit Leichtigkeit standhalten kann.

Die verschiedenen Orte auf Ruswal werden nach und nach freigeschaltet und können nach Belieben besucht werden. Auch die recht einfachen Bosse lassen sich immer wieder besiegen, was das Farmen von Gold, Erfahrungspunkten und dem blauen Blut erleichtert. Blut kann auf der einen Seite dazu benutzt werden, um neue Servan und Gegenstände in den Dämonen-Shops zu erhalten, auf der anderen Seite für Arnices Level-Anstieg. Letzteres wird über ein Ritual vollführt, welches dann Arnices Basiswerte erhöht und zudem noch nützliche Skills freischaltet, die man allerdings auch erst erlernen muss.

Skills wie das Verbessern der Kampfperformance mit verschiedenen Waffen oder das Hinzufügen weiterer Servan-Decks und Equipment-Slots verlangen eine gewisse Anzahl an Skill-Punkten, die man zwar auch durch das Blutritual erhält, vornehmlich aber durch sogenannte Day-Time-Aktivitäten erlangt werden. Diese legt man über das Menü fest und wenn man nun genug Zeit mit dem Schnetzeln von Monstern verbracht hat, schließt man auch zusätzlich solche Aktivitäten ab. Leider sieht man nicht mehr davon als einen kurzen Text zum Ende der Kampfresultate.

»Die Kämpfe sind kurzweilig und bringen viel Spaß. Durch das Wechseln der Waffen bringt man etwas Abwechslung in das action-basierte Kampfgeschehen ein.«

Hat man Arnice genug gestärkt und schreitet in der Geschichte voran, werden auch neue Waffen und Verwandlungen freigeschaltet. Die Waffen lassen sich schnell im Kampf wechseln und mit dem dazugehörigen Skill, wenn die Framerate es zulässt, auch zu Kombos verbinden. Das Repertoire reicht hier vom Allround-Schwert über schnelle Degen, die Statusveränderungen herbeiführen können, zu einer magischen Schusswaffe, welche auch Heilungsfähigkeiten besitzt. Besitzt man ein ausreichend hohes Level, wird auch die schlussendlich stärkste Waffe freigeschaltet, die das Wechseln zum Ende des Spiels hingegen unbrauchbar macht.

Während der Kämpfe füllt sich der Verwandlungsbalken und je nach Servan-Zusammenstellung lassen sich daraufhin verschiedene Verwandlungsformen aktivieren. Für eine kurze Zeitperiode nimmt Arnice hier eine andere Form an, die zudem noch ihre Servan verstärkt. Auch hier gibt es ein ähnliches Spektrum an Verwandlungen, die je nach Situation mehr oder weniger hilfreich sein können. Da die Verwandlungen jedoch mit den Servan zusammenhängen, muss man sich schon im Vorfeld Gedanken machen, welche Fähigkeiten man nutzen möchte, denn Einstellungen im Menü lassen sich nur außerhalb der Kämpfe im Hotelstützpunkt in Ruswal erledigen.

Die Kämpfe in Nights of Azure sind kurzweilig und bringen dementsprechend viel Spaß. Durch das Wechseln der Waffen und das Einsetzen der verschiedenen Servan bringt man etwas Abwechslung in das action-basierte Kampfgeschehen ein. Allzu viel taktisches Vorgehen braucht man allerdings auch nicht zu erwarten, denn im Grunde bleibt es dann doch beim fröhlichen Verkloppen von Monstern. Erst zum Ende wird die richtige Servan-Konstellation und vor allem das Level von Arnice wichtig, denn der letzte Boss und die optionalen Gegner haben es dann doch in sich. Schade, dass die anderen Bosse bis dahin eher keine große Herausforderung darstellen.

Ein Hotel ohne Gäste

Der Geschichte fehlt Fleisch am Knochen
Der Geschichte fehlt Fleisch am Knochen

Ist man nicht mit Kämpfen beschäftigt, wird man sich zwangsläufig in Ruswals Hotel wiederfinden. Hier ist der einzige Stützpunkt für unsere Dämonenjäger und auch der einzige Ort, wo man mal mit Leuten reden kann. Leider beherbergt das Hotel kaum Gäste, sodass man auf die Gespräche mit den Servan, dem Hotelier und zwei weiteren NPCs beschränkt ist. Neben der Hotellobby lässt sich noch das eigene Zimmer, der Altar zum Level-Anstieg und eine Arena besuchen. Hier finden zeitweise kleinere Events statt, das Hauptgeschehen bleibt aber auf die karg eingerichtete Lobby beschränkt. Gegen Geld lassen sich hier Ausrüstungsgegenstände erstehen oder Quests annehmen. Später kann man auch Trader um die Welt schicken, die mitunter seltene Gegenstände erlangen können.

Die simplen Quests, welche generischer nicht sein könnten, stehen zuhauf zur Verfügung, darüber hinaus gibt es aber auch Nebenszenarios, die etwas mehr zur Geschichte beisteuern. Diese Szenarios lassen sich bis zum Schluss des Spiels jederzeit erledigen, sodass man sich nie Sorgen machen muss, etwas zu verpassen. Da man von der Story schon nicht mit sehr viel Liebe zum Detail beschenkt wird, braucht man auch nicht viel von den Nebengeschichten zu erwarten, die zum einen von der Anzahl her gering sind, zum anderen auch von der Geschichte nur eine seichte Gemütsaufhellung herbeirufen werden.

Die Einstellungen im Menü sind hingegen wieder etwas spaßiger, wenn man auf so etwas steht. Bei der Servan-Zusammenstellung kann man sich austoben und die kleinen Viecher mit Ausrüstungsgegenständen bestücken oder stärken. Arnices Ausrüstung spielt auch eine große Rolle, denn jedes Teil kommt auch mit besonderen Fähigkeiten daher, die in Kombination äußerst hilfreich sein können. Die Servan- und Equipment-Kombination ist wichtig, bedenkt man, dass es keine aktiv nutzbaren Gegenstände gibt, die man im Kampf für den Support benutzen kann.

Die Arena bietet geringfügig Abwechslung mit kurzen Kämpfen. Meist werden besondere Voraussetzungen für den Sieg gefordert oder verschiedene Einschränkungen vorgegeben. Die Kämpfe in den Dungeons sind aber weitaus spaßiger gewesen als die doch recht blasse Arena.

»Auf PlayStation-4-Niveau ist Nights of Azure lange nicht, doch die fehlende grafische Aufmachung macht man leider auch nicht durch Spielinhalte wett.«

Interessant ist noch, dass die Zeit außerhalb des Hotels beschränkt ist und wenn man nicht gewollt zurückkehrt, wird man gezwungenermaßen zurückgebracht, wenn die Zeit abgelaufen ist. Eine wirkliche Einschränkung ist die Zeitbegrenzung jedoch nur, wenn man sich allein fürs Farmen nach draußen begibt. Die Bereiche sind klein genug, um ohne großes Hetzen bis zum Boss zu kommen. Stirbt man im Kampf, so wird man ebenfalls zum Hotel zurückgebracht, wenn man sich gegen ein Retry entscheidet. Bei diesem seltenen Fall erhält man dennoch die gesammelten Items und Erfahrungspunkte für die Servan, sodass ein obligatorisches Game Over komplett ausbleibt.

Nach dem Durchspielen winken noch zwei optionale Bosse, eine weitere Transformation wird freigeschaltet und Arnices Level lässt sich weiter steigern. Wer noch Kraft hat, genug Blut zu farmen und seine Servan für die neue Verwandlung von null auf erneut zu trainieren, der hat hier noch einiges zu tun. Auch weitere Enden warten darauf, freigespielt zu werden. Das True Ending sieht man, nachdem man sich den optionalen Bossen angenommen hat.

Das Design, ein zweischneidiges Schwert

Grafisch wäre mehr drin gewesen...
Grafisch wäre mehr drin gewesen…

Die aus den späteren Atelier-Spielen bekannten Charakter-Designs bekommt man auch in Nights of Azure geboten. Die beiden Hauptcharaktere sind eigentlich recht hübsch ausgearbeitet. Den kleinen Pluspunkt büßt man aber schon durch lieblose Hintergründe in den Dungeons wieder ein. Sonderlich viel Abwechslung wird einem nicht geboten und neben einem leeren Hotel findet sich auch außerhalb nicht viel, was sonderlich hervorsticht. Auf PlayStation-4-Niveau ist Nights of Azure lange nicht, doch die fehlende grafische Aufmachung macht man leider auch nicht durch Spielinhalte wett. Bei der musikalischen Untermalung wird man hingegen mit einigen sehr schönen Stücken belohnt. Der Song zum Blutritual ist wohl der schönste, den man recht oft im Spiel hören darf.

Betrachtet man die wirklich schönen Artworks zum Spiel, vermisst man diese künstlerische Aufmachung im eigentlichen Spiel doch sehr. Hier wäre gerade in der heutigen Zeit doch noch mehr möglich gewesen. Leider hat man es wohl nicht für nötig befunden, genug finanzielle Mittel für diesen Titel in die Hand zu nehmen.

Spaßig, kurzweilig, abgespeckt

Nights of Azure kann mit seinen kurzweiligen Kämpfen, dem Zusammenstellen der Servan und Ausrüstung überzeugen. Das Gameplay macht Spaß, doch nach nicht einmal 20 Stunden Spielzeit werden anspruchsvolle Rollenspieler das Spiel wohl dann auch zur Seite legen. Die Story bietet sehr viel Potential mit der schönen Liebesgeschichte, doch kommt mit argen Mängeln daher, was die Details und Ausarbeitung betrifft. Hat man die wenigen Nebenszenarien erledigt, so warten nur noch generische Quests auf den Spieler, welche nach Beenden des Spiels nur noch wenige Hartgesottene bei der Stange halten werden. Man kann nur hoffen, dass Gust irgendwann einmal die nötigen Mittel erhält, wieder einmal ein vollwertiges und durchweg befriedigendes Rollenspielerlebnis abliefern zu können.

An Spielspaß mangelt es Nights of Azure zumindest kurzzeitig nicht. Ärgern wird man sich zum Ende dennoch, denn es wäre so viel mehr möglich gewesen.

Story: Klassisch Gut gegen Böse mit einem netten Twist zum Schluss, der in ein schönes Ende mündet. An Details mangelt es leider stark. Eine erwachsenere Herangehensweise an das Thema Liebe bleibt der Pluspunkt.

Gameplay: Spaßig und kurzweilig. Eingängiges Kampfsystem mit kleineren taktischen Einstellungsmöglichkeiten. Servan-Zusammenstellung und Ausrüstung bringen Abwechslung in die Kampfvorbereitungen.

Grafik: Schöne Charakter-Designs treffen auf lieblose Hintergründe und leere Gegenden. Hier ist noch sehr viel Luft nach oben.

Sound: Schöner Soundtrack, den man auch ohne das Spiel genießen kann.

Sonstiges: Kleinere Framerate-Einbrüche, die in der heutigen Zeit unakzeptabel sind. Mehrere Enden, eine Kampfarena und optionale Bosse laden Hartgesottene zum Weiterspielen ein.