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AnimagiC 2014: Unser Interview mit Hideo Baba

Im Gegensatz zum letzten Jahr fand unser Interview mit Hideo Baba, dem Produzenten der Tales-Serie, dieses Mal nicht direkt auf der AnimagiC in Bonn statt, sondern in einem Hotel in der Nähe. Wegen des hohen Lärmpegels letztes Jahr ist das definitiv eine gute Entscheidung gewesen. Ich, Ruben (Blackiris), selbst bin dieses Jahr zum ersten Mal dabei gewesen, mein Mitstreiter Tim (saebaxyz) hatte bereits letztes Jahr die Chance, mit Baba zu sprechen.

In der Lobby des Hotels wurden wir nach einer Weile vom deutschen PR-Team von Bandai Namco, darunter Michael Röder, empfangen. Dort erfuhren wir unter anderem, dass Baba nicht hauptsächlich der PR wegen so viel umherreist, sondern wirklich auch, um mit den Fans Kontakt zu haben. Ebenfalls erfuhren wir, dass die Tales-Serie von Teil zu Teil im Westen besser läuft – das ist doch ein gutes Zeichen!

Wir wurden dann in ein separates Zimmer geführt, in dem Baba uns schon erwartete und freudig zusammen mit Rollo, der Katze aus Tales of Xillia 2 in der Hand, begrüßte. Begleitet wurde er dieses Mal von einer sympathischen Dolmetscherin, die perfektes Deutsch und perfektes Japanisch sprach (vermutlich auch perfektes Englisch). Aus diesem Grund konnten wir das Interview auch auf Deutsch führen, obwohl wir die Fragen auf Englisch vorbereitet hatten.

Bevor wir begannen, musste noch ein weiterer Stuhl herangeschafft werden. Das dauerte einige Minuten und wir konnten in der Zwischenzeit ein bisschen Smalltalk mit Baba führen. Er fragte uns, wo wir herkamen und bedankte sich bei mir dafür, extra den langen Reiseweg auf mich genommen zu haben. (Ich bin mir sicher, dass sein Reiseweg viel länger war). Er erzählte uns, wie sehr er die AnimagiC mag. Veranstaltungen wie die Japan Expo seien zwar auch toll, aber die AnimagiC erinnere ihn von der Atmosphäre her an japanische Schul- und Universitätsfeste, was ihm besonders gefalle. Und dann gratulierte er uns noch zum Sieg bei der Fußballweltmeisterschaft.

Die ganze Zeit über machte Baba einen sehr lebendigen und offenen – bisweilen auch humorvollen – Eindruck. Es betonte mehrfach, dass er die Distanz zwischen ihm als japanischen Entwickler und den westlichen Fans langsam überwinden wolle und dies auch teilweise schon geschafft habe. Ebenfalls erfreulich: Baba plant, mit seinen Auslandsbesuchen auch weiterhin fortzufahren.

Irgendwann wurde dann der benötigte zusätzliche Stuhl gefunden und unser Interview begann.

JPGames.de: Zuerst einmal möchten wir Ihnen ein großes Danke dafür aussprechen, dass sie nach Deutschland gekommen sind und auch dafür, dass sie die Tales-Serie im Westen so stark bewerben. Es gibt wirklich viele Fans, die das zu schätzen wissen und wir glauben, dass dieser Aufwand sich am Ende auszahlen wird.

Baba: Vielen Dank!

Tales of Hearts R (PS Vita)
Tales of Hearts R (PS Vita)

JPGames.de: Ganz besonders freuen wir uns auf Tales of Hearts R, das nun nach längerer Zeit doch noch bei uns erscheinen wird. Was waren die Gründe dafür, die letztlich zu einer Lokalisierung führten?

Baba: Vor ungefähr drei Jahren haben wir damit begonnen, die Tales-Serie vor allem in den USA und Europa stärker zu promoten. In Japan erschien in dieser Zeit zuerst Tales of Innocence R, danach Tales of Hearts R. Während dieser Promotions-Aktivitäten haben wir von vielen Seiten gehört: „Bitte bringt diese Spiele zu uns.“ Da Hearts R der aktuellste Titel war, war es das Spiel, bei dem eine Lokalisierung für den europäischen bzw. amerikanischen Markt am besten möglich war.

JPGames.de: Die nächste Frage knüpft direkt daran an. Besteht die Möglichkeit, dass wir auch Tales of Innocence R in nächster Zeit hier sehen werden?

Baba: Mit der Lokalisierung von Tales of Hearts R haben wir wirklich eine Ausnahme gemacht. Dadurch, dass wir so viele Anfragen von den Fans bekommen haben, wollten wir ihnen diesen Wunsch einfach erfüllen. Bei Tales of Innocence R war wie auch bei Hearts R gar keine Lokalisierung vorgesehen, und das ist auch immer noch nicht der Fall. Nachdem Hearts R jetzt diese Ausnahme war, kann ich im Moment noch keine Aussage darüber treffen, ob Innocence R jemals auf dem europäischen Markt erscheinen wird.

JPGames.de: Das heißt, man wartet die Verkaufszahlen von Tales of Hearts R ab?

Baba: (lacht) Sagen wir es so: Nicht nur die Verkaufszahlen, sondern je mehr Leute das Spiel spielen, desto mehr könnte sich etwas in diese Richtung verändern.

JPGames.de: Ich kaufe es mir einfach zehnmal und spiele es zehnmal.

Baba: (lacht) Wenn Ihre Freunde das dann genauso machen werden, hätten wir einen schönen Schneeballeffekt.

JPGames.de: Die nächste Frage dreht sich auch um ein Tales, das hier nie erschien: Tales of the Tempest. Besteht die Möglichkeit, dass dazu irgendwann ein Remake erscheint?

Baba: Es war auch in Japan eine Zeit lang im Gespräch, ein Remake oder Vergleichbares zu Tales of the Tempest zu machen. Aber wie auch bei Innocence R ist derzeit nichts geplant. Aber auch in Japan gibt es sehr viele, die sich so ein Remake wünschen.

JPGames.de: Vor Kurzem erschien ja eine HD-Version zu den Symphonia-Spielen. Gibt es Pläne für ein Remaster zu anderen Tales-Spielen?

Baba: Auch die HD-Version zu Tales of Symphonia war eher eine Ausnahme, weil das Spiel in diesem Jahr gerade sein zehntes Jubiläum feierte und es eines der beliebtesten Tales-Spiele ist. Für andere Spiele ist derzeit kein Remaster geplant. Das hängt auch damit zusammen, dass wir so viele Spiele haben, dass es ständig irgendwelche Jubiläen gibt, und wenn wir dann immer ein HD-Remaster produzieren würde, würden wir nichts anderes mehr machen.

Tales of Xillia 2
Tales of Xillia 2

JPGames.de: Die nächsten Fragen drehen sich um Tales of Xillia 2, das ja bald bei uns erscheint. Sehr viele Leute – uns eingeschlossen – freuen sich auf das Spiel.

Baba: Vielen Dank!

JPGames.de: In Tales of Xillia 2 geht es viel um Entscheidungen und diese beeinflussen anscheinend auch die Geschichte. Wie stark ist dieser Einfluss?

Baba: Wie Sie schon richtig sagen, verändert sich die Geschichte abhängig davon, was der Spieler in der Rolle des Protagonisten Ludger für Entscheidungen trifft. Je nachdem, welche Entscheidung getroffen wird, wird ein anderes Event ausgelöst. Allerdings ist es nicht so, dass sich das Spiel in eine vollständig andere Richtung entwickelt, wenn man andere Entscheidungen trifft. Die breite Richtung bleibt die gleiche, aber es gibt verschiedene Enden.

JPGames.de: Dreht sich Tales of Xillia 2 mehr um Elympios als der erste Teil?

Baba: Wie Sie schon sagen ist Elympios der Hauptschauplatz, aber es gibt auch einige Punkte, an denen man nach Rieze Maxia geht. In Tales of Xillia 2 wird man häufig zwischen diesen beiden Orten hin- und herwandern.

JPGames.de: Ludger, der Protagonist, beherrscht mehrere Kampfstile. War es schwierig, einen im Kampf so vielseitigen Charakter zu entwickeln?

Baba: Ich würde nicht unbedingt sagen, dass die Entwicklung schwieriger war, aber sie hat viel mehr Spaß gemacht, weil wir dadurch mehr Freiheit hatten. Normalerweise hat ein Protagonist ein Schwert und kann vielleicht noch ein bisschen Magie verwenden. Ludger hingegen hat drei Waffen: Eine Doppelklinge, eine Doppelpistole und einen großen Hammer, und außerdem hat er noch die Möglichkeit, sich zu verwandeln. Dadurch gab es sehr viel Spielraum.

JPGames.de: Nun stellen wir ein paar Fragen zu den Tales-Spielen, die sich aktuell in Entwicklung befinden, Tales of Zestiria und Tales of the World: Reve Unitia. Tales of Zestiria verwendet ein anderes Kampfsystem als die bisherigen Spiele. Warum wurde die Entscheidung getroffen, das Kampfsystem zu verändern?

Tales of Zestiria
Tales of Zestiria

Baba: Weil Tales of Zestiria noch gar nicht erschienen ist, kann ich dazu nicht so viel sagen. Aber auch Tales of Zestiria ist wieder ein Jubiläumsspiel, diesmal zum 20. Jubiläum der Serie, und deshalb haben wir uns entschlossen, das Gute aus den alten Tales-Spielen mit einem neuen Spielerlebnis zu verbinden. Allerdings ist es auch so, dass das Kampfsystem in jedem Tales neue Elemente beinhaltet hat, und so wird es auch wieder bei Zestiria sein.

JPGames.de: Wir freuen uns darauf! Noch eine Frage zum Spiel: Go Shiina, der schon für Tales of Legendia komponierte, ist bei Zestiria wieder dabei. Ich persönlich freue mich sehr darüber, weil ich ein großer Fan von ihm bin. Warum ist die Entscheidung getroffen worden, ihn an Tales of Zestiria wieder mitarbeiten zu lassen?

Baba: Wie gesagt ist Tales of Zestiria ein Jubiläumsspiel. Als Charakterdesigner werden deshalb [Mutsumi] Inumata, [Kousuke] Fujishima, [Daigo] Okumura und [Minoru] Iwamoto zusammenarbeiten, und auch im Bereich Sound haben wir uns dazu entschlossen, das ähnlich zu handhaben. Deshalb werden Herr Sakuraba und Herr Shiina die Musik zusammen komponieren. Besonders von Herrn Shiina sind wir es gewohnt, sehr gute Musikstücke zu bekommen und deshalb können Sie sich jetzt schon darauf freuen.

Bei Herrn Shiina ist es so, dass er direkt bei uns in der Firma arbeitet. Er möchte immer gleich zeigen, was er gemacht hat und sich unsere Meinungen dazu einholen. Dieses Mal war es auch so, dass am Vortag – ich hätte eigentlich für die Deutschlandreise packen müssen – ein Anruf von ihm kam, und er fragte, ob ich nicht noch kurz ins Studio zu ihm kommen und mir sein neustes Stück anhören könnte. Dann war ich noch kurz dort und das Stück war wirklich sehr schön, und es macht wirklich sehr viel Spaß zuzuhören.

JPGames.de: Die nächste Frage bezieht sich auf Tales of the World: Reve Unitia. Warum wurde aus dem Spiel ein Strategie-Rollenspiel gemacht und gibt es eine Chance, dass wir es im Westen sehen werden?

Tales of the World: Reve Unitia
Tales of the World: Reve Unitia

Baba: Ich würde es nicht Strategie- sondern eher Simulationsrollenspiel nennen. In den anderen Spielen finden die Kämpfe ja in Echtzeit statt, aber in Reve Unitia bewegt man die Figuren einzeln und handelt dadurch, wie Sie auch sagen, strategisch, und simuliert quasi den Ablauf [einer Schlacht]. Weil in diesem Spiel die Charaktere verschiedener Teile an einem Schauplatz zusammenkommen, fanden wir es geeignet für ein neues Spielsystem. Für ein Release im Westen gibt es derzeit allerdings leider noch keine Pläne.

JPGames.de: Dazu noch kurz: Der Begriff Strategie-RPG hat sich hier bei uns im Westen so gefestigt, aber das ist dasselbe, was in Japan „Simulation RPG“ genannt wird.

JPGames.de: Auf unserer Seite, JPGames, haben wir eine Umfrage durchgeführt, um die beliebtesten japanischen Spiele-Entwickler zu ermitteln, bei der Sie am Ende auf Platz 1 gelandet sind. Aus diesem Grund haben wir auch ein paar persönliche Fragen für Sie.

Baba: (lacht und freut sich sichtlich) Warum ausgerechnet ich?

JPGames.de: Weil Sie sich so viel Mühe geben, die Serie im Westen beliebt zu machen. Sie kommen jedes Jahr nach Deutschland, Sie bringen aktuell Tales of Hearts R zu uns und das sind Sachen, die von den Fans gewürdigt werden und ganz viele Leute freuen sich wirklich sehr darüber.

Baba: Ich verstehe. (lacht) Also nicht, weil ich so gut aussehe?

JPGames.de: Das natürlich auch.

Baba: (allgemeines Gelächter) War nur ein Scherz. Ich freue mich darüber natürlich außerordentlich. Durch die Teilnahme an Events in Europa und den USA habe ich immer die Möglichkeit, mit den Fans in Kontakt zu treten und mich auszutauschen. Dort höre ich dann immer Sachen wie „In Tales of Xillia fand ich das besonders gut“ oder „Gibt es nicht die Möglichkeit, Tales of Hearts nach Deutschland zu bringen?“ Auf diese Weise denke ich, dass es in den letzten zwei bis drei Jahren möglich war, die Distanz zu den Fans zu verkleinern, und dass man sich immer näher kommt. Das möchte ich auch in der Zukunft fortführen. Natürlich gibt es auch von den Verkaufsstellen verschiedene Marketing-Strategien, aber ich persönlich möchte weiterhin diesen Weg gehen und Kommunikation zu den Fans halten.

JPGames.de: Wenn wir richtig recherchiert haben, haben Sie 2001 angefangen, bei Namco zu arbeiten. Sie haben mehrfach erwähnt, dass Tales of Phantasia ihr Lieblingsspiel ist. Wie sind Sie das erste Mal mit der Tales-Serie in Kontakt gekommen und wie haben sie angefangen, an ihr mitzuarbeiten?

Baba: Das ist richtig, 2001 habe ich angefangen bei Namco zu arbeiten. Nachdem ich mit der Universität fertig war, habe ich zuerst bei einer anderen Videospielfirma gearbeitet und bin anschließend zu Namco gekommen. Damals war es so, dass es keine sogenannten „Lieder-RPGs“ gab, das heißt, es war nicht üblich, dass Lieder enthalten waren. In dieser Hinsicht war Tales of Phantasia das erste RPG. Das hat mein Interesse geweckt und dann habe ich das Spiel gespielt. Ich fand dann auch das Thema des Spiels sehr interessant – dass es nicht nur darum geht, ein Abenteuer zu erleben, sondern dass das Spiel auch eine Nachricht hat, die transportiert werden soll. Zum Beispiel der Antagonist, Daos, hat seine eigene Einstellung, und die Protagonisten haben ebenso ihre eigenen Ideale. Alle haben für sich recht, aber dann gibt es die Momente, in denen Sie gegeneinander kämpfen müssen. Es gibt viele Ansichten, die miteinander nicht vereinbar sind, was die Situation sehr komplex macht. Diese Tiefe des Spiels hat mich sehr interessiert.

JPGames.de: Als Produzent der Tales-Serie müssen Sie Ihre Zielgruppe natürlich im Auge behalten. Wir mögen die Tales-Serie natürlich sehr gern, aber wenn Sie ein Spiel entwickeln könnten, dass nicht zur Tales-Serie gehört, was für ein Spiel würden sie gern machen?

Baba: Ich persönlich mag Rollenspiele, Abenteuer- und Fantasy-Spiele sehr gerne. Das Material von „Der Herr der Ringe“, wozu es ja auch Spiele gibt, finde ich als Stoff sehr interessant, ebenso wie die nordeuropäischen Mythen und Heldensagen. Ich finde Open-World- und High-Fantasy-Spiele wie Skyrim oder Dragon’s Dogma daher sehr ansprechend.

JPGames.de: Eine Frage liegt uns noch am Herzen. Tales of Vesperia war das letzte Spiel, das einen Cel-Shading-Grafikstil verwendet hat. Sehr viele Spieler mochten diesen Grafikstil gerne, weil er besonders nah am Animestil ist und comichafte Darstellungen ermöglicht. Ist es möglich, dass es irgendwann wieder ein Tales-Spiel in diesem Grafikstil geben wird?

Ruben, Hideo und Tim
Ruben, Hideo und Tim

Baba: Bei Tales of Vesperia war dieser Stil sehr ausgeprägt, wodurch allerdings auch alles etwas niedlicher aussieht. Die Idee für die modernen Tales of-Spiele war es, die Figuren von den Proportionen und auch die Spielwelt realistischer zu gestalten, aber wir versuchen trotzdem, die Oberflächen weichzuzeichnen, damit alles quasi wie in einem Aquarell wirkt. Das ist die Richtung, in die wir uns entwickeln möchten. Es ist nicht so, dass wir das Cel-Shading überhaupt nicht mehr einsetzen, aber wir drängen es nicht so in den Vordergrund [wie bei Vesperia].

JPGames.de: Haben wir noch Zeit?

Baba: Von mir aus schon. Mister Michael? (Er schüttelt den Kopf. Anscheinend haben wir schon ein bisschen überzogen.)

JPGames.de: Gut, die wichtigsten Fragen haben wir auch alle stellen können.

Baba: Vielen Dank!

Anschließend signierte Baba für uns noch ein paar Spiele und wir durften ein Foto zusammen schießen („Ihr dürft mich ruhig berühren“). Dabei erzählte Baba uns, dass er es jedes Mal sehr schön findet, in Austausch mit der Fangemeinde zu treten und von den Fans wahrgenommen zu werden, und dass es für ihn deshalb auch immer wertvolle Reisen sind. Er wünschte uns eine gute Heimreise und erwähnte, wie praktisch es doch wäre, eine Tür („Überall-Tür“) wie aus der japanischen Kinderserie Doraemon zu haben, die einen jederzeit überall hinbringen könnte.

Wir bedanken uns bei Bandai Namco und Hideo Baba für dieses Interview und natürlich auch bei der Dolmetscherin, durch die wir eine reibungslose und ungezwungene Konversation mit Baba führen konnten.