Als Bestandteil unserer Nippon Ichi Software Woche wollen wir heute nochmals einen Blick auf Disgaea 3: Absence of Detention werfen. Seit einigen Monaten ist der Titel für die PlayStation Vita erhältlich. Die Disgaea Reihe erfreut sich nicht nur in Japan dank ihres Humors und den ausgefallenen Kämpfen großer Beliebtheit. Mit der Portierung des dritten Teils, welcher ursprünglich für die Playstation 3 erschien, soll die Begeisterung auch unter den Interessenten der Vita fruchten. Ob das geklappt hat, verrät euch unser Test!
Von Schulschwänzern und Anime Helden…
In der Evil Academy, die Schule der Netherworld, läuft es nicht so, wie man es von normalen Schulen gewohnt ist. Wie es sich für Dämonen und andere Bösartigkeiten gehört, werden in dieser Schule natürlich nur die schlechten Eigenschaften belohnt, weshalb unser Held Mao, durch seine ständige Abwesenheit vom Unterricht, als der beste aller Studenten in der Evil Academy zählt. Mao, der übrigens einen EC (Evil Quotient) von 1.8 Millionen hat, möchte unbedingt ein Held sein, aber nicht weil er Helden verehrt.
Ganz im Gegenteil, als Dämon und daher böse Kreatur hasst er natürlich Helden, aber nach langer Studie zahlreicher Animes und Videospiele kam er zu dem Ergebnis, das einzig Helden in der Lage sind, die bösen Overlords zu besiegen. Sein Vater, der übrigens der Direktor der Schule ist, ist einer dieser Overlords und Mao hat eine offene Rechnung mit ihm zu begleichen. Die logische Schlussfolgerung, auf die er natürlich nur wegen seines hohen EC gekommen ist: Werde ein Held, dann kannst du deinen Dad besiegen! Was der Grund für Mao‘s Hass gegen seinen Vater ist wird natürlich auch erwähnt, aber das hier zu schreiben würde nur den Spaß verderben.
Mao trifft schließlich auf den jungen Menschen mit dem Namen Almaz, der sich selbst zum Held ernannt hat. Mao lässt sich nicht die Chance entgehen, konfrontiert Almaz und stiehlt seinen Titel als Held (fragt bitte nicht, wie man einen Titel stehlen kann!) Seinen Titel beraubt, bekommt Almaz einen neuen Titel mit dem Namen „Demon-in-Training“, der ihn langsam aber sicher in einen Dämon verwandelt. Das freut Almaz natürlich überhaupt nicht, aber er denkt sich, dass wenn er mit Mao kooperiert, er früher oder später seinen alten Titel zurückerlangen wird. Mao und Almaz stellen sich also dem Overlord und Mao ist sich vollends sicher, dass der Sieg sein ist, denn schließlich ist er ja ein Held.
Doch unerwarteter Weise kommt alles wie nicht geplant und Mao wird trotz seines hohen EC von seinem Vater (bzw. seiner Hand, da der Overlord selbst nach Mao‘s Beschreibung „so groß ist, dass er sein Gesicht nie gesehen hat“) besiegt. Nach dem gescheiterten Versuch kommt die unangenehme Wahrheit ans Licht: Almaz ist in Wahrheit kein echter Held, sondern lediglich ein Fanboy, der auf Helden abfährt. Das Chaos ist perfekt: Almaz wird langsam zum Dämon und Mao, der den falschen Titel eines Helden trägt und ebenfalls schon erste Anzeichen einer Veränderung wahrnahm, muss einen Weg aus diesem Schlamassel finden, zuerst einmal den falschen Titel loswerden, aber nicht dabei vergessen, dass er sich noch bei seinem Vater rächen will!
Die Story ist wie von den Disgaea Spielen gewohnt verrückt, vielleicht etwas konfus, aber trotzdem sehr originell und für den ein oder anderen Lacher gut. Neben Mao und Almaz tauchen natürlich viele weitere Charaktere auf, jeder mit seinen Eigenheiten und es fällt nicht schwer, sie alle gleich ins Herz zu schließen… auch wenn die meisten von ihnen de facto böse sind, als Dämon schließlich und so. Was den Spaß jedoch ein bisschen dämpfen kann ist, dass das Spiel nur englische Texte aufweist. Spieler, welche nicht unbedingt behaupten können, Meister der englischen Sprache zu sein, werden vielleicht ihre Probleme haben, dem Storyverlauf konsequent zu folgen. Eine Option, zumindest deutsche Dialogtexte zu haben, wäre schon nett gewesen, aber das war wohl nicht im Budget drin.
10 Million Hours of Fun
Das Gameplay eines Disgaea in Gänze zu beschreiben, wäre sehr zeitaufwendig. Und selbst wenn, würde jeder Leser zuvor die Lust am Lesen verlieren. Deshalb wird dieser Abschnitt so kurz, aber informativ wie möglich gehalten, um lediglich einen schmackhaften Einblick zu erlangen. Grundsätzlich ist das Gameplay ein Aspekt des Spiels, das erst durchs spielen kennengelernt werden muss. Leider wird erst dann auch wirklich ersichtlich, ob das Spiel überhaupt für einen gemacht ist. Wer jedoch im Vorhinein schon ein Freund hoch komplexer Taktik Rollenspiele war, wird mit Disgaea 3 wohl auch seinen Spaß haben.
Dreh- und Angelpunkt des Spiels ist natürlich die Evil Academy oder besser gesagt der Aufenthaltsraum davon, der quasi als Basis für Mao und seine Freunde fungiert. Wenn es mal nicht ans Kämpfen geht, ist dies auch der einzige Rückzugort für den Spieler. Dort lassen sich sämtliche Items und Ausrüstungsgegenstände kaufen, Skills erwerben und natürlich die Haupt- und Nebenquests annehmen. Aber nicht alles auf einmal, denn die einzelnen Optionen werden erst im Laufe der Story freigeschaltet. Ebenso lässt auch das Inventar der Geschäfte am Anfang zu wünschen übrig, aber je mehr man in die Geschäfte durch Kauf und Verkauf investiert, wird auch das Angebot mehr. Ein regelmäßiger Besuch wird durchaus empfohlen.
Neben dem Aufenthaltsraum in der Evil Academy gibt auch den Klassenraum, wo aber natürlich kein Unterricht stattfindet, sondern die Charaktere organisiert und rekrutiert werden. Anhand der Sitzeinteilung im Klassenzimmer lässt sich einstellen, welche Charaktere nebeneinander sitzen, um so z.B. die Chance auf mögliche Combo während den Kämpfen zu erhöhen.
Zu den Kämpfen an sich, diese finden im ersten Blick in ganz klassischer Taktik RPG Manier statt. Der Spieler und der Gegner erhalten abwechselnd Züge, die Charaktere werden bewegt und verschiedene Aktionen wie Angriff, Magie oder Item können ausgewählt werden. Im ersten Blick aber nur. Jeder Spieler wird schnell realisieren, dass es sich bei Disgaea weit mehr als nur um die gewohnte Taktik RPG Kost handelt. Das Kampfsystem ist nur so überfüllt mit verschiedenen Wegen, einen Kampf gekonnt zu meistern. Zum einen wären da natürlich die erwähnten Kombos. Wenn ein Charakter einen Angriff ausführt und ein „befreundeter“ Charakter, also einer der im Klassenraum daneben sitzt, steht in unmittelbarer Nähe, wird die Chance auf einen Kombo erhöht, in dem beide Charaktere gleichzeitig angreifen und so auch mehr Schaden anrichten. Natürlich lässt sich das auch mit noch mehr Charakteren machen.
Ein weiteres interessantes Feature ist das sogenannte Magichange. Wenn der Spieler ein Monster in seinem Team rekrutiert hat (auch das geht!), ist es in der Lage so einen Magichange auszuführen und sich daraufhin in eine besonders starke Waffe für einen anderen, humanoiden Charakter zu verwandeln. Wie mächtig diese Waffe ist, hängt natürlich von der Stärke des Monsters ab und das Monster bleibt auch nicht auf immer und ewig in Form einer Waffe. Ebenso interessant sind die Geo Blocks, farbige Würfel die bestimmte Felder auf einer Karte beeinflussen können, auf positive oder negative Weise. Zum Beispiel können sie Angriff, Verteidigung oder andere Attribute senken oder heben, was für einen selbst wie auch für die Gegner gilt. Wird einer dieser farbigen Blöcke zerstört, geht jedes zugeordnete Feld in Flammen auf und zieht jeder Figur, ob Freund oder Freund, Leben ab. Das ermöglicht sehr nette taktische Vorgehensweisen, wo sämtliche Gegner mit einem Zug besiegt werden könnten, wenn zum Beispiel ein Block auf dem Feld eines anderen Blocks steht.
Das Spiel propagiert selbst, ein Spiel mit Millionen von Spielstunden zu sein. So etwas sollte man natürlich nicht für bare Münze nehmen, aber wer sich auch jenseits der Hauptkampagne bewegen will, wird sicher eine lange Zeit in das Spiel investieren. Hierbei muss natürlich die Item World erwähnt werden. Ein wiederkehrendes Merkmal in jedem Disgaea Teil ist die Möglichkeit, in Items einzudringen, dort Kämpfe auszutragen und die Effektivität und Wirkung des Items quasi von innen heraus zu beeinflussen.
Vita spezifisch sind vor allem zwei Sachen zu erwähnen. Neben einigen kleineren Zusätzen zum Inhalt, wie neue rekrutierbare Charaktere, sind zum einen alle für die PS3 erschienen DLC inkludiert und zum anderen erhält das Spiel eine Bedienung mit dem vorderen und hinteren Touchpad, mit dem sich die Kamera schwenken lässt. Vita Enthusiasten werden jetzt vielleicht unbegeistert mit den Händen klappen, aber die Bedienung funktioniert unerwartet angenehm. Wenn man z.B. während eines Kampfes mitten in strategischen Überlegungen steckt, lässt sich durch einfaches Fingertippen die Kamera schnell und effizient bedienen. Das heißt natürlich nicht, dass es mit den normalen Tasten zuvor nicht geklappt hätte, aber so klappt es auch.
Weitere Ausführungen über das Gameplay würden, wie gesagt, sicher noch weitere Seiten decken, aber da der gewöhnliche Leser nicht unbedingt zu den geduldigsten Menschen gehören müsst (und ein Review kein Walkthrough ersetzen soll), sollen die wenigen Absätze eben nur einen kleinen Einblick liefern in das was das Spiel in seiner Gesamtheit bietet. Die Fülle an Sachen die während und neben der eigentlichen Story zu tun sind, können auf jeden Fall begeistern, müssen aber nicht. Ein Spiel mit zu viel Inhalt und Möglichkeiten kann natürlich auch abschreckend wirken und das größte Plus in Disgaea wird schnell mal zu einem nervigen Minus. Wie bereits erwähnt, muss das Gameplay erst im Spielverlauf wirklich kennen und lieben gelernt werden. Nichtsdestotrotz ist es ein Wahnsinn und eine ganz besondere Leistung, was die Jungs und Mädels von NIS über die Jahre in dem Franchise erdacht und weiterentwickelt haben und nicht wenige Entwickler sollten sich davon eine Scheibe abschneiden!
Playstation 2 lässt grüßen!
Einer der wenigen Tiefpunkte des Spiels. Dabei geht es weniger um die artistische Richtung an sich, als viel mehr darum, dass sich die Reihe grafisch seit dem ersten Teil kaum weiterentwickelt hat. Dies ist insofern schade, da es sich bei diesem Spiel um einen Titel handelt, der auf einen brandneuen Handheld erscheint und zuvor schon auf der Playstation 3 zu finden war. Beide Systeme haben weit mehr drauf als das, was uns hier geboten wird. Natürlich könnte man immer damit argumentieren, dass wenn das Gameplay stimmt, die Grafik doch nicht so tragend ist. Das hat durchaus seine Richtigkeit, aber bei einer Sprung“animation“, die daraus besteht, dass der stillstehende Sprite der Spielfigur lediglich nach oben verschoben wird, kann sich der ein oder andere (auch der Reviewer) schon mal auf den Kopf greifen und sich die Frage stellen, ob das wirklich nötig ist.
Aber abseits vom technischen Krimskrams bietet das Spiel doch einige nette Feinheiten, die sogar dem Original auf der Playstation 3 vorenthalten blieben. Neben dem markanten Stil der Charaktere, den Fans der Reihe zu schätzen und lieben wissen, kann der Spieler jene Charaktere während den Dialogen nun auch in Animation bewundern. Vorbei sind endlich die Zeiten, wo einfach nur zwei gegenüberstehende Artworks miteinander die Gespräche führen! Die Animationen sind zwar nicht perfekt gelungen und hätten durchaus mehr Feinschliff vertragen können, aber es ist schon mal ein netter Anfang in Richtung mehr Lebendigkeit.
Das gute alte O-Ton Dilemma…
Das Spiel ist vollkommen auf Englisch vertont, aber wer will sich schon gerne untalentierte Synchronsprecher antun? So ein Spiel gehört natürlich mit japanischen O-Ton gespielt! Ein Glück, dass dieser ebenso enthalten und jederzeit einstellbar ist. Obwohl schon vermerkt werden sollte, dass die englischen Übersetzer keine schlechte Arbeit leisten, aber die japanischen Sprecher kommen doch einen Deut verrückter und abgehobener in ihren Rollen herüber und gerade diese Verrücktheit in der Vertonung gibt dem Spiel noch eine Extranote. Wer einmal in den Genuss von Geoffrey‘s Lache kommt, weiß was gemeint ist.
Die Musik ist wie gewohnt recht ausgefallen und vertont die humoristische Seite des Spiels umso mehr. Ein gutes Beispiel ist hierbei das Eröffnungslied, das die Charaktere des Spiels im Chor singen. Das Lied anzuhören und dabei die Untertitel des Liedtextes lesen (der Song wird auf Japanisch gesungen) ist eine Aufgabe, bei der es wohl schwer sein wird, sich das Lachen zu verkneifen.
Und was nun?
Wer bereits stolzer Besitzer einer Vita und auf der Suche nach einem guten komplexen RPG ist, in das er viele viele Spielstunden investieren kann, sollte auf jeden Fall ein Auge auf das Spiel werfen. Fans der Disgaea Reihe, sofern sie den dritten Teil noch nicht kennen, werden sicher nichts falsch machen, sich ebenfalls diesen Titel zu besorgen. Allen anderen sollte doch geraten werden, das Spiel fürs erste auszuleihen und einen Blick darauf zu werfen, bevor sie sich zum Kauf entscheiden.
Wenn es um RPG‘s für die Vita generell geht, ist Disgaea 3: Absence of Detention sicher kein schlechter Start und sofern das Angebot für Spiele noch so karg ist, wird es auch kaum eine bessere Option für die RPG-hungrigen Vita Besitzer geben. Bleibt nur zu hoffen, dass, wenn es einmal mehr Auswahl für Spiele gibt, es nicht bei bloßen Portierungen bleibt, sondern der Handheld auch etwas mehr Liebe in Form neuer IP‘s bekommt.
Story – Abgedreht und witzig, die für einige Lacher sorgen wird. Leider gibt es nur englische Texte (8/10)
Gameplay – Ein sehr umfangreiches und lang andauerndes Spielvergnügen. Millionen von Spielstunden eben. Einige mag das vielleicht abschrecken, dennoch hat sich das Spiel dadurch Respekt verdient (9/10)
Grafik – Erinnert stark an den ersten Ableger, der noch für die PS2 erschien. Dafür wurden, zum ersten mal im Franchise, die Charaktere animiert (6/10)
Sound – Ähnlich wie bei der Story sehr witzige und ausgefallene Musikstücke, die den überhaupt nicht ernst gemeinten Ton des Spiel nur unterstreichen (8/10)
von Para