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Im Test! Life is Strange: Before the Storm

TitelLife is Strange: Before the Storm
Japan31. August 2017
Square Enix
Nordamerika31. August 2017
Square Enix
Europa31. August 2017
Square Enix
SystemPS4, Xbox One, PC
Getestet fürPS4
EntwicklerDeck Nine Games
GenresAdventure
Texte
Japan Nordamerika 
VertonungNordamerika 

Im September haben wir Life is Strange: Before the Storm für euch angespielt. Jetzt sind alle drei Episoden des Spiels veröffentlicht worden und wir liefern euch, wie versprochen, den vollständigen Test. Hier nochmal ein Ausschnitt unserer Preview zum ersten Kapitel des Ablegers, damit ihr im Bilde seid!

„Nach dem Überraschungserfolg von Life is Strange war abzusehen, dass die Fans mehr wollen. Dieser Wunsch wurde erhört: Neben einer geplanten Fortsetzung gibt es nun bereits die erste Episode eines Prequels, welches drei Jahre vor den Geschehnissen des Hauptspiels angesiedelt ist. Diesmal stammt das Spiel nicht von Entwickler Dontnod. Das Team um Deck Nine Games hat das Ruder zu Before the Storm übernommen und erzählt die Geschichte der Mädchen Chloe und Rachel, die beide auf ihre Weise wild und rebellisch sind und ihrem heimischen Nest, Arcadia Bay, den Rücken kehren wollen. Gleichzeitig könnten die beiden nicht unterschiedlicher sein. Während Chloe sich mit ihrer rotzfrechen und respektlosen Art keine Freunde macht, ist Rachel das wohl beliebteste Mädchen der ganzen Schule.“

Willkommen zurück in Arcadia Bay!

Chloe Price ist in Life is Strange die Ex-beste-Freundin der Protagonistin Max Caulfield und spielt dort eine elementare Rolle – auch wenn sie nicht vom Spieler gesteuert werden kann. In Before the Storm ist nun die freche Punkrock-Queen der Held und ihr schlüpft in Chloes Haut, um die Welt aus ihren Augen zu sehen. Max kommt in diesem Ableger nicht vor. Lediglich Tagebucheinträge, SMS und Gespräche erinnern an sie, weil sie sich in diesem Zeitraum in einem anderen Bundesstaat befindet und der Kontakt der ehemaligen BFFs kaum noch vorhanden ist – aus den Augen, aus dem Sinn. Trotz dieses Tapetenwechsels: Wer den vorangegangenen Titel gespielt hat, wird sich gleich wohl fühlen, denn man befindet sich wieder in der verschlafenen Hafenstadt Arcadia Bay. Das ist natürlich nicht der einzige Punkt, der dem Vorgänger gleicht: Auch das Gameplay ist sehr ähnlich. Ihr steuert den rebellischen Teenager durch seine Umwelt, die voller Interaktionsmöglichkeiten steckt. Meistens beschränkt sich die eben genannte Interaktion darauf, Chloes Gedanken zum angeklickten Gegenstand oder Menschen zu hören oder mit bestimmten Personen zu sprechen. Ab und zu kann sie aber auch etwas einstecken, um es später zu verwenden, wenn der Spielverlauf danach verlangt. Echte Rätsel erwarten euch aber nicht.

Um Achievements zu sammeln, kann das Mädchen auch einige Stellen der Spielwelt mit Graffitis beschmieren, was im Kontrast zum Fotografieren steht, welches in Life is Strange mit Max möglich war. Ein toller Einfall der Entwickler, denn es spiegelt wunderbar wider, wie verschieden die beiden jungen Frauen sind: Während Max eher zur Kategorie „perfekte Schwiegertochter“ gehört, ist Chloe das Mädchen, das man seinen Eltern besser nicht vorstellt.

Was natürlich nicht fehlen darf, sind die Dialogentscheidungen, die man zu treffen hat. Dabei wird der Verlauf des Spiels beeinflusst. Natürlich kann man auch hier keine Gabelungen erwarten, die den Spielverlauf auf einen völlig andern Kurs leiten, einen konstanten roten Faden gibt es nach wie vor. Das liegt allein schon daran, dass viele Gegebenheiten dank des Hauptspiels in Stein gemeißelt sind. Ab und an, abhängig davon, welche Entscheidungen man getroffen hat, kann das auch zu Unstimmigkeiten führen. An dieser Stelle soll aber nichts gespoilert werden. Trotzdem sind die Auswirkungen der eigenen Spielweise wirklich spürbar – wenn auch nur auf der Mikroebene.

Es sind aber gerade die Details, bei denen Deck Nine Games voll ins Schwarze getroffen hat. Einiges hätte ich niemals bemerkt, hätte ich nicht nach dem eigenen Durchspielen im Internet gestöbert. So gibt es beispielsweise eine Schlüsselszene in der zweiten Episode, bei der die Auswahl der Antwortmöglichkeiten davon abhängt, was man in der ersten Episode gesagt hat. Bei einer Antwortoption dieser Schlüsselszene gibt es auch noch zwei mögliche, subtil unterschiedliche, Abläufe – auch abhängig davon, wie man sich im vorherigen Kapitel entschieden hat. Die Entscheidungen, die man in eben dieser Szene trifft, haben zudem Auswirkungen auf den Endfilm des gesamten Titels.

Trotz der vielen Parallelen von Prequel und Sequel gibt es doch einen erheblichen Unterschied im Gameplay. Bei Life is Strange hatte Max die Fähigkeit, die Zeit zu manipulieren. Der Spieler konnte zu fast jeder Gelegenheit im Rahmen eines bestimmten Zeitabschnittes hin- und herspulen. Falsche Antwort gegeben? Zurückspulen. Beim Herumschnüffeln erwischt worden? Zurückspulen. Diese Möglichkeit habt ihr in Before the Storm nicht, denn Chloe hat keine übernatürlichen Kräfte. Sie hat lediglich ihr freches Mundwerk und mehr Mumm als ihr guttut. In Before the Storm gibt es deshalb die Backtalk-Mechanik, bei der man sich Wortgefechte liefert, indem man die Worte des Gegenübers in seinen Konter einbaut. Es ist so langweilig, wie es sich anhört und auch nicht sonderlich fordernd. Das haben wohl auch die Entwickler gemerkt und in der finalen Episode gibt es nur noch zwei Backtalk-Herausforderungen, eine davon sogar optional.

Life is beautiful

Wie schon der Vorgänger ist auch Before the Storm wunderschön anzusehen. Die Spielwelt ist ihrem wasserfarbenähnlichen Stil treu geblieben und wirkt mit ihren weichen Farbtönen wie aus einem Guss. Besonders der Einsatz von Licht und Farbe ist den Entwicklern gelungen und unterstreicht wunderbar die jeweilige Situation. Egal ob düstere Nacht in blauem Mondlicht oder warme Morgensonne, die in Chloes verrauchtes Zimmer fällt – die Welt wirkt stets glaubhaft und atmosphärisch.

Eine Qualitätssteigerung ist besonders in den Gesichtern der Figuren zu erkennen, die nicht nur konturierter und und glatter aussehen, sondern auch lebendiger. Die Emotionen werden über die Mimik der Figuren glaubwürdig übertragen und es fällt nicht schwer, mit ihnen mitzufühlen. Das trifft vor allem auf die wichtigen Figuren der Geschichte zu, aber darauf kommt es ja auch an.

Man darf bei einem Titel wie diesem keine High-End-Grafik erwarten und sie steht hier auch nicht im Fokus. Trotzdem ist mancherorts Kritik angebracht, besonders wenn es Schwächen gibt, die der Immersion schaden – und davon lebt dieses Spiel. Wenn das Bild im Gespräch zwischen den redenden Figuren hin- und herschaltet, kam es vor, dass es kleine Grafikausrutscher gab. Die Figur, die während des Kamerawechsels auf dem Bildschirm zu sehen war, zuckte ganz kurz. Wenn das gehäuft auftritt, kann man es einfach nicht mehr übersehen. Interessanterweise kam es nur stellenweise vor, dann aber häufig hintereinander.

Mancherorts fielen die Animationen der Körper negativ auf und wirkten unfreiwillig komisch und unnatürlich. Besonders Rachel schien des Öfteren steif, fast wie ein Roboter. Insgesamt gehen die Animationen aber voll in Ordnung. Es sind nur vereinzelte Momente wie baumelnde Köpfe oder seltsame Gangarten, die unbeholfen wirkten und ins „Uncanny Valley“ abrutschten.

So klingt „Teenage Angst“

Wie schon das Hauptspiel hat Before the Storm einen wunderbaren Soundtrack vorzuweisen und bietet eine Auswahl an sensiblen Indie-Klängen und passender instrumenteller Musikuntermalung. Alles in allem bleibt hierzu nicht viel mehr zu sagen, als dass für eine perfekte Soundkulisse gesorgt wurde.

Aufgrund eines Synchronsprecher-Streiks hat Chloe nicht mehr die gleiche Stimme wie in Life is Strange. Das fällt besonders in der ersten Episode schmerzlich auf, da die neue Sprecherin sich große Mühe gibt, wie Ashly Burch zu klingen und dabei teilweise gestelzt wirkt. Durch die Episoden hinweg macht Rhianna DeVries aber eine starke Entwicklung durch, findet ihren eigenen Rhythmus und am Ende konnte ich nicht mehr sagen, welche Stimme ich bevorzuge. Auch Rachels Stimme passt gut zu ihrem Charakter, obwohl die beiden Sprecherinnen anfangs sehr ähnlich klingen. Auch diese Tatsache verändert sich mit dem Verlauf der Spielzeit aber immer mehr und es kristallisieren sich zwei talentierte Sprecherinnen heraus. Auch sonst gehört die Arbeit der Sprecher im Spiel zu den großen Stärken des Prequels.

War das eine gute Idee?

Als ich hörte, dass es eine spielbare Vorgeschichte zu Life is Strange geben würde, war ich mehr als skeptisch. Wo kommen Überraschung und Spannung her, wenn man ja eigentlich weiß, was in drei Jahren sein wird? Was wird die zentrale Spielmechanik, wenn Max und ihre Zauberkräfte fehlen? Gleichzeitig war ich aber auch unendlich neugierig darauf, Rachel kennenzulernen und war ehrlich gesagt erstaunt, dass Deck Nine Games dieses Fass aufmacht. Rachel war im Hauptspiel wie eine Lichtgestalt: Von fast allen geliebt und bewundert und von Chloe wie eine Heilige verehrt. Solche Charaktere leben vom Mythos. Wie das Sprichwort schon sagt: Lerne niemals deine Helden kennen. Die Wahrheit ist bekanntlich nie so strahlend und perfekt.

Bei längerer Betrachtung ist aber vielleicht gerade das das Interessante an der ganzen Sache: Rachel ist auch nur ein Teenager mit Fehlern, kein Engel, der aus dem Himmel herabgestiegen ist, um in Arcadia Bay zu leben und nebenbei noch Krebs geheilt hat. Die Entwickler haben den Spagat gemeistert, sie wie einen fehlerhaften Menschen darzustellen und mir gleichzeitig verständlich zu machen, wieso die Leute so eingenommen von ihr sind. Besonders aus Sicht von Chloe, zu der Rachel zu ihrer einsamsten und traurigsten Zeit ihres Lebens kam.

Mit Before the Storm ist Deck Nine Games ein Spiel gelungen, das trotz des Hauptspieles noch für Überraschungen sorgt. Das Prequel ist sehr viel mehr auf Zwischenmenschliches erpicht als das Hauptspiel und möchte an erster Stelle die Freundschaft zweier Mädchen beleuchten. Gleichzeitig, und das ist natürlich wieder Ansichtssache, verschenkt das Spiel so viel Potential. Zum einen sind drei Episoden sehr kurz. Sie sind zwar etwas länger als im Hauptspiel, aber insgesamt kommt man auf nur etwa zehn Stunden. Ein Spiel, das sich so sehr auf Storytelling und die Entwicklung von zwischenmenschlichen Beziehungen stützt, könnte ruhig noch eine Episode vertragen. Was sich zwischen Chloe und Rachel abspielt, ist zwar glaubwürdig und anrührend, fühlt sich stellenweise aber gehetzt an.

Zum anderen waren da Punkte im Hauptspiel, die ich persönlich gerne im Vorgänger aufgegriffen gesehen hätte. Wer Life is Strange noch nicht gespielt hat, sollte jetzt auf keinen Fall weiterlesen und einfach beim nächsten Absatz weitermachen: Before the Storm beginnt damit, dass sich Rachel und Chloe kennenlernen und deckt nur ein paar Tage zum Anfang ihrer Freundschaft ab. Dementsprechend werden Themen wie Rachels Beziehungen zu anderen, Geheimnisse, die sie gegenüber Chloe hatte, oder ihr Verschwinden nicht angerührt. Vermutlich macht es auch Sinn, die Handlung einzugrenzen und Dinge der Vorstellung zu überlassen. Trotzdem schien Rachel und die Freundschaft der Mädchen sehr viel komplexer, enttäuschender und spannender zu sein, als das Spiel in dem gewählten Zeitraum zeigen kann.

Insgesamt ist Before the Storm ein kurzweiliges, anrührendes und emotionales Spiel und wer den Haupttitel mochte, wird ganz sicher auch diesen Ableger gern haben. Trotz kleinerer Schwächen wird man abermals in den Bann von Arcadia Bay gezogen und erlebt eine Achterbahn der Gefühle. Die größten Enttäuschungen, die die drei Episoden bereithalten, stecken im Kopf des Spielers, denn Life is Strange hat Erwartungen geschürt, eigene Wünsche, Theorien und Vorstellungen, die man umgesetzt sehen will. An dieser Stelle sollte man einen Schritt zurück treten und die Vision der Entwickler respektieren. Nur weil es nicht das ist, was man sich vorgestellt hat, ist es kein schlechtes Spiel, im Gegenteil.

Das Spiel setzt drei Jahre vor der Handlung von Life is Strange an und erzählt davon, wie Rachel und Chloe Freunde geworden sind und sich in einer schweren Zeit gegenseitig unterstützen.
Die detailreiche Umwelt möchte erkundet werden. Außerdem stehen Wortgefechte und Entscheidungen auf dem Tagesplan, die den Verlauf des Spiels verändern.
Sanfte Farbtöne und ein unvergleichlicher Stil machen den Titel zum Augenschmaus. Einzig ein paar hölzerne, unbeholfene Animationen und Grafikfehler trüben das Bild.
Die musikalische Untermalung des Spiels fügt sich perfekt in das gefühlvolle Life-is-Strange-Universum und unterstützt die emotionale Tragweite seiner Dialoge und Sequenzen.
Es gibt einige optionale Inhalte, beispielsweise alle Orte zu finden, die Chloe mit Graffitis verzieren kann. Manche Gespräche und Entscheidungen sind auch optional.