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Im Test! Dead End Junction

TitelDead End Junction
Japan06. Januar 2014
atelier773
Nordamerika23. September 2016
Culture Select
Europa23. September 2016
Culture Select
SystemPC, Steam
Getestet fürSteam
Entwickleratelier773
GenresVisual Novel, Wild West, Fantasy

Habt ihr Lust auf ein spannendes Abenteuer im Wilden Westen? Dann begleitet Cowgirl Josette in der Indie-Visual-Novel Dead End Junction auf einer Reise quer durch den Westen auf der Suche nach ihrem Vater. Dank Herausgeber Culture Select kann das charmante Wild-West-Abenteuer seit Ende September auch auf Englisch miterlebt werden, denn seitdem ist Dead End Junction in digitaler Form auf Steam und MangaGamer erhältlich. Einen etwas genaueren Blick auf die Visual Novel geben wir euch in unserem Test!

Auf in den Wilden Westen!

Willkommen in Cow Stone Bell, einem ruhigen Dorf im Westen Lowlands. Einstmals belebt vom Goldrausch, wirkt die Gegend mittlerweile wie ausgestorben. Hier hat Josette ihr Zuhause, ein draufgängerisches Cowgirl, das von großen Abenteuern träumt, so wie sie in den Groschenromanen und Büchern zu finden sind. Wer möchte schon in einem Dorf versauern, wo die einzigen Arbeitsmöglichkeiten Kuhhirtin und Bardame wären? Viel lieber übt sie den Umgang mit Schusswaffen, liebt das Pferdereiten oder spielt Musik auf ihrer Gitarre. Die ersehnte Rettung vor dem friedlichen Alltag kommt eines Tages in Form eines Briefes daher, der an ihren Vater adressiert ist. Zwar hält Josette ihren Vater für einen elenden Taugenichts, da er vor vielen Jahren einfach so verschwunden ist, um einem Mythos hinterherzujagen, aber ihre Neugier ist geweckt.

Dead End JunctionZusammen mit einer Reiseführerin der Fuuro-Rasse begibt sie sich in die Hauptstadt, nicht wissend, dass dies kein einfacher Trip werden wird, sondern den Anfang eines gefährlichen Abenteuers darstellt, in dem sie nicht nur treuen Gefährten, sondern auch vielen Feinde begegnen wird.

Dead End Junction ist eine sogenannte Kinetic Novel, also eine Visual Novel, die wie ein Buch nur einen Handlungsstrang und ein Ende hat. Das heißt, dass der Spieler keinen Einfluss auf den Verlauf der Geschichte hat. Entwickler atelier773 bezeichnet es als digitalen Groschenroman. Wer die insgesamt vier Episoden der Geschichte liest, wird feststellen, dass diese Bezeichnung recht passend ist. Dargestellt wird die Handlung in einem comichaften Stil, inklusive Benutzung von Soundwörtern. Das Charakterartwork wird mittels Panels präsentiert, die sich für gewöhnlich rechts und links am Bildschirm befinden, während der Text in Sprechblasen angezeigt wird. Gerade durch diese Gestaltung wirken Unterhaltungen, trotz einfachster Mittel, lebendig.

Getragen wird die Handlung von seinen sympathischen und liebenswerten Charakteren, die sich gerne mal außerhalb üblicher Anime Stereotypen bewegen. Ganz vorne mit dabei ist die Heldin Josette, die zwar noch etwas grün hinter den Ohren ist, aber von der Persönlichkeit her mehr Männlichkeit als Weiblichkeit zeigt. Das verwegene Cowgirl liebt es zudem, den Mädels Komplimente zu machen und hat es nicht so mit Männern. Demnach kriegt sie sich auch ständig mit dem jungen Ordensritter Bizkit in die Haare, was zu so einigen amüsanten Interaktionen führt. Ein weiterer Charakter, der positiv hervorsticht, ist Inaho. Eine Kriegerin der Fuuro-Rasse, die als Josettes Reiseführerin dient, aber schon bald vor eine viel größere Aufgabe gestellt wird. Die Fuuro-Rasse bringt einen gewissen Fantasy-Touch ins Setting, da sie tierische Züge und Merkmale an sich haben. Zudem erinnern sie durch ihre Hautfarbe, den Bezug zur Natur und ihre Lebensweise sehr an Indianer. Inaho wirkt anfangs kalt und distanziert gegenüber Menschen und kommt nur schwer mit Josette klar, aber sie bekommt im Laufe der Geschichte eine gute Charakterentwicklung spendiert.

Der Ruf der Prärie

Dead End JunctionSchön mitanzusehen ist die eigene Interpretation der Zeit des Wilden Westen, die die Realität mit einer gehörigen Portion Fantasy vermischt. So endete in Lowland vor zwanzig Jahren die Zeit der Bürgerkriege, was gute aber auch schlechte Ergebnisse mit sich gebracht hat. Nicht jeder, der sich wagemutig in den Kampf gestürzt hat, um sein Volk zu unterstützen, wurde als Held gefeiert. So entstanden einige Outlaws, die Rache an der Regierung und am Präsidenten schwören. Zudem spielt die Beziehung zwischen Menschen und Fuuro eine wichtige Rolle, wobei die Fuuro lange Zeit diskriminiert wurden. Leider werden sie immer noch nicht gerne unter Menschen gesehen, obwohl die beiden Rassen mittlerweile Frieden miteinander geschlossen haben. Die Situation erinnert sehr an das Volk der Indianer.

Ein gänzlich anderes Gefühl bringt allerdings die letzte Episode mit sich, die sich vom Wilden Westen entfernt und sich in erster Linie auf mystische Orte und Wesen konzentriert. Obwohl die Geschichte durchgehend gut und spannend erzählt ist, wirkt der Abschluss etwas enttäuschend. Man erwartet mehr davon, gerade weil die vorherige Episode den Start in das große Finale vorbereitet. Statt ein zufriedenstellendes Ende zu finden, wird dem Spieler deutlich gemacht, dass dies der Anfang für ein viel größeres Abenteuer darstellt und dadurch bleiben viele Fragen unbeantwortet. Das Böse, das sich durch die Ereignisse zieht, wird nicht vollständig besiegt und es bleibt ungewiss, wie es mit einigen Charakteren und der Welt an sich steht.

Schade ist auch, dass Josettes Freundin, Flannel, zurückgelassen wird. Zwar wird sie anfangs als wichtiger Charakter vorgestellt und es wird mehrfach angedeutet, dass sie ihre Freundin begleiten möchte, aber das war es auch schon. Zudem erfährt man nicht viel über sie und ihre Familie, obwohl sie die einflussreichste Familie in Cow Stone Bell ist. Daneben gibt es noch einige andere Entscheidungen, die weniger verständlich sind und die man gerne anders herübergebracht gesehen hätte. Darunter fällt zum Beispiel die Vorstellung eines neuen Charakters so ziemlich am Ende, der eine einmalige Gelegenheit einfach so wegwirft, da man an der Stelle wohl den Schlussstrich ziehen wollte, anstatt noch einmal umzudrehen.

Dead End JunctionTrotz einer gut erzählten Handlung sind die Wendungen weitgehend weniger gut vorbereitet und lassen sich dementsprechend schon lange im Voraus erahnen. Etwas mehr Überraschungen mit weniger deutlichen Hinweisen wären hier wünschenswert gewesen, aber auch so sind die Ereignisse als lohnenswert anzusehen. Gerade durch das Setting erwartet man als Leser einige actionreiche Szenen, zumal wir hier vom Wilden Westen reden. Demnach sind einige Kämpfe, Rettungsaktionen und sogar ein typisches Duell zwischen Revolverhelden mit dabei. In Szene gesetzt sind diese oftmals mit Event-Bildern und entsprechend gesetzten Soundwörtern, aber leider wird gerne einmal frühzeitig aufgehört und der Hauptteil des Kampfes übersprungen, um es der Fantasie des Lesers zu überlassen. Sehr schade, da es einige wirklich gut dargestellte Szenen gibt.

Farbwahl, Geräuschkulisse und Musik tragen allesamt zum Wild-West-Feeling bei. Die Charaktere sind im Animestil und eher in matten Farbtönen gestaltet, die mit dunkleren Schattierungen untermalt werden. Neben einer begrenzten Anzahl an Hintergründen, die gerne mehrfach Verwendung finden, wird man im Laufe der Geschichte mit so einigen Event-Bildern belohnt, die bedeutende Szenen hervorheben. Musikstücke enthalten oft typische Elemente, die man mit dem Wilden Westen verbindet. Unter anderem wird Gebrauch von Gitarre und Pfeifen gemacht. Zwischendurch gibt es auch einige mystische Klänge und friedliche Stücke zu hören. Neu eingespielte Stücke bekannter Klassiker wie ‚When Johnny Comes Marching Home‘ und ‚Home on the Range‘ sind ebenfalls vorzufinden. Sprachausgabe gibt es allerdings keine.

»Ein besonderes Lob gilt der Lokalisierung, gerade da vermehrt Gebrauch von Akzenten und Slang gemacht wird, was sich positiv auf das Setting auswirkt«

Die durchschnittliche Lesezeit aller vier Episoden beträgt zwischen sieben und acht Stunden, was für den angebotenen Preis vollkommen in Ordnung ist. Alle notwendigen Funktionen, die man von einer Visual Novel erwartet, sind vorhanden. Zum Beispiel schnelles Überspringen von Dialogen, ein Backlog und die Möglichkeit, im Vollbildmodus zu spielen. Bei Letzterem muss man allerdings mit zwei schwarzen Balken vorliebnehmen, da das Spiel kein Breitbild unterstützt. Als Extra gibt es eine Galerie zum Ansehen der Event-Bilder und eine Übersicht mit Charakterprofilen, die sich im Laufe der Handlung füllen und verändern.

Ein besonderes Lob gilt der Lokalisierung, gerade da vermehrt Gebrauch von Akzenten und Slang gemacht wird, was sich positiv auf das Setting auswirkt. Leider haben sich vereinzelt Rechtschreib- und Grammatikfehler in die Texte geschlichen und auch der Satzbau wirkt mitunter mal etwas seltsam. Ansonsten wurde ein kleiner, aber nerviger Grafikfehler gefunden, der sich erst durch den Neustart der Episode beheben ließ, allerdings wurde dieser bereits dem Herausgeber im entsprechenden Thread auf Steam gemeldet.

Fazit

Dead End Junction ist eine gelungene Visual Novel, die Wild West mit Fantasy vermischt und frischen Wind ins Genre bringt. Sie besteht aus vier einzelnen Episoden, die Josettes Abenteuer im kreativen Comicstil erzählen. Dabei handelt es sich um eine interessante und spannend geschriebene Geschichte, die weitgehend positiv herüberkommt. Einzig das offene Ende und die vorhersehbaren Twists lassen sich als etwas enttäuschend ansehen. Die Charaktere, allen voran Josette und Inaho, sind liebenswert gestaltet und bewegen sich weitgehend außerhalb der typischen Anime Stereotypen. Untermalt wird die Handlung von einem in matten Farben gehaltenen Animestil sowie passenden Geräuschen und Musik. Dazu gesellt sich eine lobenswerte Lokalisierung, die Akzente und Slang mit eingebaut hat. Die Visual Novel kommt allerdings ohne Sprachausgabe aus und wird nur auf Englisch angeboten.

Mir hat Dead End Junction sehr gut gefallen und es hat mir nicht nur ein schönes Wild-West-Feeling vermitteln können, sondern mich auch an die JRPG-Reihe Wild Arms erinnert. Gerade durch das offene Ende möchte ich gerne wissen, wie es nun mit Josette und ihren Freunden weitergeht und hoffe sehr auf eine Fortsetzung. Trotz kleinerer Macken kann ich die Visual Novel jedem Genrefan und Wild-West-Freund ans Herz legen.

Erhältlich ist Dead End Junction sowohl bei MangaGamer, als auch bei Steam

Story: Weitgehend gut geschriebene Handlung und Charaktere, Mischung aus Wild West und Fantasy, nicht gänzlich zufriedenstellendes Ende, Twists sind vorhersehbar.

Gameplay: Nicht vorhanden.

Sound: Zum Setting passende Geräuschkulisse und Musikstücke, mitunter neu eingespielte Klassiker, keine Sprachausgabe.

Grafik: Kreativer Comicstil mit Verwendung von Panels und Soundwörtern, hübsches Artwork in matten Farben, begrenzte Auswahl an Hintergründen.