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Im Test! Resette’s Prescription

Während Indie-Entwickler LizArts aktuell alle Hände voll zu tun hat mit der Sci-Fi Visual Novel Memory’s Dogma, hat Sekai Project in der Zwischenzeit dafür gesorgt, dass ihr erstes Werk, Resette’s Prescription ~Book of memory, Swaying scale~, eine englische Steam-Version erhält. Das niedliche Point-’n‘-Click-Adventure sticht vor allem durch seine handgemalte Grafik und den hochwertigen Soundtrack hervor und könnte vor allem für Anime-Fans von Interesse sein. Allerdings bleibt noch die Frage, ob es auch spielerisch genug hermacht, um mit anderen Spielen des Genres mithalten zu können. Unser Test zum Spiel wird euch mehr darüber erzählen.

Ein etwas anderes Bilderbuch

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Befindet sich die Ursache der Krankheit in den Erinnerungen des Jungen? Resette möchte es herausfinden.

Das Abenteuer beginnt mit der vorlauten Reisenden Resette und ihrem Partner, dem sprechenden Kater Gaede, die sich beide durch den ewig langen Wald schlagen. Nach fünf Tagen des Umherirrens hat Resette langsam die Nase voll, aber da sie nicht auf Gaedes Rat hören wollte, eine Kutsche zu nehmen, muss sie jetzt mit den Folgen und einem knurrenden Magen leben. Ihren Frust lässt sie an Gaede aus, was letztendlich dazu führt, dass dieser in der Ferne einen Menschen erkennt. Ein Lichtblick für die junge Reisende, die sofort an besagte Stelle eilt.

Was sie vorfindet ist ein Junge, der zusammengesunken gegen einen Baumstamm gelehnt liegt und nicht bei Bewusstsein zu sein scheint. Nach einer genaueren Untersuchung stellt Resette fest, dass der Fremde an einer Schlafkrankheit leidet und beschließt, ihm zu helfen. Sie ist nämlich in der Lage, in die Seele anderer Menschen zu reisen. So kann sie herausfinden, was genau vorgefallen ist und den armen Burschen heilen.

Resette’s Prescription spricht in seiner Geschichte ein recht interessantes Thema an, welches allerdings viel zu kurz kommt. Wichtige Ereignisse werden einfach viel zu schnell abgefertigt, sodass der Spieler gar nicht die Möglichkeit hat, mit den Charakteren mitzufühlen und eine Bindung zu diesen aufzubauen. Selbst zu Resette und Gaede wird man fast überhaupt nichts erfahren. Zumindest fallen die beiden durch kleinere Dialoge und den Umgang miteinander positiv auf und kommen liebenswert und unterhaltsam herüber. Davon würde man nur gerne noch so viel mehr sehen…

Der Abschluss der Geschichte ist nicht ganz zufriedenstellend, was ebenfalls mit dem Pacing und der Kürze des Spieles zusammenhängt. Wenn man nichts davon erwartet, ist die Handlung jedoch ganz in Ordnung. Nur kommt sie ohne jegliche Wendungen und spannende Ereignisse daher.

Die Reisende und ihre Katze

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Eines der kleineren Rätseleinlagen

Obwohl Resette’s Prescription als Point-’n‘-Click-Adventure beworben wird, besteht der Großteil des Spieles daraus, der Geschichte zu folgen und Dialoge zu lesen. Der Rätselanteil ist zwar vorhanden, wird aber Spieler, die es in erster Linie dafür gekauft haben, eher enttäuschen. Auch der Schwierigkeitsgrad fällt weitgehend eher einfach aus und es gibt nur sehr wenige Rätsel, die fordernder herüberkommen. Meistens hält man sich nicht wirklich lange mit einer Aufgabe auf.

Im Gameplay-Teil des Spieles seid ihr in der Lage, Resette (und an einigen Stellen auch Gaede) per Mausklick über den Bildschirm zu führen. Dies gilt für alle Stellen, an denen der Mauszeiger zu einem paar Stiefel wird. Per Doppelklick wird Resettes Tempo noch verschnellert. Ein Federsymbol zeigt hingegen an, wenn es einen Gegenstand gibt, den ihr aufsammeln oder in irgendeiner Art und Weise benutzen könnt. Für Gegenstände gibt es ganz typisch ein Inventar, welches am oberen Bildschirmrand angezeigt wird. Man hat also jederzeit Zugriff darauf. Wie bei anderen Vertretern des Genres können Gegenstände entweder benutzt oder miteinander kombiniert werden, um so erfolgreich weiterzukommen.

Wie bereits erwähnt sind die meisten Rätsel durch die fehlende Schwierigkeit schnell gelöst. Es gibt allerdings einen größeren Rätselpart in der Mitte des Spieles, der recht gut gemacht ist. Hier habt ihr nicht wie sonst nur einen Bildschirm vor euch, sondern bewegt euch durch ein komplettes Gebäude und müsst alle Räume nach Hinweisen und Rätseln untersuchen. Nach und nach findet ihr so weitere Schlüsselgegenstände, die euch zu einem neuen Teil des Gebäudes führen. An dieser Stelle wurde anhand von Schriftstücken und Büchern sogar ein wenig Hintergrundwissen über die Gegend vermittelt und die Spielregeln eines ausgedachten Brettspieles erklärt, welches für eines der Rätsel wichtig ist. Liebhaber von Rätseleinlagen wird dieser Teil aber wahrscheinlich auch nicht lange beschäftigen können. Immerhin wird man hier etwas mehr gefordert, da alles Notwendige für die Lösung nicht auf einen Blick zu sehen ist und erst einmal zusammengesucht werden muss. Sein Köpfchen ein wenig anzustrengen bleibt dabei nicht aus.

Leider funktioniert nicht alles so gut wie gewollt. Die Steuerung hat manchmal kleinere Macken und eure Figur bleibt gerne mal an Hindernissen kleben. Das bedeutet zum Glück nicht, dass sie festsitzt, aber ein weiterer Mausklick bleibt oftmals nicht aus, um sie an das gewünschte Ziel zu bringen. Beim Lösen der Rätsel ist eine Sache etwas störend aufgefallen. Wenn man zum Beispiel Gewichte auf zwei Waagschalen verteilen muss und gerne ein Gewicht von der einen Schale auf die andere packen möchte, funktioniert es nicht. Das Gewicht wird bei diesem Versuch erst einmal wieder in seine Ursprungsposition zurückversetzt und man muss es von dort aus erneut aufheben. Das ist leider kein Einzelfall.

Übrigens hat Resette eine Lebensanzeige, die nur an bestimmten Punkt Verwendung findet. An dieser Stelle soll nicht zu viel verraten werden, aber besagter Gameplay-Part kam überraschend und ungewohnt herüber.

Eine in Wasserfarben getauchte Welt

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Manchmal steuert ihr auch Resette’s Partner

Der mit Abstand beste Teil von Resette’s Prescription ist das Design. Die Hintergründe sind allesamt mit Wasserfarben koloriert und vermitteln das Gefühl, ein sehr hübsches Kinderbilderbuch zu spielen. Für Charaktere und Gegenstände wurde hingegen auf Vektorgrafik gesetzt, wodurch diese sich sehr vom Hintergrund abgrenzen. Zwar ist dies ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber es hilft, leichter zu erkennen, welche Objekte von Nutzen sind und aufgehoben werden können. Der Stil ist einfach gehalten und die Figuren zwar hübsch animiert, aber leider ist dies nicht genug, um die Ereignisse ordentlich herüberzubringen. Oftmals fehlen nötige Emotionen in den Gesichtsausdrücken der Charaktere und Bewegungen wirken unfertig und abgehackt.

Das Zusammenspiel zwischen Hintergrund und den sich bewegenden Figuren hat auch die ein oder andere Designschwierigkeit. So schaut es gerne mal so aus, als würde man durch Dinge hindurchlaufen oder in der Luft herumwandern. Besonders auffällig ist dies beim Herunterlaufen einer Treppe. Da es sich hier aber um einen Inde-Titel handelt, kann man in dem Punkt ein Auge zudrücken, zumal man erkennt, wie viel Mühe und Arbeit in das Projekt gesteckt wurden.

Gespräche werden mittels Sprechblasen geführt, die über den Köpfen der Charaktere auftauchen. Nicht immer hat Sekai Project es geschafft, den englischen Text genau passend einzufügen. Zwar tritt dieser nicht über die Sprechblase hinaus, wirkt aber ungleichmäßig. Dazu kommt, dass das Gesprochene auf eine etwas eigensinnige Art und Weise nach und nach erscheint. Wenn man sofort anfängt zu lesen, kommt man aufgrund dessen nicht selten durcheinander. Ein wenig mehr Abwechslung in der Gestaltung der Sprechblasen hätte dem Spiel übrigens auch nicht geschadet, weil man selbst dadurch Emotionen zum Ausdruck bringen kann. Zum Beispiel eine gezackte Sprechblase, wenn der Charakter wütend ist.

»Die Hintergründe sind allesamt mit Wasserfarben koloriert und vermitteln das Gefühl, ein sehr hübsches Kinderbilderbuch zu spielen.«

Wirklich ausgezeichnet ist die musikalische Untermalung. Hier wurde gut darauf geachtet, dass fast jedes Gebiet sein eigenes Lied bekommt. Vom Stil her erinnern die Stücke an die Atelier-Spiele, aber auch eine Ähnlichkeit zu Tomohito Nishiuras Werken (vor allem zu Professor Layton) ist zu erkennen. Da verweilt man gerne einmal etwas länger in einer Gegend, nur um dem momentan spielenden Track zu lauschen. Sprachausgabe gibt es keine.

Während Bücher und andere Unterlagen in einem guten Englisch geschrieben sind, wirken die Dialoge hingegen etwas einfach und manchmal zu wortwörtlich übersetzt. Dementsprechend liest es sich nicht immer gut. Allerdings kann es sein, dass bereits die japanischen Texte eher einfacher gehalten waren und Sekai Project es so übernommen hat.

Einmal durchgespielt könnt ihr Resette’s Prescription getrost zur Seite legen, denn es hat keinen Wiederspielwert. Es gibt keine Extras, Bonusszenarien oder Zusatzrätsel und das Hauptproblem ist die Spielzeit. Schnellleser und Rätselexperten werden lediglich an die zwei Stunden an dem Spiel sitzen, aber auch Anfänger werden nicht mehr als drei bis vier Stunden brauchen. Für den Preis von 12,99 Euro ist es einfach viel zu wenig Umfang. Da bleibt eine Enttäuschung nicht aus.

Fazit

Um ehrlich zu sein ist es mehr als nur schwer, eine Empfehlung für Resette’s Prescription auszusprechen, besonders, wenn man den sehr kurzen Umfang mit dem Preis vergleicht. Natürlich hat das Spiel seine guten Seiten, die man vor allem im Design und Musik erkennen kann, und man merkt, dass viel Arbeit hineingesteckt wurde, aber es wirkt einfach sehr unausgereift und amateurhaft. Der Rätselteil ist geringer als erwartet und weitgehend nicht fordernd genug, die Charaktere aufgrund der Kürze des Spieles nicht genug ausgearbeitet und es bleiben viel zu viele Fragen über die beiden Protagonisten offen. Des Weiteren kommen auch die Darstellung und die Bedienung mit kleineren Macken daher. Das ist insgesamt sehr schade, da das Spiel einen gewissen Charme hat und Resette und ihr Partner Gaede sehr liebenswert erscheinen, sodass man zu gerne mehr über sie und die Welt, in der sie leben, erfahren möchte. Wer doch neugierig auf diesen Titel geworden ist und gerne einmal reinschauen würde, sollte lieber auf einen Sale warten. Den Vollpreis ist es auf jeden Fall nicht wert.

Resette’s Prescription ist komplett in Englisch und kommt ohne Sprachausgabe daher. Erhältlich ist es nur in digitaler Form auf Steam.

Story: Eine eher kurze Geschichte, die ein interessantes Thema behandelt. Aufgrund der Darstellung und Kürze kommen allerdings die meisten Charaktere viel zu kurz und Szenen werden zu schnell abgefertigt. Wendungen und spannende Momente sucht man vergeblich.

Gameplay: Typisches Point-’n‘-Click-Adventure, das mit der Maus gespielt wird. Es lassen sich Gegenstände einsammeln, benutzen oder kombinieren, um Rätsel zu lösen.

Grafik: Ein erfrischender, kreativer Stil mit wasserfarbenen Hintergründen und Charakteren/Gegenständen in Vektorgrafik. Zusammen schaut es im ersten Moment etwas gewöhnungsbedürftig aus, aber man gewöhnt sich daran.

Sound: Ein sehr gelungener Soundtrack, der sowohl etwas von den Atelier-Spielen, als auch von Tomohito Nishiuras Werken hat. Die Musik kann sich wirklich hören lassen.

Sonstiges: Kein Wiederspielwert, viel zu kurzer Umfang für den angebotenen Preis.