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Im Test! Street Fighter V

Sieben Jahre mussten sich Freunde des gepflegten Prügelspiels gedulden. Sieben Jahre, wenn Super- und Ultra-Versionen nicht berücksichtigt werden. Mit Street Fighter V präsentiert Capcom 2016 den Nachfolger zum Titel, der mal wieder das Beat’em-Up-Genre für die breite Masse revitalisiert hat. Mit einigen neuen Gesichtern im Gepäck erscheint der von Capcom und Dimps entwickelte Prügler nun für PlayStation 4 und Microsoft Windows. Wie sich die erste Current-Gen-Adaption schlägt und ob es für das perfekte K.O. reicht, lest ihr in unserem Test!

Das klassische „Round One – Fight!“ ist seit Ende der 1980er ein Garant für hitzige, virtuelle Kämpfe und nach wenigen Stunden wird klar, ob der für das Gamepad zuständige Konzern mit einer vernünftigen Qualitätssicherung glänzen kann. Mit ähnlichen Erwartungen steigen Spieler nach der Installation des üblichen Day-1-Updates ins Geschehen von Street Fighter V ein. Um auch den letzten Neuling abzuholen, wird ein Tutorial angeboten. Schnellstmöglich durch, denn die üblichen verdächtigen Tastenkombinationen für Hadoukens und Shoryukens sind längst bekannt! Im Hauptmenü angekommen, macht sich bereits Unmut breit – scheinbar fehlt der Arcade-Modus. Dafür ist der mit „Story“ betitelte Kasten anwählbar. Also, ab in den Story-Modus!

Im Story-Modus besteht die Möglichkeit, einen der Kämpfer anzuwählen und seine Geschichte durchzuspielen. Der Begriff „Geschichte“ ist ziemlich dehnbar – meist handelt es sich um Szenarien, die innerhalb weniger Minuten abgearbeitet werden. Zwischen den im Comic-Stil erzählten Geschichtselementen muss gegen Gegner, die selbst Neulinge mit verbundenen Augen schlagen dürften, gekämpft werden. Während einige dieser Geschichten ineinander verwoben sind, handelt es sich bei den meisten Szenarien um eigenständige Elemente. Zugegeben: die Geschichte hinter Street Fighter war noch nie wirklich bahnbrechend und das Rad hat man auch nie neu erfunden. Selbst unter Berücksichtigung dessen wird man als Spieler das Gefühl nicht los, dass man mehr hätte liefern können als einen gehetzten Prolog für den zukünftigen Story-Modus, welcher im Juni als kostenfreies Update nachgereicht werden soll.

Ist der Story-Modus mit jedem der Charaktere abgeschlossen und das aufgeräumte Hauptmenü zu sehen, bleiben Einzelspielerfreunden lediglich der Trainings- und Überlebensmodus. Im Überlebensmodus stellen sich Spieler mit ihrem persönlichen Favoriten einer je nach Schwierigkeitsgrad festgelegten Zahl an Gegnern. Zwischen den Kämpfen besteht die Möglichkeit, mit den gesammelten Punkten die Lebensleiste aufzufüllen oder die Angriffs- oder Verteidigungskraft zu steigern. Ist auch der letzte Widersacher bezwungen, warten Farbvariationen für die Kostüme des jeweiligen Kämpfers auf euch. Seid ihr mit jedem Spieler den Überlebensmodus durchgegangen – es klingt leichter als es ist – hat der Einzelspielerpart auch schon das Ende gefunden. Ein im März kostenfrei zur Verfügung gestelltes Update soll einen Herausforderungsmodus beinhalten. Zusätzlich sollte Capcom sich überlegen, das halbgare, gezwungene Tutorial zum Einstieg ins Spiel gänzlich abzuschaffen und Spielern mehr beizubringen als sich durch den Raum zu bewegen. Egal ob Neuling oder Veteran: Street Fighter V ist nicht selbsterklärend und das Tutorial ist nicht ausreichend.

Zurück im Hauptmenü ist festzustellen, dass auch der spielinterne Shop noch nicht zur Verfügung steht. Da ziemlich jeder Modus Spieler mit einer virtuellen Währung, Fight Money, belohnt, sind wir gespannt, worin sich die hart erarbeiteten Münzen investieren lassen. Bereits bekannt ist, dass neue Kostüme und Charaktere freigeschaltet werden können. Ein DLC-Charakter schlägt übrigens mit 100000 Fight Money zu Buche. 40000 Fight Money gehen für ein Story-Modus-Kostüm über die virtuelle Street-Fighter-Ladentheke. Weiterhin sollen Kostüme erscheinen, welche lediglich mit „Zenny“, einer Art Premium-Währung, welche sich mit Echtgeld aufladen lässt, verfügbar sein. Fight Money lässt sich lediglich erwirtschaften, wenn Street Fighter V mit dem weltweiten Netz verbunden ist und nach dem Beenden der sechzehn Kurgeschichten finden sich etwa 160000 Fight Money auf eurem Konto.

Capcom liefert allerdings kein ausschließlich desolates Spielerlebnis. Ganz im Gegenteil. Street Fighter V ist verglichen mit dem Vorgänger gänzlich überholt, schneller und aggressiver. Das Kampferlebnis ist überragend und beschert nach einer kurzen Eingewöhnung viel Freude. Schwierige Tastenkombinationen lassen sich mithilfe von Puffern zwischen den einzelnen Eingaben zustande bringen. Spieler können nicht mehr durch Chip-Schaden – dabei handelt es sich um die geringfügigen Schäden, die Kämpfer trotz des Blockens der Angriffe einstecken – zur Strecke gebracht werden. Lediglich die „Critical Arts“ genannten Super-Attacken verursachen sozusagen tödlichen Chip-Schaden. Damit lässt sich sicher die eine oder andere Rundenniederlage vermeiden, weil der eigene Charakter nicht mehr aus der Kartenecke herausgekommen ist. Auch führt Street Fighter V das V-System ein. Am unteren linken Bildschirmrand sind drei Balken zu finden. Während ein einziger gefüllter Balken einen V-Skill aktiviert, resultiert aus zwei Balken ein V-Reversal und aus drei Balken ein V-Trigger. Diese lassen sich bei entsprechender Füllung durch verschiedene Tastenkombinationen aktivieren, die für jeden Charakter gleich sind. Allerdings braucht es seine Zeit, bis Spieler herausfinden, welche V-Fähigkeit welchen Effekt hat. Das Spiel erklärt, wie soll es auch anders sein, nicht viel.

Das Charakterspektrum ist bei Street Fighter grundsätzlich immer sehr breit und für jeden Spielertypen ist ein Kämpfer dabei. Street Fighter V lässt hier keine Wünsche offen. Selbstredend sind Klassiker Ken und Ryu mit von der Partie. Das Gameplay mit den Serien-Urgesteinen fühlt sich bahnbrechend an: Ken ist noch schneller und stärker, während Ryu an Flexibilität zugenommen hat und nach wie vor einer der für Einsteiger geeignetsten Charaktere darstellt. Auch die neuen Gesichter wissen größtenteils zu überzeugen: Necalli, F.A.N.G., Laura und Rashid glänzen mit innovativen und einzigartigen Kampftechniken.

Es empfiehlt sich insbesondere die Neulinge im Trainingsmodus auszuprobieren. Vor allem, bevor man sich in die weite Welt der Online-Arena wagt. Die Online-Modi, bestehend aus Einzelkämpfen und Ranglistenkämpfen, funktionieren mittelmäßig. Zum einen dauert es zu bestimmten Uhrzeiten eine gefühlte Ewigkeit, bis ein Gegner gefunden wird, und dann besteht zusätzlich die Gefahr, dass das Spiel massiv ruckelt und zurückgesetzt wird, wenn die Verbindung zwischen beiden Parteien abreißt. Zwischendurch kommen allerdings Spiele zustande, welche sich anfühlen, als würden beide Spieler lokal an derselben Konsole spielen. Zudem wird für das Online-Erlebnis eine Street Fighter ID benötigt, welche beim Start der Online-Modi registriert werden muss.

Visuell weiß Street Fighter grundsätzlich zu beeindrucken und wartet mit neuen Kämpfermodellen und einem veränderten Grafikstil auf. Prinzipiell verabschiedet sich Street Fighter V ein wenig vom farbenfrohen Comic-Stil und begibt sich leicht, aber bestimmt auf eine realistischere Bahn. Lediglich bei Nahaufnahmen der Charaktere sind Fragmente in Gesichtern zu erkennen, welche in voller Fahrt aber ohnehin nicht stören. Die Kampfschauplätze verbleiben verglichen mit dem, was im Vordergrund passiert, unbeeindruckend. Schlecht modellierte und minderwertig animierte Figuren, die sich seltsam im Hintergrund bewegen – das geht besser!

Street Fighter V ist ein Sorgenkind. Das Kampfsystem, der Kern der Sache, läuft absolut rund, keine Frage. Zwar machen vielleicht ein paar Stages, ein halbherziger Story-Modus und sechzehn Charaktere ein Beat’em Up – aber ein Beat’em Up ist noch lange kein Street Fighter. Während Einzelspieler bereits nach kurzer Zeit auf der Strecke bleiben, werden geduldige Online-Spieler – würden die Online-Modi denn wie gedacht laufen – mit einem hervorragenden Kampferlebnis belohnt. In dieser Form fühlt sich Street Fighter V einfach exakt so an wie es ist: nicht fertiggestellt.

Story: Die Geschichten der einzelnen Kämpfer wirken gehetzt und können nicht überzeugen.

Gameplay: Das Kampfgeschehen ist überragend: schnell, dynamisch und bereitet dem Spieler wahnsinnig viel Freude!

Grafik: Capcom lässt hier nur wenig Angriffsfläche: bis auf wenige Kampfschauplätze und Nahaufnahmen weiß der neue Stil zu gefallen.

Soundtrack: Erwartungsgemäß liefert Capcom hinsichtlich musikalischer Untermalung. Stimmungsvolle, passende Musikstücke untermalen das Kampfgeschehen.

Sonstiges: Street Fighter V wird nachträglich mit kostenfreien Updates versorgt:

Street Fighter Update Fahrplan