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Im Test! Digimon Story: Cyber Sleuth

“Spürst du die Kraft in dir, die dich weiter treibt durch diese fremde Welt? Du musst dein Bestes geben, also sei bereit, doch du hast jemand, der zu dir hält!“ Schon so viele Jahre ist es her, dass diese Zeilen, zusammen mit weiteren unvergesslichen Melodien, über den Fernseher flimmerten. Digimon konnte nicht nur wegen der knuddeligen Monster die Herzen der Fans gewinnen, sondern vor allem mit echten Emotionen. Zum Bedauern vieler konnte sich die Marke, anders als die Konkurrenz aus dem Hause Nintendo, kaum in anderen Formen etablieren. Doch nun scheinen die kleinen, digitalen Wesen einen zweiten Frühling zu erleben. Zum 15. Jubiläum gibt es nicht nur die ersten Staffeln erstmals auf DVD, Bandai Namco Entertainment spendiert zudem noch Digimon Story: Cyber Sleuth für PlayStation 4 und PlayStation Vita. Kann der Titel auf eigenen Beinen stehen, oder wird er von der Konkurrenz zerschmettert? Hier findet ihr es heraus!

Auch wenn Sammelwahn und Trainer-Lust an erster Stelle stehen, so wird doch eine spannende Geschichte geboten.
Auch wenn Sammelwahn und Trainer-Lust an erster Stelle stehen, so wird doch eine spannende Geschichte geboten.

Im hoch technologischen Tokyo ist nichts mehr so, wie es einmal war. Anstatt sich an beliebten Plätzen zu treffen und die Stadt unsicher zu machen, tummeln sich die meisten Leute lieber im Cyberspace. Mit ihren virtuellen Avataren verabreden sich die Menschen in EDEN, einem gigantischen, virtuellen Chatroom, der, wie uns die Anime-Geschichte schon mehrmals zeigte, nicht nur positive Seiten hat. Bevor man sich nun ins Abenteuer stürzt, hat man die Auswahl, ob man lieber als Junge oder Mädchen spielen will.

Schnell noch den Namen eingeben und das war es auch schon mit der Charakter-Erstellung. Diese wirkt dank des größeren Fokus auf die Story hier ein wenig aufgesetzt und unnötig. Doch bald schon befindet man sich auf der dunklen Seite von EDEN, in der es von Hackern und gefährlichen Programmen nur so wimmelt. Dort trifft man zudem seinen ersten kleinen Mitstreiter, den es sich aus drei Vorschlägen auszusuchen gilt. Von hier an entwickelt sich das Szenario mit vielen spannenden Wendungen und Überraschungen.

Generell stellt die Geschichte eine große Überraschung dar, denn wer nur seichte Kost à la Pokémon erwartet, der wird eines Besseren belehrt. Digimon Story: Cyber Sleuth zeigt, dass man um das Sammeln und Trainieren von kleinen Monstern auch eine spannende Geschichte erzählen kann, die über viele Stunden zu fesseln weiß. Zwar schleichen sich ab und an einige Längen ein, die besonders zu Beginn, dank der vielen Tutorials, auf ihre Kosten kommen. Nichtsdestotrotz bleibt die Geschichte eine der großen Stärken des Rollenspieles. Leider muss man der japanischen oder englischen Sprache mächtig sein, um dem Geschehen folgen zu können. Auf deutsche Texte oder gar eine Sprachausgabe hat man verzichtet.

»Generell stellt die Geschichte eine große Überraschung dar, denn wer nur seichte Kost à la Pokémon erwartet, der wird eines Besseren belehrt.«

Grafisch kann sich das Rollenspiel jedoch nicht von seinen PlayStation-Vita-Wurzeln lösen. Auch wenn einige Texturen aufpoliert und viele Kanten geglättet wurden, so wirken die die Umgebungen stets steril. Viele detaillose Flächen reihen sich aneinander und bilden ein eher karges und kaltes Bild. Dies gilt sowohl für die Dungeons als auch für all die anderen Orte, in denen man mit den NPCs agiert. Letztere besitzen zwar einen höheren Grad an Detaildichte, aber die vielen leblosen Charaktere, welche diese Orte bewohnen zerstören dieses Bild. Dennoch sollten die Animationen der Charaktere und der vielen verschiedenen Digimon positiv erwähnt werden. Schon auf PlayStation Vita konnten diese überzeugen und selbiges gilt auch auf der großen Heimkonsole. Im Großen und Ganzen haben die Entwickler bei der Portierung eine gute Arbeit geleistet, auch wenn sie keinen Preis dafür gewinnen werden.

In Sachen Sound spielt man zum Glück in einer anderen Liga. Sowohl die Hintergrundkulisse als auch die ausschließlich japanischen Synchronsprecher leisten eine fantastische Arbeit bei der Erzeugung einer surrealen Atmosphäre. Auch wenn nicht jede Dialogzeile vertont ist, so sind diejenigen, die es sind, auf dem gewohnt hohen Niveau, für das die Japaner bekannt sind. Die Musik bedarf eines genaueren Blicks, denn Fans von japanischen PlayStation-Vita-Spielen werden einige Stücke äußerst bekannt vorkommen. Für den Soundtrack zeichnet sich nämlich Masafumi Takada verantwortlich, der bereits die atmosphärische Musik zur Danganronpa-Reihe geschrieben hat. Selbst nach dem Weglegen des Controllers bleiben viele der Melodien im Kopf und ein größeres Kompliment kann man dem Soundtrack wohl kaum machen. Die Effekte hingegen gehen nicht über ein solides Niveau hinaus. Es kracht und wummst, aber am Ende stiehlt doch die Musik die Show.

Gekämpft wird mit klassichem rundenbasiertem Kampfsystem. Keine Innovation, dafür viel Spaß!
Gekämpft wird mit klassichem rundenbasiertem Kampfsystem. Keine Innovation, dafür viel Spaß!

Beim Kampfsystem wurden keine Risiken eingegangen. Hier wurde nicht herumexperimentiert oder etwas ausprobiert. Die Entwickler haben sich für das klassische rundenbasierende Kampfsystem entschieden und das war genau die richtige Entscheidung. Fast jeder Spieler, der in seinem Leben ein japanisches Rollenspiel gespielt hat, wird sich sofort heimisch fühlen. Mit einem Dreier-Team stellt man sich den unzähligen Zufallsbegegnungen entgegen, die ab und an auch dank der hohen Frequenz schon nerven können. Auf der rechten Seite des Kampfbildschirms wird die Reihenfolge angezeigt, in der die Digimon angreifen. So kann man sich bereits im Voraus eine passende Strategie zurechtlegen, um die Feinde zu besiegen. Sehr tiefgründig müssen die Strategien dabei nicht sein, denn die meisten Begegnungen sind eher anspruchslos.

Ähnlich wie bei der Konkurrenz gilt auch bei den Digimon eine Art Stein-Papier-Schere-Prinzip, was die Elemente angeht. Jedes Digimon gehört zu einem bestimmten Typen und dieser richtet beim einen doppelten und beim anderen Typen halben Schaden an. Kennt man also die Reihenfolge der Angriffe und die Typen der eigenen und feindlichen Digimon, ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die Sieges-Fanfaren zu hören sind. Die einzige Ausnahme stellen dabei die Boss-Kämpfe dar. Bei diesen sollte man aufmerksam das Geschehen beobachten und auch bereit sein, einige Änderungen am Kader vorzunehmen. Denn ebenfalls wie bei der Konkurrenz besitzt man eine Reservebank, die auch bei einigen Kämpfen benötigt wird. Zum Wohlwollen vieler Spieler bekommen auch diese kleinen Monster Erfahrungspunkte für jeden Kampf, sodass sie nicht im Laufe des Spieles zurückfallen.

Mit über 200 Digimon beeindruckt das Spiel und bietet mehr als genug Inhalt für die magische 50 Stunden-Grenze.
Mit über 200 schön animierten Digimon beeindruckt das Spiel und bietet mehr als genug Inhalt für die magische 50 Stunden-Grenze.

Auch wenn nichts gewagt wurde, so wurde doch einiges gewonnen. Man muss nicht immer das Rad neu erfinden, um Spielern viele Stunden Spaß zu bereiten. Das beweist das klassisch gehaltene Kampfsystem von Digimon Story: Cyber Sleuth. Wenn jetzt noch der Anspruch ein wenig nach oben geschraubt werden würde und die Zufallskämpfe nicht ganz so zufällig wären, dann hätte man ein, auch in dieser Zeit noch, optimales Kampfsystem.

Kämpfen alleine reicht jedoch nicht, um sich das optimale Digi-Team zu schaffen. Auch beim Aufziehen und Entwickeln der putzigen Viecher muss man ordentlich Zeit investieren. Um neue Digimon zu erhalten, braucht man mehr als nur ein paar Bälle. Betritt man eine Kampfarena, so werden die Feinde zunächst gescannt, bevor es ans Eingemachte geht und bei jeder Begegnung mit demselben Digimon steigt eine kleine Leiste. Hat diese die 100% erreicht, so kann man dieses Digimon im DigiLab selbst züchten und im Kampf verwenden. Von hier aus koordiniert man sein Team. Ist kein Platz im Team oder auf der Reservebank, so kann man die überflüssigen Mitstreiter auf verschiedene Missionen schicken und auf Farm Islands trainieren lassen.

Sind die Digimon stark genug geworden, so kann man sie digitieren lassen. Dabei entwickeln sie sich in eine noch imposantere und stärkere Form, die im Kampf weitaus hilfreicher ist. Doch auch in die andere Richtung kann man dabei gehen und die Digimon wieder zu einer schwächeren Stufe digitieren lassen. Das ist besonders wichtig beim Erstellen des optimalen Teams. Und das entwickelt sich sehr schnell zu einer Sammelwut, die es zu bändigen gilt. Dabei kann man über 200 digitale Monster jagen und fangen und das braucht natürlich seine Zeit. Mit der Story, den vielen Nebenmissionen und dem Sammelwahn kommt man sehr schnell über die magische 50-Stunden-Marke.

Selbstverständlich ist Nostalgie ein wichtiger Faktor für dieses Spiel. Doch auch ohne gemeinsame Vergangenheit mit der Serie wird man bestens unterhalten.
Selbstverständlich ist Nostalgie ein wichtiger Faktor für dieses Spiel. Doch auch ohne gemeinsame Vergangenheit mit der Serie wird man bestens unterhalten.

Ist Digimon Story: Cyber Sleuth das Spiel, das die Fans verdienen? Ja! Macht es viel Spaß und unterhält es für Stunden? Ja! Braucht es sich vor der Konkurrenz zu verstecken? Nein! Muss die Konkurrenz sich sorgen machen? Auch nein! Der neuste Ableger des Digimon-Franchises macht so viel richtig. Das Kampfsystem, so simpel es auch ist, funktioniert wunderbar. Die Story fesselt und motiviert, trotz einiger Längen. Und das gesamte Spiel weckt den inneren Sammler mit einer gehörigen Portion Nostalgie. Es ist zwar unübersehbar, dass es sich dabei um ein portiertes PlayStation-Vita-Spiel handelt, doch auf dem Handheld beeindruckt die Technik umso mehr.

Jetzt müssen sich die Entwickler für die kommenden Teile großen, aber machbaren Herausforderungen stellen. Zum einen muss noch an vielen Ecken und Enden geschliffen werden, zum anderen gilt es sich jedoch vielmehr zu fragen, wer genau die Zielgruppe ist, die man ansprechen will. Die Generation, die mit den digitalen Monstern aufgewachsen ist, kann nun wesentlich anspruchsvollere Aufgaben als Digimon Story: Cyber Sleuth meistern. Die langen Tutorials und die einfachen Kämpfe sind nämlich für eine ganz andere Zielgruppe gedacht, obwohl die fehlende Lokalisierung wieder auf eine erheblich ältere Klientel hinweist.

Story: Wer hier leichte Kost erwartet, der ist auf dem Holzweg. Es gibt viel zu entdecken, mitzufiebern und zu erleben. Auch wenn sich besonders am Anfang Längen in die Geschichte schleichen, so fesselt sie doch bis zum Ende.

Grafik: Dank der kleinen, sterilen und kalten Umgebungen bleibt es auch auf der Heimkonsole ein reiner Handheld-Port. Doch dank der tollen Animationen und der rosaroten Nostalgie-Brille tut dies dem Spielspaß keinen großen Abbruch.

Sound: Synchronisation, Effekte und Musik. Hier kommt alles wunderbar zusammen und bildet eine schwere, surreale Atmosphäre, die zum Spiel wie die Faust aufs Auge passt. Großes Lob geht an den Komponisten Masafumi Takada.

Gameplay: Zufallsbegegnungen treffen auf rundenbasierende Kämpfe. Traditionell, einfach und richtig. Es muss nicht immer eine Innovation sein, um Spaß zu machen und zu fesseln.

Sonstiges: Im DigiLab gilt es die kleinen Wesen zu züchten, auf der Farm und in den Dungeons sie zu trainieren. Will man alle Digimon fangen und das optimale Team erstellen, können ganz schnell mal 50 Stunden ins Land ziehen. Zudem wird noch ein kleiner Online-Modus geboten, der jedoch noch einiges an Arbeit benötigt.