Zu Beginn dieses Jahres stellten wir euch fault milestone one vor, den ersten Part einer Reihe von Visual Novels des Dojin-Zirkels Alice in Dissonance ohne bislang absehbares Ende. Zumindest aber ist nun mit fault milestone two sideabove der nächste Part der Serie veröffentlicht worden. Ob sich die Visual Novel auf ihren bisherigen Errungenschaften ausruht oder aber mit neuen Spielereien hervorsticht, erfahrt ihr in unserem Test.
fault milestone two sideabove ist der erste Part des zweiten Teils der Serie und setzt genau dort an, wo fault milestone one aufgehört hat. Neueinsteiger erhalten lediglich durch ein kurzes Video einen Überblick des ersten Teils, der vollkommen unzureichend ist und lediglich der Auffrischung dient, wobei es selbst hier sinnvoller sein kann, einen weiteren Durchlauf von fault milestone one zu starten, um wirklich auf dem aktuellen Stand zu sein.
Durch den plötzlichen Sinneswandel von Prinzessin Selphine scheint sich die Konfrontation mit Drahtzieherin Melano doch zu ihren Gunsten zu wenden. Trotz ihrer Leibgarde Ritona und dem Neuzugang Rune, ist die Mühe des Trios vergebens und der wahren Macht von Melano schutzlos ausgeliefert.
Mit einer letzten Warnung kommen Selphine und ihre beiden Begleiter davon, die Prinzessin und Ritona stehen nichtsdestotrotz an der Schwelle des Todes, da sie schon zu lange dem manalosen Gebiet ausgesetzt sind. Mithilfe von Rune gelangt der Trupp aber noch auf ein Schiff in manareiches Terrain.
Wer nun aber denkt, dass am neuen Ort alles friedlich verläuft, täuscht sich. Der Leser lernt den jungen Reiseführer Sol kennen – und mit ihm eine Welt um Armut und Reichtum, die kurz vor dem Zusammenbruch steht. Was wird das Trio in seiner Lage unternehmen? Kann es überhaupt etwas gegen Mächte ausrichten, denen es noch nie begegnet ist?
„Offizielle Bezeichnung: Cinematic Novel“
Bei fault milestone two sideabove handelt es sich im Prinzip um eine Kinetic Novel, bei welchen die Handlung vorgegeben ist und keine Entscheidungen vom Leser getroffen werden müssen. Der Entwickler geht sogar einen Schritt weiter und bezeichnet die Visual Novel als Cinematic Novel. Als ganzer Film lässt sich fault milestone two sideabove natürlich nicht bezeichnen, eine gewisse Richtung dahingehend macht sich aber bemerkbar.
Neben zahlreichen CG-Grafiken, die etwa in doppelter Anzahl im Vergleich zum Vorgänger vorhanden sind, wird die Handlung durch häufige Kameraschwenks äußerst aktiv gehalten. Dadurch entsteht bisweilen durchaus der Eindruck, dass man nicht vor einer gewöhnlichen Visual Novel sitzt. Insgesamt sind die Porträtzeichnungen auch außerhalb der Event-Bilder gut gelungen und qualitativ nochmal eine Spur gelungener als im Erstling. Die bildlichen Spielereien wirken innovativ und überzeugen auf ganzer Linie.
Im Bereich Sound hat sich ebenfalls einiges getan. Die Auswahl an Musikstücken ist ähnlich wie die Anzahl an CG-Bildern stark angewachsen. Hieraus resultiert, dass die Musik nun zu jeder Szene passend gespielt wird, quasi wird jede Gefühlslage abgedeckt. Noch lebendiger wird die Visual Novel nur noch durch Soundeffekte, die in geeigneten Situationen abgespielt werden und dabei authentisch wirken. Eine Vertonung der Charaktere ist allerdings nicht zu erwarten, das wäre bei diesem Indie-Projekt aber auch mehr wie die Kirsche auf der Sahnetorte.
Inhaltlich werden neue Wege eingeschlagen. Durch neue Perspektiven werden weitere Handlungsbögen eingeführt, aber auch der weitreichende Grundplot wird zu großen Teilen erweitert. Auch die Handlung von fault milestone two sideabove wird längst nicht mehr mit der unangenehmen Spur von Belanglosigkeit präsentiert wie in fault milestone one.
Zwar nimmt sich Alice in Dissonance noch immer sehr viel Zeit, um die Akteure möglichst natürlich an den Leser zu bringen, im Prinzip hat nun aber jede Szene ihre Daseinsberechtigung. Nichtsdestotrotz wird die Bereitschaft erwartet, sich auf ein gemächlicheres Erzähltempo einzulassen, ähnlich einem Anime. Wer jedoch dran bleibt, wird mit einer emotionalen Tiefe belohnt, die sogar mancher AAA-Titel nicht vorweisen kann. Dadurch, dass man sich die entsprechende Zeit für die Figuren nimmt, überzeugen diese auf ganzer Linie.
„Gemächliches Tempo – dafür emotionale Tiefe“
Mit fault milestone two sideabove zeigt Alice in Dissonance, welche Entwicklung man innerhalb eines Jahres durchleben kann. Die Mühen sind deutlich erkennbar und haben sich auch gelohnt. Sollte sich das Niveau der Reihe nicht zum Schlechten ändern oder gar noch besser werden, steht dem weiteren Erfolg nichts entgegen. Neueinsteiger sollten lediglich darauf Acht geben, mit der ersten Episode einzusteigen.
