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Im Test! Operation Abyss: Tokyo New Legacy

Ähnlich wie das Survival-Horror-Genre erleben auch die Dungeon Crawler eine erneute Blütezeit. Persona Q: Shadow of the Labyrinth, Etrian Mystery Dungeon und Demon Gaze sind nur drei der erfolgreichen Projekte, in deren Labyrinthe man sich in den letzten Jahren verlieren konnte. Nun schickt das Team von Experience Inc. ein weiteres Spiel ins Rennen. Unter dem Namen Operation Abyss: Tokyo New Legacy vertreibt Nippon Ichi Software America das neue Projekt der Demon-Gaze-Entwickler und ob es sich hierbei um ein Genre-Vorbild handelt, erfahrt ihr hier.

Um die Spannung auf einem erträglichen Level zu halten: Nein! Es handelt sich nicht um einen besonders starken Dungeon Crawler. Vielmehr treten die Entwickler in viele kleine und auch große Fettnäpfchen, welche die Motivation komplett im Boden versinken lassen – und bei einem Spiel mit einer Länge von bis zu 40 Stunden ist das ein sehr starkes Ausschlusskriterium.

Hier wartet eine Lawine aus übertriebenen, grotesken und englischen Texten auf den Spieler.
Hier wartet eine Lawine aus übertriebenen, grotesken und englischen Texten auf den Spieler.

Bereits zu Beginn setzt man auf die Pauken und Trompeten des Grotesken. Der spielbare Charakter wacht in der Dunkelheit auf, umgeben von Blut und zerfetzten Leichen. Daraufhin erscheint eine mysteriöse Gestalt und erklärt, dass man entführt wurde. Ohne weitere Informationen greifen dann Zombiemonster an (Ja, es sind keine Zombies, sondern Zombiemonster). Kurze Zeit später wird man von einer übermächtigen Frau gerettet, man findet heraus, dass man spezielle Kräfte hat, wird mit fünf namenlosen Gesichtern in eine Gruppe geworfen und zur neuen ultrageheimen Monsterbekämpfungstruppe ernannt.

Wenn das jetzt alles ein wenig überstürzt wirkt, dann darf man sich diese Exposition gerne noch in wirr geschriebenen, englischen Dialogen und einen Haufen unnötiger Informationen vorstellen. Dieses Bild zieht sich durch die gesamte Geschichte, die sich, wie man später herausfindet, um eine böse Organisation dreht, die an Menschen experimentiert. Bis man jedoch an diesen Punkt angelangt ist, hat man mindestens 90 Prozent aller Dialoge übersprungen oder die Konsole schon beiseitegelegt.

Es besteht keinerlei Motivation, der Geschichte zu folgen, da diese bereits zu Beginn schon klar macht, dass weder ein passender Ton eingehalten wird, noch, dass man mit den Charakteren mitfiebern kann. In Operation Abyss: Tokyo New Legacy gibt es nämlich keine spielbaren Hauptcharaktere nur eine Reihe japanostereotyper Nebencharaktere, deren Schicksal nun wirklich nicht genug interessiert, um Stunden lang an den Bildschirm gefesselt zu bleiben. Was bedeutet das nun, keinen spielbaren Hauptcharakter zu haben?

Hübsches Design? Vielleicht. Aber dafür sechs Protagonisten ohne Namen, Gesicht und Charakter. Das ist zu wenig!
Hübsches Design? Vielleicht. Aber dafür sechs Protagonisten ohne Namen, Gesicht und Charakter. Das ist zu wenig!

Während der Exposition wird erklärt, dass man Teil einer sechsköpfigen Truppe ist. Diese sechs Köpfe werden jedoch vor dem Spielen komplett zufällig generiert oder vom Spieler aus Blöcken zusammengesetzt. Für die Geschichte haben sie weder einen Charakter noch ein Gesicht oder Namen. Erst ein Blick ins Statusmenü eröffnet diese und viele weitere unnötige Informationen. Ein stummer und namenloser Charakter ist zwar nichts Neues in der Videospielwelt, doch auf einen Schlag schon am Anfang eines so wirren Spieles sechs davon managen zu müssen, ist für das Gameplay zu viel und für die Story viel zu wenig.

In Sachen Technik bleibt man sich dem Prinzip von Demon Gaze treu. In schön gezeichneten, aber viel zu raren Artworks wird die Story erzählt. Dabei schwankt das Charakterdesign von schön bis schrecklich und unpassend. In den Bildern erhält man einen kurzen Einblick in das Tokyo von Morgen, welches den Schauplatz für diese groteske Komödie darstellt. Dabei ist das Design sehr gelungen und hätte viel Potential geboten. Doch die meiste Zeit wird man sich in den Dungeons aufhalten, die man aus der First-Person-Perspektive durchstreift.

Hier hat sich grafisch seit Demon Gaze auch nicht viel getan. Man bewegt sich von Block zu Block und fast alle diese Blöcke sehen absolut identisch aus. Hier und da hat man einige Veränderungen, aber knapp 90 Prozent der Dungeons bestehen in sich aus denselben paar Pixeln. Somit sollte man die Hoffnungen auf Cutscenes, tolle Kampfeffekte und schöne Umgebungen lieber aufgeben.

Wie bei den meisten Genre-Ablegern handelt es sich bei den Kämpfen um rundenbasierte Zufallsbegegnungen. Dabei erscheinen meist mehrere Artworks von Feinden, die es dann zu besiegen gilt. Anfangs begeistern die entstellten und von Lovecraft inspirierten Monsterdesigns noch, aber nachdem man hunderte Male selbige gesehen hat, verlieren sie schnell wieder an Reiz. Die Kämpfe in Operation Abyss: Tokyo New Legacy laufen nach Textbuch ab. Es gibt Kombinationsangriffe und Magie, aber mehr sollte man nicht erwarten.

Das, von Lovecraft, inspirierte Monsterdesign gefällt anfangs noch, aber Recycling hat noch keinem Spiel gut getan.
Das, von Lovecraft, inspirierte Monsterdesign gefällt anfangs noch, aber Recycling hat noch keinem Spiel gut getan.

In den ersten Stunden reicht es auch einfach, im Kopf auf Automatik zu schalten und alle Krieger angreifen lassen, während die Magier sich verteidigen. Erst im Laufe des Spiels ist es nötig, ein wenig über Dinge wie Strategie nachzudenken. Dies bedeutet jedoch nur, dass es dem Anfang des Spieles auch an dieser Stelle an Motivation fehlt.

Was den Sound angeht, so wird man sich bereits nach wenigen Minuten gezwungen fühlen, nicht mehr daran zu denken und ihn komplett auszuschalten. Die japanischen Synchronsprecher machen ihre Aufgabe zwar gewohnt gut, doch sind nur die wenigsten Dialogzeilen vertont. Diesen gegenüber stehen jedoch nervige Musikschleifen und unglaublich billige Soundeffekte.

Kann man sich erst einmal mit der Story, den Dialogen und der Technik anfreunden, so kann endlich ein Blick auf das Wichtigste bei Dungeon Crawlern geworfen werden: nämlich die Labyrinthe. Auch hier spiegelt sich dasselbe wie beim Kampfsystem wieder. Man weicht nicht von der Norm ab. Über ein normales Textmenü sucht man sich den Dungeon aus und taucht dann hinein. Es warten riesige Labyrinthe auf die sechs Charaktere, die sich oft in Form und Aufbau ähneln. Hier und da findet man Fallen, versteckte Türen oder Teleportationsobjekte, doch nichts davon ist besonders kreativ eingesetzt. Oftmals ist sogar das Gegenteil der Fall. Um Fallen oder versteckte Türen frühzeitig zu finden, sind bestimmte Fähigkeiten notwendig. Sind diese nicht im Besitz, so kann das Navigieren durch die vielen Etagen zum Alptraum werden. Daher sollte man besonders bei eigens zusammengesetzten Charakteren vorsichtig sein.

So weit, so gewöhnlich. Wo sich das Spiel nun von der Konkurrenz abhebt, sind die Menüs. Diese sind der wahre Alptraum. Sie sind viel zu klein, viel zu häufig und viel zu überladen. Hier ein Beispiel. Bekommt man von einem besiegten Feind ein Item, ist dieses oft mit einer Falle versehen. Es öffnet sich das erste Menü, in welchem steht, um welche Falle es sich genau handelt. Daraufhin öffnet sich Menü 2, in dem man dann den Charakter aussucht, der die Fähigkeit besitzt, diese Falle zu umgehen. Daraufhin öffnet sich Menü 3 und man muss die entsprechende Fähigkeit nun wählen.

Die Menüs...diese Menüs. Damit haben sich die Entwickler selbst ins Knie geschossen.
Die Menüs…diese Menüs. Damit haben sich die Entwickler selbst ins Knie geschossen.

Nach ein paar Klicks verschwindet die Falle und man hat endlich sein Item. Oft sind diese jedoch unbekannt und müssen noch in ein paar weiteren Menüs erforscht werden. Wenn man die Klicks zählt, die nötig sind, um ein Item von einem besiegten Gegner zu bekommen, dann kommt man auf eine sehr, sehr hohe Zahl. Dadurch wird der Spielfluss ungemein verlangsamt – ganz besonders, wenn die meisten Items überhaupt nicht nötig sind. Generell ist das Managen der Items und Ausrüstungsgegenstände viel zu umständlich. Es fehlen die Möglichkeiten, sie miteinander zu vergleichen und dies ist bei einer solchen Art von Spiel essentiell.

Ähnlich verhält es sich mit dem Level- und dem Editorsystem. Man hat unzählige komplexe Möglichkeiten, seine sechs Charaktere zu erschaffen, sie zu verbessern und sie auszurüsten, aber im extrem simplen Kampf fällt so gut wie nichts davon auf. Erst nach vielen Stunden beginnt man, sich diesen ganzen Systemen wirklich bewusst zu werden.

Ein weiterer Faktor, der dem Spielfluss entgegen steht, ist das Backtracking. Mehr als nur ein Mal wird man etliche Etagen wieder durchforsten müssen, um aus dem Dungeon zu entfliehen. Auch dies ist kein Novum, doch anders als bei anderen Dungeon Crawlern, kann man hier nur im Level steigen, wenn man in der Basis rastet. Eine sehr fragwürdige Gameplayentscheidung, da man oft Stunden in Dungeons verbringen wird und sich oft auch darin verliert. Somit zwingen die Entwickler, die eintönigen Dungeons mehrmals vor und zurück zu laufen und dabei darf nicht vergessen werden, dass die unzähligen und etwas zu häufig vorkommenden Zufallsbegegnungen noch existieren. Dabei können dann schnell mal die MP und die Items ausgehen. Befindet man sich zu diesem Zeitpunkt tief in einem Labyrinth, so kann man Überleben gleich vergessen.

Grafisch und soundtechnisch absolut nicht der Rede wert.
Grafisch und soundtechnisch absolut nicht der Rede wert. Eher ein Schritt zurück, als nach vorne.

Operation Abyss: Tokyo New Legacy benötigt eine wahrhafte Tugend: die Geduld. Viel zu oft wollte ich schon in den ersten Stunden den Handheld ausschalten, das Spiel löschen und nie wieder daran denken. Mit der Zeit sank die Frequenz, in welcher diese Gedanken Platz in meinem Kopf fanden, aber sie waren immer noch viel zu häufig da. Die wirre und uninteressante Geschichte mit den überladenen Dialogen und den sechs nicht vorhandenen Protagonisten hat schon von Anfang an klar gemacht, dass es in diesem Spiel um etwas anderes geht.

Über die veraltete Technik, das sparsame Design und den billigen Sound konnte ich ebenfalls hinwegsehen – aber die Menügestaltung war einfach zu viel. Dungeon-Crawler-Enthusiasten mit einem Hang zu grotesken Japano-Geschichten, sehr guten Englischkenntnissen und einer engelsgleichen Geduld kann ich das Spiel empfehlen, aber alle anderen greifen lieber zu Demon Gaze.

Story: Wirr, grotesk und japanisch, gewürzt mit einer Prise überladener Dialoge.

Grafik: Schöne, aber rare Designs werden von kreativlosen und oftmals identischen Dungeons verschlungen.

Sound: Die guten japanischen Synchronsprecher hört man leider viel zu selten, stattdessen gibt einen schwachen Soundtrack und billige Effekte.

Gameplay: 08/15-Dungeon-Crawler mit gewöhnlichen rundenbasierten Zufallsbegegnungen, aber äußerst fragwürdigen Gameplayentscheidungen.

Sonstiges: Bis zu 40 Stunden dauert das Spiel. Kaum Abwechslung und schreckliche Menüs machen oft eine Hölle daraus.