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Im Test! Criminal Girls: Invite Only

Im vergangenen Jahr haben es immer mehr Spiele in den Westen geschafft, von denen man hätte annehmen können, dass dies kaum möglich sei. Und auch im neuen Jahr gibt Nippon Ichi Software America alles, um diesen Lauf nicht zu unterbrechen. Criminal Girls: Invite Only ist eines dieser unglaublich japanischen Spiele, welche dem Westen oftmals vorenthalten blieben. Der Grund dafür ist von der Prämisse des Spieles her mehr als nur deutlich. Eben diese Prämisse ist für viele der Grund gewesen, bei diesem PlayStation-Vita-Spiel zuzuschlagen. Doch kann auch das Gameplay überzeugen? Hier findet ihr es heraus.

Zu einer solchen Hölle würden viele sicherlich nicht "Nein" sagen.
Zu einer solchen Hölle würden viele sicherlich nicht „Nein“ sagen.

Noch bevor man die erste Stunde des Spiels hinter sich gebracht hat, wird eines klar: Die gesamte Entwicklung hat sich um eine simple Grundidee gedreht, welche man unbedingt in ein Spiel einbauen wollte. Bei dieser Grundidee handelt es sich darum, junge Mädchen physisch zu bestrafen und das ohne jegliche negative Konsequenz. Nun stellte sich sicherlich die Frage, wie man den Spieler motivieren könnte, so eine eigentlich schreckliche Tat durchzuführen. Hier bietet die simple Geschichte Abhilfe. Bei den sieben jungen Mädchen, an welche man Hand anlegen darf, handelt es sich um verurteilte Sünderinnen. Nicht etwa um Straftäterinnen, sondern tatsächlich um Sünderinnen. Daher beginnt das Spiel auch nicht in einem Gefängnis. Taucht man in die Welt von Criminal Girls: Invite Only ein, so findet man sich in der wahrhaften Hölle wieder. Hier werden Sünder für ihre Taten bestraft und so erscheint diese „Folter“ im Story-Kontext logisch.

Der Spieler schlüpft nun in die Rolle einer Art Aufsichtsperson, welche die Verantwortung für die sieben Sünderinnen trägt. Das Ziel ist es, die Höllenspirale hinaufzusteigen und auf diesem Weg alle Mädchen genug zu stärken, damit diese ihre Sünden akzeptieren und sich läutern. Dabei gilt es, ein wirres Labyrinth zu überwinden, die grausamen Convicts zu besiegen und tief ins eigene Ich zu schauen. Um die Mädchen genug zu motivieren und sie zu stärken, ist es hierbei nötig, ein wenig zur Peitsche, zum Elektroschocker oder zum Wachs zu greifen. Doch sanfte Gemüter können beruhigt werden.

Diese Szenen werden so simpel und so süß wie möglich dargestellt. Zudem scheint es den Mädchen zu gefallen. Für die Story spielt dieses Gameplay-Element eine weniger große Rolle. Die Vorteile zeigen sich hauptsächlich in den unzähligen Kämpfen. Auch wenn die Geschichte in ihren Grundzügen simpel erscheint, so bietet sie dennoch einige starke Momente. Wenn die Mädchen ihre schlimmen Schicksale erneut durchleben und ihre Taten mit einem erwachseneren und stärkeren Charakter betrachten, wird die Mentalität von Opfer und Täter sehr deutlich dargestellt.

Getrieben von Emotionen oder beim Versuch diese zu unterdrücken, leidet das Einschätzungsvermögen und schlussendlich schadet man damit nur sich selbst und den Menschen, die man liebt. In diesen leider wenigen Momenten glänzt Criminal Girls: Invite Only. Aber den Großteil der 20 Spielstunden bekommt man nur die übliche Japano-Kost vorgesetzt, die den Spieler nur dazu treiben kann, komplette Dialoge zu überspringen. Auch bei den Mädchen ist die ganze Stereotyp-Bandbreite japanischer Anime-Figuren zu finden. Jedes Mädchen hat dabei ihren eigenen Stereotyp und der wird auch in jedem Satz mehr als deutlich zum Vorschein gebracht.

Kaum zu glauben: die Story bietet einige tolle, menschliche Momente.
Kaum zu glauben: die Story bietet einige tolle, menschliche Momente.

Erst gegen Ende entwickeln sich die Charaktere und selbst dann schlägt es nach einigen tollen Momenten ins genaue Gegenteil über. Der Spieler-Charakter bleibt hingegen sehr passiv und auch stumm. Einige wenige Dialoge kann man persönlich beeinflussen, aber diese haben absolut keine Auswirkungen auf das Gesamtbild. Das Grundgerüst der Story ist mehr als solide und mit mehr Fingerspitzengefühl hätte hier eine starke Geschichte um Sünde und Läuterung ausgearbeitet werden können. Leider hat man sich für den Japano-Weg entschieden.

Grafisch zählt das Spiel nicht gerade zu den Top-Titeln auf PlayStation Vita. Dies liegt unter anderem daran, dass das Spiel auch für PlayStation Portable entwickelt wurde. Dennoch werden süße Chibi-Modelle geboten, welche in den Dialogen von schönen Artworks abgelöst werden. Was das Umgebungs-Design betrifft, so gibt es nur etwa sechs verschiedene Orte, die von einem Labyrinth aus mehr oder weniger identischen Laufwegen durchzogen werden. In bester Dungeon-Crawler-Manier durchläuft man in jedem dieser Orte vier Stockwerke, die ebenfalls keine großen Unterschiede zueinander besitzen. Selbst zu SNES-Zeiten hat man kreativere Areale gefunden. Auch die Kämpfe werden visuell so simpel wie möglich gehalten und obwohl dies einen süßen Charme ausstrahlt, so wünscht man sich nach 20 Stunden viel mehr Abwechslung. Was die Gegner betrifft, haben die Entwickler sich auch nicht gerade mit Vielfältigkeit bekleckert.

Ähnlich wie bei den meisten japanischen Spielen ist die Synchronisation jedoch superb gelungen. Die Stimmen verleihen den Mädchen einen eigenen Charakter und machen sie ungemein liebenswert. Leider steht ausschließlich die japanische Tonspur zur Auswahl. Auf eine englische wurde komplett verzichtet. In Sachen Musik und Effekte zeigt sich Criminal Girls: Invite Only solide. Es sind zwar keine Ohrwürmer zu erwarten, aber besonders nervig ist die Musik auch nicht. Leider werden dadurch keine Akzente gesetzt, die dank dem Setting in der Hölle gut herausgespielt hätten werden können.

Und nun zu dem Grund, wieso sich doch ein Blick auf dieses Spiel lohnt. Das Gameplay ist ähnlich wie die gesamte Aufmachung äußerst simpel gehalten. Doch hier kommt das dem Spiel zu gute. Beim Kampfsystem handelt es sich um ein traditionelles, rundenbasiertes System mit Zufallsbegegnungen. Diese sind jedoch erstaunlich gut getimt. Die Frequenz, in welcher die Monster erscheinen, ist sehr angenehm. Gerade wenn man sich fragt, wann wohl das nächste Monster auftaucht, kommt es zum Kampf. Nie hat man das Gefühl, dass man kaum vorankommt. Im späteren Verlauf hat man zwar mit viel Backtracking zu kämpfen und dabei natürlich besonders mit den viel zu schwachen Monstern dieser Areale, doch dank passender Skills lässt sich dieses Problem ebenfalls angenehm umschiffen.

Grafisch ist Criminal Girls: Invite Only leider alles andere als modern.
Grafisch ist Criminal Girls: Invite Only leider alles andere als modern.

Entscheidet man sich jedoch dazu, eine Monstergruppe zu bekämpfen, so besteht die aktiv kämpfende Gruppe aus vier Mädchen. Die anderen drei dienen als Reserve. Ein Mal pro Zug kann man sowohl ein Item einsetzen, als auch ein Mädchen aus der Reserve mit einem auf dem Schlachtfeld ersetzen. Zusätzlich kann man eine Angriffs- oder Support-Aktion pro Zug durchführen. Es gilt also: Nur ein Mädchen kann pro Zug angreifen, wohingegen jeder Feind eine ganze Runde für sich bekommt. Ist man jedoch an der Reihe, so hat man bei den vier Mädchen eine große Auswahl an Skills oder Kombinationsattacken, die verheerenden Schaden anrichten können. Diese besonderen Angriffe können jedoch erst im Laufe der Geschichte und durch die passenden Skills ausgeführt werden. Zudem steht, besonders im späten Spiel, stets mindestens eine starke Fähigkeit zur Verfügung. Und hier wurde nun einer der wichtigsten Aspekte von Criminal Girls: Invite Only angesprochen.

Anders als bei den meisten anderen Spielen mit rundenbasierten Kampfsystemen kann man sich hier die durchzuführende Handlung der Mädchen nicht frei aussuchen. Für jedes Mädchen wird nach einem bestimmten Prinzip nur eine Attacke pro Runde vorgeschlagen und für eines der Mädchen muss man sich dann entscheiden. Zunächst hat man das Gefühl, dass die Aktionen nur per Zufall ausgesucht werden, aber je weiter man im Spiel voranschreitet, desto deutlicher wird, dass die Mädchen mit präzisen Angriffsmustern auf die verschiedenen Monster-Gruppen reagieren. Dieses System stellt sich im Endeffekt als zweischneidiges Schwert heraus.

Einerseits verliert man so eine gewisse Kontrolle über das Geschehen und man hat das Gefühl, dass bei einem Game Over das Spiel zu beschuldigen ist und nicht der Spieler selbst. Andererseits kommt so ein weiterer Aspekt der Spannung hinzu. Die Würze, die diese Ungewissheit mit sich bringt, ist nicht zu unterschätzen. Die meist einfachen Kämpfe erhalten dadurch Kanten, welche das Geschehen lebendiger machen. Generell haben die Entwickler sich viel Mühe gegeben, trotz der einfachen Kämpfe ein spannendes Spiel zu schaffen. Das Balancing ist hier sehr gut gelungen.

Doch auch wenn es sich um limitierte Angriffsoptionen handelt, sollte man sich nie ohne Bedacht in Boss-Kämpfe stürzen. Diese sind meist sehr fordernd und mit Stärkungs- und Schwächungszaubern kommt man schneller ans Ziel als nur mit starken Angriffen. Es dauert zwar ein wenig, aber irgendwann stellt man sich auf die Mädchen ein und nutzt die richtigen Skills zur richtigen Zeit. Besonders in Momenten, in denen die Gruppe kurz vor der Vernichtung steht und man von den Mädchen einen mächtigen Skill angeboten bekommt, fühlt sich Criminal Girls: Invite Only richtig an. In diesen Momenten ist der Spielspaß am größten.

Unglaublich klassisches Kampfdesign, trifft auf neue Ideen. Weiter so.
Unglaublich klassisches Kampfdesign, trifft auf neue Ideen. Weiter so.

Nach jedem Kampf bekommt man ganz Genre-typisch Geld, Items und Erfahrungspunkte. Um im Spiel zu überleben, sind alle drei Trophäen von größter Bedeutung. Die Kraft von Items sollte man nie unterschätzen, Erfahrungspunkte braucht man, um im Level zu steigen und das Geld wird benötigt, um neue Skills zu lernen. Und jetzt geht es auf das kontroverse Level-System zu. Dieses kann an jedem Speicherpunkt betreten werden und wird in fünf Kategorien, beziehungsweise in fünf Bestrafungs-Instrumente, gegliedert. Schreitet man in der Geschichte voran, so schaltet man automatisch ein Instrument nach dem anderen frei.

Zu Beginn steht einem nur die Peitsche zur Auswahl. Zahlt man genug Geld, so kann man mit Hilfe des Vita-Touchscreens im Stil eines kleinen Mini-Spiels die Mädchen bestrafen. Dabei füllt sich ihre Motivations-Leiste. Nach der Vervollständigung dieser Leiste erhält das Mädchen einen neuen Skill, den es im Kampf oder auf dem Feld benutzen kann. Für jedes Instrument gibt es vier verschiedene Skills, die erlernt werden können. Somit kommt man auf eine Gesamtzahl von 20 eigenen Skills pro Mädchen. Die Gruppenattacken sind durch zusätzliche Items freizuschalten. Dies ist die optimale Menge, die nötig ist, um seine Feinde zu besiegen. Leider haben all diese Fähigkeiten seltsame Namen, die es erst zu lernen gilt. Denn im Kampf steht nur der Name da und nicht der Effekt, den der Skill besitzt.

Hier mache ich nun einen Schnitt. Ich werde hier nicht darüber urteilen, in wie fern dieses Gameplay-Element frauenfeindlich oder sexistisch ist. Jeder muss für sich selbst entscheiden, ob er dies als kleine, verrückte Spielmechanik ansieht oder als misogynen Gedanken, der durch die Köpfe der Entwickler schwirrte. Die Videospielwelt ist voller Gewalt und sexueller Anspielungen und jede einzelne Person muss für sich entscheiden, wo die eigene Grenze liegt.

Worüber ich jedoch urteilen werde ist die Zensurpolitik von Nippon Ichi Software America. Der Schritt, dieses Spiel in den Westen zu bringen war ein durchaus mutiger und hat auch Respekt verdient. Doch eine der Grundideen zu verkrüppeln, damit die Sexismus-Keule nicht ganz so stark fällt, ist mehr als nur feige und falsch. Die Zensur beinhaltet die Entfernung der Synchronisation während der Bestrafungs-Szenen und ein lilaner Filter, der den Bildschirm ebenfalls während dieser Szenen ziert. Am Ende werde ich jedoch diese beiden Aspekte nicht in die Wertung einfließen lassen, da sie keinen großen Einfluss auf das Spielgeschehen und den Spielspaß haben. Nichtsdestotrotz wollte ich sie einmal erwähnt haben.

Lila Filter und keine Synchronisation. Eine solche Zensur ist nur beschämend.
Lila Filter und keine Synchronisation. Eine solche Zensur ist nur beschämend.

Criminal Girls: Invite Only hat besondere Stärken und leider viele Schwächen. Es ist unglaublich interessant zu sehen, was sich aus der anfangs simplen Story und den einseitigen Charakteren entwickelt und auch das Kampfsystem weiß mit einem guten Balancing und neuen Ideen zu motivieren. Doch technisch wirkt dieses PlayStation-Vita-Spiel viel zu altbacken, zu träge und der Großteil der Story, Dialoge und Akustik kommt über ein solides Level nicht hinaus. Was jedoch absolut schrecklich ist, ist das Level-Design. Ein so eintöniger und linearer Verlauf, mit so wenig Abwechslung, nimmt einfach unglaublich viel vom Spielspaß. Dennoch lohnt sich ein Blick, dank der interessanten und einmaligen Ansätze.

Story: Höllen-Setting mit unglaublichen Höhepunkten, die im ganzen stereotypen Matsch jedoch zu selten sind.

Grafik: Für ein PlayStation-Vita-Spiel viel zu altbacken und antik. Obwohl ein gewisser Charme vom Design ausgeht, so ist die wahre Sünde im ganzen Spiel das Level-Design.

Sound: Gewohnt grandiose japanische Sprecher, gepaart mit soliden Musikstücken und Soundeffekten.

Gameplay: Ungewöhnliches, rundenbasiertes Kampfsystem mit Zufallsbegegnungen, das dank gutem Balancing stets motiviert und fordert.

Sonstiges: Etwa 20 Stunden dauert es, um das erste von insgesamt sieben Enden zu sehen. Ansonsten gibt es in der Hölle wohl nicht viel zu tun. Hier mangelt es leider an Abwechslung.