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Research Center: Die Mythologie hinter Pokémon X & Y

In unserer neuen Reihe Research Center möchten wir euch Spielelemente vorstellen und diese untersuchen – allerdings nicht als Review oder Test, sondern als Interpretation. Nicht selten wird man beim Spielen etwa mit der Frage konfrontiert, wieso eine Handlung verläuft, wie sie eben verläuft. Da Videospiele ebenfalls als moderne Form der Kunst zu sehen sind, die ebenso als Medium fungieren kann, ist bei diesen gewiss auch eine Interpretation möglich – und genau daran wird sich die Reihe Research Center im regelmäßigen Rhythmus versuchen.

Natürlich ist eine Interpretation nicht als eine definitive Bestätigung von Tatsachen zu verstehen, sondern vielmehr eine Analyse des Inhalts anhand von vorhandenem Material. Um auch Kernpunkte analytisch aufbereiten zu können, sind Spoiler unabdingbar. Sollte der geneigte Leser dies nicht mit sich vereinbaren können, so ist es ihm nicht zu empfehlen, von nun an weiterzulesen. Beschwerden im Nachhinein bezüglich enthaltener Spoiler werden ignoriert.

In unserer ersten Ausgabe beschäftigen wir uns mit Pokémon X/Y. Viele Spieler bezeichnen im Allgemeinen die Geschichte in Pokémon-Spielen als belanglos oder Mittel zum Zweck. Möglicherweise mögen diese Bezeichnungen zutreffen, wenn man die Handlung lediglich oberflächlich betrachtet, zumal die Präsentation dieser so konzipiert ist, dass auch jüngere Spieler Gefallen daran finden. Anhand der neuesten Editionen soll jedoch aufgezeigt werden, dass hinter der Oberfläche auch mehr als Jux und Tollerei stecken kann.

Ein Eindruck aus Ragnarök, dem Schicksal der Götter.
Ein Eindruck aus Ragnarök, dem Schicksal der Götter.

Mit der Entwicklung von Pokémon X/Y wollte Game Freak eine neue Richtung einschlagen, so erinnert die Region Kalos bereits stark an Frankreich und möglicherweise könnte der Plot der Editionen ebenfalls einem Mythos aus Europa entstammen. Infrage kommt hierbei möglicherweise der nordische Mythos um Ragnarök – dem Schicksal der Götter. Vor 3.000 Jahren herrschte in der Kalos-Region Krieg und auch Azett und dessen Floette waren an diesem beteiligt. Als Floette während des Krieges tödlich verwundet wird, entwickelt Azett in seiner Trauer eine Vorrichtung, welche das im Krieg verlorene Pokémon wiederbeleben soll, was auch gelingt.

In seiner Wut über den einstigen Verlust verändert Azett die Vorrichtung, sodass sie zahlreiche Menschen und Pokémon vernichtet. Die von Azett entwickelte Vorrichtung steht daher gleichzeitig für Leben und Tod. Auch Ragnarök selbst erzählt gleichermaßen von Tod und Wiedergeburt. Die Kalos-Region wurde zwar nie gänzlich neu erschaffen, dennoch ist ihr Zustand mit der neuen Welt nach Ragnarök vergleichbar.

Azett und sein Floette.
Azett und sein Floette.

Ein weiteres Indiz zur Verwandtschaft zwischen Pokémon X/Y und der nordischen Mythologie sind die legendären Pokémon der neuen Generation. Xerneas, Yveltal und Zygarde lassen sich allesamt mit dem Weltenbaum aus der nordischen Mythologie in Verbindung setzen.

So stellt Xerneas einen der vier Hirsche am Stamm des Weltenbaums dar, welche sich dort von den Knospen und Ästen des Weltenbaums ernähren. Eine Deutung geht davon aus, dass die Hirsche ein Symbol für den Fluss des Lebens sind. Durch das Abfressen von Knospen, Blüten und Zweigen vergehen demnach jeweils Stunden, Tage und Jahreszeiten, wodurch gleichzeitig auch wieder neues Leben entsteht. Diese Symbolik ist mit Xerneas zumindest insoweit kompatibel, dass dieses ebenso ewiges Leben spenden kann. Auch für den gewählten Typ Fee lässt sich eine mögliche Herkunft in der nordischen Mythologie finden. So existiert einer Deutung nach die Möglichkeit, dass sich tatsächlich vier Zwerge mit Hirschgewändern am Weltenbaum laben. Zwerge werden in nicht wenigen Spielereihen zu Feen gezählt. Darin könnte auch der ausgewählte Typ für Xerneas seinen Ursprung gefunden haben.

Auch Yveltal entspricht einer Gestalt der nordischen Mythologie, dem Adler auf der Spitze des Weltenbaums. Die Aufgabe des Adlers besteht darin über die Welt zu wachen. Yveltals Pokédex-Eintrag erzählt davon, dass es Lebewesen vor seinem eigenen Ableben ihrer Lebenskräfte beraubt und sich in einen Kokon verwandelt. Möglicherweise könnte dieser Prozess dazu dienen, sich zu erhalten, um weiter über die Welt wachen zu können. Leider weist Yveltal die wenigsten Verbindungen zur nordischen Mythologie auf.

Die bislang verfügbaren legendären Pokémon der 6. Generation - Xerneas, Zygarde und Yveltal.
Die bislang verfügbaren legendären Pokémon der 6. Generation – Xerneas, Zygarde und Yveltal.

Das legendäre Pokémon Zygarde lässt sich dagegen auf unterschiedliche Weisen interpretieren. So ist eine mögliche Vorlage Nidhöggr aus der nordischen Mythologie. Dieses schlangenartige Wesen haust an den Wurzeln des Weltenbaums und nährt sich an diesen. Nach Ragnarök verschwindet Nidhöggr mit Leichen von Eid- und Ehebrechern, welche in seine Flügel eingebettet sind. Möglicherweise weisen die Flecken auf Zygardes Rücken und flügelähnliche Glieder auf diese Vorlage hin.

Ein Eindruck des Weltenbaums.
Ein Eindruck des Weltenbaums.

Weiteres Indiz ist der Fundort des Pokémon in der unterirdischen Omega-Höhle. Der Name deutet weiterhin die Rolle von Nidhöggr an. Nichtsdestotrotz kann auch ein Süßwasserpolyp als Vorlage gedient haben, welcher als Umweltindikator in Gewässern eingesetzt wird, was auch Zygardes Aufgabe zu sein scheint. Gleichzeitig werden Süßwasserpolypen auch als Hydra bezeichnet – auch der Name einer Schlangengestalt aus der griechischen Mythologie, welche letztendlich wieder zu Nidhöggr führt.

Wir hoffen ihr hattet Spaß mit unserer ersten Ausgabe von Research Center und freut euch bereits auf mehr. Fragen, Kritik, Anregungen und sogar Themenwünsche sowie Ideen können Robb zugesandt werden.

Welches Mysterium sollen wir als nächstes ergründen?