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Retro-Flashback: Geschichtsstunde #5 – Ys II

Willkommen zur fünften Geschichtsstunde! Letztes Mal haben wir einen Blick auf Ys I: Ancient Ys Vanished geworfen. Heute betrachten wir den direkten Nachfolger. Ys II: Ancient Ys Vanished – The Final Chapter ist vom System dem ersten Teil sehr ähnlich, weshalb der heutige Artikel auch ein paar Punkte weglassen wird. Wieder beziehen sich die Bilder und Impressionen auf die NES-Version.

 

Die Hintergründe

Wie bereits im ersten Artikel erwähnt, sollten Ys I und Ys II ursprünglich als ein Spiel entwickelt werden. Letztlich entschied sich Falcom aber, sie doch in zwei Teilen zu veröffentlichen. Etwa ein Jahr nach dem Release des ersten Teils kam am 24.06.1988 dann auch Ys II in die japanischen Läden.

 

Das Spiel

Am Ende von Ys I erzählte das Spiel davon, wie Adols neues Abenteuer beginnt und der Spieler sieht, wie die Kamera langsam dem Verlauf des großen Turms bis in den Himmel folgt. Dort oben am Himmel fliegt eine Insel. Auf dieser Insel beginnt der zweite Teil. Dort wird Adol bewusstlos von dem Mädchen Lilia gefunden, die ihm enthüllt, dass er sich auf Ys befindet und ihn ins Dorf Lance mitnimmt.

 

Dort erfährt Adol von Lilias Krankheit und macht sich ins unterirdische Heiligtum auf, um ein Heilmittel zu beschaffen. Im Heiligtum trifft er auch auf die Statuen der sechs Priester von Ys (nach denen die Bücher im ersten Teil benannt waren), die Adol von der Hintergrundgeschichte erzählen: wieso der Kontinent schwebt und was ihn bedroht.

Ein neuer Kernaspekt im Spiel ist die Magie, die Adol im Kampf nun nutzen kann. Der erste erlernte Zauber ist ein Feuerangriff, aber später lernt Adol unter Anderem noch, sich zu Städten zu teleportieren oder sich in ein Monster zu verwandeln. Gerade letztes ist für das Spiel enorm wichtig, denn man muss sich sehr oft in ein Monster verwandeln. Der längste Teil des Spiels besteht nämlich darin, die Burg der Monster zu infiltrieren, um für die Dorfbewohner (eines anderen Dorfs) ein Mädchen zu retten, das geopfert werden soll. Im verwandelten Zustand kann Adol Gegner nicht mehr angreifen, stattdessen redet er mit ihnen. Manchmal ist dies notwendig um den Spielverlauf voranzutreiben, aber oft gibt es auch hilfreiche oder lustige Informationen von den Monstern.

 

In der Burg hat man reichlich zu tun: Man muss jeden Winkel erkunden, die Monster heimlich belauschen, Informationen einholen, Befehle weiterleiten, geheime Orte besuchen, Teleporter benutzen, Bosse bekämpfen und sogar an mehreren Orten in die Kanalisation hinuntersteigen. Sehr wenige klassische RPGs haben wohl einen so umfangreichen Dungeon zu bieten.

In Ys I musste man gelegentlich Items dabeihaben (ausgewählt haben) und selten sogar aktiv benutzen. In Ys II gibt es wirklich viele verschiedene Gegenstände, die man auch öfters benutzen muss. Dies kann ein Gegenstand sein, um durch eine Tür hindurch Konversationen zu belauschen, oder etwas, um eine Höhle aufzubrechen.

Wie in Ys I auch gibt es nur wenige Dungeons. Tatsächlich besteht Ys II eigentlich nur aus zwei richtigen Dungeons (dem unterirdischen Heiligtum und der Burg der Monster), aber einige der Zwischengebiete (Eis-Einöde, Lava-Ebene) könnten auch als solche gezählt werden. In Ys II gibt es nämlich keine klassische Weltkarte mehr wie im ersten Teil, stattdessen ein paar von verbindenden Gebieten, die an sich für die Story nicht groß relevant sind.

 

Am Ende gelangt Adol (wieder einmal) zu einem großen Turm, den er im Wettlauf gegen die Zeit erklimmen muss, um die Opferung des Mädchens zu vereiteln. Er scheitert und schafft es nicht. Nun steht nur noch der Kampf gegen den letzten Boss bevor, der sich allerdings nicht im Turm befindet, und um zu ihm zu gelangen, muss Adol vorher noch die schwarze Perle finden.

Schließlich ist es so weit und vor dem Raum des letzten Kampfes haben sich alle geretteten Dorfbewohner versammelt, die Adol mit einer Ausrüstung als Cleria-Material ausstatten. Feena und Lair, die beiden Mädchen aus Teil 1, erinnern sich an ihre wahre Identität: Sie sind die beiden Göttinnen von Ys.

 

Der letzte Boss ist ein dunkles Geschöpf, das vor 700 Jahren von den Göttinnen und den Priestern versiegelt wurde. Ohne lange Worte beginnt der Kampf. Nachdem Adol auch diesen Feind besiegt hat, wird er von den Leuten bejubelt und neben vielen Worten des Dankes werden auch noch einige Identitäten enthüllt.

Maria und Lair erkennen, dass Götter für die Menschen nicht länger von Nöten sind. Sie versprechen, Magie, aus der die Dämonen geboren wurden, mit sich zu nehmen. Am Ende verrät Feena Adol, dass die Zeit, die sie beide zusammen verbracht haben, ihre glücklichste Erinnerung ist und dass er sie so wie sie damals war in Erinnerung behalten soll. Damit verschwinden die beiden und überlassen legen das Schicksal der Menschen in ihre eigenen Hände.

 

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Mein Spielerlebnis

Ys II spielt sich fast so wie der erste Teil, wer hätte das erwartet? Tatsächlich gibt es aber einige nennenswerte Unterschiede. Zuerst einmal wäre das die oben erwähnte Magie, und wie ebenfalls erwähnt muss man recht oft verschiedene Gegenstände benutzen oder sich kurzzeitig in ein Monster verwandeln.

Vor Allem der Schwierigkeitsgrad wurde aber deutlich reduziert. Wie auch im ersten Teil erreicht man den höchsten Level weit vor Spielende, und man kann schnell überlevelt sein. Während man immer noch leicht stirbt, wenn man unachtsam ist, sind in Ys II die Bosskämpfe nicht einmal annähernd so schwer wie im ersten Teil. Teilweise sind sie sogar lachhaft einfach, weil man gegen viele Bosse einfach reihenweise Feuerzauber abfeuern und damit den Kampf innerhalb von Sekunden beenden kann.

In den großen Dungeons findet man sich nicht immer leicht zurecht. Ein Höhlenlabyrinth im unterirdischen Heiligtum hat mich sogar so sehr genervt, dass ich mir meine eigene (verwirrende) Karte dazu angefertigt habe, was mir tatsächlich geholfen hat, wirklich alle möglichen Räume abzuklappern.

Dass die im ersten Teil aufgebaute Geschichte hier direkt fortgesetzt und zu einem zufriedenstellenden und erzählerisch ansprechenden Ende geführt wird, ist natürlich sehr belohnend. Natürlich spielt man Ys II genauso wenig für die Geschichte wie andere RPGs dieser Zeit, aber es sollte dennoch erwähnt werden, dass das Spiel durchaus auch Ambitionen hat,  zu erzählen. Und die Geschichte ist, obwohl in wenigen Dialogboxen vermittelt, sogar für seine Zeit ziemlich komplex.

Ys II ist auch weniger frustrierend als Ys I. Man stirbt nicht mehr so häufig, kann sich (fast) jederzeit in ein Dorf zurückteleportieren und braucht für die Bosse nicht mehr Dutzende Versuche (lediglich der Endboss ist sehr hart). Zwar gibt es noch ein paar nervenaufreibende Stellen im Spiel, aber man irrt dennoch weit weniger oft orientierungslos herum als im Vorgänger.

Fazit: Ys II ist dem ersten Teil sehr ähnlich. Alles in allem wurde aber gerade in puncto Spielerfreundlichkeit einiges getan. Musikalisch und grafisch seiner Zeit voraus, kann Ys II auch in dieser Hinsicht glänzen. Ein tolles Spiel für die damalige Zeit, und auch wenn man heute zu einem der Remakes greifen sollte, ist sogar die Urversion 25 Jahre später nicht unspielbar.

Trivia
  • spricht man in Monsterverwandlung mit anderen Monstern, bekommt man oft etwas über Adol („der rothaarige Typ“) zu hören
  • das Spiel hatte bereits eine „Richtungskorrektur“ beim Laufen (d.h. wenn man gegen eine Kante läuft, wird automatisch daran vorbeimanövriert)
  • Ys II ist vom Speicherplatz 50% größer als Ys I (256KB vs 384KB)
    • Vergleich mit Dragon Quest: I -> 64KB, II -> 128KB, III -> 256KB, IV -> 512KB
Ausblick

Möglichkeit 1: Wenn ich euch frage, welches Spiel euch an die japanischen RPGs herangeführt haben, werden viele sicherlich mit „Final Fantasy“ antworten. Durch Remakes und Ports, die in dieser Zahl wohl kaum ein anderes Spiel vorzeigen kann, ist der erste Titel der Reihe trotz seines Alters mitnichten unbekannt. Doch wie sah die Urversion der bekanntesten JRPG-Serie aus, was sind die genauen Entstehungsumstände und welchen Einfluss hatte sie auf die Industrie?

Möglichkeit 2: Neben Nintendo dominierte früher noch ein weiterer Hersteller den Heimkonsolenmarkt. Ich spreche von Sega, und das Sega Master System (SMS) war direkter Konkurrent des NES. Zu dieser Zeit wurde der Grundstein für eine etablierte und große Serie mit einem bisher in dieser Form in RPGs ungesehenen SciFi-Setting gelegt: Phantasy Star. Wie spielt sich so ein First-Person Dungeon Crawler RPG von vor einem Vierteljahrhundert eigentlich?

Eines der beiden Spiele, zwischen deren Releases übrigens nur zwei Tage liegen, werde wir uns in (hoffentlich) etwa zwei Wochen genauer ansehen!