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Im Test! Spirit Camera: Das verfluchte Tagebuch

Gleich zwei Project Zero Spiele erschienen vor einigen Tagen in Deutschland. Das Project Zero 2 Remake für die Nintendo Wii haben wir bereits unter die Lupe genommen. Ob Spirit Camera: Das verfluchte Tagebuch ebenso wie sein großer Wii-Bruder überzeugen kann, oder ob es euch das fürchten lehrt, das erfahrt ihr in unserem Kurztest!

Endlich neues Horror-Futter für den 3DS?!

Eine Seite aus dem AR-Buch

Jubeln werden sie, die Horror-Fans. Endlich neues Futter für den Nintendo 3DS. So ein bisschen gruseln und erschrecken war bisher eigentlich nur mit Resident Evil: Revelations drin. Also, Sitzmulde eingenommen, Kissen zurecht gerückt, Getränk in Reichweite (mehr als die Arme wollen wir doch nicht bewegen) und auf geht’s! Wenn das genau euer Ding ist, dann wird Spirit Camera euch enttäuschen. Aber da ihr bereits wisst, dass Spirit Camera ein Vertreter der bisher eher weniger vertretenen AR-Spiele ist, lest ihr weiter.

Spirit Camera handelt von einem violetten Tagebuch und der Camera Obscura, die wie durch Zauberhand in den Besitz des Protagonisten gelangt. Bei dem Protagonisten handelt es sich um euch, den Spieler. Bei der Camera Obscura um euren Nintendo 3DS und bei dem violetten Tagebuch um das kleine AR-Heftchen, das dem Spiel beiliegt. Zur Seite (im wahrsten Sinne des Wortes) steht uns das mysteriöse Mädchen Maya, die allerdings selbst nicht so richtig weiß, warum eigentlich. Denn sie hat ihr Gedächtnis verloren.

Den haben wir im Visier.

Auf jeden Fall steckt sie schon eine ganze Weile in diesem düsteren Haus fest, in das es auch uns verschlägt. Und weil der Kühlschrank leer ist und alle Glühbirnen kaputt, beschließen der Protagonist und Maya, möglichst schnell aus dem düsteren Haus zu verschwinden. Erschwert wird die Geschichte durch die mysteriöse „Frau in Schwarz“, welche die Gesichter der Menschen im Haus stibitzt. Klingt relativ einfallslos und ist auch nicht besonders spektakulär, kann aber zumindest ein wenig fesseln.

Spirit Camera setzt wie kein anderes 3DS-Spiel bisher auf die Nutzung der Augmented Reality Features. Auf der Couch und mit gedimmten Licht ist der Titel im Prinzip unspielbar. Optimal lässt sich Spirit Camera aufrecht sitzend und mit ebener (gut beleuchteter) Tischfläche spielen. Noch besser mit Drehstuhl. Auf den Tisch legt ihr das 16-seitige AR-Heft. Außerdem sorgt ihr am besten dafür, dass sich in eurem näheren Umkreis keine Hinternisse befinden. Dann kann es losgehen!

Die Leiden eines AR-Horror-Spiels

Spirit Camera nutzt die AR-Funktionen und die Bewegungssteuerung nämlich nicht nur beiläufig und optional, sondern zwingend. Das ist einerseits cool, denn kaum ein 3DS-Titel tat das bisher. Andererseits hat das natürlich auch die bereits angedeuteten Nachteile. Couch-Potatoes wird das weniger gefallen. Und bei Zugfahrten besteht die Gefahr, dass der Schaffner den Bundesgrenzschutz alarmiert. Wie an der Schnur gezogen bewegen wir uns entweder durch das dunkle Haus oder durch unser reales Wohnzimmer und treffen dabei immer wieder auf furchteinflössende Geister. Die gilt es mit der allseits bekannten Camera Obscura ins Jenseits zu befördern.

Reale Geister-Interaktion

Dafür schießt ihr Fotos von den Geistern. Sie tauchen neben euch auf und wahlweise auch mal direkt hinter euch. Dann müsst ihr euch um 180 Grad drehen – in der Realität natürlich, nicht nur im Spiel. Auch Maya macht es uns selten bis gar nicht einfach und stellt sich meist schräg hinter uns, um uns anzusprechen. Aber Spirit Camera setzt nun mal auf die Bewegungssteuerung, und zwar konsequent.

Tauchen Geister auf, müsst ihr zunächst mit dem 3DS umherschwenken um sie zu finden. Je länger sie dann im Visier sind, umso mehr Schaden wird ihnen mit dem Fotoblitz zugefügt. Um in der Story voranzuschreiten, werdet ihr außerdem immer wieder aufgefordert, das violette Tagebuch zu betrachten. Mit der 3DS-Kamera müsst ihr dann die Seiten einfangen, sonst geht es nicht weiter. Welche Seite betrachtet werden muss, gilt es zunächst herauszufinden.

Zur kurze Geschmackssache

Zum Großteil spielt das Ganze in der Realität, also in eurem Wohnzimmer. Das Geisterhaus, in das man gelegentlich durch das AR-Buch gezogen wird, hat dabei aber weitaus mehr Schockmomente als das vertraute Wohnzimmer. Vielleicht hat es Tecmo Koei hier ein Stück zu weit getrieben und zu konsequent auf die erweiterte Realität gesetzt. Etwa drei bis vier Stunden dauert dieses Spielchen, dann seid ihr durch mit dem Storymodus. Das ist natürlich zu kurz. Immerhin gibt es eine Art New Game + Modus mit mehr Maya-Geheimnissen und erhöhtem Schwierigkeitsgrad.

Das ist Maya.

Abgesehen davon, dass die konsequente Nutzung von AR-Features und Bewegungssteuerung Geschmackssache ist, gibt es aber auch einige technische Unzulänglichkeiten. Optisch kann Spirit Camera zwar ganz gut überzeugen, aber insbesondere das Zusammenspiel mit dem AR-Buch klappt nicht immer optimal. Die Lichtverhältnisse müssen auf den Punkt stimmen. Ihr werdet einige Male fluchen, wenn die 3DS-Kamera das Heftchen einfach nicht erkennen will. Die Texte sind deutsch, die Sprachausgabe englisch. Löblich allerdings, dass man auf die japanische Sprachausgabe zurückgreifen kann. Auch die Soundkulisse weiß zu überzeugen, kommt allerdings nicht so richtig zur Geltung.

Neben dem Storymodus warten aber auch noch zwei weitere Modi auf den geneigten Spirit Camera Spieler. In „Geisterkamera“ dreht sich wie erwartet alles ums Fotografieren. Man knipst fleißig durch die Gegend (zumeist die eigene Wohnung) und das Spiel bastelt Geister in die Bilder.  In „Bessene Seiten“ kann man vier Minispiele absolvieren, die durchaus beschäftigen können. Von einer Memory-Abwandlung bis hin zum Versteckspiel im AR-Heft.

Ein zweischneidiges Schwert

Wer ist dieser Mann?

Der Nintendo 3DS als Camera Obscura, das hat Potential. Leider nutzt Spirit Camera das nicht ganz aus. Zu konsequent wird auf die AR-Spielerei gesetzt, dabei sind die Passagen, in denen wir uns durch das Geisterhaus bewegen, eigentlich spannender. Die Geister in die eigene Wohnung zu projizieren, klingt aufregend. Aber die Technik des 3DS ist dann doch nicht so ausgereift, um das gruselig wirken zu lassen. Erschwerend kommt hinzu, dass man Spirit Camera dank des AR-Heftchens bei vollem Licht spielen muss – ein Killer für Gruselspielatmosphäre. Spirit Camera macht nicht alles falsch und verfolgt gute Ansätze, leider aber mal zu konsequent und mal nicht konsequent genug. So reicht es nur zum Mittelmaß.

Project Zero Fans können aber ebenso mal einen Blick auf Spirit Camera werfen wie 3DS-Fans, die unbedingt mal tiefer in die AR-Welt eintauchen wollen. Man muss sich ganz klar darüber sein, was man mit Spirit Camera bekommt. Ist euch das den leicht ermäßigten Preis – derzeit etwa 30 Euro – wert? Wollt ihr ein 3DS-Spiel, das endlich mal das AR-Feature und die Bewegungssteuerung ausreizt? Dann könnte euch Spirit Camera gefallen und ihr könntet einen, vielleicht sogar zwei Sterne in der Endwertung addieren. Alle anderen sollten lieber zu sicheren Alternativen greifen. Am ehesten erlebt man Schock- und Gruselmomente noch mit Resident Evil: Revelations.